Kapitel 49

Bogotá, Kolumbien
14. April 2011

»Das wird so nichts, Nathan.«

Amonite stand in der Tür, einen weiteren Plastikstuhl in der Hand. Dieser war rot. Sie stellte ihn in die Mitte der Zelle und setzte sich auf den Rand.

»Geduld ist nicht meine Stärke. Das solltest du mittlerweile wissen.« Nathan blinzelte. Man hatte das Licht brennen lassen während der Stunden oder Tage, seit Amonite wieder gegangen war.

»Ich kenn die Tricks, Nathan. Den grauen Mann. Konzentration auf den Punkt. Das ganze Programm. Ich werd dich brechen. Ist nur eine Frage der Zeit.«

Nathan gähnte.

»Sind wir müde? Würdest du dich gern aufs Ohr legen?« Wieder steckte eine Ratte den Kopf aus dem Loch. Nathan meinte, ein Tröpfeln und dann ein Rauschen zu hören. War das ein Fluss? Oder bildete er sich das nur ein?

»Hast du eigentlich eine Ahnung, wo wir sind?« Amonite ließ ihn ihr hässliches Grinsen sehen. »Das hier ist ein Verließ, eine Folterkammer, ein geheimes Gefängnis, in dem die ASI ihre Drecksarbeit macht. Das hier ist Kolumbiens Abu Ghraib.«

Nathan schloss die Augen. Blitzartig kam Amonite auf die Beine.

»Du dummes Stück Scheiße!« Sie trat ihm in den Bauch. »Wirst du jetzt reden oder muss ich dich erst totschlagen?«

Nathan kippte seitwärts weg. Er zog das Kinn an die Brust in dem Versuch, sein Gesicht zu schützen. Aber Amonite trat weiter auf ihn ein, immer wieder, wie wild, ächzend, schreiend, bis Nathan das Bewusstsein verlor.

Nathan spürte, dass ihn jemand auf die Beine zerrte. Er öffnete die verquollenen Augen. Es war einer der Wärter. Er zog Nathan durch die Tür und einen steinernen Korridor hinab. Sie erreichten eine weitere Metalltür. Der Wärter schlug sie auf und warf Nathan in einen Raum. Er lehnte sein Gewehr gegen die Wand, hob dann einen Schlauch vom Boden auf und öffnete einen Hahn.

»Zeit für eine Dusche«, sagte er in grobem Englisch und richtete den Wasserstrahl auf Nathan.

Nathan wandte dem Wärter den Rücken zu. Das Wasser war kalt, aber es fühlte sich gut an auf seinem Körper. Es spülte Blut und Schmutz weg. Er wandte sich wieder dem Wärter zu und legte die Hände aneinander, um etwas von dem Wasser zu sammeln. Er trank es und spürte es durch die Kehle laufen; er hatte seit einer Ewigkeit nichts mehr zu trinken gehabt.

Er checkte seinen Körper durch. Er war grün und blau von den Schlägen, aber noch immer war nichts gebrochen und die Blutungen waren oberflächlich. Alles in allem war er in relativ guter Verfassung. Wahrscheinlich verpasste man ihm die Dusche als Einleitung zur nächsten Runde.

Der Wärter drehte das Wasser ab. Das Schmutzwasser lief in einen verrosteten Gully in der Mitte des Raums, aus dem ein Gestank von Kanalisation aufstieg. Nathan gab vor, rücklings wegzutaumeln, bis er über dem Gully stand. Der Wärter ignorierte ihn, zu beschäftigt damit, den Schlauch aufzurollen. Nathan fiel auf die Knie und spähte durch den Rost. Unter ihm war nichts als Dunkelheit und das Geräusch fließenden Wassers.

Er taumelte auf den Wärter zu, der eben nach seinem Gewehr griff.

Jetzt oder nie.

Schwarzer Koks
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