II.

Vor fünfhundert Jahren

 

 

Martha versuchte Luft zu holen. Wenn sie jetzt nicht atmete, würde sie bald in Ohnmacht fallen und dann hätte sie keine Kraft mehr, sich gegen die schwieligen Hände zu wehren, die sie gewaltsam unter Wasser drücken wollten. Sie gab für einen Augenblick ihre Gegenwehr auf und tauchte in das schmutzige Wasser des Burggrabens ein. Sie öffnete die Augen und blickte in einen Strudel aus Luftblasen, die sich angestrahlt vom kalten Mondlicht den Weg zurück an die Wasseroberfläche bahnten. An dieser Stelle war der Burggraben knapp zwei Meter tief, und als Martha mit den Füßen den Boden berührte, ging sie in die Knie und stieß sich mit aller Kraft nach oben ab. Die Hände, die eben noch ihren Kopf unter Wasser drückten, wurden von der Wucht ihres nach oben schnellenden Körpers weggedrückt. Martha durchstieß die Wasseroberfläche und ihre Lungen sogen ächzend Luft ein. In der Dunkelheit sah sie schemenhaft das Gesicht ihres Peinigers vor sich, Augen, Nase und Lippen zu einer teuflischen Grimasse verzerrt. Schon spürte Martha wieder die schwieligen Hände auf ihren Schultern, die sie mit der Kraft eines Dämons zurück in den Burggraben drückten. Sie setzte ihre Ellenbogen ein und traf seine Kehle. Ein glucksendes Geräusch verriet ihr, dass der Mann nach Luft rang. Sie setzte nach und stieß ihm das Knie tief in die Eingeweide. Der Mann krümmte sich und Martha gelang es, sich aus seinem festen Griff zu winden.

Sie wusste, warum er ihr aufgelauert hatte. Sie kannte sein Geheimnis und nun wollte er sie loswerden. Ihr war zunächst gar nicht klar gewesen, was er an der alten Stadtmauer gesucht hatte. Still hatte sie hinter einem Mauervorsprung gekauert und darauf gewartet, dass sie sich heimlich davonschleichen konnte. Doch der Mann mit den schwieligen Händen hatte sie entdeckt und jetzt griff er nach ihrem Bein. Marthas Stoß war nicht hart genug gewesen und die wenigen Sekunden, die er außer Gefecht gesetzt war, gaben ihr keine Zeit zur Flucht. Das Wasser des Burggrabens funkelte dunkel und schmatzte, als er sie erneut unter Wasser drückte. Marthas Schrei wurde vom Wasser verschluckt. Wie eine verzerrte Luftblase schwappte er an die Oberfläche, um dort oben als leiser Hauch zu sterben. Sterben. Das Wort hallte in Marthas Kopf. Martha wollte nicht sterben. Sie dachte an ihre beiden Söhne, Christan und August. Ihr Herz verkrampfte sich und mit aller Kraft riss Martha sich noch einmal los. Sie schaffte es an die Wasseroberfläche und sog den ersehnten Sauerstoff tief in die Lungen ein. Wieder drückten die schwieligen Pranken sie nach unten. Marthas Blick wurde trüb. Das eisige Wasser des Burggrabens füllte langsam ihren Brustkorb. Für einen Augenblick empfand Martha die Kälte als merkwürdig beruhigend. Sanft, aber unnachgiebig brachte sie ihre Muskeln zum Erstarren. Reflexartig atmete sie ein. Ein weiterer Schwall kalten Wassers ergoss sich in ihre Atemwege und Martha spürte, wie sie das Bewusstsein verlor. Das letzte Bild, welches ihre sterbenden Augen sahen, waren die Gesichter ihrer beiden Söhne. Mit schwerem Herzen verabschiedete Martha sich still von ihnen. Dann riss die Kälte sie weiter in den Abgrund des dunklen Burggrabens hinein und der Tod empfing sie mit einem schwarzen Schleier. Eine einzelne Luftblase bahnte sich den Weg an die Wasseroberfläche. Ihr schillernder Tanz im bläulichen Mondlicht war der letzte Zeuge ihres Kampfes, den sie für immer verloren hatte.

 

 

...

 

 

Bastians Kopf dröhnte. Instinktiv versuchte er, den pochenden Schmerz an den Schläfen durch den Druck seiner Hände zu vertreiben. Der saure Geschmack auf seiner Zunge fühlte sich unangenehm pelzig an und die Augen konnte er nicht öffnen, weil das anbrechende Tageslicht einfach viel zu grell war. Seine Unterlage war kalt und steinhart. Einen kurzen Moment lang überlegte er, wo er sich befand. Langsam kehrte die Erinnerung zurück. Das leise Stöhnen seines Freundes Wernhart, der kaum eine Handbreit von ihm entfernt lag, zerstreute seine letzten Zweifel. Mühsam setzte Bastian sich auf und öffnete die Augen gerade so weit, dass er den Raum überblicken konnte. Pfarrer Johannes lag rücklings auf einer Holzbank. Sein Schnarchen hallte von den hohen Wänden wider. Sie befanden sich in einer Hinterkammer der St. Martinus Kirche. Johannes hatte gestern seinen Geburtstag im Wirtshaus »Zur alten Henne« gefeiert und Bastian konnte sich nicht erklären, wie sie hierher gelangt waren. Mühsam spulte er in seinem Kopf den gestrigen Abend zurück. Seine Erinnerungen reichten bis zur Ausgangspforte der Schenke, danach rissen sie einfach ab. Ein Grinsen schlich sich in sein Gesicht. Ein so ausgiebiges Gelage wie gestern Nacht hatten sie schon lange nicht mehr gefeiert. Der Wein war in Strömen geflossen. Bastian ließ den Kopf in den Nacken fallen und schloss die Augen. Ein plötzliches Krachen der Tür ließ ihn aufspringen.

»Bastian, gut, dass ich Euch hier finde. Ich habe meine Mutter im Burggraben gefunden. Sie ist tot.«

Bastian blickte in das entsetzte und von Tränen verquollene Gesicht Christans. Seine Lider waren gerötet und die Haut wirkte aschfahl. Bastian blinzelte und versuchte zu verstehen, was Christan gerade gesagt hatte. Sein Hirn schwappte immer noch wie volltrunken zwischen seinen Schädelhälften hin und her. Das Denken fiel ihm schwer. Trotzdem malte sich ein düsteres Bild vor seinem inneren Auge ab. Er stöhnte. »Martha war gestern den ganzen Abend bei uns, wie kann sie jetzt tot sein?«, stammelte er mühsam. Ein Blick in Christans Gesicht genügte, um zu erkennen, wie sinnlos diese Frage war. Schnell schob Bastian hinterher: »Wann hast du sie gefunden?«

Christan, der sichtlich aufgewühlt war, stotterte: »Sie ist nicht nach Hause gekommen und beim ersten Lichtstrahl habe ich sie gesucht.« Er schluchzte heftig. »Ich habe sie im Burggraben gefunden. Sie trieb mit dem Rücken nach oben im Wasser. Als ich sie herauszog, waren ihre Glieder ganz kalt und steif. Sie war längst tot.« Verzweifelt schlug sich Christan die Hände vor das Gesicht und weinte.

Pfarrer Johannes fuhr mit einem lauten Grunzen von der Bank hoch und blickte sich verwirrt um. »Was geht hier vor?« Seine Stimme klang heiser.

»Martha ist tot«, erwiderte Bastian tonlos. Der alte Pfarrer bekreuzigte sich und legte Bastian seufzend die Hand auf die Schulter. »Sieht so aus, als hättet Ihr wieder alle Hände voll zu tun, mein Sohn.«

 

 

...

 

 

Wernhart rümpfte die Nase und ließ mit sichtlicher Erleichterung Marthas Leichnam auf den Holzkarren des Arztes fallen. Josef Hesemann, einziger Arzt in Zons, war ganz in seinem Element. Noch bevor Bastian und Wernhart die Leiche ganz aus dem Wasser herausziehen konnten, hatte Josef mehrere Blutergüsse an den Handgelenken und am Hals entdeckt. Während Bastian der Gedanke an einen Mord erschütterte und er am liebsten an einen Unfall geglaubt hätte, deckte Josef von Minute zu Minute neue Indizien auf, die darauf hindeuteten, dass Martha gewaltsam ertränkt worden war.

»Wir müssen sie zu mir nach Hause bringen. Dort kann ich ihre Lungen genauer untersuchen und endgültig feststellen, ob sie langsam im Suff ertrunken ist oder mit Gewalt unter Wasser gedrückt wurde.«

Bastians Magen rebellierte. Ein kurzer Blick zu Wernhart verriet ihm, dass dieser ebenfalls unter den Folgen des vielen Weins der letzten Nacht litt. Josef hingegen merkte man die durchzechte Nacht nicht im Geringsten an. Ein Windstoß strich durch Bastians blonde Strubbelhaare und instinktiv griff er sich an den Kopf. Der Himmel strahlte im allerschönsten Blau und die Luft roch nach Frühling. Überall flog der Samen von Löwenzahn durch die Luft und die vielen weißen Flocken erinnerten Bastian an Schnee. Der Wind wirbelte den weichen Flaum über Bastians Kopf hinweg und ließ die Flocken dabei einen wilden Tanz aufführen. Wie ein surrender Bienenschwarm stiegen sie auf und ab, um schlussendlich auf dem grünen Gras zu landen.

Ein düsterer Geruch lenkte Bastians Aufmerksamkeit auf den Leichnam, der nun tropfnass auf dem Holzkarren lag. Seit Bastian bei der Zonser Stadtwache auch für Mord und Betrug verantwortlich war, hatte er schon viele Leichen zu Gesicht bekommen und ebenso viele Morde aufgeklärt. Marthas Körper wirkte im Gegensatz zu vergangenen Fällen weder entstellt noch geschändet, trotzdem berührte Bastian ihr Tod tiefer als sonst. Ein Blick auf Christan verstärkte das Gefühl. Martha war Christans Stiefmutter, eigentlich seine Tante, gewesen. Seine leibliche Mutter war bei der Geburt gestorben und Martha hatte sich der Zwillinge angenommen. August, der Zwillingsbruder, besaß eine kalte Seele und war erst vor ein paar Monaten aus Zons verschwunden. Christan hatte mit dem heutigen Tag den letzten Menschen verloren, der ihm nahe gestanden hatte.

Wernharts Hand legte sich auf Bastians Schulter. »Wir sollten den Karren jetzt zu Josefs Haus ziehen.«

Bastian nickte kurz und ergriff die eine Seite des langen Holzgriffes, der aus der Vorderseite des Karrens herausragte. Wernhart tat es ihm nach. Mit einem kurzen Ruck setzten sie den Wagen in Bewegung und zogen ihn mühelos über den holprigen Pflastersteinweg, der am langen Burggraben entlang hinein in den Stadtkern führte. Zons galt als uneinnehmbare Festung, die vor über einhundert Jahren auf Geheiß des Erzbischofs Friedrich von Saarwerden angelegt worden war. Die Stadtmauern glichen einem überdimensionalen Trapez und waren aus dicken Basaltsteinen errichtet worden. Vier große Wehrtürme ragten stolz an den Ecken der Festung empor. Einer davon war der Mühlenturm im Südwesten der Stadt, der in Kriegszeiten die Angreifer auf dieser Seite der Mauer in Schach halten sollte. Am Fuße des Mühlenturms war Bastian als jüngster Sohn des Zonser Müllers aufgewachsen. Obwohl er eine kräftige Statur hatte und sicherlich mühelos in die Fußstapfen seines Vaters hätte treten können, nahm sich Pfarrer Johannes des kleinen Bastian an und unterrichtete ihn schon früh im Lesen und Schreiben. Bastian erwies sich als kluger und gelehriger Schüler, was nicht zuletzt der Grund dafür war, dass er bereits in jungen Jahren eines der wichtigsten Ämter in der Zonser Stadtwache übertragen bekam. Seine Aufgabe war es kriminelles Gesindel aus Zons fernzuhalten und den Bewohnern ein friedliches Miteinander zu ermöglichen. Er nahm diese Verantwortung sehr ernst.

Der Wagen holperte durch die Grünewaldstraße. Der Arzt Josef Hesemann wohnte direkt neben der St. Martinus Kirche. Aufgeregt lief er vor Bastian und Wernhart her und öffnete ein dunkles hölzernes Tor, welches knarrend den Weg in den kleinen Innenhof seines Haus freigab. Kaum hatten sie den Karren abgestellt, hievten sie die tote Martha auf einen robusten Holztisch. Josef begann sogleich, die durchnässten Kleider vom Körper der Toten zu entfernen. Vorsichtig schnitt er den groben Leinenstoff auseinander, unter dem Marthas nackte aufgequollene Haut zum Vorschein kam.

»Tod durch Ertrinken ist gleichbedeutend mit Ersticken. Das Wasser verhindert, dass Luft in die Lungen gelangt«, erklärte Josef, während er die Brust der Toten freilegte. Verlegen versuchte Bastian, seine Augen von Marthas üppigen Brüsten abzuwenden. Doch ein riesiger blauer Handabdruck fesselte seinen Blick. »Seht doch. Jemand hat sie festgehalten.«

Josef nickte bedächtig und tippte auf die sich deutlich abzeichnenden fünf Finger. »So ein großer Bluterguss kann nur durch Gewalt entstehen.« Josef legte beide Hände auf die Körpermitte der Toten und drückte kräftig zu. Ein Gemisch aus Wasser und Schaum schoss aus dem Mund und Bastian drehte sich angewidert zur Seite.

»Seht doch, sie hat versucht, Luft zu holen. Das ist ganz typisch.« Josef beugte sich tiefer über Marthas Gesicht. »Wäre sie besinnungslos vom Wein einfach nur untergegangen, wäre kein Schaum sichtbar. Das Wasser hätte sie nach unten gezogen und keine Luft hätte mehr in ihre Lungen oder den Magen dringen können.« Er kratzte sich bedächtig am Kopf und stocherte mit dem Zeigefinger der anderen Hand im Schaum herum. »Der Schaum spricht für eine Vermischung von Luft und Wasser. Aber letztendlich sind die vielen blauen Flecken und Blutergüsse Beweis genug. Die arme Martha wurde ertränkt!« Mit diesen Worten drehte Josef den Leichnam mit einem kräftigen Ruck auf den Bauch. Der Rücken wies an den Schultern dunkle blaue Flecken und Kratzspuren auf. Am Hinterkopf waren ein paar kahle Stellen zu sehen.

»Sie hat sich heftig gewehrt und dabei hat der Angreifer ihr ganze Haarbüschel herausgerissen.« Entsetzt von dieser Tatsache drehte Josef die Tote zurück auf den Rücken und betrachtete die zusammengekrallten Hände.

»Die Leichenstarre verhindert im Augenblick, dass ich ihre Finger geradebiegen kann«, flüsterte er heiser, während er versuchte, einen Stofffetzen, der sich in der rechten Faust verbarg, herauszuzupfen.

»Wir müssen ein paar Stunden abwarten, bis ich die Hände öffnen kann. Ich erkenne blauen Stoff. Sieht fein gewebt aus. Das könnte uns weiterhelfen, aber vorerst ist die Untersuchung beendet.« Rasch ergriff Josef ein großes Leinentuch und bedeckte die Tote, bevor er sich wieder zu Bastian wandte. »Kommt morgen früh zu mir und wir begutachten den Stoff, der uns vielleicht zu ihrem Mörder führt.«

»Mit wem habt ihr Martha zuletzt gesehen?«, fragte Bastian und zückte sein Notizbuch. Es war sein wichtigster Begleiter, in dem er seine Gedanken und Erkenntnisse niederschrieb. Wernhart, der sich die ganze Zeit abseits vom Leichentisch gehalten hatte, verdrehte die Augen nach oben. »Sie war mit Lodewich zusammen. Ich habe genau gesehen, wie sie gemeinsam die Schenke ›Zur alten Henne‹ verließen.«

Josef widersprach: »Ihr irrt Euch. Als ich gegangen bin, plauderte sie gerade mit dem Bruderältesten. Sie saß mit ihm am Tisch und es war weit nach Mitternacht.«

Bastian schüttelte den Kopf, der sofort auf die abrupte Bewegung reagierte und ihm einen stechenden Schmerz in die Schläfen sandte. Schnell massierte er die empfindsamen Stellen und seufzte: »Ich habe zu viel Wein getrunken. Ich weiß nicht einmal mehr, wie wir in die Kirche gelangt sind.« Frustriert steckte er sein Notizbuch zurück in die Tasche. Es würde schwer werden, unter diesen Umständen brauchbare Zeugen zu finden. Pfarrer Johannes hatte fast die ganze Stadt zu seinem Geburtstagsfest eingeladen und es war gut möglich, dass er niemanden finden würde, der nüchtern genug gewesen war, um sich an Marthas letzte Stunden zu erinnern.

 

 

...

 

 

Es war tief in der Nacht und Bastian träumte. Schweißgebadet lief er die Treppen des Juddeturms hinauf. Die Stufen waren aus schweren Holzdielen geschnitzt und ächzten unter seinem Gewicht. Er war diese Stufen schon so oft hinaufgestiegen, dass er jede Wölbung und Auskerbung kannte. Doch diesmal war es anders. Er versank mit dem rechten Fuß im Holz, welches plötzlich nachgab. Schon spürte er die derben Holzsplitter in das ungeschützte Fleisch seiner Wade eindringen. Der Schmerz spornte ihn zu neuer Kraft an. Dort oben im Juddeturm war August, Christans Zwillingsbruder, eingesperrt. Bastian musste ihn aufhalten. Er wusste, was August vorhatte. Er wollte den Buckligen töten, der in der Nachbarzelle eingesperrt war. Die Leute hielten den Buckligen für den Mörder des Schmiedes, aber Bastian hatte August in Verdacht. Er spannte mit aller Kraft die Muskeln in den Beinen an, doch die Treppe wehrte sich knarrend unter seinen Füßen und wollte ihn nicht nach oben lassen. Hinter ihm drängelte Pfarrer Johannes und trieb ihn zu größerer Eile an. Trotz aller Bemühungen steckte Bastian mit der rechten Wade im Holz fest. Panisch begriff er, dass er in einem Albtraum gefangen war. Unruhig wälzte er sich auf dem Bett hin und her. Er konnte unmöglich Schmerzen haben. Der Bucklige war lange tot und August vor Monaten schon aus Zons geflohen. Die schrecklichen Morde, die auf Augusts Konto gingen, würden für immer dem Buckligen angehängt werden. Und Bastian konnte nichts dagegen tun, nicht einmal in seinen Träumen. Seine Wade schmerzte heftig. Wieder versuchte Bastian, sich klar zu machen, dass er in einem Albtraum gefangen war und einfach nur aufwachen musste. Doch das Holz bohrte sich tief in sein Fleisch. Er schaute hinunter und sah, wie Blut die Stufen des Juddeturms hinablief. Schnell griff er nach unten und presste die Hand auf die klaffende Wunde. Pfarrer Johannes schrie laut und versuchte, sich an Bastians verletztem Bein festzuhalten. Die Stufen unter ihm brachen einfach weg und mit einem Mal hing er frei in der Luft. Entsetzt packte Bastian zu. Der Druck auf der Wade wurde unerträglich. Er konnte Pfarrer Johannes nicht mehr lange halten. Mit letzter Willenskraft zwang er sich, endlich aufzuwachen. Mit einem Ruck fuhr er hoch und saß aufrecht und schweißüberströmt in seinem Bett.

Heftig atmend wischte Bastian sich über das nasse Gesicht. Es war so dunkel in der Schlafkammer, dass seine Augen blind waren. Aber er hörte den gleichmäßigen Atem seiner Frau Marie und das beruhigende Schnaufen seiner erst ein paar Monate alten Tochter. Beide schliefen friedlich neben ihm. Gerade wollte sich Bastian erleichtert zurück auf das Kissen fallenlassen, als er erneut den Druck auf der rechten Wade spürte. Verdutzt schaute Bastian auf und sein Herz setzte für einen Moment aus. Dort im Dunkel saß jemand. Die Gestalt stützte sich mit einer Hand auf seinem Bein ab und Bastian spürte plötzlich einen stechenden Blick auf sich ruhen. Trotz der Dunkelheit konnten seine Augen mit einem Mal sehen und innerhalb weniger Sekunden wusste Bastian, wer dort saß.

Hektisch tastete er nach seinem Kurzschwert, das er immer am Kopfende aufbewahrte, doch seine Hand griff ins Leere. Die Gestalt am Ende des Bettes richtete sich auf und hielt mit drohender Gebärde einen Gegenstand in die Luft. Es war Bastians Schwert. Bastian erstarrte mitten in der Bewegung und überlegte fieberhaft, was er jetzt tun sollte. Entsetzt über die plötzliche Wehrlosigkeit, verkrampfte sich jeder Muskel seines Körpers und noch bevor er zu einer Lösung kam, flüsterte August leise: »So seid doch ruhig, oder wollt Ihr Eure kleine Familie mitten in der Nacht wecken?« Augusts Stimme klang freundlich.

»Wenn du meiner Familie auch nur ein Haar krümmst, werde ich dich töten!«

»Das ist mir durchaus bewusst, lieber Bastian.« Langsam erhob August sich und setzte sich dann, das Schwert über Bastians Kopf erhoben, neben ihn auf das Bett. »Eure Fragen sollten jedoch vielmehr lauten: Warum bin ich zurückgekommen und weshalb seid Ihr noch am Leben?«

Bundle Puzzlemörder Erntezeit Zwilling Flügel
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