Kapitel 80
Ciudad Bolivar,
Kolumbien
16. April 2011
Nathan wachte auf und fühlte sich so frisch wie seit Tagen nicht mehr. Er hatte auf einer modrigen Matratze genächtigt, in einer schmuddeligen Hütte inmitten einer der schlimmsten Barackensiedlungen Südamerikas, und trotzdem hatte er gut geschlafen, ohne die Alpträume der letzten Zeit. Lucia war am Leben; es ging ihr gut. Cedric war auf dem Weg, mit vielversprechenden Nachrichten wie es schien. Manuel und die Campesinos waren dabei, eine starke Bewegung gegen die Front auf die Beine zu stellen. Die Aussichten schienen so gut wie seit langem nicht mehr.
Nathan trat an das Waschbecken in der Ecke des Raums und schippte sich etwas Wasser ins Gesicht. Was Lucia im Augenblick wohl machte? Wieso war der Kontakt abgebrochen, bis Cedric sich mit ihm in Verbindung gesetzt hatte? Wenn da mal nichts passiert war. Er musste an ihr Gespräch über den Krieg gegen Drogen denken. So ganz Unrecht hatte sie ja womöglich nicht. Vielleicht ließ das Problem sich ja mit der Legalisierung in den Griff bekommen. Er musste lächeln beim Gedanken daran, wie Cedric wohl auf Lucia reagieren würde, wenn sie sich später am Tag kennen lernten. Ihr feuriges Temperament war das genaue Gegenteil von Cedrics bedächtiger Art.
Er trocknete sich das Gesicht mit einem Handtuch, das an einem rostigen Nagel hing. Aus dem Raum nebenan drangen Stimmen. Er schob die ächzende Tür auf und trat in das kleine Esszimmer. Manuel saß mit einem Mann am Esstisch, den er nicht kannte. Sie waren bei einem Frühstück aus Eiern und Brot und langten ordentlich zu.
»Gut geschlafen?«, fragte Manuel.
»Sehr gut, danke.« Nathan zog sich einen Stuhl an den Tisch und setzt sich. »Und, ist alles bereit?«
»Cedric hat seine Ankunftszeit durchgegeben. Hier, iss erst mal was. Dann holen wir ihn ab.«