NEUNUNDVIERZIG
Teddy schob den Arzt aus dem Zimmer, schlug die Tür zu und versperrte sie. Als er den Arzt mit den Fäusten von der anderen Seite klopfen hörte, ignorierte er es und wandte sich Barnett zu. Die Vorhänge am Fenster waren zugezogen und Barnett war immer noch im Dunkeln ans Bett gefesselt. Er sah verängstigt aus, konnte sich aber nicht bewegen – seine Beine wurden durch eine Reihe von Metallnägeln und Geräten zusammengehalten.
Teddy wusste, dass er direkt zu Nash hätte gehen und ihm von Holmes’ Geständnis erzählen sollen. Aber Barnett war immer so etwas wie ein Vater für ihn gewesen, seit Teddy der Firma beigetreten war. Ein Mentor. Barnett hatte ein spezielles Interesse an seiner Karriere, führte ihn in den Anwaltsberuf ein. Teddy hatte diesem Mann vertraut und bewunderte ihn, machte aber den Fehler, ihm nachzueifern. Jetzt stand er vor dem Nichts.
Das Klopfen hörte auf, es folgten aber Schreie vom Gang. Teddy ging zum Fenster, riss die Vorhänge zurück und ließ das Licht in das Zimmer fluten.
»Was haben Sie vor?«, fragte Barnett zitternd. Teddy sah auf die Infusion im Arm des Mannes. Er hatte Lust, sie herauszuziehen, zu sehen, wie Barnett sich auf seinem Weg ins Leere, wo er hingehörte, wand. Er warf einen Blick auf den Stuhl, setze sich aber nicht hin. Einen Augenblick lang dachte er an sein College-Darlehen, aber nur lange genug, um seine Schulden zusammenzuzählen. Hundertneunzigtausend Dollar. Teddy kümmerte das nicht mehr.
»Ich habe einen Deal gemacht«, brachte Barnett hervor. »Die Todesstrafe ist vom Tisch. Holmes wird die Fürsorge erhalten, die er braucht. Er wird leben, um Himmels willen.«
»Hören Sie auf vorzugeben, dass es hier um die Hilfe für Holmes geht«, sagte Teddy. »Hier geht es um Sie. Es ging immer um Sie.«
»Wovon reden Sie?«
»Von Ihrem kleinen Geheimnis«, sagte Teddy. »Ihrem Schwager. In dem Moment, als die Story in den Zeitungen stand, sind Sie eingeknickt. Es ist Ihnen egal, ob er unschuldig ist oder nicht. Sie denken nur an sich.«
»Seien Sie still.«
»Haben Sie Angst, dass man mich hört? Man weiß es bereits. Jeder weiß es. Der Veggie-Metzger und Jim Barnett sind Brüder.«
Barnett schauderte. »Was zum Teufel glauben Sie, mit wem Sie sprechen?«
»Ich bin gekommen, um Ihnen dieselbe Frage zu stellen. Wer zum Teufel glauben Sie, sind Sie?«
»Mein Name ist Jim Barnett«, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Und ich habe einen Ruf zu wahren.«
»Das stimmt natürlich. Deshalb haben Sie Holmes von Anfang an verkauft. Er war Ihnen peinlich. Sie haben den Deal gemacht und gedacht, Sie könnten das Geheimnis bewahren. Holmes hatte nie eine Chance. Nicht mit einem Bruder wie Ihnen.«
»Hören Sie auf, ihn als meinen Bruder zu bezeichnen«, schrie Barnett. »Er war immer schon seltsam. Er ist ein Spinner. Er ist ein Freak.«
Teddy sah Barnett lange an und entschied, dass er im Moment auf das, was gerade gesagt wurde, nicht näher eingehen würde. »Wie haben Sie Andrews überzeugt, auf den Deal einzugehen?«, fragte er.
»Es war leicht. Sie haben gestern die Röntgenaufnahmen gemacht. Als mir Andrews sagte, was sie unter den Gemälden gefunden hatten, erzählte ich ihm von dem Profil, das Sie und Nash zusammengestellt hatten. Er schien darüber schockiert zu sein und wollte es sehen. Er sagte, er glaube, dass er ein Geständnis bräuchte. Wir arbeiteten den Deal in fünf Minuten aus. Holmes gestand in weniger als zwei.«
»Danke, dass Sie mir das gesagt haben.«
Barnett sah weg und schien zu schrumpfen. »Das war Andrews’ Idee«, sagte er nach einer Weile. »Ich musste wissen, ob das, was er mir über die Bilder sagte, stimmte.«
Teddy verzog das Gesicht und vergrub das Ausmaß des Verrats so tief es nur ging. »Jetzt sind Sie also gerettet«, sagte er. »Sie können eine weitere Schatzsuche veranstalten und sich an Ihrem Bild auf den Klatschseiten weiden. Wenn ich Sie wäre, würde ich jemanden anheuern, der weiß, wie man mit der Presse umgeht. Man muss Sie in ein Opfer verwandeln. Die ganze Story von Ihrem Gesichtspunkt aus erzählen. Sie können die Interviews von hier aus geben. Ein Bild von Jim Barnett in seinem Krankenhausbett sollte lange vorhalten. Holmes verletzt jeden. Sogar Sie.«
»Larry Stokes hat bereits jemanden im Sinn«, sagte Barnett. »Sie sollten besser wissen als ich, warum ich alles getan habe, was ich konnte, um die Story zu verhindern. Schauen Sie, was mit Ihnen passiert ist, nachdem Ihr Vater verhaftet wurde.«
Das saß. Teddy stand reglos da.
»Es stimmt«, sagte Barnett. »Ich weiß alles über Ihren verdammten Vater. Deshalb habe ich Sie gebeten, mir mit Holmes zu helfen. Sie sind ein Verlierer, Teddy. Sie kapieren es nicht. Wachen Sie endlich auf! Die Verhaftung Ihres Vaters wegen Mordes hat Sie ruiniert und auch den Ruf Ihrer Familie. Egal, was die Wahrheit war, ist oder sein wird: Sie werden immer Teddy Mack sein, der Sohn des Architekten auf der Main Line, der seinen Geschäftspartner umgebracht hat. Ich bat um Ihre Hilfe – nicht weil ich dachte, dass Sie dem Fall etwas bringen würden. Wie hätten Sie das in Ihrem Alter auch können? Ich bat um Ihre Hilfe, weil ich dachte, Sie würden spuren, genau wie jedes andere Arschloch, das vor der Wahrheit davonläuft. Aber das haben Sie nicht getan. Sie konnten nicht. Alles, was Sie getan haben, machte die Dinge schlimmer. Verschwinden Sie jetzt und spuren Sie.«
Die Tür sprang auf. Teddy stürzte auf das Bett zu, als zwei Sicherheitsleute ihn von hinten packten und zu Boden rangen.