17

Jonathan ließ den Eingang des Landquarter Bahnhofs und den Parkplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite keine Sekunde aus den Augen.

Ein fabrikneuer Mercedes-Sedan stand in der Mitte der dritten Reihe genau an der Stelle, die auf der Karte in Eva Krügers Reisetasche markiert worden war. Jonathan hatte seinen Beobachtungsposten fünfzig Meter entfernt im Eingangsbereich eines an der Straße gelegenen Restaurants mit heruntergelassenen Rollläden bezogen. Seit neunzig Minuten drehte er nun schon seine Runden um den Bahnhof. Alle halbe Stunde trafen Züge aus Chur und Zürich ein. Einige Minuten davor und danach füllten sich die Bahnsteige mit den Pendlern. Autos fuhren auf den Parkplatz oder verließen ihn. Danach kehrte wieder Ruhe ein, bis der nächste Zug eintraf. Während der gesamten Zeit hatte er keinen Polizisten zu Gesicht bekommen. Doch es war unmöglich festzustellen, ob jemand den Parkplatz überwachte. Unabhängig davon war er zu der Ansicht gelangt, dass Simone Recht hatte. Die Polizisten, die Emmas Gepäck an sich bringen wollten, waren in irgendeine faule Sache verwickelt gewesen.

Um fünf vor sechs hatte der Feierabendverkehr seinen Höhepunkt erreicht. Die Autoscheinwerfer bildeten eine grelle, endlose Schlange. Er stampfte mit den Stiefeln auf, um die Blutzirkulation in Gang zu halten. Simone hatte er gegen ihren ausdrücklichen Wunsch am Stadtrand zurückgelassen. Es gab eine Zeit für Teamarbeit und eine Zeit, in der es besser war, alleine zu agieren. Das hier war ohne Frage so eine Ein-Mann-Aktion.

Er kuschelte sich in seine Jacke und hielt die Augen unverwandt auf den Mercedes gerichtet.

Öffne den Brief.

Zeig die Gepäckscheine vor.

Nimm das Gepäck entgegen.

Wirf einen Blick auf die Karte, um dir den Standort des geparkten Wagens einzuprägen.

Wechsel die Kleidung. Kämm deine Haare aus der Stirn. Vergiss den Ehering nicht.

Schlüpf in ein anderes Leben.

Übergib den Pullover mit dem Umschlag, in dem einhunderttausend Franken stecken.

Aber wo? Wann? An wen? Und die Frage, die ihm am meisten zu schaffen machte: Warum das alles?

Seine Finger spielten mit den Autoschlüsseln, während er an Emma dachte.

Frage: Wann ist deine Frau deine Frau?

Und wenn sie nicht deine Frau ist, wer ist sie dann?

Dr. Jonathan Ransom - graduiert in Boulder an der Universität von Colorado, leitender chirurgischer Assistenzarzt im New Yorker Memorial-Sloan-Kettering-Krebszentrum und Dewes Assistenzarzt im Oxforder Radcliffe-Krankenhaus, spezialisiert auf dem Gebiet der plastischen Chirurgie - steht auf dem Betonfeld des Monrovia-Roberts-Flughafens in Liberia, während die letzten Passagiere aus der Maschine steigen und gemächlich an ihm vorbeischlendern. Es ist acht Uhr morgens, und die Sonne steht noch tief am grellorangenen Himmel. Schon jetzt ist es heiß und schwül, und die Luft riecht nach Flugzeugbenzin und Meersalz. Vom stadiumhohen Zaun am hinteren Ende der Rollbahn dringen Rufe von vielen dicht zusammengedrängten schwarzen Gesichtern über den Flughafen. In unmittelbarer Nähe wird die Luft vom rat-a-tat-tat unsichtbarer Maschinenpistolen durchbrochen.

Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste, hatte man ihm in seinem Vorbereitungskurs versichert. Die Kämpfe beschränken sich auf die ländlichen Gebiete, hatte es geheißen.

Er geht auf das Gebäude für die Immigranten zu, vorbei an zwei aufgedunsenen Leichen, die gegen den Zaun gepresst worden sind. Der Art und Weise nach zu urteilen, wie sie sich umschlungen halten, handelt es sich um eine Mutter und ihre Tochter, doch wegen der vielen Fliegen ist das nur noch schwer zu erkennen.

»Sind Sie Ransom?«

Ein zerbeulter Militärjeep fährt langsam neben ihm her. Eine junge, sonnengebräunte Frau mit ungezähmten rotbraunen Haaren, die sie locker zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hat, hält das übergroße Lenkrad fest in der Hand. »Sie!«, ruft sie mit lauter Stimme, um sich im Lärm der zur Startbahn rollenden Flugzeuge Gehör zu verschaffen. »Sind Sie Dr. Ransom? Steigen Sie ein. Ich bringe Sie raus aus diesem Zirkus hier.«

Jonathan wirft sein Gepäck auf den Rücksitz des Jeeps. »Ich dachte, die Kämpfe finden nur in den ländlichen Gebieten statt«, sagte er.

»Das hier sind keine Kämpfe. Das ist nur ein Meinungsaustausch. Haben Sie keine Zeitungen gelesen?« Sie streckt ihm eine Hand entgegen. »Emma Rose. Sehr erfreut.«

»Ja«, sagt Jonathan. »Ebenfalls.«

Ihre Fahrt führt sie durch die schlimmsten Slums, die er je zu Gesicht bekommen hat, ein acht Kilometer langer, zehn Stock werke hoher Armutswall. Die lärmende und überfüllte Stadt wird von ruhigen und üppig bewachsenen Landstrichen abgelöst.

»Ihr erster Einsatz, nicht wahr?«, fragt sie. »Sie schicken uns immer die Neulinge.«

»Warum?«

Emma antwortet nicht. Sie lächelt nur ein geheimnisvolles Mona-Lisa-Lächeln.

Das Krankenhaus ist eine umgebaute Hütte am Rande eines Mangrovensumpfgebietes. Dutzende von Frauen und Kindern liegen rund um das triste Gebäude teilnahmslos im Gras und im roten, zerfurchten Matsch. Es besteht kein Zweifel daran, dass viele von ihnen verletzt sind, manche sogar schwer. Ihre stummen Blicke sind wie ein Affront.

»Eine Gruppe wie diese kommt alle paar Tage zu uns«, sagt Emma, während sie den Jeep hinter dem Gebäude parkt. »Granatenverletzungen. Zum Glück sind die meisten Verwundungen oberflächlich.«

Jonathan erhascht einen Blick auf einen Jungen, dem ein Granatensplitter in der Größe eines Dreierschlüssels aus dem Kopf ragt. Oberflächlich … Das bedeutet also, er würde nicht daran verbluten.

Ein kleiner Mann mit einem Vollbart und blutunterlaufenen Augen begrüßt Jonathan herzlich. Sein Name ist Dr. Delacroix, und er stammt aus Lyon. »Ein Glück, dass das Flugzeug pünktlich war«, sagt er und wischt sich die Hände an einem blutverschmierten T-Shirt ab. »Das Mädchen im OP ist Ihres. Hackverletzung an der rechten Hand.«

»Hackverletzung?«

»Sie wissen schon«, Delacroix ahmte mit einer Geste eine herabsausende Guillotine nach. »Sie haben eine Machete benutzt.«

»Wo kann ich mir die Hände waschen?«, fragt Jonathan.

»Waschen?« Dr. Delacroix wechselte einen müden Blick mit Emma. »Sie können sich auf der Toilette waschen. Dort finden sie auch einige Handschuhe. Werfen Sie sie nicht weg. Wir versuchen, jedes Paar mindestens drei Mal zu verwenden.«

Später steht Jonathan vor dem Feldlazarett auf einem Fleck Alkalierde, der gleichzeitig als Terrasse, Empfangsbereich und Untersuchungszimmer dient. Jetzt, um Mitternacht, ist die Luft schwülwarm und durchdrungen vom Kreischen der Affen und den Schüssen kleinerer Handfeuerwaffen.

»Kaffee?« Emma reicht ihm eine Tasse. Sie sieht anders aus als bei ihrer ersten Begegnung. Schmaler, irgendwie kleiner, und sie wirkt nicht mehr so aggressiv und gereizt.

»Kein 0-positiv mehr«, sagt Jonathan. »Wir haben zwei Patienten verloren, weil wir nicht genug Blutkonserven hatten.«

»Sie haben aber auch ein paar Leben gerettet.«

»Ja, doch …« Er schüttelt von Gefühlen überwältigt den Kopf. »Ist es immer so schlimm?«

»Nur an den meisten Tagen.«

Dieses Mal gibt Jonathan keine Antwort.

Emma sieht ihn nachdenklich an. »Die älteren Ärzte würden niemals zu uns kommen«, sagt sie nach einer Weile.

»Wie bitte?«

»Sie wollten doch wissen, warum sie nur Neulinge hierherschicken. Aus genau diesem Grund. Nach einer Weile ist es einfach zu viel. All das geht an die Substanz. Es laugt einen aus. Die älteren Ärzte halten das nicht aus. Sie sagen, man kann nur eine gewisse Menge toter Menschen ertragen, bevor man sich selbst wie tot fühlt.«

»Das kann ich nachvollziehen.«

»Es ist nicht zu vergleichen mit Blighty, oder?«, fährt Emma mit mitfühlender Stimme fort, so als ob sie sich mit einem gleichgesinnten Kameraden austauschen würde. »Ich hab gesehen, dass Sie in Oxford waren. Ich war im St. Hilda. Ähnliche politische Agenda.«

»Sie sind also keine Ärztin?«

»Gütiger Himmel, nein. Ich hab nebenbei eine Krankenschwesterausbildung gemacht, aber mein Schwerpunkt liegt in der Verwaltungsarbeit. Logistik und so. Falls wir mal genügend 0-positiv-Konserven haben, hätten Sie das mir zu verdanken.«

»Ich wollte damit nicht andeuten …«, sagt Jonathan in entschuldigendem Tonfall.

»Natürlich wollten Sie das nicht.«

»Ich war mir am Anfang nicht sicher, ob Sie Engländerin sind. Ihren Akzent, meine ich. Ich dachte, er klingt ein bisschen schottisch oder wie die Art Englisch, wie es in den meisten zentraleuropäischen Ländern gesprochen wird. Prag oder so.«

»Ich? Ich komme aus dem Südwesten. Aus Cornwall. Wir sprechen dort alle etwas komisch. Ich stamme aus der Nähe von Land’s End. Aus Penzance, um genau zu sein. Haben Sie schon mal davon gehört?«

»Penzance? Gewissermaßen, ja.« Er holt tief Luft, und obwohl er weiß, dass er sich zum Narren macht, streckt er seine Brust raus und zitiert mit melodischer Stimme:

Auch auf dem Gebiet der Mathematik nennt man ein Genie mich.

Ich löse jede Gleichung, ob einfach oder quadratisch.

Über binomische Theorien bin ich auf dem neuesten Stand, und bei der Hypotenuse des Quadrats ohne Frage mehr als gewandt.

Als sie nichts erwidert, fügt er hinzu: »Gilbert & Sullivan. Die Piraten von Penzance. Erzählen Sie mir nicht, dass Sie noch nie was von Generalmajor Stanley gehört haben.«

Emma beginnt unvermittelt zu lachen. »Natürlich hab ich das. Ich bin nur einfach nicht daran gewöhnt, dergleichen inmitten der afrikanischen Wildnis zu hören. Du lieber Gott. Ein Fan.«

»Ich nicht. Aber mein Vater. Er war Diplomat. Wir haben überall auf der Welt gewohnt. Schweiz, Italien, Spanien. Wo immer wir auch hingezogen sind, er hat überall Operetten besucht. Er konnte das Lied auf Englisch, Deutsch und Französisch singen.«

In der von Geräuschen durchdrungenen Nacht ist ein mitreißender Trommelrhythmus deutlich herauszuhören. Der elektronische Beat einer fetzigen Bassgitarre. Emma macht eine Kopfbewegung in die Richtung, aus der die Geräusche kommen. »Der Muthaiga-Club. Toller Tanzschuppen. Nur leider kennen sie dort den Mikado nicht.«

»Der Muthaiga-Club befindet sich doch in Nairobi. Ich kenne ihn aus dem Film Jenseits von Africa.«

»Ich auch«, flüstert sie ihm auf Zehenspitzen stehend zu. »Verraten Sie niemandem, dass ich den Namen geklaut habe. Kommen Sie mit?«

»Tanzen?« Er schüttelt den Kopf. »Ich bin schon viel zu lange auf. Bin völlig fertig.«

»Ach wirklich?« Emma nimmt seine Hand und geht mit ihm in die Richtung, aus der die pulsierende Musik ertönt.

Jonathan wehrt ab. »Danke, aber ich muss mich jetzt wirklich ausruhen.«

»Da klingt die Stimme Ihres alten Ichs durch.«

»Mein altes Ich?«

»Der Chefarzt. Das unausstehliche Arbeitstier. Der Mann, der all diese Auszeichnungen und Titel erworben hat.« Sie zieht an seiner Hand. »Sehen Sie mich nicht so an. Ich hab Ihnen gesagt, dass ich für die Verwaltungsarbeit zuständig bin. Ich hab all Ihre Zeugnisse gesehen. Wollen Sie einen Rat hören? Ihr altes Ich, der Mann, der viel zu hart arbeitet - vergessen Sie ihn. Er wird keine Woche hier überstehen.« Emma senkt die Stimme, und er ist sich nicht sicher, ob sie meint, was sie sagt, oder ob sie verrucht klingen will. »Das ist Afrika. Hier beginnt für jeden ein neues Leben.«

Später, nach dem Tanz und dem selbstgebrauten Alkohol und dem wilden, ausgelassenen Singen, führt sie ihn aus dem Club, weg von den dröhnenden Trommeln und dem Gewühl aus Körpern, hinein in den Busch. Sie folgen einem Fußweg durch ein Kasuarinenwäldchen, der in die nächtlichen Schatten getaucht wie ein langer Kratzer aussieht, bis zu einer Lichtung. Über ihnen ertönt der Schrei eines Affen, der sich von Baum zu Baum schwingt. Sie dreht sich zu ihm und sieht ihm fest in die Augen. Ihr Haar hat sich gelöst und fällt ihr ins Gesicht.

»Ich habe auf dich gewartet«, sagt sie. Mit ihrer Hand fasst sie in seinen Gürtel und zieht ihn zu sich heran.

Auch Jonathan hat auf sie gewartet. Nicht erst seit Wochen oder Monaten, sondern schon sehr viel länger. Im Laufe eines einzigen Tages hat sie ihn erobert. Er küsst sie, und sie küsst ihn wieder. Er fährt mit einer Hand unter ihr T-Shirt und spürt ihre feste, feuchte Haut. Dann gleitet seine Hand höher und umschließt eine ihrer Brüste. Sie beißt in seine Lippe und presst ihren Körper an ihn. »Ich bin ein anständiges Mädchen, Jonathan. Nur damit du weißt, auf was du dich einlässt.«

Sie knöpft sein Hemd auf und streift es ihm von den Schultern. Eine Hand streicht über seine Brust und gleitet tiefer hinab. Sie macht einen Schritt zurück, zieht sich das T-Shirt über den Kopf und befreit sich aus ihrer Jeans. Sie genießt seine hungrigen Blicke.

»Woher weißt du, dass ich es bin?«, fragt er, als sie ihren Körper um ihn schlingt.

»Aus dem gleichen Grund, aus dem du es auch weißt.«

Er legt sich ins Gras, und sie setzt sich auf ihn. Das Mondlicht tanzt in ihren rötlich leuchtenden Haaren. Die Bäume wiegen sich sanft. Irgendwo durchbricht der Schrei eines Tieres die Nacht.

Der Zug aus Chur fuhr ein, und nur eine Minute später tauchte der Zug aus Zürich aus der entgegengesetzten Richtung auf. Auf dem Bürgersteig vor dem Bahnhof drängten sich die Reisenden. Jonathan musste handeln, jetzt oder nie. Er verließ den Hauseingang und lief eilig über die Straße. Nachdem er über die Parkplatzmauer geklettert war, lief er die mittlere Parkreihe entlang. Falls jemand den Bahnhof überwachte, hatte er nun einen ungehinderten Blick auf Jonathan und sah einen ein Meter dreiundachtzig großen weißen Mann, der in einen neu gekauften dunkelblauen Parka gehüllt war. Dazu trug er eine farblich passende Skikappe, die er sich tief in die Stirn gezogen hatte, um das dicke, leicht gelockte Haar zu verbergen, das bereits im Alter von dreiundzwanzig Jahren grau geworden war.

Lauf nicht zu schnell, wies er sich im Stillen an und versuchte seine Muskeln unter Kontrolle zu halten.

Er zog die Schlüssel aus der Tasche und drückte auf den Knopf für die Zentralverriegelung. Es kam ihm so vor, als ob alles bis ins Kleinste durchgeplant worden war. Emma war schon immer ein Organisationsgenie gewesen. Der Wagen blinkte. Dreh dich nicht um, sagte er sich. Es ist Emmas Wagen, also ist es deiner. Ein S600. Glänzend schwarz. Das Auto, auf das jede Chirurgenfrau von Geburt an ein Anrecht hatte.

Er glitt auf den Fahrersitz und schloss die Tür. Als er die Gangschaltung berührte, heulte der Motor auf. Vor Schreck fuhr er in seinem Sitz hoch und stieß mit dem Kopf gegen die Wagendecke. »Mist«, murmelte er, als ihm klar wurde, dass er den Startknopf am Schalthebel gedrückt hatte. Das war der neueste Schrei in der Automobiltechnik. Er setzte sich wieder richtig hin und holte tief Luft. In naher Zukunft, dachte er, würden die Autos ganz von alleine fahren.

Erst jetzt fiel ihm die Ausstattung des Wagens auf. Der Geruch von neuem Leder, der jungfräuliche und blitzsaubere Zustand des Innenraums. Das war nicht nur ein Mercedes, sondern ein brandneuer Sedan mit allem Schnickschnack. Die Kosten: stratosphärisch. Es war weniger ein Auto als ein Luxustempel - Automobiltechnik auf der nächsthöheren Ebene. Er setzte sich bequem hin, stellte den Sitz und die Spiegel ein und schnallte sich an. Dann legte er den Rückwärtsgang ein und parkte aus. Der Wagen fuhr nahezu geräuschlos und glitt förmlich über den eisbedeckten Asphalt.

Er fühlte, wie in ihm ein plötzliches, irrationales Hassgefühl für den Wagen aufstieg, nicht nur, weil er ein Beweis für Emmas Verrat an ihm war, sondern auch, weil er einen Lifestyle repräsentierte, den er immer verabscheut hatte. Allzu viele der Oberärzte im Sloan-Kettering hatten von ihren eigenen Park-Avenue-Praxen und Häusern in den Hamptons geträumt. Sollten sie glücklich werden mit ihrem Tand und ihren Juwelen. Sie arbeiteten ja auch weiß Gott hart genug dafür. Doch für ihn war die Medizin kein Weg zu Ruhm und Reichtum. Die Medizin selbst war das, was ihm wichtig war. Er wollte auf keinen Fall über seine Besitztümer definiert werden. Über einen Wagen wie diesen. Es waren die Taten, die zählten. Dr. Jonathan Ransom kümmerte sich um seine Mitmenschen.

Er fuhr aus der Parklücke und dann zur Ausfahrt des Parkplatzes. Auf der Hauptstraße rasten die Autos in beiden Richtungen an ihm vorbei. Die Fußgänger nutzten die Gelegenheit und überquerten vor dem Mercedes die Straße. Ein Mann kam näher und blieb im Licht der Scheinwerfer stehen. Er hielt eine schützende Hand über seine Augen und blickte durch die Windschutzscheibe auf Jonathan. Es war ein Polizist. Jonathan war sich seiner Sache ganz sicher. Er nahm die Hände vom Lenkrad und wartete darauf, dass der Mann seine Pistole ziehen und rufen würde: »Steigen Sie aus dem Wagen! Sie sind verhaftet.«

Doch einen Moment später war der Mann verschwunden, nur einer von vielen Köpfen im Meer der heimkehrenden Pendler.

Der Verkehrsstrom ließ nach. Jonathan lenkte den Wagen auf die Straße, bog nach links ab und ließ den Bahnhof hinter sich. Vier Blöcke weiter hielt er am Straßenrand an und ließ das Fenster hinunter. »Steig ein.«

Simone schlüpfte zu ihm in den Wagen. Sie zog ihre Jacke fest um ihren Körper und blickte sich um. »Ist das Emmas Auto?«, fragte sie.

»Das nehme ich an.« Jonathan fuhr in östlicher Richtung auf die Autobahn. Auf einem Straßenschild stand: »Chur 25 km.«

Ein Schatten legte sich auf Simones Gesicht. »Wo willst du hin?«

»Zurück zum Hotel. Wir müssen rausfinden, wer Emma die Sachen geschickt hat.«

Reich, Christopher
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