Kapitel 93
Putumayo,
Kolumbien
17. April 2011
Das Wummern von Motoren. Gedämpfte Stimmen. Drückende Hitze.
Lucia öffnete die Augen.
Dunkelheit.
Man hatte ihr die Augen verbunden und einen Knebel in den Mund gesteckt. Sie rang nach Luft, stöhnte auf vor Schmerz, versuchte vergeblich ihre unerträgliche Haltung zu ändern. Sie saß vorneübergebeugt, an den Händen gefesselt; ein Stock in dem Hohlraum zwischen Armbeugen und Kniekehlen machte es ihr unmöglich, sich zu bewegen. Ihre Handgelenke schmerzten; das Blut schien nicht zu zirkulieren.
Sie machte noch einen Versuch, verwand sich, zerrte an ihren Fesseln, riss daran, aber es hatte keinen Zweck.
Ihr Atem wurde flacher, sie spürte das Pochen in ihrem Hals, als ihr Herzschlag an Tempo gewann.
Wo war sie?
Lucia kam sich leicht vor, dann wieder schwer. Sie musste sich in einem Flugzeug befinden, einem Hubschrauber vielleicht; in einem Hubschrauber wahrscheinlich, dem Geräusch nach zu urteilen.
Wie war sie hierhergekommen?
Erinnerungen an die Gala purzelten ihr durch den Verstand. Der Präsident erklärte, dem Krieg gegen Drogen ein Ende machen zu wollen. Der Schuss eines Attentäters. Die Explosion, die die Bühne und den halben Speisesaal in Stücke gerissen hatte. Die Toten, die Verletzten, die Schreie der Überlebenden. Der Mann von der Security war zu Boden gegangen, ein Stück glühendes Metall im Gesicht. Sie hatte zu fliehen versucht, aber die Schergen von der Front hatten sie eingefangen, als sie aus dem Hotel lief. Sie hatten sie in ein Auto gepackt und ihr etwas gespritzt.
Dann war sie hier aufgewacht.
Sie war völlig ausgepumpt, schien überall Prellungen zu haben, jedenfalls tat ihr alles weh. Aber sie war noch ganz.
Sie ächzte, versuchte zu rufen. Wo brachte man sie wohl hin? Irgendetwas krachte auf ihren Schädel, sie verlor das Bewusstsein, kippte nach vorn.