Im interstellaren Raum
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Drei Tage später war das Unterdrückerrudel so nahe gekommen, dass es sich in Reichweite des Geschützes befand. Die Techniker hätten gern noch länger kalibriert und weitere Parameterräume ausgelotet. Hin und wieder verhielt sich die Waffe immer noch erschreckend unberechenbar und biss ein Stück aus der näheren Umgebung heraus, obwohl sie eigentlich auf ein Ziel in mehreren AE Entfernung gerichtet war. Manchmal, und das war besonders beängstigend, bestand nur ein sehr loser Zusammenhang zwischen Eingaben und Resultat. Immerhin war die Waffe schwach akausal: Sie unterlief die Gesetze von Zeit und Raum nach verwirrend komplexen und ständig wechselnden Regeln. Kein Wunder, dass die Wölfe nichts Vergleichbares in ihrem Arsenal hatten. Vielleicht waren sie zu der Ansicht gelangt, dass solche Technologien letztlich mehr schadeten als nützten. Wahrscheinlich ließ sich diese Logik auch auf Skades überlichtschnellen Raumschiffantrieb anwenden. Im Universum waren sehr viele Dinge möglich, weit mehr, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte. Aber viele waren weder für das Individuum, noch für Spezies oder galaktische Zivilisationen wünschenswert.
Immer noch wurde das Licht gelegentlich schwächer, das Geschütz feuerte weiter, und Scorpios persönliches Weltbild blieb unangetastet. Das Geschütz mochte die Grundlagen der Realität aufs Äußerste grotesk misshandeln, aber ihm ging es darum, was es mit den Wölfen anstellte. Und es riss langsam, aber sicher immer wieder Stücke aus dem Verfolgerschwarm.
Es war kein Sieg. Aber sie überlebten. Und das war vorerst genug.
Aura lag, wie üblich in die silberne Steppdecke gehüllt, auf dem Schoß ihrer Mutter. Scorpio fand sie immer noch erschreckend klein, ein Püppchen, das eigentlich in eine Vitrine gehörte, anstatt den Wirren und Gefahren der Außenwelt ausgesetzt zu werden. Andererseits vermittelte sie einen Eindruck von stiller Unverwundbarkeit, bei dem sich ihm die Nackenhaare sträubten. Er registrierte es erst, seit ihre Augen, wach und scharf wie die eines Raubvogels, vollends offen waren. Sie waren von einem tiefen Goldbraun mit goldenen und stahlblauen Einsprengseln, und ihnen entging nichts, was sich ringsum abspielte. Sie schauten nicht einfach in die Runde. Sie sondierten, sie bohrten. Sie überwachten.
Scorpio hatte sich mit den anderen Ältesten wie üblich im Konferenzraum getroffen. Alle saßen um den spiegelblanken schwarzen Tisch. Scorpio musterte die Anwesenden und sortierte sie im Geiste nach Verbündeten, Gegnern und einer dritten Gruppe, die sich wahrscheinlich noch nicht entschieden hatte. Auf Antoinette hätte er zählen können, aber sie war nach Ararat zurückgekehrt. Auch Blood hätte sich seiner Meinung angeschlossen, nicht unbedingt deshalb, weil er die Folgen gründlich erwogen hätte, sondern weil man Fantasie brauchte, um an einen Treuebruch auch nur zu denken, und Fantasie war noch nie Bloods Stärke gewesen. Scorpio vermisste ihn schon jetzt. Er musste sich immer wieder daran erinnern, dass sein alter Stellvertreter nicht tot, sondern nur unerreichbar war.
Seit dem Start von Ararat waren zwei Wochen vergangen. Die Sehnsucht nach Unendlichkeit war mit einer gleichmäßigen Beschleunigung von 1 Ge zwischen den Zahnrädern der Raumschlacht hindurchgeschlüpft und hatte das System verlassen. In der ersten Woche hatte sie sich zwölf AE von Ararat entfernt und ein Fünfzigstel Lichtgeschwindigkeit erreicht. Am Ende der zweiten Woche flog sie mit einem Fünfundzwanzigstel Lichtgeschwindigkeit, und Ararat lag fast fünfzig AU hinter ihr. Jetzt kam Scorpio dieser Abstand zu Bewusstsein: Wenn er zurückblickte, war Ararats Helle Sonne, p Eridani A – die ihnen in den letzten dreiundzwanzig Jahren ihre Wärme gespendet hatte – nur noch ein sehr heller Stern, hunderttausendmal schwächer als von der Planetenoberfläche aus. Sie wirkte nicht heller als ihr binärer Zwilling, die Matte Sonne oder p Eridani B; beide blieben zurück wie zwei Bernsteinaugen, die immer näher zusammenrückten, je weiter das Schiff in den interstellaren Raum hinausstrebte. Die Wölfe waren mit bloßem Auge nicht zu sehen – nur den Sensoren gelang es mit Mühe, sie vor dem Hintergrund herauszufiltern, und auch sie waren sich ihrer Sache nicht völlig sicher –, aber sie waren da. Die hypometrischen Geschütze – inzwischen waren drei von ihnen einsatzbereit – hatten immer wieder Löcher in die Reihen der Verfolger gerissen, aber nicht alle Wölfe vernichten können.
Es gab kein Zurück mehr. Doch bis zu diesem Moment war der Kurs ausschließlich von Remontoires Plan diktiert worden. Die Flugbahn war so berechnet, dass die Wahrscheinlichkeit, von den Wölfen abgefangen zu werden, möglichst gering war. Erst jetzt, nach zwei Wochen, hatten sie die Möglichkeit, sich für ein Ziel zu entscheiden. Auf die Verfolger brauchte man dabei keine Rücksicht mehr zu nehmen: Scorpio konnte davon ausgehen, dass sie irgendwann, lange bevor das Schiff seinen endgültigen Bestimmungsort erreichte, vernichtet sein würden.
Er stand auf und wartete, bis alle Gespräche verstummten. Dann zog er wortlos Clavains Messer aus der Scheide, beugte sich, ohne es einzuschalten, über den Tisch und ritzte mit jeweils drei Strichen zwei Zeichen in die Platte – eines auf jeder Seite der Mittellinie. Das eine war ein ›Y‹, das andere ein ›H‹. Die Kratzer hoben sich so rosa wie eine Schweineschwarte von dem schwarzen Lack ab.
Alle warteten, dass Scorpio etwas dazu sagte. Aber er steckte das Messer schweigend in die Scheide zurück und setzte sich wieder. Dann verschränkte er die Hände hinter dem Kopf und nickte Orca Cruz zu.
Cruz war die einzige Verbündete aus Chasm City, die ihm noch geblieben war. Sie blickten in die Runde, musterte jeden Einzelnen mit ihrem unversehrten Auge, und scharrte während ihrer Ansprache nervös mit den schwarzen Fingernägeln auf der Tischplatte.
»Die letzten Wochen waren nicht einfach«, begann sie. »Jeder musste Opfer bringen, jeder musste erleben, wie seine Pläne zunichte wurden. Einige von uns haben Freunde verloren. Familien wurden auseinander gerissen. Alles, worauf wir uns noch vor einem Monat stützen konnten, ist zu Staub zerfallen. Wir befinden uns tief in unbekanntem Territorium und haben keine Karte. Schlimmer noch, der Mann, dem wir zu vertrauen gelernt hatten, der Mann, der uns den rechten Weg gezeigt hätte, ist nicht mehr unter uns.« Sie heftete den Blick auf Scorpio und wartete, bis auch alle anderen ihn ansahen. »Aber wir haben immer noch einen Führer«, fuhr sie fort. »Sogar einen verdammt guten Führer, dem Clavain so sehr vertraute, dass er ihm in seiner Abwesenheit die Leitung der Kolonie auf Ararat übertrug. Und diesem Führer sollten wir jetzt mehr denn je vertrauen. Clavain setzte große Stücke auf ihn. Ich finde, es ist an der Zeit, sich an dem alten Mann ein Beispiel zu nehmen.«
Urton vom Sicherheitsdienst schüttelte den Kopf. »Das ist alles gut und schön, Orca. Gegen Scorpio als Führer hat keiner etwas einzuwenden.« Das Wort Führer betonte sie stark, überließ es aber jedem selbst, seine Schlüsse darüber zu ziehen, was man gegen das Schwein haben könnte. »Wir wollen jedoch wissen, wohin wir Ihrer Meinung nach fliegen sollten.«
»Das ist ganz einfach«, gab Orca Cruz zurück. »Wir müssen nach Hela.«
Urton gelang es nicht, ihre Überraschung zu verbergen. »Dann sind wir uns ja einig.«
»Aber erst, nachdem wir auf Yellowstone waren«, fuhr Cruz fort. »Hela ist bestenfalls… Spekulation. Wir wissen nicht, ob wir dort wirklich etwas finden und was es sein könnte. Andererseits steht fest, dass wir im Umkreis von Yellowstone einiges bewirken können. Wir haben Kapazitäten für zehntausende von weiteren Schläfern. Hundertfünfzigtausend sind kein Problem. Es geht um Menschenleben, Urton, um Menschen, die auf Rettung warten. Das Schicksal hat uns dieses Schiff gegeben. Jetzt müssen wir auch etwas damit anfangen.«
»Wir haben bereits das Resurgam-System evakuiert«, hielt Urton dagegen. »Von den siebzehntausend Menschen hier ganz zu schweigen. Ich würde sagen, damit sind wir quitt.«
»In solchen Dingen ist man niemals quitt«, widersprach Cruz.
Urton schwenkte die Hand über dem Tisch. »Sie vergessen eines. In den Kernsystemen wimmelt es nur so von Ultras. Überall tummeln sich Dutzende, hunderte von Schiffen mit der Schläferkapazität der Unendlichkeit.«
»Würden Sie den Ultras Ihr Leben anvertrauen? Dann sind Sie dümmer, als Sie aussehen«, sagte Orca.
»Natürlich würde ich ihnen trauen«, sagte Urton.
Aura lachte.
»Warum hat sie das getan?«, fragte Urton.
»Weil Sie lügen«, erklärte Khouri. »Sie merkt das. Sie merkt es immer.«
Ein Vertreter der Flüchtlinge – ein Mann namens Rintzen – räusperte sich taktvoll und setzte sein versöhnlichstes Lächeln auf. »Urton will sagen, es geht uns einfach nichts an. Die Motive und Methoden der Ultras mögen fragwürdig sein – wer wüsste das nicht? –, aber Tatsache bleibt, dass sie Schiffe haben und Fahrgäste suchen. Sollte die Lage in den Kernsystemen tatsächlich kritisch werden, dann hätten wir – wenn ich es so ausdrücken darf – den klassischen Fall eines Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage.«
Cruz schüttelte den Kopf und sah ihn empört an. Wäre Scorpio in diesem Moment hereingekommen und hätte nur ihr Gesicht gesehen, er hätte angenommen, jemand hätte soeben einen Kothaufen auf dem Tisch deponiert.
»Helfen Sie meinem Gedächtnis auf die Sprünge«, sagte sie. »Als Sie auf diesem Schiff von Resurgam flüchteten – wie viel mussten Sie bezahlen?«
Der Mann betrachtete seine Fingernägel. »Natürlich nichts… Aber darum geht es auch nicht. Das war eine ganz andere Situation.«
Die Lichter wurden schwächer. Das geschah inzwischen alle paar Minuten, wenn die hypometrischen Geschütze hochgefahren und abgefeuert wurden; niemand kommentierte es mehr, was aber nicht bedeutete, dass es unbemerkt geblieben wäre. Alle wussten, dass die Wölfe noch immer draußen lauerten und sich näher an die Sehnsucht nach Unendlichkeit heranschlichen.
»Nun gut«, sagte Cruz, als das Licht wieder in voller Stärke erstrahlte. »Und als Sie diesmal von Ararat gerettet wurden? Wie viel haben Sie dafür ausgespuckt?«
»Wieder nichts«, erklärte Rintzen. »Und ich wiederhole, dass man die beiden Fälle nicht vergleichen kann…«
»Sie widern mich an«, sagte Cruz. »Ich hatte im Mulch mit mancherlei Ungeziefer zu tun, aber Sie gehören in eine eigene Kategorie, Rintzen.«
»Hören Sie«, sagte Kachian, ebenfalls eine von den Flüchtlingen. »Niemand behauptet, dass es rechtens wäre, wenn die Ultras aus der Wolfskatastrophe Profit schlügen, aber wir müssen pragmatisch bleiben. Ihre Schiffe werden für eine Massenevakuierung immer besser geeignet sein als dieses hier.« Sie sah sich um und forderte auch die anderen dazu auf. »Dieser Raum sieht halbwegs normal aus, aber er ist nicht repräsentativ für den Rest des Schiffes, er ist eher die harte, trockene Perle in der schleimigen Auster. Große Teile sind nicht einmal kartografisch erfasst, geschweige denn bewohnbar. Und wir dürfen nicht vergessen, dass die Lage diesmal deutlich schwieriger ist als bei der Resurgam-Evakuierung. Die meisten von den siebzehntausend Menschen, die vor zwei Wochen an Bord kamen, sind immer noch nicht richtig abgefertigt. Sie leben unter unsäglichen Bedingungen.« Sie schüttelte sich, als hätte sich der Schmutz durch Osmose auf sie übertragen.
»Wenn Sie von unsäglichen Bedingungen sprechen«, sagte Cruz, »dann probieren Sie doch ein paar Wochen lang aus, wie es Ihnen gefällt, tot zu sein.«
Kachian schüttelte den Kopf und sah die anderen Ältesten entnervt an. »Mit dieser Frau ist nicht zu reden. Sie wird entweder beleidigend, oder sie zieht alles ins Lächerliche.«
»Dürfte ich etwas dazu sagen?«, fragte Vasko Malinin.
Scorpio erteilte ihm achselzuckend das Wort.
Vasko stand auf, beugte sich vor und stützte sich mit gespreizten Fingern auf die Tischplatte. »Ich will nicht näher auf die logistischen Probleme eingehen, die bei einer Evakuierung von Yellowstone aufträten«, begann er. »Ich glaube, darauf kommt es nicht an. Wir haben eine klare Anweisung erhalten, keine Rücksicht auf die Not der Flüchtlinge zu nehmen und nicht dorthin zu fliegen. Und wir müssen auf Aura hören.«
»Sie hat uns nicht ausdrücklich verboten, nach Yellowstone zu fliegen«, warf Cruz ein. »Sie sagte lediglich, wir sollten nach Hela fliegen.«
Vasko sah sie streng an. »Und wo sehen Sie den Unterschied?«
»Wie gesagt, Yellowstone sollte für uns Vorrang haben. Das schließt einen Besuch auf Hela nach Abschluss der Evakuierung nicht aus.«
»Bis dahin vergehen Jahrzehnte«, sagte Vasko.
»Die vergehen in jedem Fall«, erwiderte Cruz lächelnd. »So sind nun einmal die Spielregeln, mein Junge. Gewöhnen Sie sich daran.«
»Ich kenne die Spielregeln«, sagte Vasko leise und ließ sie deutlich spüren, dass die Anrede ein Fehler gewesen war. »Und mir ist auch bekannt, dass wir eine klare Anweisung erhalten haben, nach Hela zu fliegen. Wäre ein Flug nach Yellowstone in Auras Plänen enthalten gewesen, dann hätte sie das doch sicher gesagt, meinen Sie nicht auch?«
Alle sahen das Kind an. Aura sprach manchmal: Inzwischen hatten sich alle an das kaum verständliche, gurgelnde Krächzen gewöhnt. Doch es gab auch Tage, an denen sie stumm blieb oder nur Babylaute von sich gab. Oder sie hatte, wie eben jetzt, vollkommen auf Empfang geschaltet und nahm nur auf, anstatt zu senden. Ihre Entwicklung war beschleunigt, aber sie vollzog sich nicht stetig: Es gab große Sprünge, aber auch Phasen des Stillstands und unerklärliche Rückfälle.
»Sie will, dass wir nach Hela fliegen«, sagte Khouri. »Mehr weiß ich nicht.«
»Und was ist mit der anderen Sache?«, fragte Scorpio. »Was ist mit den Verhandlungen mit diesen Schatten?«
»Das kam einfach mit durch. Vielleicht eine losgelöste Erinnerung, die sie aber nicht deuten konnte.«
»Was hast du bei dieser Gelegenheit sonst noch aufgefangen?«
Khouri sah ihn zögernd an. Es war ein Schuss ins Blaue gewesen, aber er hatte einen Treffer gelandet. »Etwas, das mir Angst machte«, sagte sie.
»Hatte es mit diesen Schatten zu tun?«
»Ja, es war ein Hauch des Entsetzens, er drang wie ein kalter Luftzug durch eine offene Tür.« Khouri schaute auf das Köpfchen ihres Babys nieder. »Sie hat es auch gespürt.«
»Und mehr kannst uns nicht sagen?«, fragte Scorpio. »Nur, dass wir nach Hela fliegen und mit jemandem verhandeln müssen, der euch beide zu Tode erschreckt?«
»Der Botschaft war eine Warnung beigefügt«, sagte Khouri. »Wir sollten uns behutsam vorantasten. Aber dennoch müssten wir es tun.«
»Bist du da ganz sicher?«, beharrte Scorpio.
»Wieso nicht?«
»Du könntest die Botschaft falsch verstanden haben. Vielleicht hatte der ›Hauch des Entsetzens‹ einen anderen Grund. Vielleicht sollte er uns mitteilen, dass wir uns auf keinen Fall mit diesen… diesen Schatten einlassen sollten, wer oder was sie auch sein mögen.«
»Das wäre möglich, Scorp«, sagte Khouri, »aber warum wären die Schatten in diesem Fall überhaupt erwähnt worden?«
»Oder Hela«, fügte Vasko hinzu.
Scorpio sah ihn lange schweigend an. »War das alles?«, fragte er endlich.
»Ich denke schon«, sagte Vasko.
»Dann sollten wir jetzt zu einer Entscheidung gelangen«, sagte das Schwein. »Wir haben das Für und Wider gehört. Wir können nach Hela fliegen und hoffen, dass es dort etwas gibt, das die Mühe lohnt. Oder wir können mit diesem Schiff nach Yellowstone zurückkehren und mit Sicherheit einigen Menschen das Leben retten. Wie ich darüber denke, dürfte bekannt sein.« Er nickte zu den Buchstaben hin, die er mit Clavains altem Messer in den Tisch geritzt hatte. »Wie Clavain unter diesen Umständen gehandelt hätte, weiß ebenfalls jeder.«
Niemand sagte ein Wort.
»Aber es gibt da ein Problem«, fuhr Scorpio fort. »Und das Problem ist, dass wir gar nicht zu entscheiden haben. Dies ist keine Demokratie. Wir können nicht mehr tun, als unsere Argumente vorzutragen. Das letzte Wort hat Captain John Brannigan.«
Er griff in eine Tasche seines ledernen Rocks und holte den roten Staub heraus, den er seit Tagen mit sich herumtrug.
Es war fein gemahlenes Eisenoxid aus einer der Werkstätten – dem Marsboden so ähnlich, wie es siebenundzwanzig Lichtjahre vom Mars entfernt nur möglich war. Er stand auf, beugte sich über die Tischmitte zwischen dem Y und dem H und ließ den Staub durch seine kurzen Stummelfinger rinnen.
Es war ein kritischer Moment. Wenn nichts geschah – wenn das Schiff den Staub nicht auf der Stelle und unmissverständlich auf den einen oder anderen Buchstaben zeigen ließ, um seine Absichten kundzutun, wäre er erledigt. Sosehr er sich wünschte, die Sache zu Ende zu bringen, er hätte sich zum Gespött gemacht. Aber Clavain hatte solche Gesten nie gescheut. Er war sein Leben lang von einem kritischen Moment zum anderen gestolpert.
Scorpio blickte auf. Der Staub ging zur Neige.
»Jetzt sind Sie dran, John.«