SECHSUNDVIERZIG

Eddie ging in das 7-Eleven an der Ecke und suchte die Gänge nach dem richtigen Artikel ab. Etwas, das das Werk hervorragend machen und ihm einen extravaganten Stil verleihen würde. Er war ein Künstler. Es war der einzige Weg, den er kannte.

Seine Augen blieben an den Tuben von Crazy-Glue-Klebstoff haften, die von einem Ständer zwischen den Frito-Corn-Chips und der Ramses-Kondomauslage hingen. Es formte sich eine Idee, als er die beiden Dinge in seinem Kopf zusammenbrachte: eine Montage von Sorten. Das war es, entschied er. Crazy Glue. Er ging durch den Gang zur Kasse. Der Mann hinter der Ladentheke tippte die Einkäufe ein. Als Eddie in seine Tasche nach der Börse griff, sah er die Lollis in einem Glas neben dem Zigarettenständer. Es gab sogar noch welche mit Traubengeschmack. Eddie hatte irgendwo gelesen, dass Trauben gut für das Herz-Kreislauf-System wären. Er versuchte zumindest einmal am Tag einen Lolli mit Traubengeschmack zu essen, aber sie waren schwer zu finden. Es musste sich wohl herumgesprochen haben, dachte er. Er wühlte durch die Schale, kaufte alle zehn Lollis und stopfte sie in seine Tasche mit dem Crazy Glue. Dann ging er aus dem Laden zu dem Honda Accord, der ganz hinten auf dem leeren Parkplatz stand.

Der Manager des Cafés wartete auf dem Rücksitz auf ihn, gefesselt und geknebelt. Er sah so aus, als ob er gerade aufgewacht wäre. Eddie konnte ihn wimmern hören, wie er versuchte, durch den Knebel zu sprechen und animalische Geräusche machte. Seine Augen waren so groß wie Silberdollars und besonders ausdrucksvoll, dachte Eddie. Wie diejenigen, die man in Cartoons oder auf Witzseiten sah. »Wir sprechen später darüber«, sagte er zu dem Mann.

Eddie fuhr aus dem Parkplatz. Sie brauchten einen Ort zum Sprechen. Einen Ort, wo man ein Treffen auf hohem Niveau abhalten konnte, mit einem gewissen Maß an Privatsphäre.

Als er in die Spruce Street einbog, fiel ihm ein Park ganz am Ende beim Fluss ein. Er sah auf die Uhr am Armaturenbrett. Es war nach Mitternacht, die Temperatur weit unter dem Gefrierpunkt. Es würden nicht viele Leute auf den Bänken sitzen und die Aussicht auf die South Street Bridge genießen.

Er bog bei der Fünfundzwanzigsten Straße links ab, fuhr rechts ran und schaltete die Scheinwerfer aus. Dann lehnte er sich zurück, gewöhnte seine Augen an die Dunkelheit und wickelte seinen ersten Trauben-Lolli seit drei Tagen aus. Die Süßigkeit hätte besser geschmeckt, wenn er ein wenig Frieden und Ruhe gehabt hätte. Das Grunzen und Gestöhne vom Rücksitz war schwer zu ignorieren. Genauso wie der Geruch im Auto des Café-Managers. Zuerst dachte Eddy, es wäre abgestandener Kaffee, aber als er sich umdrehte und sah, wie der Mann ihn vom Rücksitz anstarrte, wurde ihm bewusst, dass es Urin war – dieser Idiot von Manager hatte sich in die Hosen gemacht.

Eddie sah aus den Fenstern. Niemand war im Park oder auf der Straße. Als er die Autos überblickte, schienen sie alle leer zu sein. Dieses Ende der Stadt sah aus, als ob es schlafen würde und sicher im Traumland aufgehoben wäre. Er stieg aus und öffnete die hintere Tür, zerrte den Mann aus dem Auto und schubste ihn in den Park. Der Mann stolperte rutschend über den Schnee zu einer Bank.

»Setz dich«, sagte Eddie und drückte ihn nieder.

Der Mann starrte ihn an und zog an dem Gürtel, der seine Arme hinten zusammenhielt.

»Wir werden uns ein klein wenig unterhalten«, sagte Eddie. »Dann werden wir ein bisschen Spaß haben. Das Reden übernimmst du. Wenn du fertig bist, werde ich bezüglich dem Spaß eine Entscheidung treffen. Verstehst du, was ich sage?«

Der Mann nickte, wobei er wie verrückt zitterte.

»Ich will wissen, was du zu denen gesagt hast. Ich will wissen, was da los ist. Bist du bereit?«

Der Mann nickte wieder und wollte ihn unbedingt günstig stimmen. Eddie entfernte den Knebel.

»Bitte mach das nicht. Bitte mach das nicht.« Der Bursche weinte.

Eddie überprüfte den Park. Sie waren allein. »Hör auf zu heulen und sag mir, was du denen gesagt hast.«

»Ich werde dir alles sagen. Alles. Aber lass mich in Ruhe.«

»Fang an zu reden«, sagte Eddie und zeigte seine verfaulten Zähne.

Und das tat der Mann. Er sagte ihm alles und war klein wie ein Wurm. Sein Name war Harris Carmichael. Er hatte sich an Eddie erinnert und ihnen eine genaue Beschreibung gegeben. Sie wussten, dass er Rosemary hatte und suchten nach ihm. Sie waren dabei, ihn aufzuspüren. Eddie fragte sich, ob Carmichael nicht manchmal log oder Amateurpsychologie anwendete. Carmichael sagte, dass sie seinen Namen nicht kannten, aber dass es nur eine Frage der Zeit wäre. Er meinte, Eddie sollte ihn und das Mädchen in Ruhe lassen. Wenn er schlau wäre, wäre es jetzt an der Zeit wegzulaufen.

Eddie dachte darüber nach, ließ sich die Botschaft und das Wesentliche des Deals durch den Kopf gehen. Als er aber wieder hinsah, war es zu spät. Carmichael schnaubte wie ein in die Enge getriebener Stier, rammte seinen Kopf in Eddies Magen und stieß ihn nieder. Der Schlag fühlte sich an, als ob er mit einem Güterzug kollidiert wäre, dabei hätte Eddie fast den Lolli verschluckt. Als er im Schnee lag, brachte ihn der Gedanke, versehentlich an seiner Lieblingssüßigkeit zu ersticken, in Rage. Er rang nach Atem und sah, wie der Café-Manager mit den Armen hinter dem Rücken in die Nacht davonrannte.

Eddie holte tief Luft und sprang auf seine Füße. Er war schnell und geschmeidig, erwischte Carmichael, packte ihn hinten am Genick und riss ihn zu Boden. Der Mann fing an zu schreien, er kreischte. Eddie drückte sein Gesicht in den Schnee und hielt ihn mit dem Gewicht seines Körpers unten, während er die Tube Crazy Glue öffnete und das obere Ende mit der spitzen Seite der Verschlusskappe durchstach. Als Carmichael hochkam, um nach Luft zu schnappen, spritzte Eddie den Kleber in beide Nasenlöcher und quetschte die Nase des Mannes zusammen.

Carmichael wusste zuerst nicht, was passierte. Er schien verwirrt, sogar fassungslos über Eddies Kreativität. Er schüttelte seinen Kopf hin und her, brach heftig in Schweiß aus und schiss sogar in seine verdammte Hose. Als er sich umdrehte, sah er Eddie ungläubig in die Augen, als ob er gerade einen Wahrsager getroffen hätte und ihm sein Schicksal klar geworden war. Eddie quetschte die gesamte Tube über Carmichaels Lippen aus und presste sie zusammen. Zehn Sekunden vergingen, dann zwanzig und dreißig, bis er endlich losließ. Genau das macht man mit einem Schwätzer, dachte Eddie. Man verschließt ihm den Mund und lässt los.

Carmichael war in Panik. Eddie löste den Gürtel und befreite die Hände des Mannes, wobei er beobachtete, wie er sich im Schnee wälzte. Er drehte und wand sich vor Eddies Füßen, zog an seinem Mund und kämpfte, um ihn aufzureißen. Er starrte Eddie mit diesen großen Cartoon-Augen an, die er hatte. Sie sahen so geschwollen aus, als ob sie direkt aus seinem Kopf herausspringen oder sogar explodieren könnten. Aber seine Lippen blieben versiegelt. Als Carmichaels Gesicht blau wurde und er schließlich aufhörte, sich zu bewegen, musste Eddie unweigerlich an einen Ballon denken. Er klappte sein Taschenmesser auf, kniete sich nieder und machte sich ans Werk. Es war ein kleines Messer, aber es musste genügen.