FÜNFUNDZWANZIG
Teddy rannte den Gang im Bryn Mawr Hospital hinunter und versuchte nicht an die Frau zu denken, die er gerade zurückgelassen hatte, denn er wusste, das konnte er jetzt nicht.
Es war nach Mitternacht. Er fand Sally Barnett ganz allein im Wartezimmer in einen Stuhl gekauert. Als sie ihn eintreten sah, stand sie auf, eilte ihm entgegen und legte ihren Kopf gegen seine Brust. Sie schluchzte und er konnte fühlen, wie ihr Körper in seinen Armen zitterte.
»Wie geht es ihm?«, fragte Teddy.
Sie blickte zu ihm hoch, die Tränen rannen über ihre Wangen und sie schüttelte ihren Kopf. Sally war zehn bis fünfzehn Jahre jünger als Barnett. Teddy hatte sie gleich gemocht, als sie sich zum ersten Mal getroffen hatten. Man konnte sich gut mir ihr unterhalten und sie hatte eine fröhliche Art. Sie gehörte zu jenen Menschen, die in jeder Situation durch ihre bloße Anwesenheit beruhigend wirkten. Als Teddy der Firma beigetreten war, hatte Barnett ihn zum Abendessen in sein Haus eingeladen. Sally gab ihm dann eine Führung durch das Haus und zeigte ihm Fotografien von der Restaurierung. Sie hatte den ganzen Prozess dokumentiert und er hatte gemerkt, dass sie das Interesse für Architektur teilten.
»Sie versuchen seine Beine zu retten«, sagte sie. »Es sieht aber nicht gut aus.«
»Ist er noch im Operationssaal?«
»Nein«, sagte sie und zeigte auf die Intensivstation. »Es hat drei Stunden gedauert. Er ist jetzt dort drinnen.«
Teddy sah auf die Türen und wandte sich wieder ihr zu. »Ist er bei Bewusstsein? Können wir zu ihm gehen?«
Sie nickte langsam, die Qual in ihrem Gesicht war deutlich. »Er hat viel Blut verloren und ist sehr schwach.«
Teddy drückte auf den Knopf an der Wand und die Türen schwangen auf. Als sie die Station betraten, führte ihn Sally den Gang hinunter zum Arbeitsplatz der Schwestern. Obwohl die Beleuchtung gedämpft war, entdeckte er Barnett in der ersten Nische und näherte sich ihm zögernd. Er lag im Bett, sein ganzer Körper zitterte. Seine Augen waren auf die Decke gerichtet und flatterten. Teddy sah auf seine Beine, die in Verbände gewickelt waren und von einer Reihe Metallnadeln und Schienen in Position gehalten wurden. Infusionen allein konnten die Medikamentendosierungen nicht bewältigen. Vier Beutel mit medizinischen Lösungen hingen von zwei Gestellen über dem Bett und versorgten sein System durch die Anschlüsse an einen Zentralkatheter, der in seinen Hals eingeführt war.
Teddy hatte den Anruf vor einer Stunde angenommen. Er war in Carolyn Powells Bett – in ihren Armen – als das Mobiltelefon klingelte. Alles, was Sally sagen konnte war, dass Barnett sich mit seinem eigenen Auto überfahren hatte. Er schlüpfte schnell in seine Sachen, um hektisch ins Krankenhaus zu fahren. Obwohl es aufgehört hatte zu schneien, war der Straßenzustand katastrophal.
»Wie konnte das passieren?«, fragte er.
»Er hat im Büro an etwas gearbeitet und kam spät nach Hause. Als er die Garage öffnete, ist er auf dem Eis ausgerutscht. Ich habe es vom Fenster aus gesehen. Ich konnte nicht rechtzeitig eingreifen.«
Barnett packte Teddy am Arm. Er schaute Barnett an und sah, wie das Gesicht des Mannes ihm zugewandt war, seine Augen blinzelten immer noch unkontrolliert. Er konnte spüren, wie Barnett ihn näher an sich zog. Trotz des Schlauches in seinem Mund, versuchte der Mann zu sprechen. Teddy beugte sich näher zu ihm und konzentrierte sich auf den Ton, aber die Worte waren unverständlich. Der Anblick von Barnett, wie er sich auf der Matratze drehte und sich anstrengte, um gehört zu werden, war entsetzlich. Was immer er auch sagen wollte, es schien mehr als wichtig zu sein.
Eine Schwester eilte von der Theke herüber, zog Barnetts Hand weg und prüfte seine Vitalfunktionen auf dem Monitor. »Dieser Patient ist in einem kritischen Zustand«, sagte sie mit rauer Stimme. »Sein Puls ist erhöht. Sie können das nicht tun. Es tut mir leid, aber Sie müssen draußen warten.«
Teddy sah wieder zu Barnett. Die Augen des Mannes waren wieder an die Decke geheftet. Als er Sally ins Wartezimmer führte, bemerkte er, dass sie keinen Mantel, nicht einmal eine Tasche hatte.
»Wo sind Ihre Sachen?«, fragte er.
Sie sah ihn hilflos an, schüttelte den Kopf und war unfähig zu sprechen.
»Sagen Sie mir, was Sie brauchen«, sagte er. »Ich fahre rüber und bringe es her.«