VIERUNDVIERZIG

Teddy sah den Laden auf der anderen Seite der Straße, eine halbe Häuserzeile weiter unten. Bennys Café Blue befand sich im Erdgeschoss eines alten Backsteinhauses. Eine Markise hing über der Vorderfront, war jetzt im Winter aber eingerollt. Er konnte sich fünf oder sechs Tische bei warmem Wetter entlang des Gehsteiges vorstellen und fragte sich, warum er nicht selbst öfter dieses Café besuchte.

Als sie an der Ecke die Straße überquerten, stieß ihn Powell an und er drehte sich um. Ein junges Mädchen entfernte sich gerade von ihrem Wagen, der in der Gasse neben dem Gebäude geparkt war. Sie hatte eine Sporttasche über ihrer Schulter hängen und ging offensichtlich zum Studio über der Straße. Teddy sah Powells Blick auf das Mädchen gerichtet. Ihren Gesichtsausdruck. Als sie vorbeigingen, schauten sie die Gasse hinunter. Es war dunkel. Eng. Die perfekte Sackgasse.

Im Café war nicht viel los. Es war erst neunzehn Uhr dreißig, aber sie waren außerhalb der Stoßzeiten. Der Manager Harris Carmichael sagte, ihr Timing wäre gut, und bot ihnen je eine Gratistasse der Hausmischung an. Er würde sich zu ihnen an den Tisch setzen, wenn ihre Getränke fertig wären.

Teddy wählte den Tisch an der Ecke. Als er sich mit Powell setzte, gab er ihr die Akte zurück. Die Vermisstenanzeige über Rosemary Gibb belief sich auf fünfzehn Blätter, aber wenige Hinweise. Als er Ferarro gestern in seinem Büro getroffen hatte, hatte dieser persönliche Details ausgelassen, aber nichts Relevantes in Bezug auf den Fall. Der Detective war ehrlich zu Teddy gewesen und hatte ihm alles gesagt, was er wusste.

Teddy drehte sich zum Fenster und sah hinaus. Er konnte das Fitnessstudio auf der Straße gegenüber sehen. Das Mädchen, das er gerade in der Gasse gesehen hatte, betrat den Fitnessraum und stieg auf ein Standfahrrad. Es war wie eine Nahaufnahme. Die Entfernung zwischen ihnen betrug nicht mehr als fünfundzwanzig Meter. Er bekam eine Gänsehaut, als er das Mädchen beim Training beobachtete, dachte aber, er käme vom Marsch hierher.

Der Manager kam mit ihren Kaffees. Als er sie auf den Tisch stellte, sah er Teddy seltsam an und neigte den Kopf zur Seite.

»Stimmt etwas nicht?«, fragte Teddy.

Carmichael hielt inne. Er war nicht viel älter als Teddy und ungefähr gleich groß, hatte aber einen dicken Bauch unter der Schürze. Er kratzte sich an seinem krausen Haar. »Ich weiß nicht«, sagte er, »wenn ich Sie hier so sitzen sehe… Als ich Ihre Getränke machte, habe ich Sie beobachtet. Ich erinnere mich an einen Typen, der auch hier gesessen hat. Er war schon öfter da. Er bestellt immer einen Milchkaffee, setzt sich auf diesen Platz und bleibt solange er kann. Die meisten Leute sitzen da, wo sie sitzt, wenn sie alleine sind, damit sie die Menschen beobachten können. Aber nicht dieser Typ. Er sitzt immer mit dem Rücken zum Raum und starrt aus dem Fenster.«

Teddy sah nach draußen und beobachtete das Mädchen, wie es auf dem Fahrrad ins Nirgendwo fuhr. Der Schauer rührte also nicht von der kalten Luft draußen her.

»Wie war es an dem Abend, als Rosemary da war?«, fragte Powell.

»Das Problem ist, dass sie oft abends kam«, sagte Carmichael. »Das habe ich auch dem Detective heute Nachmittag gesagt. Es ist schwer zu sagen, welchen Abend Sie meinen. Die sind hier fast alle gleich.«

»Es geht um den letzten«, sagte Teddy. »Den letzten Abend, als Sie sie gesehen haben.«

Carmichael setzte sich, seine Augen gingen hin und her, während er sich zu erinnern versuchte. Nach einer Weile passierte etwas und seine Augen traten ihm fast aus den Höhlen. »Er war an jenem Abend hier«, platzte er heraus. »Den letzten Abend, als ich sie sah, war er hier. Ich erinnere mich jetzt, weil er den Platz gewechselt hat. Ich schaute rüber und sah, wie er aus dem Fenster starrte. Als ich ihn ansah, guckte er in die andere Richtung.«

»Wie sieht er aus?«, wollte Powell wissen.

»Ungefähr dreißig«, sagte Carmichael. »Hellbraunes Haar, fast schulterlang. Ein Typ, der im Sommer blond wird. Ich erinnere mich an seine Hände. Es war Farbe dran.«

»Wandfarbe oder helle Farben?«, fragte Teddy.

»Helle Farben.«

Er ist ein Maler, dachte Teddy. Sie waren auf der richtigen Spur.

»Was ist mit seinem Gesicht?«, meinte Carolyn. »Wem sieht er ähnlich?«

Carmichael dachte nach und schüttelte den Kopf.

»Groß oder klein?«, wollte sie wissen.

»Normal«, sagte Carmichael. »Dünn, vielleicht sogar sehnig, als ob er gut in Form wäre. Er hat blaue Augen, irgendwie eisig. Ein nervöser Typ. Irgendwie nicht ganz da und ein wenig seltsam. Aber an was ich mich am besten erinnern kann, sind seine Zähne.«

»Was ist mit denen?«, fragte Teddy.

»Er hat schlechte Zähne. Er braucht keine Spange. Das ist nicht das Problem. Seine Zähne sehen aus, als ob sie am Verfaulen wären.«

In Teddys Kopf machte es Klick. Der Mann war ein Künstler und ein Drogenkonsument.

»Noch etwas«, sagte Carmichael nach einer Weile. »Den letzten Abend, als ich Rosemary sah… Ich glaube, er ist ihr zur Tür hinaus gefolgt.«

Das war es. Wenn jemand aus dem Café ging, drehte man sich automatisch zum Eingang – da war der Mann mit den schlechten Zähnen, der Rosemary zur Tür hinaus folgte.