DRITTES
BUCH
Die Klinik
Verspätete Hochzeit
1
Je weniger das Objekt seine Lust erweckte, desto besser spielte Glücklich die Verführerrolle, weil es ihm, sobald er die Wahrheit sagte, an Überzeugungskraft fehlte. Log er, verlieh ihm seine Phantasie einen sprühenden Charme.
»Wer die Kurve kratzt, den kann man nicht zur Liebe zwingen«, sagte Glücklich versöhnlich. »Das mit der alten Schachtel ist nicht deine Schuld.«
»Du hast mich geschlagen«, war Rosemaries Antwort. Sie hatte noch ein blaues Auge.
»Erbarmung. Was hätte ich denn sonst tun sollen?«
»Mich nicht schlagen.«
»Aber Katzi, das mit der Liebe verstehst du nicht. Die ist unberechenbar.« Am liebsten wäre er ihr ins Gesicht gesprungen.
Schelmisch fuhr er fort: »Wenn's mich überkommt …«
»Versprich, daß du mich nicht mehr schlägst!«
»Ja.«
Eine hübsche Aufgabe war es nicht, das Weib bei der Stange zu halten. Wie es aussah, hatte sie den Schmuck selbst geklaut und hielt ihn irgendwo versteckt. Was will das blöde Stück damit? Keine drei Tage, nachdem sie versuchen würde, das Zeug an den Mann zu bringen, säße sie. Nur zu gut wußte er, wie schnell sich so was herumspricht. Nur nicht den Bogen überspannen, entschied er. Abwarten und den Ahnungslosen spielen. Sie wird schon weich werden, oder ich breche ihr alle Knochen. Vielleicht könnte ich ihr auflauern. Der Gedanke, sich auf ein langes Warten einzurichten, deprimierte ihn.
Glücklichs rasches, schlichtes Ja machte Rosemarie argwöhnisch.
»Schön«, sagte sie, »und wenn du es noch mal wagst?«
»Ich schwör's dir.«
»Du sollst meine Frage beantworten«, sagte sie unerbittlich.
»Wenn ich dir nur ein Härchen krümme, kannst du mich rauswerfen.«
Jetzt war sie ganz sicher, daß er log. Es war das erste Mal, daß er sich eine Blöße gab, bis jetzt war er der Gebieter, als ob sie bei ihm wohnte und nicht umgekehrt. Aber er führte was im Schilde. Hatte er erraten, daß sie die Juwelen besaß? Rosemarie verwarf diesen Gedanken. Der Kerl hockte immerzu hier, wenn er sich hinauswagte, dann im Dunkeln, zu einer Runde im Park, immer war sie dabei. Ihre innere Stimme warnte sie: Seine Scheinheiligkeit ist unkeusch, er will dich nur reinlegen.
Mit Katzenaugen verfolgte Glücklich, wie sie nach der Einkaufstasche griff und rief ihr nach: »Bring eine Flasche Schnaps mit und schau zu, daß du die Zeitung nicht wieder vergißt.«
»Wenn so spät noch eine zu bekommen ist«, sagte sie geistesgegenwärtig.
Die halbe Portion. Mit den Schuhen stieg er aufs Bett und steckte sich eine Zigarette an. Wenn man schon nach einem Weibe hungert, dann ein strammes, wo man was zu fassen kriegt.