Kapitel 101

Putumayo, Kolumbien
17. April 2011

Nathan hinkte auf eine Lichtung mit einer Art riesigem Maulwurfshaufen in der Mitte. Das Gras wie auch alle Pflanzen darum herum war vertrocknet, braun und hatte weiße Ränder. Leere Metalltonnen, wie er sie im Labor gesehen hatte, lagen umgekippt auf der Seite, eine zähe Flüssigkeit lief heraus.

Nathan wich dem Erdhaufen taumelnd aus. Eine weitere Person stolperte auf die Lichtung, ein Mann mit einem Gewehr als Krücke.

Elijah Evans.

Evans musste ihn gehört haben, jedenfalls fuhr er herum. Er humpelte auf den riesigen Maulwurfshaufen in der Mitte der Lichtung zu. Er hob das Gewehr und richtete es auf Nathan.

Nathan ließ sich fallen. Die Geschosse pfiffen über ihn hinweg. Er sah sich um. Er fragte sich, wie zum Teufel er diesem Wahnsinnigen entkommen sollte. Unter Rufen und Schreien humpelte Evans auf ihn zu.

Der Maulwurfshügel schien zu sprudeln, als sickere schwarzes Öl über den oberen Rand. Nathan versuchte davonzukriechen; er wusste mit einem Mal, was da passieren würde. Evans lachte und schoss weiter auf ihn.

Das schwarze Öl wurde zu einem Heer von Käfern. Sie bissen Evans in die Knöchel, was er zunächst nicht zu bemerken schien, aber dann waren sie auch schon über ihm, krabbelten ihm über Arme, Beine und Brust. Mit einem Aufschrei ließ er das Gewehr fallen und versuchte die Tiere wegzuwischen. Aber er war bereits von Kopf bis Fuß unter einer surrenden, beißenden, kauenden Masse verschwunden. Er ging zu Boden und begann sich zu wälzen. Es fielen weitere Horden von Käfern über ihn her.

Nathan kam auf die Beine und warf sich ins Unterholz. Er sah sich ein letztes Mal um. Evans war eine zuckende Masse schwarz-brodelnder Raserei. Nathan riss sich los von dem Anblick und hinkte weiter, ohne darauf zu achten wohin, wobei er mit dem guten Arm Zweige und Laub aus dem Weg stieß.

Er kam auf eine weitere Lichtung.

»Alto!«, rief eine Stimme. Er erstarrte.

»Noch ein Schritt und ich schieße.«

Nathan hob die linke Hand. Sein rechter Arm hing kraftlos an seiner Seite.

Drei Campesinos kamen aus dem Unterholz, ihre Kalaschnikows auf Nathans Kopf gerichtet.

»Ich gehöre zu Manuel«, sagte Nathan.

»Du bist der Gringo?« sagte der Kleinste von den dreien. »Okay, komm mit.«

Nathan stolperte weiter, strauchelte, brach zusammen. Er stöhnte, als sein rechter Arm sich unter dem Gewicht seines Körpers verdrehte. Er versuchte auf die Beine zu kommen, aber sein linkes Bein wollte ihn nicht länger tragen. Blut sickerte aus der Wunde an seiner Seite.

Die Campesinos bückten sich nach ihm. Der Kräftigste von ihnen legte Nathan seinen Arm unter die Achseln und zog ihn hoch. Immer wieder verlor Nathan für einen Augenblick das Bewusstsein. So schleppte man ihn mehr recht als schlecht durch den Wald. Er war sich vage rufender Männer bewusst. Das Gewehrfeuer und die Explosionen dagegen schienen aufgehört zu haben.

»Nathan! Du lebst! Gott sei Dank.«

Er stöhnte auf, als Hände nach seiner Seite griffen. Er spürte, dass man ihn auf die Erde legte.

»Lucia…«, sagte er.

Ihr Gesicht driftete in sein Blickfeld. Kaum dass er es durch die Nebelschwaden vor seinen Augen noch sah. Er versuchte nach ihrer Wange zu greifen, um zu sehen, ob er sich das nur einbildete, aber seine Arme waren zu schwach. Es tat einfach zu weh.

Er verlor das Bewusstsein.

Schwarzer Koks
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