FÜNFUNDVIERZIG

Sie saßen an seinem Tisch, sahen durch das Fenster auf das Fitnessstudio, fügten alles zusammen und sprachen über ihn: Zwei plus zwei sind vier. Eddie folgte Rosemary durch die Tür.

Er fühlte den Schauer einer kalten Hand, die ihn am Genick packt. Es war die sprichwörtliche kalte Hand, diejenige, die er spürte, wenn er wusste, dass er in tiefen Schwierigkeiten steckte.

Er fing an zu zittern. Er blickte die Straße hoch auf das Fitnessstudio, dann wandte er sich der Schaufensterfront direkt vor ihm zu und gab vor, einen Schaufensterbummel zu machen. Er griff in seine Tasche, zog ein Milky Way heraus und riss die Verpackung auf. Als er den Riegel in den Mund steckte, las er die Worte Fun Size, Spaß-Größe, die vorne und hinten auf die Verpackung gedruckt waren. Das löste gewöhnlich ein Lächeln aus, aber nicht heute Abend.

Eddie zog den Schal über seinen Mund, trat näher an das Fenster und spähte aus dem Augenwinkel auf die beiden im Café. Er konnte sehen, wie sie Kaffee tranken und es wieder mit dem Manager durchgingen – der Typ, der ihn immer komisch angeschaut hatte, als er seinen üblichen Milchkaffee bestellte, der Typ, der gerne mit Rosemary flirtete. Eddie hatte die Frau mit den blonden Haaren in der Zeitung gesehen. Sie war eine Staatsanwältin, die am Darlene-Lewis-Mordfall arbeitete. Er kannte den Mann nicht, der ihr gegenübersaß, aber er schien jung und voller Eifer zu sein und zu ernst. Eddie hatte noch nie Leute gemocht, die eifrig waren. Mrs Yap war eifrig und man sieht ja, wo es sie hingebracht hat.

Zwei junge Frauen und ein Mann gingen auf dem Gehsteig an ihm vorbei. Sie trugen teure Kleidung, gingen Arm in Arm und kicherten über ihn. Offensichtlich waren sie nach der Arbeit etwas trinken gegangen und angeheitert. Eddie knurrte hinter ihnen her, als sie um die Ecke verschwanden und wandte sich dann wieder dem Café zu.

Der Manager sagte etwas und der andere Typ notierte es. Sie standen auf, gingen zur Tür und der Manager winkte ihnen nach. Als sich die Tür öffnete, hörte Eddie den Manager sagen: »Wenn mir noch etwas dazu einfällt, werde ich Ihnen Bescheid geben. Wenn er wieder herkommt, werde ich die Polizei rufen.«

Der Mann ging mit der Blonden die Straße hoch. Sie gingen und hatten etwas. Seine Augen wanderten wieder zum Café. Der Manager war hinter der Theke und flirtete mit einer weiblichen Angestellten, während er den Tresen mit einem Handtuch abwischte. Eddie entschied den beiden zu folgen, bis er sich überlegt hatte, was er tun sollte. Er blieb ihnen auf den Fersen und beschleunigte seine Schritte, bis er direkt hinter ihnen war.

Er mochte das Haar und das Gesicht der Frau. Als er ihre Figur unter ihrem Mantel beäugte, wurde ihm klar, dass er die auch mochte. Aber der Mann war eine andere Geschichte. Er hatte ein Handy am Ohr, ignorierte die Frau und quasselte auf einer öffentlichen Straße in sein Telefon.

Sie hielten an der Ecke an und warteten, bis der Verkehr vorbeigefahren war. Eddie war bei ihnen, Teil der Menge, und gab sich gleichgültig. Nahe genug, um den starken Duft ihrer Haut zu riechen. Der Mann klappte sein Telefon zu und steckte es in seine Tasche, blickte zum Café zurück und dann direkt auf Eddie. Ihre Augen trafen sich.

Eddie sah weg und rückte den Schal über seinem Mund zurecht. Als der Verkehr vorbei war, drehte sich der Mann wieder zur Blonden zurück und beide überquerten die Straße.

Treffer drei, dachte Eddie, blieb wie ein Schatten an ihnen dran und stellte sich vor, er wäre ein Geist. »Es war Jill«, hörte er den Mann zur Frau sagen. »Andrews rief an und sagte, er wolle gleich morgen früh ein Meeting. Es klingt, als ob etwas in der Luft liegen würde.« Die Frau zuckte die Achseln, als ob sie nichts darüber wüsste. Aber Eddie wusste, wer Andrews war. Der Staatsanwalt wurde öfter in den Zeitungen erwähnt als sie.

Er behielt die beiden im Auge, während er ihnen mit einem Meter Abstand folgte. Da war etwas an dem Typen, das ihn misstrauisch machte. Etwas an ihm, das er nicht mochte. Eine gewisse Dunkelheit in seinen Augen. Ein starkes Kinn und hochstehende Wangenknochen. Es war das Aussehen von jemandem, der einen Schicksalsschlag im Leben hinnehmen musste und bereit für den nächsten war. Das Aussehen von jemandem, der auch ihn verraten und mit ihm schimpfen könnte oder ihm sagen, dass er nichts tauge. Eddie konnte seine Augen nicht von ihm abwenden. Je länger er den Mann betrachtete, desto mehr fürchtete er sich, desto mehr hasste er ihn.

Sie gingen die Siebzehnte Straße hinunter. Dann, ohne Vorwarnung, schwang der Mann eine Tür auf und folgte der Blonden ins Erdgeschoss von One Liberty Place. Die ersten beiden Stockwerke des Gebäudes waren so etwas wie ein nobles Einkaufszentrum. Eddie folgte ihnen hinein, ging langsamer und dachte, sie könnten etwas zu essen holen. Als er sah, dass sie durch die Türen in die Eingangshalle des Gebäudes und zu den Aufzügen gingen, wurde ihm klar, dass er falsch lag. Der Mann arbeitete nicht für den Staatsanwalt. Er war kein Bulle und auch kein Kunstkritiker mit einem Auge in der Mitte seiner Stirn.

Eddie beobachtete sie durch das Glas und drehte sich weg, als sie den Aufzug betraten. Er hörte, wie sich die Türen schlossen und ging in die Eingangshalle. Der Aufzug fuhr in die Türme hoch. Er konnte die Nummern über den Türen eine nach der anderen aufleuchten sehen. Als der Aufzug im siebzehnten Stockwerk hielt, ging er durch die Eingangshalle und prüfte das Gebäudeverzeichnis. Das sechzehnte und siebzehnte Stockwerk waren von Barnett & Stokes belegt. Er kannte die Rechtsanwaltsfirma. Er hatte auch über sie in den Zeitungen gelesen. Der Mann, den er gerade gesehen hatte, war ein Verteidiger, der diesen dummen Briefträger, Oscar Holmes, vertrat. Warum verstand er sich denn so gut mit dieser Staatsanwältin?

Eddie wusste nicht, was er tun sollte. Der Manager des Cafés hatte ihn offensichtlich erkannt und etwas gesagt. Er konnte spüren, wie ihm das Leben entglitt. Ruhm und Reichtum waren dahin.

Er hörte, wie ihm jemand etwas zurief und sah hoch. Es war ein Wachmann, der ihn von der Rezeption her anstarrte.

»Kann ich dir helfen, Kumpel?«, fragte der Mann.

Aus der Tonlage des Wachmanns konnte Eddie erkennen, dass der Mann ihm nicht wirklich helfen wollte. Eddie bemerkte die Kameras. Der Moment wurde aufgezeichnet. »Ich habe nach einer Firma gesucht«, sagte er. »Es sieht so aus, als ob sie weggezogen wären.«

»Dann solltest du das auch.«

Der Wachmann hob die Hand hoch und zeigte auf die Tür. Eddie nahm den Hinweis und verließ das Gebäude. Als er die Straße hochging, grub er seine Finger in die Taschen und suchte nach einem weiteren Milky Way oder nach ein paar Schokochips. Es gab keine mehr. Als er sein Taschenmesser fühlte, legte er seine Hand darum und merkte, dass er wieder in Richtung Café zurückging. Er lächelte unter seinem Schal, als er an den Manager dachte, wie er mit seinen weiblichen Angestellten flirtete, auch mit Rosemary. Es war ein boshaftes Lächeln. Das versteckte Lächeln des nächsten Genies der Welt. Eddie wusste endlich, was er zu tun hatte.