15 TASIA TAMBLYN

Kugelschiffe kamen aus den Wolken von Ptoro. Als der transferierte Neutronenstern den Gasriesen implodieren ließ, blitzte und flackerte in den Tiefen der Atmosphäre das erste nukleare Feuer einer neuen Sonne.

»Shizz, seht nur, was wir aufgescheucht haben«, sagte Tasia mit einem grimmigen Lächeln. »Ich schätze, unser Geschenk gefällt ihnen nicht.«

»Wir können es nicht zurücknehmen. Jetzt bleibt ihnen nur noch die Flucht.« Elly Ramirez lachte leise, aber ihre Haltung deutete auch auf eine gewisse Anspannung hin.

Ensign Terene Mae stöhnte kummervoll, als er die dornigen Kugeln auf den Bildschirmen beobachtete. »Es sieht nicht so aus, als liefen sie fort, Commander. Sie fliegen direkt auf uns zu.«

»Normalerweise würde ich mir nicht herausnehmen, darüber zu spekulieren, was die Droger denken«, sagte Tasia. »Aber ich glaube, derzeit sind sie stocksauer.«

Sergeant Zizu schien die von den Hydrogern ausgehende Gefahr völlig zu ignorieren. Seine Aufmerksamkeit galt den Ortungsschirmen. »Unsere tiefsten Sensorbaken sind zerstört, vermutlich durch die Schockwelle der Zündung. Die Flammenfront steigt höher.« Er drehte den Kopf und lächelte.

Mehrere Manta-Kreuzer der TVF veränderten die Position und wandten sich den feindlichen Schiffen zu. Zu ihrer Bewaffnung gehörten Bruchimpulsdrohnen – besonders geformte Sprengsätze, dafür bestimmt, eine dicke diamantene Panzerung aufzubrechen – und Kohlenstoffknaller, die Kohlenstoffverbindungen in der kristallenen Struktur lösten.

»Gefechtsstationen besetzen!«, wies Tasia ihre Crew über Interkom an.

Sergeant Zizu sah auf die taktischen Anzeigen. »Brecher und Knaller sind in den Startröhren bereit.«

Tasia nickte. »An die Eskorte: ausschwärmen und auf Deckungsfeuer vorbereiten.«

Blaues Feuer flackerte zwischen den Dornen der Kugelschiffe, als sich ihre Waffen entluden. Tödliche Blitze zuckten den Schiffen der TVF entgegen, kochten über dicke Rumpfplatten, zerstörten hier und dort einige Schotten. Die Mantas drehten sich, damit ihre beschädigten Sektionen vom Feind fort zeigten. Eine neue, verbesserte Panzerung verhinderte die sofortige Vernichtung der Kreuzer.

Tasia schloss die Hände fest um die Armlehnen des Kommandosessels. »Shizz, warum förmlich sein? Schießen Sie, wann immer Sie es für angemessen halten. Feuern Sie auch, während wir unsere Sachen packen und von hier verschwinden. Wir sollten uns jetzt besser von hier absetzen und der Klikiss-Fackel den Rest überlassen!«

Die Schlachtschiffe der Eskorte schleuderten dem Feind Jazer-Blitze und Brecher entgegen. Die Hydroger reagierten mit noch größerem Zorn. Entsetzte Schreie erklangen auf Tasias Brücke, als drei Kugelschiffe einen einzelnen Manta angriffen und so lange auf ihn feuerten, bis er explodierte. Eine Wolke aus glühenden Trümmern, entwichener Luft und Leichen breitete sich im All aus.

Ein zweiter Manta-Kreuzer platzte auseinander, während die terranischen Schiffe beschleunigten und sich vom kollabierenden Gasriesen entfernten. Immer mehr Kugelschiffe kamen, umgaben die Flotte und hinderten sie an der Flucht. Tasias einzige Befriedigung bestand darin zu sehen, wie reinigendes Feuer Ptoro von innen heraus leuchten ließ. Sie hatte genug von den verdammten Drogern.

»Schluss mit der Spritztour. Bringt uns fort von hier.«

»Kugelschiffe der Hydroger verfolgen uns, Commander!«

Ein Streifen aus Feuer raste an Tasias Kreuzer vorbei, ein feuriger Ball so groß wie ein Kugelschiff, und er huschte dem sterbenden Planeten entgegen. Ein zweiter kam, ein dritter, dann zehn weitere.

»Zum Teufel auch, was war das denn?«, fragte Ramirez. »Meteore?«

Tasia wusste Bescheid. Die glühenden Ellipsoide um sie herum waren wie von einer Flamme angelockte Motten. »Die Faeros«, sagte sie leise. Sie hatte sie schon einmal gesehen, bei ihrer Niederlage im Kampf um die künstliche Sonne Oncier. Jetzt aber waren die Feuerballentitäten und ihre brennenden Schiffe den Kugeln der Hydroger zahlenmäßig weit überlegen.

Die Hydroger nahmen sofort die Faeros unter Beschuss und schenkten den menschlichen Schiffen keine Beachtung mehr. Die TVF-Crews reagierten mit einer Mischung aus verblüfftem Schweigen und enthusiastischem Jubel. »Shizz, verschwendet keine Zeit!«, rief Tasia so laut, dass sich ihre Stimme überschlug. »Der Feind ist abgelenkt – weg von hier!«

Eine noch größere Salve aus Jazer-Blitzen, Brechern und Knallern schlug den Hydrogern entgegen, aber Tasia wies die Waffenoffiziere an, das Feuer einzustellen. »Wir sind wie eine kleine Maus bei einem Kampf zwischen zwei Mammuts. Bringen Sie uns aus dem Kreuzfeuer. Es hat keinen Sinn, noch einige unserer Schiffe zu verlieren.«

Während Ptoro heller wurde, als sein Kern kollabierte und sich das nukleare Feuer in ihm ausbreitete, fielen die Faeros über die Flotte aus Kugelschiffen her. Diamantene Kugeln und brennende Ellipsoide tanzten umeinander herum. Wie Sonneneruptionen aussehende gleißende Bögen trafen auf blaue Energieblitze.

Die terranischen Schiffe beschleunigten weiter und ließen den grauen Gasriesen mit dem Feuer in seinem Innern hinter sich zurück.

Einige der sich noch immer drehenden Ellipsoide der Faeros waren dunkel geworden, wie erloschene Kohlen, von Treffern der Hydroger in Asche verwandelt, aber die meisten Kugelschiffe waren geborsten. Einzelne Fragmente trieben fort vom Scheiterhaufen namens Ptoro. Dutzende, dann hunderte von Feuerbällen flogen zum neu entstehenden Stern und griffen gnadenlos die letzten Hydroger an.

»Na bitte«, brummte Tasia zufrieden. »Sie haben es nicht anders verdient.« Sie unterbrach den Rückzug am Rand des Ptoro-Systems und beobachtete den Kampf aus sicherer Entfernung.

Die Hydroger hatten keine Chance. Innerhalb einer Stunde wurden sie von den Faeros völlig aufgerieben, die jedes einzelne Kugelschiff zerstörten.

Tasia hätte gern selbst die Möglichkeit gehabt, einige Schiffe der Hydroger zu vernichten, aber es erfüllte sie mit tiefer Zufriedenheit zu beobachten, wie der Feind ein so unrühmliches Ende nahm. Mit der Zündung von Ptoro hatte sie ihren Beitrag geleistet. Ihr war es zu verdanken, dass es eine neue Sonne gab, die Jahrtausende leuchten würde, bevor sie erlosch.

»Einige Minuten lang sah die Sache ziemlich schlecht für uns aus, Commander«, sagte Zizu. »Ich bin nie ein großer Jünger des Unisono gewesen, aber ich muss zugeben, dass ich alle Gebete gemurmelt habe, an die ich mich aus meiner Kindheit erinnern konnte.«

»Nennen Sie es von mir aus ein Wunder«, erwiderte Tasia. »Wir sind den Faeros zu Dank verpflichtet. Sie haben uns die Flucht ermöglicht.«

Doch die brennenden Schiffe reagierten nicht auf die Kommunikationssignale der TVF. Nach der Vernichtung der Hydroger-Schiffe umkreisten sie den heller werdenden Gasriesen Ptoro und sanken dann in die neue Sonne. Ohne eine Antwort sprangen sie mit offensichtlichem Entzücken in die Flammenfront, die die Atmosphäre verschlang.

Überall im Spiralarm waren beim titanischen Kampf zwischen Hydrogern und Faeros Sterne erloschen. Vielleicht, so überlegte Tasia, war Ptoro ein neues Territorium, das die Faeros für die vielen verlorenen Sonnen entschädigte.