SPÄTZEIT IN ROM
um 250
Wenn die Römer um 220 nach Osten blickten, ahnten sie nicht, was ihnen aus dem Fernen Osten noch bevorstehen sollte. Viel näher lag den Römern die Euphratgrenze zum Partherreich. Dort hatte es 224 einen bedeutenden Dynastiewechsel gegeben, und nun regierten die Sassaniden.
SASSANIDEN I Nach einem Aufstand, bei dem der letzte Partherkönig getötet wurde, übernahmen die Sassaniden die parthische Hauptstadt Ktesiphon am Tigris und bauten sie zur prächtigen Residenz aus. In vieler Hinsicht ähnelte die neue persische Dynastie der Rittergesellschaft des Hochmittelalters mit einer Vorliebe für Turniere und höfischen Prunk.
Die Sassaniden, die erst dem Ansturm des Islam erlagen, gaben ihrer Herrschaft ein eigenes, betont neupersisches Gepräge, indem sie bewusst an die Achämeniden, die alten Gegner der Griechen anknüpften und dem Zoroastrismus als Staatsreligion besondere Geltung verschafften.
In der späten Kaiserzeit akzeptierten die Römer dieses neupersische Sassaniden-Reich als ebenbürtige Zivilisation – im Unterschied zu den germanischen Barbaren an ihrer unruhigen Nordgrenze am Rhein. Die Rivalität am Euphrat band erhebliche militärische Kräfte, die den Römern bald an Rhein und Donau fehlten. Insgesamt wurde die Situation für Rom immer bitterer. Die Sassaniden ihrerseits mussten sich an ihrer Nordostgrenze zur Steppe und zum Hindukusch hin während des 3. und 4. Jahrhunderts gegen die Einfälle von Reiternomaden ungeklärter Herkunft wehren.
Zur Zeit der Machtübernahme durch die Sassaniden begann um 250 der Druck der germanischen Völkerwanderung auf die römische Nordwestgrenze, zunächst durch die Alemannen und Goten. Im Vergleich zur hochentwickelten Panzerreiterei der Sassaniden waren die germanischen Stämme aber militärisch gesehen primitiv und konnten von den Römern in Schach gehalten werden. Vorläufig.
um 250
VÖLKERWANDERUNG I – ALEMANNEN UND GOTEN Weder die Alemannen noch die Goten waren ein einheitliches »Volk« oder ein einheitlicher Stamm, sondern eine Stammesföderation, die sich erst im Laufe ihrer Wanderung herausbildete.
Die alemannischen Vorläufer saßen ursprünglich an der mittleren und unteren Elbe. Diese elbgermanischen Sippen verließen ihre angestammten Siedlungsplätze, formten sich auf ihrem relativ kurzen Weg von Nord- nach Süd»germanien« zur Stammesföderation der Alemannen, durchbrachen um 250 die Grenzbefestigungen der Römer im Gebiet des Mains und wurden im Rhein-Neckar-Raum angesiedelt. Die erste zuverlässig verbürgte Erwähnung der Alemannen datiert auf 289.
Den Ursprung der Goten lokalisierte man früher auf der Ostseeinsel Gotland, was sich aber nicht beweisen lässt. Die ostgermanischen Goten waren Ostseeanrainer in der Umgebung der Weichselmündung (nahe des heutigen Danzig). Sie zogen zunächst langsam weichselaufwärts Richtung Karpaten.
seit 300
CHRISTENVERFOLGUNG In Rom starb 192 Kaiser Marc Aurels Sohn Commodus. Darauf folgten 100 Jahre lang eine Vielzahl von Kaisern und Gegenkaisern, zuerst aus der Dynastie der Severer, dann die sogenannten Soldatenkaiser. Der einzige kraftvolle Herrscher, der vor Konstantin noch einmal alle Autorität auf sich vereinigen konnte, war Diokletian. Unter ihm kam es zu den ersten harten Christenverfolgungen.
In seiner Regierungszeit von 284 bis 305 führte Diokletian eine umfassende Reichsreform durch, auch im Herrschaftssystem: Er ernannte offizielle Mitkaiser, 285/286 führte er einen zweiten Augustus für die Westhälfte des Reiches ein sowie in jedem der beiden Reichsteile noch zwei Caesarii als Stellvertreter. Diese vier waren die Tetrarchen. Einer von ihnen, Galerius im Osten, war stets in Abwehrkämpfe gegen die Sassaniden verwickelt – und die treibende Kraft hinter den Christenverfolgungen seit 303.
Erst 272 war der Sonnenkult des Sol Invictus als Staatsreligion in Rom eingeführt worden. Es waren dieser Kult und seine Riten, gegen die sich die Christen wandten. Der Kult des »unbesiegbaren Sonnengottes« hatte eine lange Tradition, teils in der altrömischen Religion, teils im Orient, und wurde nun in der Spätphase Roms mit dem Kaiserkult verknüpft. Die Kaiser ließen sich schon seit längerer Zeit »vergöttlichen«. Die Christen verstanden derartig religiös verbrämte Bekundungen staatsbürgerlicher Gesinnung als Götzendienst.
Auf seinem Sterbebett erließ Galerius, inzwischen zum Augustus befördert, 311 das erste Toleranzedikt, das es den Christen erlaubte, sich friedlich zu versammeln.