Kapitel 84
Bogotá,
Kolumbien
16. April 2011
Lucia ging in ihrem Hotelzimmer auf und ab. Wieso hatte Belville sie noch nicht angerufen? Er hatte doch gesagt, er würde sich in dem Augenblick melden, in dem er eintraf. Und er hätte doch bereits vor einer halben Stunde eintreffen sollen. War etwas passiert? Hatte man ihn abgefangen? Die ASI? Die Front? Vielleicht rief sie ihn besser an.
Sie nahm das Telefon vom Tisch, legte es dann wieder hin. Cedric hatte klar gemacht, dass sie auf keinen Fall anrufen sollte.
»Warten Sie einfach«, hatte er ihr gesagt. »Ich melde mich bei Ihnen. Es kommt alles in Ordnung.« Sie setzte sich auf die Bettkante.
Ich muss was tun. Irgendwas.
Sie wählte Carlos Nummer. Jetzt, wo Octavia tot war, dürfte er den Vorsitz von Kolumbianer gegen die Front übernommen haben. Er war in Ordnung, auch wenn er bei der Sitzung nicht zu ihr gestanden hatte. Vielleicht hätte er ja nichts dagegen, dass sie wieder zu ihnen stieß.
Das Telefon klingelte eine Ewigkeit, schaltete dann auf Voicemail um. Sie versuchte es noch einmal.
»Hallo?« Es war eine raue Männerstimme.
»Mit wem spreche ich denn?«
»Darf ich dasselbe fragen?«
»Ich bin eine Freundin von Carlo«, sagte Lucia. »Kann ich ihn sprechen?«
»Ich fürchte, das ist nicht möglich.«
»Warum nicht?«
»Wer, sagten sie, sind Sie?«
»Annetta«, schwindelte sie. »Eine gute Freundin von Carlo. Wir spielen Mittwochnachmittags zusammen Golf.«
»Hören Sie, Annetta. Ich bin von der Polizei. Ich habe da eine schlechte Nachricht für Sie. Señor Justana ist tot.«
Lucia hatte das Gefühl, als hätte sie einen Schlag in den Magen bekommen.
»Annetta?«, sagte der Polizist. »Könnten Sie auf die Wache kommen? Wir nehmen die Aussagen von Familie und Freunden auf.«
»Was ist passiert?«
»Kommen Sie vorbei und wir unterhalten uns weiter.«
Lucia legte auf. Ihr zitterten die Hände. Sie griff in ihre Tasche und holte Cedrics Nummer heraus. Sie wählte sie. Auch diesmal klingelte das Telefon ewig. Sie versuchte es nochmal. Wieder klingelte es. Aber beim fünften Klingeln ging jemand ran. Die Stimme des Mannes, der sich meldete, erkannte sie auf der Stelle.
»Nathan, ich bin es«, sagte sie, ihre Stimme ganz klein. »Lucia.«