Siebenundzwanzig

Ararat

2675

 

 

Irgendwo in den Tiefen des Schiffes blieb Antoinette stehen. »John?«, sagte sie. »Da bin ich wieder. Ich möchte mit Ihnen sprechen.«

Sie spürte, dass er in der Nähe war. Sie wusste, dass er sie beobachtete, jede Geste registrierte. Als eine Wand in Bewegung geriet und ein Halbrelief ausbildete – eine Gestalt im Raumanzug –, beherrschte sie sich und zuckte nicht zusammen. Es war nicht ganz, was sie erwartet hatte, aber es war immerhin eine Manifestation.

»Danke«, sagte sie. »Wie schön, Sie wiederzusehen.«

Die Gestalt war nur andeutungsweise zu erkennen. Das Bild flimmerte, Veränderungswellen bewegten sich mit hoher Geschwindigkeit über die Wand hin, kräuselten sie und ließen sie flattern wie eine Fahne in einem schweren Sturm. Gelegentlich zerfiel das Bild und verschmolz mit dem körnigen Hintergrund, als würde es von Marsstaubwolken verhüllt, die der Wind schräg über das Blickfeld wehte.

Die Gestalt hob einen Arm und berührte mit einer behandschuhten Hand das schmale Visier ihres Raumhelms.

Auch Antoinette hob grüßend die Hand, aber die Gestalt in der Wand wiederholte lediglich ihre eigene Geste mit mehr Nachdruck.

Jetzt fiel ihr die Brille wieder ein, die ihr der Captain beim letzten Treffen gegeben hatte. Sie holte sie aus der Tasche und setzte sie auf. Wieder bekam sie ein künstlich erzeugtes Bild, aber diesmal wurde – wenigstens vorerst – nichts aus ihrem Blickfeld gelöscht. Das beruhigte sie. Es hatte ihr nicht gefallen, dass große und womöglich gefährliche Elemente in ihrer Nähe ihrer Wahrnehmung entzogen wurden. Sie fand es schockierend, wie Menschen es jahrhundertelang als vollkommen normal betrachtet hatten, dass ihre Umgebung manipuliert wurde, dass solche Wahrnehmungsfilter ebenso selbstverständlich gewesen waren wie Sonnenbrillen oder Ohrenschützer. Man hatte sich die Maschinen zur Steuerung der Filter sogar in den Schädel einsetzen lassen, damit die Täuschung noch besser kaschiert werden konnte. Antoinette hielt die Demarchisten – und übrigens auch die Synthetiker – für sehr absonderlich. Sie bedauerte vieles, aber dass sie für solche realitätsverändernden Spielchen zu spät geboren war, tat ihr nicht Leid. Sie wollte sicher sein, dass ein Gegenstand, nach dem sie gerade griff, auch wirklich da war.

Aber die Brille war ein notwendiges Übel. Dies war das Reich des Captains, hier bestimmte er die Regeln.

Das Halbrelief trat aus der Wand und kam einen Schritt auf sie zu. Jetzt verfestigte es sich, Einzelheiten wurden erkennbar, so als wäre eine reale Person aus einem örtlich begrenzten Sandsturm getreten.

Nun zuckte sie doch zusammen, denn die Illusion war beeindruckend. Sie wich sogar einen Schritt zurück.

Die Manifestation war anders als beim letzten Mal. Der Raumhelm war nicht ganz so antik, wie sie ihn in Erinnerung hatte, und die Symbole waren ihr unbekannt. Der Anzug wirkte zwar immer noch altmodisch, aber nicht so archaisch wie der erste, in dem er sich ihr gezeigt hatte. Der Chestpack war weniger plump, und der Stoff lag enger am Körper an. Antoinette war kein Fachmann, aber sie hielt dieses Outfit für etwa fünfzig Jahre jünger.

Was mochte das zu bedeuten haben?

Sie wollte gerade noch einen Schritt zurücktreten, als der Captain innehielt und, wohl zu ihrer Beruhigung, wieder die behandschuhte Hand hob. Dann betätigte er einen Mechanismus, sie hörte das Zischen des Druckausgleichs, und sein Visier glitt auf.

Sie erkannte das Gesicht unter dem Helm sofort wieder, aber es war älter geworden. Es hatte Falten, die zuvor nicht da gewesen waren, und die Bartstoppeln waren von Grau durchzogen. Die Augen waren von Runzeln umgeben und lagen tiefer in den Höhlen. Auch der Mund hatte sich verändert, die Mundwinkel zeigten jetzt nach unten.

Die Stimme klang tiefer und brüchiger. »Du gibst nicht so leicht auf, wie?«

»In der Regel nicht. Erinnern Sie sich noch an unseren letzten Plausch, John?«

»Einigermaßen.« Er tippte eine Serie von Befehlen in die Tastatur auf dem Chestpack ein. »Wie lange ist das her?«

»Darf ich fragen, wie lange es Ihrer Meinung nach her ist?«

»Ja.«

Sie wartete. Der Captain sah sie ausdruckslos an.

»Wie lange ist es Ihrer Meinung nach her?«, fragte sie endlich.

»Zwei Monate. Mehrere Jahre Schiffszeit. Zwei Tage. Drei Minuten. Eins Komma achtzehn Millisekunden. Vierundfünfzig Jahre.«

»Zwei Tage kommt ungefähr hin«, sagte sie.

»Ich will es dir glauben. Du hast vielleicht bemerkt, dass mein Gedächtnis nicht mehr so messerscharf funktioniert wie früher.«

»Aber Sie wissen noch, dass ich schon einmal hier war. Das ist doch schon etwas.«

»Du bist sehr gnädig, Antoinette.«

»Es ist kein Wunder, wenn Ihr Gedächtnis Ihnen gelegentlich einen Streich spielt, John. Mir genügt es, dass Sie meinen Namen noch wissen. Wissen Sie auch noch, worüber wir gesprochen haben?«

»Gib mir ein Stichwort.«

»Die Besucher, John? Die fremden Präsenzen im System?«

»Sie sind immer noch da«, sagte er. Er widmete sich wieder den Funktionen seines Chestpack, schien aber nicht weiter besorgt. Sie beobachtete, wie er auf die Tasten eines schmalen Armbands drückte, das er um das Handgelenk trug, und dann zufrieden nickte, als registrierte er eine leichte Veränderung in den Parametereinstellungen seines Anzugs.

»Ja«, sagte sie.

»Sie sind auch näher gekommen. Oder nicht?«

»Wir nehmen es an. Khouri hatte es prophezeit, und bisher ist alles eingetroffen, was sie sagte.«

»Ich würde an eurer Stelle auf sie hören.«

»Es geht nicht mehr um Khouri allein. Wir haben ihre Tochter, und die weiß noch viel mehr. Jedenfalls haben wir diesen Eindruck gewonnen. Vielleicht sollten wir anfangen, auf ihre Anweisungen zu hören.«

»Clavain wird euch führen. Er hat, genau wie ich, ein Gespür für die Weiten der Geschichte. Wir sind Phantome aus der Vergangenheit, in eine Zukunft geworfen, die keiner von uns je zu erleben glaubte.«

Antoinette biss sich auf die Unterlippe. »Ich habe leider eine schlimme Nachricht. Clavain lebt nicht mehr. Er wurde getötet, als er Khouris Tochter retten wollte. Wir haben Scorpio, aber…«

Der Captain schwieg lange. Sie fragte sich schon, ob ihn die Nachricht von Clavains Tod tiefer getroffen hatte als erwartet. Sie hatte nicht geahnt, dass Clavain und der Captain irgendwie verbunden wären, aber den letzten Worten der Erscheinung entnahm sie, dass die beiden miteinander mehr gemeinsam gehabt hatten als mit den meisten ihrer jetzigen Zeitgenossen.

»Du bist von Scorpios Führungsqualitäten nicht unbedingt überzeugt?«, fragte er.

»Scorpio hat uns gute Dienste geleistet. In einer Krise könnte man sich keinen besseren Führer wünschen. Aber er kann nicht strategisch denken, und das gibt er auch selbst zu.«

»Dann sucht euch einen anderen.«

Und nun geschah etwas, das sie überraschte. Sie fühlte sich in die Sitzung in der Hohen Muschel zurückversetzt. Sie sah Blood hereinstolzieren, und sie sah Vasko Malinin mit Verspätung eintreffen. Sie sah, wie Blood ihn deshalb tadelte und wie Vasko diesen Tadel einfach abschüttelte. Jetzt im Rückblick wurde ihr klar, dass sie diese Sorglosigkeit als notwendige Ergänzung der jetzigen und künftigen Persönlichkeit des jungen Mannes akzeptiert hatte. Irgendwo hatte sie ihn dafür sogar bewundert.

Unter der Oberfläche hatte sie kurz den blanken Stahl aufblitzen sehen.

»Ich wollte nicht über einen Führer sprechen«, sagte Antoinette hastig. »Sondern über Sie, John. Wollen Sie Ararat verlassen?«

»Du hast mir doch empfohlen, darüber nachzudenken.«

Sie erinnerte sich an den Anstieg der Neutrinowerte. »Tun Sie nicht etwas mehr als das?«

»Mag sein.«

»Wir müssen vorsichtig sein«, sagte sie. »Es könnte sein, dass wir sehr schnell ins All fliegen müssen, aber wir müssen auch bedenken, was das für die Menschen in unserer Umgebung bedeutet. Selbst wenn alles reibungslos läuft, wird es Tage dauern, um sie alle an Bord zu bringen.«

»Mehrere tausend sind bereits hier. Und ihr Überleben zu sichern, betrachte ich als meine oberste Pflicht. Um die anderen tut es mir Leid, aber wenn sie nicht rechtzeitig eintreffen, müssen sie eben zurückbleiben. Hältst du das für gefühllos?«

»Das habe nicht ich zu beurteilen. Hören Sie, einige Menschen wollen ohnehin freiwillig hier bleiben. Wir werden sie vielleicht sogar dazu ermutigen, für den Fall, dass es sich als Fehler herausstellt, Ararat aufzugeben. Aber wenn Sie jetzt starten, töten Sie alle, die noch nicht an Bord sind.«

»Habt ihr daran gedacht, sie schneller herzubringen?«

»Wir tun, was wir können, und wir machen auch bereits Pläne, um eine begrenzte Anzahl aus dem Umkreis der Bucht zu evakuieren. Aber morgen um diese Zeit werden immer noch mindestens hunderttausend Menschen übrig sein.«

Der Captain verschwand für einen Moment im Staubsturm. Antoinette starrte die raue, körnige Wand an. Sie glaubte schon, er hätte sich zurückgezogen, und wandte sich zum Gehen, doch da tauchte er wieder auf. Er ging gebückt, als kämpfe er gegen einen unsichtbaren Wind an.

Er hob die Stimme, um etwas zu übertönen, was nur er allein hören konnte. »Es tut mir Leid, Antoinette. Ich kann deine Bedenken verstehen.«

»Haben Sie mir überhaupt zugehört, oder werden Sie ohne Rücksicht auf Verluste einfach starten, wann es Ihnen passt?«

Er klappte sein Visier herunter. »Tut, was ihr könnt, um die anderen in Sicherheit zu bringen. Schafft sie an Bord oder ins Landesinnere.«

»Und das wär’s dann? Wer nicht fortgebracht wurde, muss eben sehen, wo er bleibt?«

»Auch für mich ist das alles nicht leicht.«

»Es würde Sie nicht umbringen, so lange zu warten, bis alle in Sicherheit sind.«

»O doch, Antoinette. Genau das könnte passieren.«

Antoinette wandte sich empört ab. »Wissen Sie noch, was ich Ihnen beim letzten Mal sagte? Ich habe mich geirrt. Das wird mir jetzt klar.«

»Und wovon sprichst du?«

Sie sah ihn an. Der Zorn spülte alle Hemmungen hinweg. »Ich sagte, Sie hätten für Ihre Verbrechen gebüßt. Sie hätten Sie sogar hunderttausendfach wieder gutgemacht. Ein schöner Traum, John, nur war es leider ganz anders, nicht wahr? Die Menschen waren Ihnen vollkommen egal. Es ging Ihnen immer nur darum, sich selbst zu retten.«

Der Captain antwortete nicht. Er zog das Visier vollends herunter und verschwand, immer noch gegen irgendeine gewaltige, zerstörerische unsichtbare Kraft ankämpfend, im Sturm. Und Antoinette fragte sich, ob dieser Besuch nicht doch ein schwerer Fehler gewesen war, genau die Art von bodenlosem Leichtsinn, vor der ihr Vater sie immer gewarnt hatte.

 

»Kein Glück«, erklärte sie den anderen, die sie in der Hohen Muschel erwarteten.

Um den Tisch saß ein Gremium von Ältesten der Kolonie. Sie vermisste auf den ersten Blick niemanden bis auf Pellerin, die Schwimmerin. Sogar Scorpio war jetzt anwesend. Antoinette sah ihn zum ersten Mal seit Clavains Tod wieder, und sie entdeckte etwas in seinem Blick, was ihr bisher noch nie aufgefallen war. Auch wenn er sie direkt ansah, waren seine Augen in die Ferne gerichtet, als sähen sie dort etwas Bedrohliches – ein Aufblitzen an einem Horizont, der nur in seiner Vorstellung existierte, ein feindliches Segel oder eine blanke Rüstung. Sie hatte diesen Blick vor kurzem bei jemand anderem gesehen, aber sie musste erst überlegen, bis ihr wieder einfiel, wer es gewesen war. Der alte Mann hatte auf dem gleichen Platz gesessen und sich auf eine ferne Bedrohung konzentriert. Bei Clavain hatten Jahre voller Leid und Schmerz zu diesem Zustand geführt, das Schwein hatten schon wenige Tage so weit gebracht.

Antoinette wusste, dass im Eisberg etwas Schreckliches geschehen war. Einzelheiten hatte sie nicht hören wollen. Als ihr die anderen sagte, sie brauche nicht mehr zu wissen – es sei sogar besser für sie –, hatte sie ihnen geglaubt. Doch obwohl sie nie sehr gut in Gesichtern von Schweinen hatte lesen können, lag in Scorpios Gesicht bereits die Hälfte der Geschichte offen zutage, das Grauen war säuberlich abgebildet, sie brauchte nur die Zeichen zu deuten.

»Was hast du ihm gesagt?«, fragte Scorpio.

»Wenn er zu früh startete, müssten wir mit zehntausenden von Opfern rechnen.«

»Und?«

»Die Antwort lautete ungefähr: ›Pech gehabt.‹ Seine unmittelbare Sorge gelte nur den Menschen, die bereits an Bord seien.«

»Nach letzter Zählung vierzehntausend«, warf Blood ein.

»Das klingt doch gar nicht so schlecht«, sagte Vasko. »Das sind bereits – wie viele? Fast schon ein Zehntel der Kolonie?«

Blood spielte mit seinem Messer. »Wenn Sie mitkommen und uns helfen wollen, die nächsten fünfhundert hineinzuquetschen, Sohn, sind Sie mehr als willkommen.«

»Ist es so schwierig?«, fragte Vasko.

»Es wird mit jedem Transport schwieriger. Vielleicht schaffen wir die zwanzigtausend bis zum Morgen, aber dann müssen wir anfangen, sie wie Vieh zu behandeln.«

»Es sind Menschen«, warf Antoinette ein. »Sie haben etwas Besseres verdient. Was ist mit den Kältetanks? Sind sie keine Hilfe?«

»Die Tanks arbeiten nicht mehr so gut wie früher«, sagte Xavier Liu. Er behandelte seine Frau mit dem gleichen Respekt wie jedes andere Mitglied des Ältestenrats. »Wenn wir sie erst heruntergekühlt haben, ist alles o. k., aber um jemanden einzuschläfern, muss man die Geräte stundenlang überwachen und immer wieder justieren. Es geht einfach nicht schnell genug.«

Antoinette schloss die Augen und drückte die Fingerspitzen gegen die Lider. Sie sah türkisfarbene Ringe, die sich wellenförmig nach außen bewegten. »Viel schlimmer kann es wohl nicht mehr werden?« Sie schlug die Augen wieder auf und schüttelte den Kopf, um die dumpfe Benommenheit zu vertreiben. »Scorp – habt ihr Kontakt zu Remontoire?«

»Nichts.«

»Aber du bist immer noch überzeugt, dass er da oben ist?«

»Ich bin von gar nichts überzeugt. Ich richte mich nur nach den zuverlässigsten Informationen, die ich habe.«

»Glaubst du nicht, wir hätten inzwischen ein Zeichen erhalten, oder er hätte versucht, Verbindung aufzunehmen, wenn er da oben wäre?«

»Das Zeichen war Khouri«, sagte Scorpio.

»Warum haben sie dann nicht jemanden hinterhergeschickt?«, gab Antoinette zurück. »Wir müssen zu einer Entscheidung kommen, Scorp: Wollen wir abwarten, oder wollen wir zusehen, dass wir von Ararat wegkommen?«

»Die Alternativen sind mir bewusst, glaub mir.«

»Wir können nicht ewig warten«, sagte Antoinette. Jetzt klang Frustration aus ihrer Stimme. »Wenn Remontoire die Schlacht verliert, sitzen wir unter einem Himmel voller Wölfen fest. Wenn das geschieht, gibt es keinen Ausweg mehr, selbst wenn sie Ararat verschonen. Dann sind wir eingeschlossen.«

»Ich sagte bereits, ich kenne die Alternativen.«

Sie hatte die Drohung in seiner Stimme gehört. Natürlich wusste er Bescheid. »Entschuldige bitte«, sagte sie. »Ich… ich weiß nur nicht, was wir sonst tun sollen.«

Eine Weile schwiegen alle. Draußen raste im Tiefflug ein Flugzeug mit einer weiteren Ladung Flüchtlingen vorbei und schwenkte ab. Antoinette wusste nicht, ob es Menschen zum Schiff brachte oder auf die andere Seite der Insel. Seit man eingesehen hatte, dass eine Evakuierung unvermeidlich war, wurden die Anstrengungen auf beide Maßnahmen gleichmäßig verteilt.

»Hat Aura etwas Brauchbares zu bieten?«, fragte Vasko.

Scorpio wandte sich ihm zu. Das Leder seiner Uniform knarrte. »Woran dachten Sie?«

»Das Zeichen war nicht Khouri«, sagte Vasko. »Das Zeichen war Aura. Khouri mag manches wissen, aber Aura ist der heiße Draht. Mit ihr müssen wir sprechen, denn sie ist diejenige, die uns vielleicht sagen kann, was zu tun ist.«

»Schön, dass Sie sich so gründlich damit beschäftigen«, knurrte Scorpio.

»Und weiter?«, beharrte Vasko.

Antoinette erschrak. Die Atmosphäre im Konferenzraum war von Anfang an nicht gerade entspannt gewesen, aber jetzt sträubten sich die Härchen auf ihrem Handrücken. Sie hätte nie gewagt, so mit Scorpio zu reden, und sie kannte auch nicht viele andere, die das taten.

Aber Scorpio antwortete nur ruhig: »Sie – Khouri – hat das Wort wiederholt.«

»Das Wort?«

»Hela. Sie hat es seit der Reanimierung mehrmals gesagt, aber wir wussten nicht, was es bedeutete oder ob es überhaupt wichtig war. Doch diesmal kam ein zweites Wort dazu.« Er setzte sich zurecht. Wieder knarrte das Leder. Obwohl er den Anschein erweckte, über den Dingen zu stehen, strahlte er eine Gewalttätigkeit aus, die wie ein Schauspieler hinter den Kulissen auf ihren Auftritt zu warten schien.

»Das zweite Wort?«, fragte Vasko.

»Quaiche«, antwortete Scorpio.

 

Die Frau ging zum Meer. Der Himmel war von einem brutalen, gemarterten Grau, und die glitschigen Felsen unter ihren Füßen verziehen keinen falschen Schritt. Sie fröstelte, weniger vor Kälte, denn die Luft war schwül und drückend, als vor Angst. Noch einmal sah sie über die Küste zu den Ausläufern der Siedlung zurück. Die Gebäude am Rand wirkten verlassen und verwahrlost. Einige waren eingefallen und nie wieder bezogen worden. Kaum anzunehmen, dass jemand in der Nähe war und sie beobachtete. Wobei das natürlich keine Rolle gespielt hätte. Niemand konnte ihr verbieten, hier zu sein, und niemand konnte ihr verbieten, ins Meer zu gehen. Von ihren eigenen Schwimmern hätte sie das nie verlangt, doch daraus folgte nicht, dass sie gegen die Gesetze der Kolonie oder auch nur gegen den Codex des Schwimmerkorps verstieß. Es mochte vermessen sein, wahrscheinlich auch sinnlos, aber das war nicht zu ändern. Der Drang, irgendwie tätig zu werden, war wie ein bohrender Schmerz immer stärker geworden, bis sie ihn nicht mehr ignorieren konnte.

Den letzten Anstoß hatte Vasko Malinin gegeben. Ob er wohl ahnte, welche Wirkung seine Worte gehabt hatten?

Da, wo die Küstenlinie in die Gegenrichtung abbog, hielt Marl Pellerin an. Vor ihr lag der Strand, ein grauer Strich, der weit voraus in der Mauer aus Meeresnebel und Wolken verschwand, von der die Bucht auf allen Seiten umschlossen war. Das Schiff tauchte nur hin und wieder aus der silbrigen Masse auf. Größe und Entfernung wechselten von einem Mal zum anderen, ihr Gehirn hatte Mühe, sich aus den spärlichen Anhaltspunkten ein Bild zu machen. Marl wusste, dass der Turm drei Kilometer hoch in den Himmel ragte, doch manchmal wirkte er nicht größer als ein mittleres Muschelgebäude oder eine der Kommunikationsantennen, die rings um die Siedlung aufgestellt waren. Im Geiste sah sie die Neutrinos ausströmen – in Wirklichkeit kam der Schwall natürlich aus dem unter Wasser liegenden Teil, wo sich die Triebwerke befanden – wie einen hellen Schein, ein heiliges Licht, das ihr buchstäblich durch Mark und Bein ging. Die Teilchen schwirrten durch ihre Zellmembranen, ohne Schaden anzurichten, und rasten um Haaresbreite unter Lichtgeschwindigkeit in den Weltraum. Das hieß, dass die Triebwerke für den interstellaren Flug warm liefen. Kein Lebewesen konnte diese Wolken wahrnehmen, dazu waren hoch empfindliche Geräte erforderlich. Aber stimmte das wirklich? Die Schieber – ein einziges, den ganzen Planeten umspannendes Wesen – waren nichts anderes als eine riesige Biomasse. Die Organismen eines einzigen Planeten übertrafen die Gesamtheit der menschlichen Spezies an Masse um einen Faktor Hundert. War da die Vorstellung so absurd, dass alle Schieber gemeinsam von den Neutrinos mehr spürten, als die Menschen dachten? Vielleicht ahnten auch sie die Unruhe des Captains. Und vielleicht erfassten sie mit ihrer trägen, grünen, dumpfen Intelligenz sogar, was dieser Start bedeuten würde.

Marls Blick blieb an einem Gegenstand hängen, der dicht am Wasser lag. Sie hüpfte behände von einem Stein zum anderen, bis sie die Stelle erreichte. Es war ein Metallklumpen, geschwärzt und verformt wie eine geschmolzene Praline, mit einer seltsam zerknitterten Oberfläche. Das Ding qualmte, summte und knisterte, und ein Gelenkarm, der Ähnlichkeit mit einem Hummerschwanz hatte, zuckte krampfhaft. Es konnte noch nicht lange hier liegen, wahrscheinlich war es erst innerhalb der letzten Stunde gelandet. Überall auf Ararat berichteten menschliche Beobachter von Gegenständen, die vom Himmel fielen. Gerade in der Nähe der Außenposten gab es so viele davon, dass man nicht mehr an einen Zufall glauben konnte. Die Abwürfe zielten auf die Bevölkerungszentren der Menschen. Jemand – oder etwas – wollte sich bemerkbar machen. Gelegentlich kam eine Scherbe durch.

Das schwarze Ding beunruhigte sie. Stammte es von Aliens oder von Menschen? Von freundlich gesinnten Menschen oder von Synthetikern? War das überhaupt noch ein Unterschied?

Marl ging an dem Objekt vorbei, blieb am Wasser stehen und legte ihre Kleider ab. Gerade als sie ins Meer steigen wollte, sah sie sich plötzlich selbst mit den Augen des Ozeans. Ihr Blickfeld schwankte über dem Wasser auf und ab. Sie war ein dünnes, nacktes Ding, ein bleicher Seestern auf zwei Beinen. Von dem zerstörten Objekt stieg ein Rauchfaden in den Himmel.

Marl tauchte ihre Hände in eine mit Wasser gefüllte Felskuhle. Sie wusch sich das Gesicht und strich sich das Haar zurück. Das Wasser brannte ihr in den Augen und lockte die Tränen hervor. Sogar hier im Tümpel wimmelte es von Schiebern. Pellerins Haut juckte, besonders der Streifen auf der Stirn, das erste Anzeichen für eine Invasion. Die beiden Kolonien von Mikroorganismen – die eine im Wasser und die andere in ihrem Gesicht – hatten einander erkannt und reagierten mit aufgeregtem Kribbeln.

Für das Überwachungsgremium war Marl ein Grenzfall. Man hatte schon weitaus schlimmere Invasionsspuren registriert. Statistisch gesehen müsste sie noch mindestens ein Dutzend Mal schwimmen können. Aber es gab immer Ausnahmen. Manchmal holte das Meer auch Schwimmer, die nur leichte Anzeichen eines Befalls zeigten. Und ganz selten verschlang es auch Neulinge, die zum allerersten Mal schwammen.

Denn entscheidend an den Musterschiebern war, dass sie Aliens waren. Die Biomasse war zutiefst fremd. Sie erschloss sich keiner menschlichen Analyse, zeigte keine klare Struktur von Ursache und Wirkung. Sie war so unberechenbar wie ein Betrunkener. Man konnte innerhalb bestimmter Parameter schätzen, wie sie sich verhalten würde, aber dabei kam es immer wieder zu verheerenden Irrtümern.

Marl wusste das. Sie hatte sich nie etwas vorgemacht. Jedes Schwimmen war mit Risiken verbunden.

Bisher hatte sie Glück gehabt.

Sie dachte an Shizuko, die in der Psychiatrie saß und auf einen Besuch von ihr wartete – nur dass von Warten im üblichen Sinn nicht die Rede sein konnte. Shizuko mochte spüren, dass ihre Freundin bald kommen würde, und sie mochte sich auch in irgendeiner Form darauf einstellen. Doch wenn Marl dann eintraf, sah Shizuko sie nur mit mäßigem Interesse an wie einen Riss in der Wand, den sie noch nicht kannte, oder eine Wolkenformation, die eine flüchtige Erinnerung weckte. Falls so etwas wie Interesse aufflackerte, war es schon fast wieder erloschen, bis Marl es bemerkte. Manchmal lachte Shizuko, aber es war das Lachen einer Schwachsinnigen, schrill wie blecherne Glöckchen.

Dann begann sie wieder an die Wand zu kratzen. Sie blutete immer unter den Fingernägeln, die Stifte und Kreiden, die man ihr anbot, ignorierte sie. Marl hatte ihre Besuche vor einigen Monaten eingestellt. Nachdem sie sich eingestanden und sich damit abgefunden hatte, dass sie Shizuko nichts mehr bedeutete, hatte sich die Spannung gelöst. Doch dafür fühlte sie sich nun gedemütigt und schwach, und ihr Selbstbewusstsein hatte sehr gelitten.

Jetzt dachte sie an Vasko. An die Leichtfertigkeit, mit der er seine Gemeinplätze von sich gegeben hatte, an seine feste Überzeugung, die Schwimmer wagten sich nur aus Angst nicht ins Meer.

Dafür hasste sie ihn.

Marl machte den ersten Schritt ins Wasser. Etwa zwölf Meter weit draußen spürte ein Floß aus grüner Materie, dass sie sein Reich betreten hatte, und begann sich um sich selbst zu drehen. Marl holte tief Luft. Sie fürchtete sich zu Tode. Der Streifen auf ihrer Stirn hatte zu brennen begonnen. Sie fühlte sich einer Ohnmacht nahe.

»Hier bin ich«, sagte sie und ging auf die Masse aus Schieberorganismen zu. Das Wasser reichte ihr bis zu den Schenkeln, bis zur Taille, wurde noch tiefer. Die Biomasse bildete Formen aus, immer schneller, immer hektischer, sie spürte den Wind der Transformationen im Gesicht. Fremde Anatomien in endlosem Wechsel. Eine Monsterprozession. Das Wasser war nun so tief, dass sie nicht mehr stehen konnte. Sie stieß sich vom Felsgrund ab und schwamm hinaus.

 

Vasko sah die anderen an. »Quaiche? Das sagt mir ebenso wenig wie das erste Wort.«

»Mir ging es zunächst ebenso«, sagte Scorpio. »Bei diesem ersten Wort war ich mir zunächst nicht einmal über die Schreibweise sicher. Aber mit dem zweiten Wort ist alles klar. Jetzt gibt es keinen Zweifel mehr.«

»Dürften wir mehr darüber erfahren?«, fragte Liu.

Scorpio deutete auf Orca Cruz.

»Scorp hat Recht«, sagte sie. »Für sich allein hat ›Hela‹ keine bestimmte Bedeutung. Wenn man in den Datenbanken danach sucht, die wir von Resurgam oder Yellowstone mitgebracht haben, findet man tausende von möglichen Erklärungen. Auch wenn man verschiedene Schreibweisen ausprobiert. Gibt man aber Quaiche und Hela ein, dann sieht die Sache ganz anders aus. Es gibt tatsächlich nur eine einzige Erklärung, so abstrus die auch sein mag.«

»Ich kann es nicht erwarten, sie zu hören«, sagte Liu. Auch Vasko nickte. Antoinette sagte nichts und ließ auch kein besonderes Interesse erkennen, aber sie war natürlich nicht weniger gespannt.

»Hela ist eine Welt«, sagte Cruz. »Nicht besonders groß, ein mittlerer Mond, der einen Gasriesen namens Haldora umkreist. Klingelt es immer noch nicht?«

Niemand sagte etwas.

»Und ›Quaiche‹?«, fragte Vasko. »Ist das auch ein Mond?«

Cruz schüttelte den Kopf. »Nein. Quaiche ist ein Mensch, der Mann, der Hela und Haldora ihre Namen gab. In der gängigen Nomenklatur-Datenbank ist er nicht verzeichnet, aber das ist nicht verwunderlich – es ist mehr als sechzig Jahre her, seit diese Datenbank durch direkten Kontakt mit anderen Schiffen aktualisiert wurde. Doch seit wir auf Ararat sind, fangen wir vereinzelte Signale von anderen Ultra-Elementen auf. In letzter Zeit sind es mehr geworden – sie senden öfter als früher mit Widebeam auf große Entfernungen, und gelegentlich streicht eines von den Signalen zufällig über uns hinweg.«

»Warum die neue Taktik?«, fragte Vasko.

»Sie haben vor irgendetwas Angst«, sagte Cruz. »Sie sind nervös und wollen ihre Geschäfte nicht mehr persönlich abwickeln. Offenbar hatten einige von den Ultras eine Begegnung, die ihnen nicht geheuer war. Nun sind sie vom Handel mit Waren auf den Handel mit Daten umgestiegen, um auf diese Weise die Nachricht zu verbreiten.«

»Und was sie erschreckt hat, ist nicht schwer zu erraten«, sagte Vasko.

»Für uns ist es jedenfalls von Vorteil«, sagte Cruz. »Die Sendungen sind vielleicht nicht immer verbindlich, die Hälfte von dem, was wir auffangen, strotzt nur so von Fehlern und von Viren, aber im Lauf der Jahre konnten wir damit unsere Datenbanken besser auf dem Laufenden halten, als wir hoffen durften, nachdem wir so völlig von der Außenwelt abgeschnitten sind.«

»Was wissen wir denn nun über Quaiches System?«, fragte Vasko.

»Weniger, als uns lieb ist«, antwortete Cruz. »Es gab keine Konflikte mit früheren Namenszuweisungen, daraus lässt sich ableiten, dass das von Quaiche erkundete System vor seiner Ankunft wenig oder überhaupt nicht erforscht gewesen sein muss.«

»Aura spricht also von Ereignissen, die – wie lange? – fünfzig bis sechzig Jahre zurückliegen?«, fragte Vasko.

»Mindestens.« Cruz nickte.

Vasko strich sich über das glatt rasierte Kinn. Die Haut fühlte sich an wie abgeschmirgeltes Holz. »Wie wichtig kann die Sache dann für uns noch sein?«

»Mit diesem Quaiche ist etwas passiert«, sagte Scorpio. »Die Berichte sind sich nicht einig. Er hat wohl den Laufburschen für die Ultras gespielt und sich bei der Erkundung von Planetensystemen, die ihnen nicht geheuer waren, die Hände schmutzig gemacht. Dabei hat er etwas beobachtet, das mit Haldora zusammenhing.« Scorpio sah in die Runde, als wollte er jeden – besonders Vasko – provozieren, ihn zu unterbrechen oder Kritik zu üben. »Der Planet löste sich einfach auf. Quaiche sah, wie er für den Bruchteil einer Sekunde aufhörte zu existieren. Und deshalb gründete er auf dem Haldora-Mond Hela eine Religion.«

»Das ist alles?«, fragte Antoinette. »Nur deshalb hat Aura den weiten Weg gemacht? Um uns die Adresse eines religiösen Fanatikers mitzuteilen?«

»Es kommt noch mehr«, sagte Scorpio.

»Das will ich doch sehr hoffen«, gab sie zurück.

»Das Ereignis wiederholte sich. Quaiche und offenbar auch andere haben es mehrfach beobachtet.«

»Wieso überrascht mich das nicht?«, fragte sie.

»Moment mal.« Vasko hob die Hand. »Ich möchte das zu Ende hören. Sprechen Sie weiter, Scorp.«

Das Schwein sah ihn ausdruckslos an. »Seit wann brauche ich dazu Ihre Erlaubnis?«

»So war das nicht gemeint. Ich wollte nur…« Vasko schaute Hilfe suchend in die Runde. »Ich finde nur, wir sollten Informationen, die von Aura kommen, nicht allzu schnell von der Hand weisen, auch wenn sie zunächst nicht viel Sinn ergeben.«

»Das hatte auch niemand vor«, sagte Scorpio.

»Lass uns bei dem bleiben, was du erfahren hast«, unterbrach Antoinette, bevor es zum Streit kommen konnte.

»Jahrzehntelang passierte nicht viel«, fuhr Scorpio fort. »Quaiches Wunder lockte eine Reihe von Leuten nach Hela. Einige schlossen sich seiner Religion an, andere waren davon enttäuscht und verlegten sich auf Ausgrabungen. Auf Hela gibt es Alien-Artefakte – an sich nutzloser Krempel, aber vom Export können immerhin einige Siedlungen leben. Die Ultras nehmen ihnen das Zeug ab und verkaufen es an Sammler weiter. Wahrscheinlich verdient jemand damit gutes Geld, aber wohl nicht die armen Schwachköpfe, die das Zeug aus dem Boden scharren.«

»Alien-Artefakte gibt es auf einer ganzen Reihe von Welten«, sagte Antoinette. »Ich schätze, die Rasse wurde vom gleichen Schicksal ereilt wie die Amarantin und ein Dutzend anderer Zivilisationen, richtig?«

»In den Datenbanken ist über die frühere Kultur nicht viel zu finden«, sagte Scorpio. »Unabhängiges Denken und wissenschaftlicher Forschergeist werden auf Hela nicht gerade gefördert. Aber wenn man zwischen den Zeilen liest, hat es tatsächlich den Anschein, als seien die Ureinwohner den Wölfen begegnet.«

»Und jetzt sind sie ausgestorben?«, fragte sie.

»Sieht ganz danach aus.«

»Hilf mir auf die Sprünge, Scorp«, bat Antoinette. »Was könnte das alles für Aura bedeuten?«

»Ich habe keine Ahnung«, sagte er.

»Vielleicht sollen wir dorthin fliegen«, meinte Vasko.

Alle sahen ihn an. Er hatte so sachlich gesprochen, als sei das für alle Anwesenden ohnehin eine Selbstverständlichkeit. Vielleicht war das sogar richtig, aber die Bemerkung platzte wie eine blasphemische Bombe in ein gottesfürchtiges Publikum.

»Hinfliegen?«, fragte Scorpio und runzelte die Stirn. Über seinem Rüssel schob sich die Haut zu dicken Wülsten zusammen. »Sie meinen wirklich, wir sollen hinfliegen?«

»Falls wir zu dem Schluss kommen, dass sie uns das empfiehlt, dann ja«, sagte Vasko.

»Wir können nicht einfach auf Grund der Fieberfantasien einer kranken Frau auf irgendeinen Mond fliegen«, sagte Hallatt, einer der Ältesten aus den Reihen der Resurgam-Kolonisten, der Khouri noch nie so recht getraut hatte.

»Sie ist nicht krank«, widersprach Dr. Valensin. »Sie ist erschöpft, und sie ist traumatisiert. Aber das ist auch alles.«

»Wollte sie nicht, dass man ihr das Baby wieder einsetzt?«, höhnte Hallatt mit angewiderter Miene, als wäre das der Gipfel der Perversion.

»Das stimmt«, sagte Scorpio, »und ich habe abgelehnt, obwohl die Bitte nicht unvernünftig war. Sie ist die Mutter, und das Kind wurde entführt, bevor sie es zur Welt bringen konnte. Unter diesen Umständen fand ich den Wunsch durchaus begreiflich.«

»Aber Sie haben dennoch abgelehnt«, sagte Hallatt.

»Ich konnte nicht riskieren, Aura zu verlieren. Wir haben einen hohen Preis für sie bezahlt.«

»Dann hat man Sie betrogen«, sagte Hallatt. »Der Preis war nämlich zu hoch. Wir haben Clavain verloren und dafür ein hirngeschädigtes Kind bekommen.«

»Wollen Sie damit sagen, Clavain wäre umsonst gestorben?«, fragte Scorpio mit gefährlich sanfter Stimme.

Das Schweigen zog sich in die Länge, als wäre das Band einer Aufzeichnung hängen geblieben. Antoinette erkannte bestürzt, dass sie nicht die Einzige war, die über die Geschehnisse im Eisberg nicht Bescheid wusste. Auch Hallatt war offenbar nicht genauer informiert, aber er kokettierte noch mit seiner Unwissenheit und überschritt dabei Grenzen, ohne es zu merken.

»Ich weiß nicht, wie er starb. Es geht mich nichts an, es kümmert mich nicht. Aber wenn er nur um Auras willen starb, nein, dann hat es sich nicht gelohnt. Dann war sein Tod sinnlos.« Hallatt verschränkte die Finger, schob trotzig die Lippen vor und sah Scorpio an. »Auch wenn Sie es nicht gerne hören, so ist es nun einmal.«

Scorpio warf Blood einen Blick zu. Die beiden führten stumme Zwiesprache: ein subtiles Wechselspiel von winzigen Gesten, deren Bedeutung kein außen Stehender entschlüsseln konnte, weil die Beteiligten sich zu gut kannten. Es dauerte nur einen Moment. Antoinette wusste nicht, ob es sonst noch jemand bemerkt hatte. Vielleicht hatte sie es sich auch nur eingebildet.

Doch im nächsten Moment senkte Hallatt den Blick. Etwas steckte in seiner Brust.

Blood erhob sich so bedächtig, als wollte er nur ein schiefes Bild gerade rücken, und schlenderte breitbeinig und schwankend, mit den trägen, rhythmischen Bewegungen eines Metronoms auf Hallatt zu.

Hallatt würgte und keuchte. Seine Finger zerrten kraftlos am Griff von Bloods Messer.

»Schafft ihn hier raus«, befahl Scorpio.

Blood zog sein Messer aus Hallatts Brust, wischte es am Oberschenkel ab und steckte es in die Scheide zurück. Die Wunde blutete erstaunlich wenig.

Valensin wollte aufstehen.

»Sie bleiben, wo Sie sind«, befahl Scorpio.

Blood hatte bereits zwei Sicherheitsleute gerufen. Sie kamen innerhalb einer Minute und stutzten nur einen Moment, bevor sie angemessen reagierten. Antoinette gab ihnen dafür Bestnoten. Hätte sie einen Raum betreten, in dem gerade ein Mensch an einem Messerstich verblutete, sie hätte sich sehr zusammennehmen müssen, um nicht ohnmächtig zu werden.

»Ich gehe ihm nach«, sagte Valensin und stand auf, als die SD-Leute Hallatt hinausbrachten.

»Ich sagte, Sie bleiben, wo Sie sind«, wiederholte Scorpio.

Der Doktor schlug mit der Faust auf den Tisch. »Du hast eben einen Mann getötet, du brutaler kleiner Schwachkopf! Jedenfalls wird er sterben, wenn er nicht sofort ärztlich versorgt wird. Wollen Sie ihn wirklich auf dem Gewissen haben, Scorpio?«

»Sie bleiben, wo Sie sind!«

Valensin ging einen Schritt auf die Tür zu. »Nur zu. Halten Sie mich auf, wenn Ihnen so viel daran liegt. Die Macht dazu haben Sie ja.«

Scorpios Gesicht verzerrte sich zu einer Maske aus Wut und Hass, wie Antoinette sie noch nie gesehen hatte. Sie hätte nicht gedacht, dass Schweinegesichter für eine so extreme Mimik beweglich genug wären.

»Ich werde Sie aufhalten, verlassen Sie sich drauf.« Scorpio griff seinerseits in eine Tasche oder eine Scheide – was immer unter dem Tisch verborgen war – und zog ein Messer, das Antoinette völlig unbekannt war. Auf irgendeinen Befehl des Schweins begann die Klinge zu flimmern.

»Scorpio«, sagte sie und stand auf. »Lassen Sie ihn gehen. Er ist Arzt.«

»Hallatt stirbt.«

»Es sind genug Menschen gestorben«, widersprach Antoinette. »Ein Toter mehr macht es nicht besser.«

Das Messer zitterte in seiner Hand, als wäre es nicht ganz gezähmt. Antoinette wartete nur darauf, dass es ihm aus der Hand spränge.

Ein Signalton war zu hören. Scorpio zuckte zusammen. Seine Wut kühlte ein wenig ab. Er sah sich um, wo das Geräusch herkam. Sein Armbandkommunikator hatte gepiepst.

Er schaltete das Messer ab. Die Klinge beruhigte sich. Er steckte es wieder ein.

Dann sah er Valensin an und sagte nur: »Gehen Sie!«

Der Doktor nickte kurz – sein Gesicht war immer noch zornrot – und eilte hinter den Helfern her, die den Verletzten weggetragen hatten.

Scorpio hielt sich das Armband ans Ohr und lauschte einer schrillen, weit entfernten Stimme. Nach einer Minute runzelte er die Stirn und bat um Wiederholung. Die Stimme gehorchte, und seine Stirnfalten wurden etwas flacher, verschwanden aber nicht ganz.

»Was gibt es?«, fragte Antoinette.

»Das Schiff«, sagte er. »Irgendetwas geht vor.«

 

Zehn Minuten später landete ein angefordertes Evakuierungs-Shuttle eine Straße von der Hohen Muschel entfernt zwischen den Gebäuden. Ein Trupp von Sicherheitsleuten räumte die Umgebung und sorgte dafür, dass die kleine Gruppe von Ältesten unbehelligt einsteigen konnte. Vasko ging als Letzter nach Scorpio und Antoinette Bax an Bord, Blood und die anderen am blieben Boden. Das Shuttle schwang sich wieder in die Lüfte. Von seiner Unterseite fiel grell weißes Licht auf die Wände der Gebäude. Die Bürger hielten sich die Hand vor die Augen, wollten aber den Blick nicht abwenden. In Lager eins war niemand mehr, der sich nicht an einen anderen Ort gewünscht hätte. Aber es gab gerade noch Platz für die drei, die eben eingestiegen waren. Das Shuttle war bereits bis zur Kapazitätsgrenze mit Flüchtlingen beladen.

Vasko spürte, wie die Maschine beschleunigte, und fasste nach einem Griff an der Decke. Hoffentlich dauerte der Flug nicht allzu lange. Die Flüchtlinge sahen ihn fassungslos an und schienen auf eine Erklärung zu warten, die er ihnen nicht geben konnte.

»Wo sollten sie eigentlich hin?«, fragte er den Dienst habenden Sicherheitsmann.

»In den Busch«, antwortete der leise. Damit war das vor dem Meer geschützte Gelände im Landesinneren gemeint. »Aber jetzt werden sie stattdessen zum Schiff gebracht. Zeit ist kostbar, wir dürfen sie nicht vergeuden.«

Die eiskalte Logik dieser Entscheidung verschlug Vasko die Sprache. Aber in den Tiefen seines Herzens fand er sie auch bewundernswert.

»Und wenn ihnen das nicht passt?«, fragte er immer noch leise.

»Dann können sie sich beschweren.«

Der Flug dauerte nicht lange. Diesmal war ein Pilot an Bord; einige Evakuierungsflüge wurden vollautomatisch gesteuert, aber dafür fiel dieser Flug zu sehr aus dem Rahmen. Sie flogen tief über dem Meer und drehten dann eine große Schleife um den Fuß des Schiffes. Vasko hatte Glück und stand an der Wand. So konnte er sich ein Fenster öffnen und in den silbrigen Nebel hinausschauen. Die Flüchtlinge umdrängten ihn, um besser sehen zu können.

»Schließen sie das Fenster«, sagte Scorpio.

»Wie bitte?«

»Sie haben richtig gehört.«

»An Ihrer Stelle würde ich es tun«, sagte Antoinette.

Vasko ließ das Fenster verschwinden. Gerade heute war es nicht ratsam, dem Schwein zu widersprechen. Er hatte ohnehin nichts gesehen, das Schiff war nur ein verschwommener Schatten.

Die Maschine stieg höher und umkreiste vermutlich weiter das Schiff, dann wurde sie langsamer und landete auf festem Grund. Etwa eine Minute später verriet ein Lichtstreifen, dass sich die Ausstiegsluke öffnete. Die Flüchtlinge wurden hinausgeführt. Vasko konnte nicht genau sehen, was sich dahinter im Empfangsbereich abspielte. Er bekam nur mit, dass mehrere SD-Wachen bereitstanden und die Neulinge ziemlich unsanft zusammentrieben und abführten. Er hätte erwartet, dass die Leute sich beklagen würden, sobald sie erkannten, dass man sie nicht an den gewünschten Zufluchtsort auf dem Planeten gebracht hatte, sondern zum Schiff, aber sie fügten sich alle in ihr Schicksal. Vielleicht hatten sie ja noch gar nicht begriffen, dass sie auf dem Schiff waren und nicht in einer Abfertigungshalle am anderen Ende der Insel. In diesem Fall wollte er lieber möglichst weit weg sein, wenn sie von der Planänderung erfuhren.

Bald waren alle Flüchtlinge draußen. Vasko erwartete schon fast, ebenfalls hinauskomplimentiert zu werden, aber die drei blieben mit dem Piloten an Bord. Die Luke wurde wieder geschlossen, und das Flugzeug hob ab.

»Jetzt können Sie Ihr Fenster haben«, sagte Scorpio.

Vasko zeichnete ein so großes Rechteck in den Rumpf, dass alle drei hinausschauen konnten, aber im Moment gab es nichts zu sehen. Das Shuttle schwankte und rüttelte, nachdem es den Empfangsbereich verlassen hatte, aber er konnte nicht erkennen, ob es in der Nähe der Sehnsucht nach Unendlichkeit blieb oder nach Lager eins zurückflog.

»Sie sagten, mit dem Schiff ginge etwas vor«, sagte Vasko. »Sind es wieder die Neutrinowerte?«

Scorpio wandte sich an Antoinette Bax. »Wie sehen sie aus?«

»Höher als bei meiner letzten Meldung«, sagte sie. »Unseren Monitorstationen zufolge steigen sie zwar weiter an, aber nicht mehr ganz so rasant wie zuvor. Vielleicht hat mein kleiner Plausch mit John doch etwas bewirkt.«

»Wo liegt dann das Problem?«, fragte Vasko.

Scorpio deutete aus dem Fenster. »Da«, sagte er.

Vasko folgte seinem Blick. Das Schiff tauchte aus dem silbernen Nebel auf. Sie waren rasch tiefer gegangen und befanden sich nun dicht über der Stelle, wo es aus dem Wasser ragte. Am Abend vorher hatten hier noch die Boote gelegen, und die Kletterer hatten versucht, die Zugangsöffnungen zu erreichen. Jetzt bot sich ein ganz anderes Bild. Weder Boote noch Kletterer waren zu sehen. Der Ring aus ruhigem Wasser, der den Meeresturm umgeben hatte, war verschwunden, stattdessen war das Schiff von einer dichten, undurchdringlichen Schicht Schieberbiomasse eingeschlossen. Krauses grünes Zeug, fein verästelt. Die Schicht war überall etwa einen Kilometer breit und über schwimmende Brücken aus dem gleichen grünen Material mit anderen Biomasseklumpen verbunden. Doch das war noch nicht alles. Sie schob sich auch am Rumpf empor und hüllte ihn in eine grüne Haut. Die Schicht war stellenweise dreißig bis vierzig Meter dick und bildete an der Basis einen noch massiveren Wulst. Im Moment war sie nach Vaskos Schätzung schon zwei- bis dreihundert Meter am Schiff emporgewandert. Der obere Rand war nicht glatt und regelmäßig, sondern fransig und zerklüftet, und überall schoben sich Fühler und Greifarme weiter in die Höhe. Die ersten hellgrünen Venen befanden sich bereits etwa hundert Meter über der Hauptmasse. Er konnte zusehen, wie die Hülle unerbittlich weiter wuchs. Die Hauptmasse schaffte knapp einen Meter pro Sekunde. Wenn sie dieses Tempo beibehielt, hätte sie das ganze Schiff binnen einer Stunde eingeschlossen.

»Wann hat das angefangen?«, fragte Vasko.

»Vor etwa vierzig Minuten«, sagte Scorpio. »Wir wurden benachrichtigt, sobald sich die Konzentrationen um die Basis herum aufbauten.«

»Wieso jetzt? Ich meine, das Schiff stand so viele Jahre hier, warum sollten sie ausgerechnet heute anfangen, es zu attackieren?«, fragte Vasko.

»Ich weiß es nicht«, antwortete Scorpio.

»Wir können nicht sicher sein, dass es ein Angriff ist«, sagte Antoinette leise.

Scorpio wandte sich ihr zu. »Und wofür hältst du es?«

»Es könnte alles Mögliche sein«, antwortete sie. »Vasko hat Recht – ein Angriff ergibt keinen Sinn. Nicht nach so vielen Jahren. Es muss etwas anderes sein.« Nach einer Weile fügte sie noch: »Hoffentlich«, hinzu.

»So ist es.« Scorpio nickte.

Das Flugzeug kreiste weiter um den Turm. Überall das gleiche Bild. Es war, als sehe man im Zeitraffer, wie ein riesiges Steinbauwerk sich mit Moos bedeckte oder eine Statue mit Grünspan – zielstrebigem Grünspan, der genau wusste, was er wollte.

»Das ändert die Sache«, sagte Antoinette. »Ich mache mir Sorgen, Scorp. Es muss kein Angriff sein, aber was ist, wenn ich mich irre? Was ist mit den Menschen, die bereits an Bord sind?«

Scorpio hob sein Armband und sprach leise hinein.

»Wen rufst du an?« fragte Antoinette.

Er legte eine Hand über das Mikrofon. »Marl Pellerin«, sagte er. »Allmählich wird es Zeit, dass sich das Schwimmerkorps darum kümmert, was eigentlich vorgeht.«

»Das finde ich auch«, sagte Vasko. »Eigentlich hätten sie schwimmen müssen, sobald die Schieberaktivität anfing. Dafür sind sie doch da?«

»Sie würden nicht so reden, wenn Sie sich in diese Brühe da wagen müssten«, sagte Antoinette.

»Es geht nicht um mich. Es geht um sie, und das ist ihre Aufgabe.«

Scorpio sprach weiterhin leise in sein Armband. Er sagte immer wieder das Gleiche, als wäre er mit verschiedenen Leuten verbunden. Endlich schüttelte er den Kopf und zog den Ärmel herunter.

»Pellerin ist nicht aufzufinden«, sagte er.

»Irgendwo muss sie doch sein«, sagte Vasko. »Vielleicht hält sie sich auf Abruf bereit, wartet auf Befehle. Haben Sie es in der Hohen Muschel versucht?«

»Ja.«

Antoinette fasste das Schwein am Ärmel. »Lass gut sein«, sagte sie. »An Land geht alles drunter und drüber. Kein Wunder, wenn die Kommunikationsverbindungen zusammenbrechen.«

»Was ist mit den anderen Schwimmern?«, fragte Vasko.

»Was soll mit ihnen sein?«, fragte Scorpio.

»Wenn Pellerin keine Lust hat, ihre Arbeit zu tun, was ist dann mit den anderen? Ständig prahlen sie damit, wie wichtig sie für Ararats Sicherheit sind. Jetzt haben sie die Chance, es zu beweisen.«

»Oder bei dem Versuch zu sterben«, sagte Scorpio.

Antoinette schüttelte den Kopf. »Du solltest von keinem verlangen, dass er schwimmt, Scorp. Es lohnt sich nicht. Was immer da draußen geschieht, geht auf eine Kollektiventscheidung der gesamten Biomasse zurück. Ein paar Schwimmer können daran nicht mehr viel ändern.«

»Ich hätte von Marl einfach mehr erwartet«, sagte Scorpio.

»Sie kennt ihre Pflicht«, sagte Antoinette. »Ich glaube nicht, dass sie uns enttäuschen würde, wenn sie irgendeine Möglichkeit sähe. Hoffen wir, dass sie in Sicherheit ist.«

Scorpio trat vom Fenster zurück und ging zum Bug des Shuttles. Auch als die Maschine in eine der unberechenbaren Thermiken im Umkreis des großen Schiffes geriet und nach vorn kippte, blieb er fest auf den Beinen. Mit seinem breiten, niedrigen Körper fühlte er sich inmitten der Turbulenzen wohler als seine beiden menschlichen Begleiter.

»Wo wollen Sie hin?«, fragte Vasko.

Das Hyperschwein drehte den Kopf. »Ich sage dem Piloten, er soll den Flugplan ändern. Eigentlich wollten wir zurückfliegen, um neue Flüchtlinge aufzunehmen.«

»Tun wir das nicht?«

»Später. Zuerst möchte ich Aura holen. Am Himmel ist sie im Moment vielleicht am sichersten.«

Offenbarung
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