58
Zur Besprechung um elf kam Sofi als Letzte. Die anderen hatten sich schon am Tisch niedergelassen und sich über die Tüte hergemacht, die Barbro vom Libanesen in der Scheelegatan mitgebracht hatte. Sofi setzte sich, öffnete die Styroporhülle und ließ sich den Dampf ins Gesicht steigen.
»Wie ist deine neue Assistentin?«, fragte Barbro.
»Sie ist gut«, antwortete Sofi kauend. »Ein bisschen forsch zu den Leuten. Warum schweigen, wenn man auch reden kann? Das ist ihr Motto.«
»Wie weit seid ihr?«, wollte Kjell wissen.
»Jetzt wissen wir wenigstens, welchen Beruf die Leute haben. Wir haben alle beim Steueramt überprüft. Es gibt zwei Gruppen. Die einen sind Pensionäre, darunter die meisten Auswanderer aus Deutschland. Da gibt es einige in der Siedlung, die schon seit Jahrzehnten dort leben. Wir haben sie wegen des hohen Alters zurückgestellt und weil hier auch das Motiv für das Ausleihen des Buches verständlich ist. Die zweite Gruppe sind Leute bis Mitte vierzig, und keiner ist Deutscher. Für diese vier wollen wir eine Genehmigung beantragen.«
Kjell nickte. »Henning soll das machen, die Anträge und die Öffnung. Du und ich, wir beide sind morgen im Fernsehen.«
Sofi sah Kjell erschrocken an. Dass sie in der Zeitung war, hatte ihr schon gereicht. Sie war gleich rot geworden.
»Wir halten es für das Richtige. Die Polizeileitung will, dass du auch auftrittst, weil du ja auch in der Zeitung bist. Als lebendiges Dementi also.«
»Muss ich etwas sagen?«
»Wenn du gefragt wirst, kannst du antworten. So einfach ist das.«
»Was sagen wir überhaupt?«
»Das beschließe ich kurz vor der Pressekonferenz mit Sten und Rosenfeldt. Stens Überlegung lautet, dass Josefin entweder tot oder entführt ist. Da es bisher kein Lebenszeichen gibt, will er die Tatsache ihres Verschwindens veröffentlichen.«
»Und du? Willst du das auch?«
»Ich weiß es nicht. Henning ist dagegen.« Henning nickte, aß aber weiter. »Er hat so ein Bauchgefühl, sagte er.«
Henning nickte und deutete mit der Gabel auf seinen Bauch.
Sofi stellte sich den Ablauf der Pressekonferenz laut vor. »Ihr werdet doch auf jeden Fall Antworten auf operative Fragen geben müssen! Und wenn ihr nichts sagt, geben sich die Journalisten die Antwort selbst. So einfach ist das!«
Kjell hob an, um ihr etwas entgegenzusetzen, obwohl er das gar nicht wollte. Das Telefon kam ihm zuhilfe. Es läutete im Nebenraum. Sofi erhob sich, aber Kjell bedeutete ihr, sitzen zu bleiben und weiterzuessen, und ging selbst hinüber. Es war Hennings Apparat.
»Hallo?«, fragte eine Frauenstimme. Sie klang leise und ängstlich.
»Hier ist die Reichskriminalpolizei«, sagte Kjell und nannte seinen Namen.
»Das Mädchen in der Zeitung, das ist dieselbe wie auf der Zeichnung, die ihr über die Schwesternschaft verteilen lasst, oder?«
»Ja«, antwortete Kjell ruhig und beglückwünschte sich zu seinem Deal mit Amelie.
»Ich bin Saga Isaksson. Ich kenne das Mädchen. Ich habe sie vor Kurzem getroffen. Ihr Name ist Klara.«
III
ΠΑΘΟΣ
Klage
Die Falsche Tote
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