SECHSUNDSIEBZIG

Trotz der langen Reise verbrachten sie die meiste Zeit des Rückfluges nach Philadelphia schweigend. Als sie vom Flughafen in Nashs neuem Jaguar in die Stadt fuhren, bemerkte Teddy die Mengen von Menschen auf den Gehsteigen und fragte sich, was um Mitternacht hier los war. Dann zeigte Nash auf einen Mann an der Ecke, der ein Schild schwenkte. ALAN ANDREWS IST TOT. Sie machten Party. Feierten. Tanzten auf den Straßen.

Hurra, hurra, die Hex’ ist tot!

Teddy sah weg und versuchte an etwas anderes zu denken, bis sie Nashs Büro erreichten. Da gab es das Versprechen auf ein Glas Wein. Teddy erwartete, dass es mehr als ein Glas sein würde, um die Nerven zu beruhigen.

Nash parkte auf seinem Platz hinter dem Gebäude. Als sie das Büro betraten, schaltete Nash die Lichter an und ging direkt zu dem Schrank neben seinem Schreibtisch. Sein Hinken war nicht mehr so auffällig, aber immer noch da.

»Ich glaube, Champagner ist nicht das Richtige für heute Abend. Mal sehen, was wir haben.« Nash ging die Flaschen durch, bis er eine fand, auf die er Appetit hatte. Dann nahm er zwei Gläser aus dem Schrank und fischte in einer Schublade nach dem Korkenzieher.

Teddy ging zum Geschworenentisch, zündete sich eine Zigarette an und setzte sich. Er hatte vor ein paar Jahren aufgehört zu rauchen, hatte sich aber extra für diesen Abend eine Packung gekauft.

»Ich habe etwas, von dem ich glaube, dass es dich aufheitern könnte«, sagte Nash.

»Wenn es sich um Wein handelt, bin ich bereit.«

Nash lachte. »Es ist etwas Altes. Mal hoffen, dass es nicht sauer geworden ist. Aber ich habe nicht an den Wein gedacht.« Er zog den Korken, trug die Gläser hinüber und füllte jedes bis zum Rand, wie er es oft machte, wenn sie alleine tranken.

Teddy stieß mit Nash an und nahm einen ersten Schluck. Der Wein schmeckte rein und vollmundig. Er sah auf das Etikett, während er einen weiteren großen Schluck nahm: Es war ein Château La Mission Haut Brion, der vor neunzehn Jahren abgefüllt worden war. Sein Blick ging zum Fenster hinter Nashs Schreibtisch. In der Ferne konnte er das E.-T.-Haus leuchten sehen. Name und Titel waren dem Haus von den Neugierigen gegeben worden, die an den Wochenenden immer noch dort vorbeifuhren, um es zu sehen.

Nash folgte Teddys Blick und lächelte über die Ironie, dass Trisco in Sichtweite seines Büros, seines eigenen Schreibtisches und des Fensters gelebt hatte, das oft als Spiegel diente. »Ich habe etwas, das ich dir zeigen will«, sagte er, öffnete die Türen zur Bibliothek und Teddy folgte ihm hinein.

Am anderen Ende des Hauptdurchgangs gab es eine neue Doppeltür. Nash nahm kleine Schlucke seines Weines und öffnete sie. Was bisher immer ein Lagerraum war, war jetzt ein zweites Büro, so groß wie das von Nash und vollständig renoviert. Teddy schaute auf den Schreibtisch, den Tisch und die Sicht auf das E.-T.-Haus, die man auch von diesem Fenster aus hatte.

»Wir haben einen weiteren Fall, Teddy. Etwas Faszinierendes. Es bedeutet nach Dallas, Washington und vielleicht sogar nach L.A. zu reisen. Er wird eine große Menge Untersuchungen erfordern. Ich glaube es ist etwas, in das wir beide unsere Zähne graben können.«

Teddy trank sein Glas leer und war von der Aussicht, ein Büro bei Nash zu haben, überwältigt. Ihm wurde bewusst, dass sein Mentor ihn zu diesem Punkt in seinem Leben hingeführt hatte, dass sein Freund dachte, er wäre bereit, einen wichtigen Sprung zu machen, den nächsten großen Schritt. Als er bemerkte, dass Nashs Glas auch leer war, lächelte er und sagte, er würde die Flasche und die Zigaretten holen, um zu feiern.

Teddy flitzte durch die Bibliothek in Nashs Büro – das Büro seines neuen Partners. Als er zum Geschworenentisch ging, stieß sein Fuß einen Gehstock um, der gegen einen der Stühle gelehnt war, und er sah, wie er über den Hartholzboden rutschte. Er setze das Glas auf dem Tisch ab und griff nach dem Stock, in der Hoffnung, er wäre nicht zerbrochen. Er machte sich um das hinkende Bein seines Freundes Sorgen. Als die Metallspitze vom Schaft abfiel, hob er sie voller Schuldgefühle auf und warf einen schnellen Blick darauf. – Seine Brust verengte sich. Die Welt stand still.

Teddy starrte lange auf die Stockspitze in seiner Hand. Sie war aus Sterlingsilber. Er bemerkte die Gravur und erkannte große Schiffe und Wale. Als er das alles das letzte Mal sah, dachte er, er hätte ein antikes Schnapsglas vor sich. Aber es war dunkel in der Nacht. Auf dem Schnee war überall Blut.

»Es gehörte meinem Vater«, sagte Nash mit ruhiger Stimme hinter seinem Rücken. »Ich hätte das Ding wahrscheinlich loswerden sollen, aber es hat einen sentimentalen Wert und die Zeit verging. Mit dem Verständnis, das du über die Jahre erworben hast, frage ich mich, ob es überhaupt noch relevant ist.«

Teddy hatte Angst sich umzudrehen. Er biss die Zähne zusammen und stellte sich vor über den Ozean zu fliehen, die Rücken der Haifische als einziger Halt. Er schaute auf die Lithografie an der Wand – die leere Gefängniszelle – er riss sich zusammen, als er sich umdrehte, um seinem Partner ins Gesicht zu sehen – seinem Mentor und Freund.

Nash stand in der Tür. Er studierte Teddy mit einem leichten Grinsen im Gesicht und jenen für ihn typisch aufgerissenen Augen. »Du bist bestürzt«, sagte Nash und starrte auf den Stock in Teddys Hand. »Vielleicht sollten wir darüber reden.« Nash kam durch den Raum, nahm ihm den Stock weg und lehnte ihn gegen die hintere Wand. Seine Bewegungen waren gelassen, sogar anmutig, als er die Gläser nachfüllte. Teddy stand reglos da, die Augen auf Nash gerichtet, bis dieser schließlich einen Stuhl vom Geschworenentisch wegschob und sich setzte.

»Du hast Barnett umgefahren«, hörte Teddy sich selbst mit hohler Stimme sagen.

»Er ist ein Zuhälter, Teddy. Er wollte, dass sich Holmes für eine Tat schuldig bekennt, die er gar nicht begangen hat. Komm schon. Du hast doch selber hundert Mal daran gedacht. Ich finde deine Haltung erstaunlich.«

»Ich habe nicht versucht ihn zu töten«, flüsterte Teddy.

»Das habe ich auch nicht, aber das Leben anderer Leute stand auf dem Spiel. Alles, was ich wollte war, diesen Dummkopf aus dem Weg zu schaffen, damit wir anfangen konnten. Er rutschte auf dem Eis aus. Er hat sich verletzt, hat aber überlebt. Am Ende ging alles gut aus. Holmes ist frei und Rosemary Gibb lebt und ist gesund.«

Teddy erschauerte, als er Barnetts Unfall im Kopf noch einmal durchging und ihm zum ersten Mal klar wurde, dass das, was Andrews ihm im Gefängnis erzählt hatte, wahrscheinlich stimmte: Jemand anders hatte Eddie Trisco erschossen.

Nash stellte die Weinflasche hin. »Wenn es darum geht, dass ich dir den Schlag auf den Kopf versetzt habe, dann akzeptiere bitte meine Entschuldigung. Damals ging es nicht anders.«

Teddy war gerade egal, dass er einst bewusstlos geschlagen worden war. »Ich habe Andrews im Gefängnis getroffen«, sagte er. »Er sagte mir, dass er glaubte, dass an jenem Abend, als Trisco getötet wurde, noch jemand im Haus war.«

»Du meinst, als er ermordet wurde, nicht wahr, Teddy? Alan Andrews wurde heute Abend für den Mord an Edward Trisco dem Dritten hingerichtet.« Nash schien amüsiert zu sein. Er nahm noch einen Schluck Wein und zündete sich eine Zigarette aus Teddys Packung an. Teddy ignorierte das Grinsen und zwang sich, weiterzumachen.

»Ich habe ihn zwei Tage, nachdem es passiert war, getroffen«, sagte Teddy. »Andrews sagte mir, er habe den Schuss gehört und Trisco am Boden gefunden, als er den Raum betrat. Jemand anders hätte die Waffe an Triscos Kopf gehalten und abgedrückt. Jemand anders hätte die Packung Hohlspitzgeschosse in seinem Wagen platziert.«

»Nach dem, was wir wissen, Teddy, würde ich sagen, dass das durchaus möglich ist. Ich glaube, der Verteidiger in seinem Prozess hat denselben Punkt vorgebracht. Niemand hat dem jedoch große Aufmerksamkeit geschenkt. Nicht nach deiner Aussage als Augenzeuge.«

Das saß. Teddys Rolle als Augenzeuge der Anklage.

»Du warst das«, brachte Teddy hervor.

Nash lächelte und klopfte sich beiläufig herabgefallene Asche von seinem Ärmel.

»Du hast Andrews von Anfang an etwas in die Schuhe geschoben. Schon seit ich dich getroffen habe.«

»Ich hasse diesen Mann nicht«, sagte Nash ruhig. »Ich verabscheue ihn. Und ich nehme an, nach dem, was heute Abend passiert ist, sollte ich mich daran gewöhnen, von ihm in der Vergangenheit zu sprechen. Als wir heute Abend das Gefängnis verlassen haben, sah der Mann ziemlich tot aus. Die Welt ist ein besserer Ort ohne Alan Andrews. Ich habe seine Karriere über lange Zeit verfolgt. Schon lange bevor du und ich uns getroffen haben. Warum glaubst du, ist er der Gegenstand meines Rechts-Workshops? Ich habe meine Abscheu gegen Andrews nie verborgen.«

»Aber heute Abend ist er für etwas gestorben, das er nicht getan hat…«

»Ach, wirklich? Nach allem, was passiert ist, glaubst du das wirklich?« Nash klopfte seine Zigarette am Aschenbecher ab und beobachtete kurz die brennende Spitze. »Du könntest dich schwer tun, die Familien seiner Opfer diesbezüglich zu überzeugen. Diese Opfer sind auch für etwas gestorben, das sie nicht getan haben. Etwas, um das sie nicht einmal gebeten haben. Was heute Abend geschah, scheint poetischer zu sein als das, was du vorbringst. Andrews hat bekommen, was er anderen angetan hat. Nicht mehr und nicht weniger wäre wirklich recht und billig.«

»Was ist mit den vermissten Frauen? Die Morde? Die Leichen? Der getürkte Anruf von Dawn Bingle, die mich beim Bootshaus treffen wollte?«

Nash hielt inne, um über die plötzliche Flut von Fragen nachzudenken. »Du glaubst, ich hätte dich benutzt«, sagte er nach einer Weile.

Teddy nickte, ohne etwas zu sagen. Nachdem er sich alles nochmals durch den Kopf gehen ließ, schien jetzt alles so klar.

»Es war nicht geplant, Teddy. Vieles hatte sich im Verlauf unserer Ermittlung so ergeben. Sobald du Gelegenheit hast darüber nachzudenken bin ich sicher, dass du mir zustimmen wirst, dass es der einzige Weg war. Ich fand Valerie Kramps Leiche ganz zufällig ein paar Tage vor dem Mord an Darlene Lewis, während ich auf dem Fahrradweg am Fluss spazieren ging. Auf der anderen Seite des Bootshauses gibt es eine Bank, die ich gerne benutze. Ich sah sie im Eis liegen, als ich mich hinsetzte.

»Warum hast du es nicht gemeldet?«

»Sie war im Eis festgefroren. Sie war nicht dabei abzutreiben. Und es wäre eine Störung gewesen. Ich hatte an die Arbeit meiner Studenten gedacht. Ich bin nicht damit herausgerückt, weil ich nicht wollte, dass es zwischen die Ergebnisse kam, die wir gerade in Bezug auf den Staatsanwalt öffentlich bekannt machen wollten. Es hätte die Angelegenheit durcheinandergebracht, wenn ich die Polizei gerufen und meinen Namen benutzt hätte. Aber mit dem Mord an Lewis und Holmes’ Verhaftung hat sich alles geändert. Ich hoffte, jemand im Klub würde die Leiche des Mädchens finden, aber es verging ein Tag und niemand hat sie gefunden. Dann bist du in meinem Büro aufgekreuzt. Du bist Barnetts Beispiel gefolgt, bereit, Holmes für den Rest seines Lebens ins Gefängnis zu schicken, ohne überhaupt das, was passiert war, infrage zu stellen. Ich dachte, du müsstest aufgerüttelt werden. Ich bat eine Freundin und sie hat mir den Gefallen getan.«

»Du sagtest, es war nicht geplant, aber du wusstest von der Leiche im Bootshaus. Du musst gewusst haben, dass wir es mit einem Serienmörder zu tun hatten.«

»Ich vermutete es, als Darlene Lewis ermordet wurde«, sagte Nash. »Ich war von der Ähnlichkeit verblüfft, war aber nicht sicher.«

»Als du die Anzeigen der vermissten Mädchen ausgedruckt hattest, als du die Steckbriefe auf diesem Tisch ausgelegt hattest, wolltest du mir mit dieser Scharade einen Vorteil verschaffen. Du wusstest es bereits.«

Nash zuckte die Achseln. »Ich war nicht sicher«, wiederholte er. »Nicht bis zu jenem Zeitpunkt.«

»Wann wusstest du, dass es Trisco war?«, fragte Teddy.

»Gleichzeitig mit dir. Eigentlich sogar ein wenig später. Du hast das Rätsel gelöst, Teddy, nicht ich. Als du mir sagtest, dass es Trisco war, da erst wusste ich es. Du hast Talent. Ein echtes Geschenk. Ein Instinkt und eine Vorstellungskraft, für die die meisten Anwälte sterben würden. Lassen wir es doch dabei.«

Teddy wurde still und versuchte, seinen Verstand herunterzufahren. Er überflog die Details und erkannte sie nicht. Er erinnerte sich an die undichte Stelle, die der Presse verriet, was die Behörden dachten, dass Holmes Darlene Lewis zum Zeitpunkt ihrer Ermordung angetan hatte. Teddy hatte immer Andrews die Schuld für die undichte Stelle gegeben, aber jetzt war ihm klar, dass es Nash gewesen sein musste. Die Stadt war in Kampfstimmung gewesen, hinsichtlich der Brutalität mit der das Mädchen zu Tode gekommen war. Die Details an die Öffentlichkeit dringen zu lassen, brachte das Ganze in Aufruhr und verschlimmerte Andrews Lage in Bezug auf seinen Fall gegen Holmes. Nash hatte Andrews zu einem Punkt getrieben, an dem es kein Zurück mehr gab, weil er glaubte, Holmes sei unschuldig und er wusste, wie der Staatsanwalt reagieren würde. Nash hatte den Mann in die Ecke gedrängt. Aber es reichte immer noch nicht aus, der Staatsanwalt hätte noch durchkommen können.

Teddy erinnerte sich an das, was Andrews ihm im Gefängnis gesagt hatte: Andrews war fassungslos gewesen, nachdem er ihr Profil gelesen hatte. Er hatte die Beweislast gegen Holmes, war aber nicht mehr sicher. Er war zu Triscos Haus gegangen, um seinen Fehler zu verifizieren, ging heimlich da hin, weil er fürchtete zugeben zu müssen, dass er den falschen Mann hatte. Am Ende drückte Nash ab und tötete Trisco, weil er wusste, dass sich dadurch alles ändern würde. Nash wusste, wie es aussehen würde, bevor jemand anders es sah.

»Ich bin erstaunt über dich, Teddy. Vielleicht sollte ich besser sagen: besorgt. Du scheinst nicht zu verstehen, dass die Gesellschaft große Schwierigkeiten damit hat, mit einem Mann wie Alan Andrews umzugehen. Die Mächtigen können kaum mit jemandem umgehen der so offensichtlich ist wie Eddie Trisco. Wie kann jemand so krank werden, ohne dass es jemand bemerkt und etwas dagegen unternimmt? Aber der ehemalige Staatsanwalt, der verstorbene Alan Andrews, ist eine völlig andere Sache. Es gibt viele Alan Andrews in der Welt, mehr als du glaubst. Menschen die Beweise zerstören, sie unterschlagen oder sogar welche fälschen, um ihr Urteil zu untermauern, weil sie glauben die Wahrheit zu kennen. Oder was ist mit dem Strafverfolger, der einen echten Fehler begeht, aber nicht die Stärke oder Integrität oder das Gewissen hat, ihn zu korrigieren? Die Gesellschaft bestraft solche Leute nicht, weil sie nicht zugibt, dass sie überhaupt existieren. Ich kann dir versichern, dass das, was ich getan haben mag oder nicht getan haben mag, nur der letzte Ausweg war. Was Alan Andrews getan hat, ist wegen der Absicht dahinter viel schlimmer als das, was Eddie Trisco tat. Hätte Andrews über den Dingen gestanden, als Trisco das erste Mal verhaftet wurde, wäre keine einzige dieser Frauen ermordet worden. Die Vorstellung, zu beobachten wie die Gesellschaft diesen Mann belohnt, indem sie ihn zum Bürgermeister der Stadt macht … nun, Gott sei Dank muss niemand von uns danebenstehen und dabei zusehen. Du solltest das alles besser wissen als die meisten. Du hast das aus erster Hand mitbekommen: die Erfahrung mit deinem Vater. Seine Verhaftung und sein verfrühter Tod.«

Es war die Art, wie er es sagte, die Teddy bis ins Mark erschütterte. Er erwähnte seinen Vater so leichtfertig… und die Art und Weise, wie er über Andrews Ableben sprach – als ob er keine Schuld oder Bedauern fühlte. Nash hatte als Richter und Geschworener agiert, hatte Andrews zum Tode verurteilt, als ob er von etwas Höherem dazu berufen worden wäre. Und da vieles von dem, was Nash sagte, Teddy vertraut erschien, sogar im kosmischen Sinne als wahr, konnte er mit den Folgen seines Verhaltens unmöglich umgehen.

Teddy sah auf. Nash beobachtete ihn sorgfältig.

»Seit wir uns getroffen haben, ging es bei dem, was geschehen ist, nie um einen Serienmörder wie Eddie Trisco«, sagte Nash nach einer langen Pause. »Und auch gar nicht darum, einen Staatsanwalt zur Strecke zu bringen, der seinen Weg verloren und unschuldige Leute in den Tod geschickt hat. Es ging um uns, Teddy. Ich bin deinetwegen zurückgekommen. Ich bin zurückgekommen, um dir über deinen Vater hinwegzuhelfen, deine Dämonen zu vertreiben und dir den Weg hinaus zu zeigen.«

Teddy lehnte sich gegen die Wand. Er fuhr mit dem Expresszug durch den Tunnel in die Dunkelheit. »Welcher Weg ist das?«, fragte er.

»Als du mit dem Fall Holmes in mein Büro kamst, wusste ich, wer du warst. Und es war offensichtlich, dass du immer noch davonliefst. Dein Vater war fälschlicherweise beschuldigt worden, seinen Geschäftspartner umgebracht zu haben. Er wurde in seiner Zelle ermordet, während er auf seinen Prozess wartete. Der Mord an deinem Vater änderte viel im Leben der Leute in dieser Stadt. Nicht nur in deinem.«

Teddy wischte sich über die Augen und versuchte nicht länger zu verbergen, dass seine Hände zitterten. »Was weißt du über meinen Vater? Von wem sprichst du? Wessen Leben hatte sich verändert?«

»Meines«, sagte Nash. Er drückte die Zigarette aus, lehnte sich im Stuhl zurück und sah Teddy fest an. »Du musst verstehen… ich war verantwortlich für seinen Tod.«

Teddys Gedanken wurden undeutlich und verblassten fast ganz. »Der Name des Strafverfolgers war Stephen Faulk«, sagte er. »Der Mann ist tot. Er hat Selbstmord begangen.«

»Ich war damals stellvertretender Staatsanwalt«, sagte Nash und starrte in die Vergangenheit. »Es war Faulks Fall, aber er war jung und hat die Entscheidung nicht selbst getroffen. Er kam mit dem, was er hatte, zu mir. Ich hatte den Fall mit dem Staatsanwalt geprüft, hatte aber immer noch viel zu lernen. Ich habe es nicht gesehen und einen Fehler gemacht. Als das Gefängnis des Landkreises überfüllt war, arrangierte ich mit der Stadt, dass dein Vater ins Holmesburg-Gefängnis verlegt wurde. Verstehst du? Ich war derjenige, der ihn in diese Zelle gesteckt hat.«

Es schlug ein wie eine Brandbombe. Die Flammen breiteten sich in einem Feuersturm aus, der sich in Teddys Fleisch fraß und seine Seele verbrannte.

»Dieser Fehler änderte alles für mich«, flüsterte Nash. »Worte können nicht beschreiben, wie leid es mir tut. Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht zu versuchen, dieses Unrecht wieder gutzumachen. Und jetzt sind wir zusammen und ich hoffe, du wirst nicht daran zerbrechen. Du wirst kein Opfer deiner Vergangenheit sein. Stattdessen hoffe ich, dass du daraus lernst, Teddy. Schlag zurück und mache bei diesem neuen Fall mit. Wir haben eine Arbeit zu erledigen. Genug, um uns lange Zeit zu beschäftigen.«

Als Angebot für ihre Partnerschaft schob Nash Teddy behutsam das Weinglas über den Tisch zu. Teddy sah seine Zigaretten neben dem Glas. Sie schienen so weit weg zu sein. Er war nicht sicher, ob er sich wirklich bewegen konnte. Er war nicht sicher, ob er sie erreichen konnte…