2
Ein Familiendisput entsteht oft aus einer Nichtigkeit. »Ich weiß, du magst diese Menschen nicht«, sagt Malvina Bertram heftig zu ihrem Mann, »und schon bin ich da und kümmere mich um sie. Ich glaube, ich habe nie etwas anderes getan, als mich um Dinge zu kümmern, die dir lästig sind. Schließlich ist das deine Feier.«
»Ich habe es über. Ich dachte immer, es wäre dein Fest. Aber Feiern sind nun mal da, um überstanden zu werden.«
»Es ist verdammt hochnäsig von dir, Hannes«, sagt Malvina. Sie ist drauf und dran, auf die Barrikaden zu gehen. »Was glaubst du wohl, weshalb heute alle Freunde zu uns kommen? Als die Nachricht von deiner Berufung die Runde machte, liefen Hedda Nolden Tränen über das Gesicht …«
»Es sind deine Freunde«, sagt er in einem kindlichen Trotz, »die Hubers genauso wie die Meier-Quillings, und Hedda Nolden hat zuviel Courths-Mahler gelesen. Was Hedda braucht, ist Nachsicht.« (Es ist Gotteslästerung, Hedda ist ihre beste Freundin.)
»Du wirst es nicht verstehen, dafür bist du zu erhaben, aber ich brauche Hedda. Vielleicht ist sie wirklich so einfältig, wie du behauptest. Mir macht das nichts aus. Sie ist menschlicher als alle deine noch so gescheiten Freunde, und sie steht zu mir. Sie und ich – vielleicht ist es das, was uns so verbindet –, wir haben keine Kinder, um uns Sorgen zu machen, wie wir sie auf die Universität bringen …« Malvina Bertram (von ihren Freundinnen liebevoll-zärtlich Mule genannt) ist keine Märtyrerin. Oft kämpft sie weiter, nachdem sie gesiegt hat.
»Ich dachte, Hannes«, sagt sie, »es würde dir Freude bereiten, wenn ich dir was Gutes tue und dieses Fest gebe. Mit allen Menschen, die uns seit unserer Ehe – und manche auch schon vorher – begleiten und zu uns gehalten haben.«
Eine hübsche Frau, die Malvina, die ihm kampflustig gegenübersteht. Ihre unterkühlte Distanziertheit ist vom Zorn wie weggeblasen.
»Es ist nicht die richtige Zeit, darüber zu reden«, sagt er widerwillig. »Deine Gäste werden jeden Augenblick eintreffen.«
Sie befinden sich im Wohnzimmer ihrer Stadtwohnung. Durch die offene Tür dringt gedämpft die Stimme der Haushälterin.
»Meine Gäste«, nickt Malvina. In der Bitternis ihrer Enttäuschung lacht sie leise: »Dir fällt hoffentlich auf, daß wir gerade einen kleinen Familienstreit haben?«
Er sagt unnachgiebig: »Ich möchte nicht in eine Rolle gedrängt werden, die mir nicht liegt.«