ANKUNFT DER TÜRKEN
Etwa zur Zeit der Kaiserkrönung Ottos I. eroberten die Ogusen unter der Führung der Fürsten-Dynastie der Seldschuken die alte Seidenstraßenmetropole Buchara, südöstlich des Aralsees, damals am Rand der persischen Zivilisation gelegen. Die Ogusen waren ein Stammesverband von Turkvölkern aus der kasachischen Steppe, Seldschuk war um das Jahr 1000 der Häuptling eines ogusischen Stammes.
um 1000
SELDSCHUKEN Ebenfalls um 1000 traten Seldschuk und seine Krieger zum Islam über. Sie lösten sich aus dem Stammesverband und drangen von Buchara aus schnell nach Süden und Westen vor. Seit der Eroberung der nordpersischen Provinz Chorasan 1034 und Bagdads 1055 beherrschten die Seldschuken die gesamte persisch-arabische islamische Welt. Wären die Seldschuken nicht aufgetaucht, wäre die islamische Welt in Kleinstaaterei zerfallen und der Islam hätte niemals die Rolle gespielt, die er damals (die Kreuzzüge standen unmittelbar bevor) und bis heute einnimmt.
SULTAN I Der formal weiter amtierende abbasidische Kalif in Bagdad übertrug dem Enkel Seldschuks den Sultanstitel. Die Seldschuken zählten zu den Ersten, die diesen Titel trugen. Das arabische Wort bedeutet »Herrscher« und die Seldschuken fassten die vom Zerfall bedrohte islamische Zivilisation wieder unter einer einheitlichen politischen Führung zusammen.
Übrigens: Sultane und Sultanate gab es im Verlauf der Geschichte der islamischen Reiche von Afrika über den Nahen und Mittleren Osten bis hin nach Indien und Indonesien sehr viele. Heute tragen noch zwei Souveräne diesen Titel: der Sultan von Brunei und der Sultan von Oman.
Nach der Eroberung Bagdads dehnten die Seldschuken ihren Machtbereich bis nach Armenien aus und wurden so stark, dass sich Byzanz vom zweiten Seldschuken-Sultan Alp Arslan, einem Neffen des ersten, bedroht fühlte. Kaiser Romanos zog den Türken entgegen und nach einigen Vorgeplänkeln kam es zur
1071
SCHLACHT BEI MANTZIKERT Der Sieg der Türken unter Alp Arslan am 26. August 1071 war vollkommen. Kaiser Romanos IV. geriet in Gefangenschaft, der Weg zur sehr schnellen türkischen Besiedlung Anatoliens war geebnet. Tausend Jahre lang war das griechisch geprägte Kleinasien Teil des Römischen beziehungsweise Oströmischen Reiches gewesen. Nach Mantzikert konnte Byzanz nur noch kleinasiatische Küstenregionen an der Ägäis halten. Anatolien ging für immer verloren. Es war eine weltgeschichtliche Wende, denn ohne diesen seldschukischen Sieg bei Mantzikert gäbe es keine Türken in der Türkei und auch keine osmanische Eroberung von Konstantinopel 400 Jahre später. Byzanz überdauerte diese Zeitspanne noch bis zum Ende seines Daseins.
Nach seiner Freilassung gegen Lösegeld wurde Romanos von der gegnerischen Dukas-Familie gefangen genommen und mit glühendem Eisen geblendet. Wenige Tage später starb er an den Verletzungen.
Was danach geschah: Alp Arslan starb im Jahr darauf, sein Sohn Malik Schah vollendete die Eroberung Anatoliens und erweiterte den seldschukischen Machtbereich um Syrien und Palästina. Er regierte seit 1072, bis ihn seine Ehefrau 1092 vergiftete. Nun zerfiel die Seldschuken-Herrschaft in untereinander zerstrittene Nachfolgereiche. Das war ein Hauptgrund für den Erfolg des Ersten Kreuzzugs. Im Jahre 1300 begann dann von türkisch-anatolischem Boden aus der Aufstieg des kleinen Fürstentums Osman zum Weltreich. Auch die moderne Türkei ist ethnisch, sprachlich und kulturell Erbe der ursprünglich seldschukisch regierten Ogusen.