28 ORLI COVITZ

Nach dem besten Essen, das sie zubereiten konnte – natürlich Pilzeintopf –, begann Orli mit den Hausaufgaben. Ihr Vater küsste sie auf die Wange und machte sich dann auf den Weg zur Stadt. Er liebte es, zusammen mit den anderen Bewohnern Dremens von schönen Dingen zu träumen.

Nach den Hausaufgaben entrollte Orli ihre alten, nicht mehr richtig gestimmten Synthesizer-Streifen und übte fleißig. Ihre Finger tanzten über die Sensorfelder und schufen betörende Melodien. Sie erhöhte die Lautstärke und spielte hingebungsvoller, als sie richtig in Fahrt kam. In gewisser Weise erzählten die Melodien eine Geschichte und gaben einige ihrer Erinnerungen wieder, sogar ihre Meinung über bestimmte Personen in der Stadt, von denen sie wusste, dass sie über ihren Vater hinter seinem Rücken lachten.

Wenn sie in Jans Präsenz spielte, applaudierte er so oft, dass er sie störte. Nur allein konnte Orli nach Herzenslust improvisieren. Die Musik tröstete und unterhielt sie.

Als talentierte, aber ungeübte Spielerin fand sie Gefallen daran, sich alte, klassische Kompositionen anzuhören und die Struktur von Symphonien zu analysieren, um ihre eigene Musik besser zu entwickeln. Leider war der Tonumfang ihrer Synthesizer-Streifen begrenzt. Jan versprach ihr immer wieder, sie zur besten Schule außerhalb des Planeten zu schicken, wenn sie genug Geld hatten. Orli wusste, dass er es ernst meinte, aber sie bezweifelte, dass sie jemals genug Geld haben würden.

Müde von der anstrengenden Arbeit auf den matschigen Pilzfeldern ließ sie die Synthesizer-Streifen liegen und schlief auf dem Sofa ein. Sie erwachte, als ihr Vater durch die Tür des kleinen Fertighauses platzte und so fröhlich lächelte, dass Orli sofort Verdacht schöpfte. Sein glückliches Grinsen war nie ein gutes Zeichen.

»Ich bringe gute Nachrichten, Mädchen! Es hat sich eine Gelegenheit ergeben, die wir nicht ungenutzt verstreichen lassen dürfen!«

Orli rieb sich die Augen, stand auf und begrüßte ihren Vater mit einer Umarmung. »Worum geht es?«

»Oh, ich bitte dich – zeig etwas mehr Aufregung. Dies könnte der große Durchbruch für uns sein. Hast du von der neuen Kolonisierungsinitiative der Hanse gehört?«

»Die verlassenen Klikiss-Welten? Aber sie sind trocken und leer und…«

»Und warm, Mädchen. Und voller Sonnenschein. All das zur freien Verfügung stehende Land… In einer Woche kommt ein Schiff der Hanse nach Dremen, um Freiwillige aufzunehmen und zum nächsten Transportal zu bringen. Wir bekommen Beihilfe, Ausrüstung, alles was wir brauchen. Pioniere! Wir könnten zu reichen Minenbesitzern oder Forstwirtschaftsmagnaten werden. Die Möglichkeiten sind endlos.«

»Wir brechen… in einer Woche auf?« Es gab nur wenige Habseligkeiten, die zusammengepackt werden mussten. Orli hatte immer geglaubt, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ihr Vater erneut seine Zelte abbrach und einer weiteren Schimäre nachjagte. »Du hast bereits für uns unterschrieben, nicht wahr, Vater?«

»Ja.« Er zerzauste ihr das Haar. »Unsere Namen stehen ganz oben auf der Liste.«