Donnerstag, 15. Mai 2008

Alto do Poio (Padornelo, 2 Höfe), 1270 m üdM, Provinz Lugo

31. Etappe bis Pitín, 23,5 km

Es fällt mir sehr schwer, mich aus dem Schlafsack zu pellen. Es ist eiskalt im Zimmer. Ruddi hat die Nacht aus seiner Sicht wohl in einem First-Class-Hotel verbracht. Er stellt sich tot, rollt bei meinem etwas ungeschickten Befreiungsversuch aus der engen Muckeltüte von einer Seite auf die andere. Zum Glück kenne ich die Wiederbelebungsmaßnahmen, die in einem solchen Falle bei Perrito anzuwenden sind. Futternapf auffüllen, hart absetzen und die Zauberworte „Hmm, lecker Frühstück“ benutzen. Das wirkt so spontan wie ein Defibrillator bei einem Hund mit Kammerflattern.

Ich stelle meinen persönlichen Rekord im Fertigmachen-und- Zimmer-verlassen auf. Im Gastraum ist schon richtig was los. Der Kamin ist kalt, aber die vielen Leute haben schon ganz gut vorgeheizt. Nach zwei Cafés con leche, die ich so heiß wie nur möglich trinke, taue ich Stück für Stück auf. Mir fällt ein, dass warme Gedanken auch helfen können. Was war nochmal letzte Nacht im Nebenzimmer los? Ja! Es hilft tatsächlich! Toll, was die Kraft der Gedanken so bewirken kann!

Es würde mich ja schon interessieren, wer das war. Meine Österreicher hatten ihre Zimmer auf der anderen Seite des Flurs. Die fallen also raus. Das junge Pärchen, das am Fenster sitzt, hat keine rosa Wangen. Keine Spur von einer heißen Nacht. Beim genaueren Hinsehen und -hören könnten sie auch Bruder und Schwester sein. Nein, die waren das auch nicht! An der Theke stehen lauter Männer, die sich paarweise unterhalten.

Zwei von ihnen unterhalten sich leiser als die anderen. Sie stehen näher beieinander, als es gute Freunde tun und sehen sich auch schweigend auffallend tief in die Augen. Ihr Lächeln und ihre gesamte Körpersprache verraten eine sehr enge Vertrautheit. Ihre Augen strahlen. Ja! Ihre Wangen sind rosig! Das müssen meine Zimmernachbarn der vergangenen Nacht sein. Ich bin froh, dass sie ihr Abenteuer unversehrt überstanden haben. Nicht nur das: Sie sehen aus, als könnten sie Bäume ausreißen. Wen wundert es? Sex ist ja bekanntlich nicht nur die schönste Nebensache der Welt, horny und höchst entspannend. Wenn alles gut läuft, ist er berauschend und man fühlt sich danach wie der König der Welt. Und den kann nichts erschüttern.

Um acht Uhr beginne ich meine Etappe. Heute geht es von 1285 Metern in Fonfría auf 665 in Triacastela abwärts. Die Erfahrung der letzten Etappen hat mir gezeigt, dass es zwischen den Dörfern durchaus auch ohne Vorwarnung meines Reiseführers steil bergauf gehen kann. Der Camino Francés ist niemals langweilig. Jeder Tag birgt neue Überraschungen in sich.

Ganz komfortabel laufe ich neben der ruhigen Landstraße her. In Fonfría verkneife ich mir eine Kaffeepause. Mein Gefühl treibt mich weiter. Auch nach fünf Kilometern hält sich mein Verlangen, einzukehren, in Grenzen. Ich wundere mich zwar, bin aber auch gespannt, was denn heute wohl auf mich wartet. Ich folge meiner Intuition und meinen Trekkingstöcken. Sie scheinen heute den Ton anzugeben. Es fühlt sich an, als hätten sie die Macht. Meine Füße bewegen sich wie von einem Zahnrad angetrieben im gleichmäßigen Rhythmus meiner Arme. Ich finde das überaus angenehm. Normalerweise ist es umgekehrt, geben meine geschundenen Füße den Armen die Befehle sich anzupassen.

Kurz vor Viduedo geht es weiter auf Viehsteigen. So entspannend die letzten Kilometer waren, so schockierend ist das, was sich mir jetzt bietet. Macht denn hier keiner sauber? Zentimetertiefer Mist, also Scheiße, ziert den Weg. Durch den Regen der letzten Tage ist der Weg sowieso schon total aufgeweicht. Matsch und Viehmist vereinigen sich zu einem unglaublich glitschigen Zeug. Es gibt kein Entkommen, keine Ausweichmöglichkeiten. Ich muss dadurch. Es stinkt erbärmlich. Nur nicht ausrutschen! Volle Konzentration bei jedem Schritt!

Ich arbeite gerade daran, mich mit der Situation anzufreunden, als mich zwischen zwei Bauernhöfen eine alte Señora anspricht: „Tienes hambre, (hast Du Hunger)?“ Sie hält mir einen Teller frischer Pfannkuchen unter die Nase. Halluziniere ich jetzt? Nein! Es ist wirklich wahr! Ich kann mein Glück kaum fassen. Ich liebe Omelettes in vielen Varianten heiß und innig. Sofort muss ich an zuhause denken. Obwohl ich in diesem Moment auf einem Viehsteig knöcheltief in der Scheiße stehe und es keine Sitzgelegenheit gibt, fühlt es sich an und riecht auch so, als säße ich bei meinen Eltern im Garten und meine Mutter käme mit diesem Überraschungsteller zu mir. Am liebsten würde ich dieser fremden Frau um den Hals fallen. Das sieht sie mir wahrscheinlich an. Sie streut Zucker auf den obersten Pfannkuchen, klappt ihn zusammen und hält ihn mir lächelnd entgegen.

Der Mist unter meinen Füßen ist vergessen. Ich nehme nur noch diese Köstlichkeit wahr und genieße sie gierig mit viel zu großen Bissen. Vielleicht liegt es an der Landluft, aber so leckere Pfannkuchen habe ich noch nie gegessen. Ich schätze, ich habe momentan große Kinderaugen. Jedenfalls hält die Fee mir den Teller noch einmal hin.

Der Zucker ist schon drauf und ich greife zu. Den zweiten genieße ich in Ruhe und zwischen den Bissen frage ich, was es damit auf sich hat. Sie verdient sich damit ein paar Euros zusätzlich. Sie macht morgens und nachmittags frische Eierkuchen. Die Pilger erfreuen sich seit langer Zeit daran. Ich gebe ihr zwei Euro und weiß endlich, was mich heute Morgen so angetrieben hat. Wer weiß, ob sie eine halbe Stunde später auch noch welche gehabt hätte.

Nach 600 Höhenmetern auf den letzten neun Kilometern durch tausende Kuhfladen, Hühnermist und Was-weiß-ich-noch-was erreiche ich kurz vor dem Zusammenbruch Triacastela. Ich habe fast vier Stunden für diesen abstrakten Abstieg gebraucht und war nicht die Langsamste. Zwei einzelne Pilgerinnen habe ich, völlig erschöpft am Wegesrand hockend und mit Tränen in den Augen, überholt.

Mitten im Ort steuere ich in Zeitlupe auf ein Café zu - mein Rettungsanker in allerhöchster Not. Am Eingang klebt ein viel zu großes Verbotsschild für Hunde. Das muss mir jetzt egal sein. Ich hab das nicht gesehen. Eine einheimische Damenrunde beim Kaffeekränzchen blickt entsetzt auf Ruddi - als wäre er ein Außerirdischer. Er ist übrigens bei weitem nicht so dreckig wie ich. Mein Hund konnte nämlich der Scheiße ausweichen und über die Weiden und Wiesen laufen.

Ich plumpse auf einen Stuhl, lege Ruddi zügig auf seine Decke. Ich drapiere sie so, dass er zwischen Rucksack und Stuhl kaum zu sehen ist. Die Kellnerin sieht mir an, wie fertig ich bin. Lächelnd bringt sie mir einen Café con leche an den Tisch und geht wieder. Sie hat meinen Hund nicht bemerkt.

Wenige Minuten später geht eine der Damen an der Theke petzen. Entsetzt sucht die eben noch freundliche Señorita mit den Augen nach dem angeklagten Eindringling. Bei ganz genauem Hinsehen entdeckt sie Ruddi natürlich und ruft mir böse zu „No perro!“ und zeigt zur Tür. Ich tue so, als ob sie mich auf etwas Unerhörtes draußen auf der Straße hingewiesen hätte und schaue betroffen und kopfschüttelnd einigen Fußgängern hinterher, die mit Sicherheit keine Ahnung haben, was sie wohl angestellt haben könnten.

Sie fuchtelt mit den Armen und wiederholt sich: „No perro!“ Ich nix verstehen. „No perro!“ „Ah, si, okay, lo siento!“ und drücke mit einem verständnisvollen Blick zum Kaffeekränzchen meine Zigarette aus. „No, señora! No perro!“ und zeigt in Richtung Ruddi. Da der direkt neben meinem Rucksack liegt, fasse ich das mal als Interesse an meinem Tun auf. „Ah, sí, Camino Francés!“ Langsam wird sie geschmeidiger. Ich bemerke, wie sie sich ein bisschen entspannt. Etwas kraftloser wiederholt sie nochmal: „No perro, por favor!“ Oh, wir sind schon beim „Bitte“ angekommen. Na dann: „Sí, noch einen Café con leche, por favor!“ und zeige auf meine Tasse. Sie bringt mir tatsächlich noch einen. Mit dem Rücken zum Kaffeekränzchen zwinkert sie mir endlich mit einem Blick auf Perrito zu und gibt mir zu verstehen, dass sie es auch schade findet, dass die Damen keine Hunde mögen.

Um sie aus der Situation als Gewinnerin rausgehen zu lassen, bezahle ich schon mal mit klimperndem Kleingeld. So können die feinen Damen beruhigt meinem baldigen Abschied entgegensehen. Meinen Kaffee trinke ich aber trotzdem noch in aller Ruhe aus und verlasse dann mit einem fröhlichen „adiós“ auf den Lippen das Café.

Auf den folgenden vier Kilometer geht es wieder 200 Meter höher nach San Xil. Aber die verdoppeln sich, denn es geht ständig steil auf und ab. Steinige, schlammige, beschissene Viehwege wechseln sich mit geteerten Nebenstraßen ab. Ein einziges Auto kommt mir nach ungefähr eineinhalb Stunden entgegen. Der Weg durch das San-Xil- Tal zeigt mir neben seiner überaus reizvollen Landschaft und ursprünglichen Natur auch das einsame, authentische Galicien. Obwohl ich körperlich am Ende bin, fühle ich mich hier irgendwie gut aufgehoben.

Seit Triacastela habe ich außer dem Autofahrer keine Menschenseele mehr gesehen. Es gibt in diesem Tal keine Bars oder sonstige Verpflegungsmöglichkeiten. Wie aus dem Nichts aufgetaucht, geht nun gemächlichen Schrittes ein alter Mann mit einer Riesenaxt über der Schulter vor mir her. Ich hoffe er ist Waldarbeiter und kein Massenmörder. Wo kommt der denn her? Das letzte bewohnte Haus hab ich vor langer Zeit gesehen. Und wo will er denn hin mit seiner Axt? Holz holen? Ohne Sack, Schubkarre oder Trecker? Seine Kleidung würde ja dazu passen. Ist schon ein bisschen komisch. Soll ich ihn überholen oder vom Gas gehen und dahinter bleiben?

Auf einem besonders steilen Stück Weg wird er so langsam, dass es mir so vorkommt als ginge er rückwärts. Tja, dann woll'n wir mal sehen, was das für ein Zeitgenosse ist. Ruddi findet ihn auf jeden Fall ungefährlich. Fröhlich umkreist er ihn einmal und beschäftigt sich sofort wieder mit für ihn wichtigeren Dingen. Na, dann kann der Señor nichts Böses im Sinn haben. Nach acht Jahren Beziehung kann ich mich hundertprozentig auf Schnurzel verlassen. „Hola, qué tal?“ Wir gehen ein kurzes Stück zusammen und ich erfahre, dass er in diesem einsamen Landstrich zuhause ist. Er wohnt alleine und ohne jeden Luxus in einem uralten Haus, das dringend eine Sanierung nötig hätte. Dieser alte Mann hat strahlende, fast funkelnde Augen, als er mir „sein“ Land zeigt. Mit leiser, bewundernder Stimme und ausschweifenden Handbewegungen führt er meinen Blick an Waldränder, über Wiesen und Felder. Ich glaube er ist einer der glücklichsten Menschen in Galicien. Er kann sich nicht vorstellen, anders zu leben. Er holt ein paar Holzscheite aus dem Wald in dem hauptsächlich Kastanien und Eichen stehen, um seinen Ofen anzufeuern. Einen Jutesack hat er übrigens vorne an seinem Gürtel hängen.

Ich finde es jedes Mal aufs Neue faszinierend, mich mit den Einheimischen zu unterhalten. Das ist so ein anderes Leben, hier auf dem Camino. Das hat mit dem, was wir in Deutschland kennen, nichts zu tun. Die meisten haben kaum Hab und Gut, aber die unglaubliche Lebensfreude, die sie umgibt, kann man deutlich spüren. Nach einer solchen Begegnung habe ich immer besonders viel Energie und frische, angenehme Gedanken.

Kurz darauf gerate ich in ein Unwetter, das mir so richtig Angst einjagt. Von einer Sekunde auf die andere ist es da. Der Himmel war zwar dunkel, aber mit so was habe ich im Leben nicht gerechnet. Mir fällt Hermann ein, der mir vor ewig langer Zeit in den Bergen geraten hat, den Poncho frühzeitig überzuziehen, weil es plötzlich losgehen kann und dann keine Zeit mehr bleibt, sich zu schützen.

Ein Sturm kommt auf, es wird extrem dunkel, Hagel prasselt auf meinen Kopf, es blitzt und donnert über mir und Ruddi haut auch noch ab. Ich gerate ein wenig in Panik, schrei ihn an, er möge zu mir kommen. Währenddessen kämpfe ich wie verrückt mit meinem Poncho. Der Sturm, der in einen Orkan ausartet, hat ihn besser im Griff als ich. Und diesmal ist kein Hermann dabei, der das Regencape bändigt. Im Nu bin ich so patschnass, als hätte jemand einen Eimer Wasser über mir ausgeschüttet. Ich gebe nicht auf! Endlich sitzt der Poncho! Mann!

Ruddi hat sich unter einem Mauervorsprung mitten auf einer Wiese versteckt. Er sitzt zitternd wie Espenlaub da und traut sich, trotz meiner verzweifelten und sehr ernst zu nehmenden Befehle, nicht in den Hagel. Mir bleibt nichts anderes übrig, als ihn zu holen. Schnell setze ich ihn unter meinen Poncho und mach mich so klein ich kann. Nicht, dass der Blitz uns trifft. Sturzbäche laufen die Straße herunter, so heftig ist der Regen, der den Hagel abgelöst hat. Bäume geben sich dem Orkan hin und ihre Äste wiegen sich bedrohlich weit hin und her. Mein Poncho droht zu zerreißen. Ich muss mich richtig anstrengen, um nicht aus der Hocke geblasen zu werden.

Das Ganze hat sicher nicht länger als fünf Minuten gedauert, hinterlässt bei uns beiden aber einen wohl lebenslangen Eindruck. Wow! Ich habe echt Respekt vor den Naturgewalten - vor allem in den einsamen Bergen.

Tief beeindruckt schau ich den abziehenden schwarzen, schweren Wolken hinterher. Mit jedem Moment geben sie ein Stück mehr von der faszinierenden Aussicht auf die imposante Gebirgslandschaft frei. Genauso schnell wie es kam, ist es auch wieder vorbei. Der Orkan hat sich mit den schwarzen Wolken verzogen. Es ist wieder hell und die Vögel zwitschern besonders schön. Die Sonne zwinkert mir durch einige lockere weiße Wolken zu. Es riecht so herrlich nach reiner Natur - nasser Wiese und Wald. Es ist wieder Frieden eingekehrt in meine Pilgerwelt. Ich fühle mich tatsächlich wie aus der Hölle befreit und ins Paradies versetzt.

Ruddi wirkt noch ein bisschen geschockt. Zitternd und mit großen Augen sitzt er vor mir und sieht mich hilfesuchend an. Regen tropft aus seinem Fell. Er erinnert ein bisschen an einen nassen Biber und ich muss laut lachen. Ich trockne ihn ab so gut es geht und rede beruhigend auf ihn ein. Nach wenigen Minuten ist auch er wieder startklar.

Uns kommt ein Pilger ENTGEGEN! Wo will der denn hin? Weit und breit gibt es hier keinen Anlaufpunkt in Form einer Gaststätte oder eines Geschäfts, der einen Pilger dazu bewegen könnte, in die falsche Richtung zu gehen. Wir kommen ins Gespräch und ich erfahre, dass er in Santiago de Compostela gestartet ist und bis Saint Jean Pied de Port gehen will. Er läuft den Jakobsweg eben in die andere Richtung, nachdem er die „richtige“ in den letzten Jahren schon zweimal bezwungen hat. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus. Mir fällt ein, dass mir in den ersten Tagen dieser Expedition auch schon mal ein Pilger entgegenkam. Ich halte es für schwierig, sich „rückwärts“ auf dem Camino zu bewegen. Die Wegweiser sind doch gar nicht zu erkennen. Sie sind so angelegt, dass sie dem Pilger, der nach Westen wandert, meist direkt ins Auge springen, aber umgekehrt?! Er sagt: „Wenn Du den Weg zweimal gelaufen bist, weißt Du wo Du lang musst.“ Na dann! „Buen camino!“ Eine weitere Variante den Jakobsweg zu laufen.

Nun geht es durch Wälder, über Vieh- und Feldwege. Durch das Unwetter sind sie noch aufgeweichter und ich muss wieder jeden Schritt genauestens planen, damit es mich nicht hinhaut. Würde das passieren, sähe ich nicht nur aus wie eine Wildsau, sondern verbreitete auch den gleichen „Duft“ und würde sicher nirgendwo mehr aufgenommen. Knöcheltiefer, übelst stinkender Matsch! Ich muss darauf achten, dass der nicht in meinen Schuhen landet. Diese Aktion ist sehr kräfte- und zeitraubend. Ich bin mehr als überfällig für einen Café con leche. Meine Hoffnung darauf ist mitten in der Wildnis nicht besonders groß. Ich rede mir gut zu, damit es überhaupt weiter gehen kann. Gefühlsmäßig komme ich zurzeit nur Zentimeter um Zentimeter voran. Wo - und vor allem wann - soll das nur enden?

In einem kleinen Hexenhäuschen im dunklen Wald! Plötzlich ist es da! Ich höre Stimmen. Ja, gewonnen! Es ist tatsächlich ein Wirtshaus.

Überglücklich betrete ich einen winzig kleinen Gastraum. Es ist warm und gemütlich hier drin. Erschöpft lasse ich mich auf den ersten Stuhl fallen, der sich mir in den Weg stellt. Die Wirtsleute wissen genau, was ich den letzten Stunden durchgemacht habe. Ich werde inklusive Ruddi warmherzig empfangen - trotz meiner Drecksklumpen. Der heiße Kaffee wird mir an den Tisch gebracht. Ich sitze gegenüber einer Treppe. Ein junges Paar kommt herunter, ignoriert den Gestank, der von meinen Schuhsohlen ausgeht, setzt sich zu mir und begrüßt mich mitfühlend in meiner Muttersprache.

Ich befinde mich erstaunlicherweise in einer Herberge. Es gibt hier nur vier Schlafplätze und ein Doppelzimmer. Und das scheint auch noch frei zu sein. Die beiden schwärmen von dieser Unterkunft und ich werde schon wieder verführt, meine Etappe frühzeitig zu beenden. Naja, bis zu meinem Etappenziel mögen es noch zwei Kilometer sein. Aber unter den gegebenen Umständen, ziehen die sich wie Kaugummi. Ich bitte mir Bedenkzeit aus.

Wir sitzen gemütlich zusammen und haben uns eine Menge zu erzählen. Je länger ich mich aufhalte, desto lieber will ich bleiben. Es wäre doch schön, eine Nacht mitten im tiefen Wald zu verbringen.

Nach einer halben Stunde ringe ich mich durch. Ich bestelle mir in Feierlaune noch einen Café con leche und das Doppelzimmer.

Den Kaffee krieg ich, aber das Zimmer...! „Lo siento, no hay camas libres más, señora (tut mir leid, keine freien Betten mehr)!“ Ich könnte heulen, da hab ich wohl ein bisschen zu lange überlegt und ein anderer ist mir zuvorgekommen. Ich krieg mich schnell wieder ein. Ist doch klar, dass auch das einen Sinn haben muss. Wer weiß schon, was da draußen noch auf mich wartet. Die Pause hat mir gut getan. Mit frischer Energie mache ich mich an die letzten zweihunderttausend Zentimeter für heute.

5 1/2 Wochen
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