Kapitel 17
„Arbeitet Silvan heute nicht?“
„Nein, tut mir leid Madame, heute ist sein freier Tag.“
„Mist. Gäbe es eine Möglichkeit, ihn bei sich zu Hause zu erreichen?“ Unschuldig blinzelte sie den Mann hinter dem Tresen an. Wie vermutet, schien dieser tatsächlich darauf anzuspringen. „Ich weiss nicht, was ihr Frauen alle an Silvan findet, er ist doch ein Würstchen.“
„Eher eine Bockwurst, wenn Sie wissen, was ich meine.“ Aufreizend zwinkerte Beth dem Mann zu.
Jener schaute zwar ungläubig zurück, zögerte jedoch nur noch kurz, bevor er dann eine Visitenkarte hervorzog. „Seien Sie gewarnt, er hat diese Dinger bestimmt nicht nur für Sie drucken lassen. Sie wissen auch, was ich meine?“
„Ich werde es mir merken. Vielen Dank.“ Mit den Fingerspitzen zupfte sie dem Mann spielerisch die Karte aus der Hand. Dann verliess sie keck ihren Hintern hin und her schwingend das Lokal und steuerte in Richtung der auf der Visitenkarte stehenden Strasse. Es dauerte etwa eine Viertelstunde, bis sie vor einem etwas zerfallenen, offenbar wenig gepflegten Mehrfamilienhaus stand. „Hier wohnst du also. Dass ich doch einmal zu dir nach Hause gehen würde, hätte ich mir auch nie träumen lassen.“ Kopfschüttelnd las sie, was auf den Messingschilden seitlich der Türglocken stand. Sie entdeckte seinen Namen und drückte auf die Klingel. „Und wehe du bist nicht zu Hause.“ Kaum hatte sie es ausgesprochen, öffnete sich mit einem Summen auch schon die Tür und sie trat ein. „Das fängt doch gut an.“
Die Entscheidung, nicht den Lift zu nehmen bereute sie nach der vierten Etage. In der fünften angekommen begegnete sie einem erstaunten Gesicht in knallengen Unterhosen. „Beth? Was machst du denn hier?“ Seine Verblüffung war nur von kurzer Dauer. „Ah, du konntest meinem überwältigenden Charme doch nicht widerstehen, richtig? Tja, da bist du nicht die Erste, Süsse.“
„Ja, das habe ich heute schon einmal gehört. Aber leider ist es nicht ganz so, wie du denkst. Zieh dir eine Hose an, wir machen einen Ausflug.“
„Dominante Frauen mag ich besonders.“ Mit einem anzüglichen Lächeln, das Beths Magensäure anregte, verschwand Silvan in der Wohnung und kam gleich darauf mit einer Hose zurück.
„Silvan, anziehen nicht nur mitnehmen.“
„Ja, ja, nur keine Eile.“ Bevor er die Tür hinter sich ins Schloss zog, rief er noch einmal in die Wohnung. „Süsse, ich bin bald wieder da, habe noch ein Freiluftpaket abzuliefern!“ Erst jetzt bemerkte Beth den rosa BH am Boden neben der Eingangstür. Angeekelt beeilte sie sich von diesem Haus und am liebsten auch von Silvan wegzukommen. Leider brauchte sie den aber noch. Irgendwie war er ihr lieber in seiner Kellneruniform, als in den zerrissenen Jeans und dem Etwas, das wohl einmal ein T-Shirt gewesen war.
„Du Beth, tut mir Leid, wie ich eben mit dir geredet habe, aber die Kleine in der Wohnung ist eben beeindruckt von so Zeug.“
„Schon in Ordnung, deine grossen Sprüche kenne ich schliesslich schon zur Genüge und ein einschlägiger Ruf folgt dir auf dem Fusse.“ Kaum zu glauben, er schien doch tatsächlich einige Zentimeter zu wachsen vor Stolz. „Silvan, du bis echt ein Unikat.“
„Hei danke!“ Er grinste bis über beide Ohren. „Warum laufen wir eigentlich so schnell? Ach und, wo bringst du mich überhaupt hin?“
„Das wirst do noch früh genug bemerken. Komm schon, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“
Im Eiltempo erreichten sie bald die Tür der Polizeistation. Als wäre er gegen eine Wand gelaufen, blieb Silvan stehen, als Beth hineingehen wollte. „Das ist jetzt nicht dein Ernst. Warum bringst du mich hierher? Ich gehe da nicht rein!“
„Silvan, müsste ich etwas im Zusammenhang mit der Beziehung zwischen dir und der Polizei wissen oder ist das einfach eine Prinzipsache?“
„Nun ja, sagen wir, wir sind nicht unbedingt Freunde.“
„Musst du zurzeit etwas befürchten, wenn du da rein gehst?“
„Ich glaube nicht, nein.“
„Gut, dann kommst du jetzt gefälligst mit. Ich brauche deine Hilfe und ich habe keine Nerven für die Ängste eines Kleinkriminellen.“
„Angst? Wer sagt denn so was? Ich mag die Typen einfach nicht, das ist alles. Und ein Kleinkrimineller bin ich auch nicht, oder zumindest nur ein kleines bisschen.“
„Ein kleines bisschen kleinkriminell? Verstehe.“ Beth schaute Silvan schief an. „Wenn das so ist, hast du nichts zu befürchten. Es geht hier um mich und nicht um dich, also los.“ Sie schubste ihn mit dem Zeigefinger leicht an, um ihn zu einer Vorwärtsbewegung zu animieren. Doch Silvan blieb wie ein sturer Esel unbeirrt stehen. Aber immerhin schien seine Neugierde geweckt. „Um dich? Was hast du ausgefressen?“
„Silvan!“ Beths Geduldsfaden hielt das nicht mehr lange durch. „Jetzt komm, du erfährst es doch noch früh genug, wenn wir jetzt da reingehen!“
Dieses Argument wirkte. Unerwartet setzte sich Silvan in Bewegung. Er war sogar noch vor Beth im Gebäude.
Im Eingangsbereich blieb Silvan erneut wie gelähmt stehen, so dass Beth einem Zusammenstoss nur um Haaresbreite entging.
„Mensch, kannst du das nächste Mal wenigstens ankündigen, wenn du einfach so stehen bleibst?“ Beths Stimmung wurde zunehmends gereizter. Ihren Plan befand sie nach wie vor als akzeptabel, aber die gewünschte zügige Ausführung wies Mangelerscheinungen mit Namen Silvan auf, die spürbar an den Nerven zerrten.
„Entschuldige, aber wenn ich nur schon Polizei rieche, baut mein Körper diesen praktisch unüberwindbaren Abwehrmechanismus auf.“
„Tatsächlich? Wenn das so ist, stellt sich lediglich eine Frage: Hältst du dir selbst die Nase zu oder soll ich das für dich übernehmen? Überleg dir die Antwort gut, denn ich könnte mir vorstellen, dass du sanfter mit deiner Nase umgehst als ich.“
„Himmel, du schreckst vor nichts zurück, nicht wahr? Selbst in einem Polizeirevier drohst du mir noch?“
„Silvan, ich drohe dir nicht, ich warne dich lediglich vor meinem notorischen Defizit.“ Beth unterstrich ihre Aussage mit einem aufmunternden Lächeln.
„Du hast gewonnen. Aber glaube nicht, dass ich dir noch einmal einen Kaffee spendiere!“
„Nein, Silvan, wenn du mir diesen Gefallen getan hast, ist es das Mindeste, wenn ich dir einen ausgebe, um meiner Dankbarkeit wenigstens ein bisschen Ausdruck zu verleihen.“
„Oh, das klingt, als wäre noch mehr drin!“ Freudestrahlend stellte sich Silvan direkt vor Beth hin.
Beth zog die Augenbrauen hoch. Ihre Antwort fiel kurz, aber deutlich aus. „Vergiss es.“
„Vorerst tu ich das, aber du bist mir etwas schuldig, wenn ich dir jetzt helfe?“ Silvan streckte Beth seine Hand entgegen. Doch noch bevor sie einschlagen konnte, schlenderte Jérémie durch die Eingangstür. Erstaunen breitete sich auf seinem Gesicht aus. In Silvans Richtung nickend, wandte er seine Worte an Beth. „Du bist dieser kleinen Spinne also auch schon ins Netz gegangen?“
„Die umgekehrte Variante ist mit lieber. Ich habe ihn geködert und er hat sich darauf eingelassen.“
Kritisch beäugte Jérémie Silvan. „Einen etwas besseren Geschmack hätte ich dir schon zugetraut.“
„Hallo? Falls ihr beide es noch nicht bemerkt haben solltet, ich bin anwesend und finde es deshalb unhöflich, so über mich herzuziehen, obwohl ich mich zugegeben geschmeichelt fühle, Mittelpunkt eurer Zankereien zu sein.“ Silvan wartete, bis Beth und Jérémie verstummt waren. „Geht doch. Können wir jetzt zur Sache kommen? Ich werde allmählich wirklich nervös, wenn ich noch länger auf die Folter gespannt werde. Übrigens, Inspecteur Russeau, freut mich auch, Sie wiederzusehen.“ Mit einem herausfordernden Augenzwinkern wartete Silvan Jérémies Antwort ab.
Dieser brachte aber lediglich ein verächtliches Schnauben zum Zeichen, dass er Silvans Andeutung über die vergessenen Höflichkeitsfloskeln verstanden hatte, hervor. Das eigentliche Thema wieder aufgreifend, wandte sich Jérémie erneut an Beth. „Also, was will dieser Clown hier?“
„Er weiss, wie Henry aussieht.“
Diese Aussage genügte. Man konnte förmlich sehen, wie Jérémies Gesichtausdruck sich erhellte. „Warum hast du das denn nicht gleich gesagt?“
Diesmal war es an Beth zu schnauben. „Weil ich sofort nach deinem Auftauchen die Gelegenheit dazu erhalten habe?“
Jérémie ignorierte die zu kippen drohende Stimmung und drängte vorwärts in die Richtung seines Büros. „Ich habe jemanden zum Lokal geschickt, in dem deine Tante Henry kennengelernt hatte, in der Hoffnung, dass irgendjemand Henry kennt, etwas beobachtet hat oder wenigstens einen Anhaltspunkt liefern kann. Ohne Beschreibung ist es beinahe unmöglich, etwas Nützliches herauszufinden. Wenn Silvan allerdings fähig ist, Henry einem unserer Zeichner zu beschreiben, kämen wir einen grossen Schritt vorwärts.“
Im Büro angekommen deutete Jérémie auf die Stühle vor seinem Schreibtisch, damit Silvan und Beth sich setzten. Er selbst nahm hinter seinem Schreibtisch in seinem grosse weichen Sessel Platz. Kaum hatte er den Stuhl unter die Tischplatte gerollt, nahm er den Telefonhörer in die Hand und wies den Herrn am anderen Ende der Leitung knapp an, sich mit Block und Stift ebenfalls im Büro einzufinden. Er legte den Hörer nicht auf die Gabel, sondern trennte die Leitung mit seinem Finger, nur um gleich noch eine Nummer zu wählen. Diesmal beauftragte er jemanden bei Louis Kaffee zu holen. Derweil klopfte der Zeichner kurz an und trat gleich darauf ein.
„Silvan, jetzt bist du an der Reihe. Ausnahmsweise kannst du dich nützlich machen.“
„Inspecteur Russeau, Ihre Manieren lassen wirklich zu wünschen übrig. Sind Sie zu allen Zeugen so unfreundlich?“ Gab Silvan mit gespielter Empörung zurück. „Wenn das so weitergeht, weiss ich nicht, ob ich mich noch an das Gesicht von Henry erinnern kann. Jetzt einmal abgesehen davon, dass ich überhaupt nicht weiss, was das alles soll. Darf ich also noch um ein wenig genauere Informationen bitten?“
„Beth? Jetzt sag mir bitte nicht, dieses überaus wertvolle Geschöpf von Mutter Erde hat keinen Schimmer, was Sache ist?“
Beth richtete sich auf ihrem Stuhl auf. „Und wenn es so wäre?“
Eigentlich wollte sie schnippisch klingen, das misslang aber gründlich, denn sie kam von selbst zum Schluss, dass es an ihr war, Silvan aufzuklären, schliesslich hatte sie ihn auch zur Polizei geschleppt.
Jérémie kommentierte die Frage lediglich mit dem Heraufziehen der rechten Augenbraue.
„Schon gut.“ Setzte Beth zu einer Erklärung an. „Wir benehmen uns schlimmer als die Kinder dort draussen auf der Strasse. Also Silvan, meine Tante Dina sagt dir bestimmt noch etwas oder?“
Silvan nickte. „Natürlich. Freundlich, zuvorkommend, fröhlich, hübsch. So jemanden vergesse ich nicht.“
„Geht mir genauso. Silvan, es ist aber etwas Schreckliches passiert. Vorgestern wurde ich in aller Frühe geweckt. Jérémie, der dir ja bestens bekannt zu sein scheint, erstattete mir Bericht über einen traurigen Fund. Man liess mich hierher bringen und ich musste mir den Fund ansehen. Silvan, du musst jetzt tapfer sein.“ Beth machte eine kurze Pause. „Dina ist tot.“
Verständnislos schaute Silvan in die Runde, er sagte aber nichts, weshalb Beth ihren Bericht fortsetzte, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. „Heute Morgen hat man mir mitgeteilt, dass sie an einer Überdosis Medikamente gestorben ist. Ich habe heute mit meiner Familie telefoniert. Das Ergebnis war eindeutig. Keiner wusste, dass Dina überhaupt Medikamente nahm. Seit ihrer Ankunft hat Dina meines Wissens am meisten Zeit mit Henry, an ihrem Arbeitsplatz und bei dir im Kaffee verbracht. Aus diesem Grund ist es jetzt wichtig, dass du mir sagst, was du weißt. Hat sie dir etwas erzählt? Kam sie dir seltsam vor in letzter Zeit? War sie rastlos, aufgedreht oder wirkte sie vielleicht irgendwie ängstlich? Ist dir einmal aufgefallen, dass sie an einem Behältnis herumhantiert hat, die typische Bewegung gemacht hat, die man nun einmal macht, wenn man eine Tablette einnimmt? Hast du irgendetwas beobachtet, sei es auch noch so unwichtig?“
Jérémie war beeindruckt. Gespannt liess er Beth freie Hand und wartete die augenscheinlich angestrengt gesuchte Antwort ab.
„Beth?“
„Ja?“
„Das tut mir unendlich Leid. Deine Tante war eine tolle Frau und ich habe sie sehr gern gehabt.“
Die ehrliche Anteilnahme, die in Silvans Stimme mitschwang, warf Beth ein wenig aus der Bahn. „Danke Silvan. Das ist sehr lieb von dir.“ Sie gewann die zu zerbröckeln drohende Fassung jedoch schnell zurück und hakte vorsichtig nach. „Was fällt dir zu meinen Fragen ein?“
„Nichts. Es ist nichts Besonderes vorgefallen, sie war einfach wie immer!“
„Ich lasse das vorerst so stehen. Wenn dir noch irgendetwas einfällt, sag es bitte mir oder Jérémie.“
„Natürlich.“ Nach und nach konnte Silvan das angestrengt präsentierte Al Bundy-Image nicht mehr aufrechterhalten. Im Gegenteil, unter dieser Schicht liess sich eine angenehme, besonnene, liebenswerte Persönlichkeit erahnen. Den Gefallen, den Beth an dieser Wandlung fand, liess sie Silvan aber nicht spüren. „Gut. Jetzt zu Henry. Silvan, du hast damals, als ich und meine Tante zum ersten Mal bei dir im Restaurant waren, nach Henry gefragt. Meine Tante hat mir dann erklärt, dass sie Henry ebenfalls einmal in das Restaurant, in dem du arbeitest, ausgeführt hat. Hast du ihn damals gesehen? Wenn ja, könntest du ihn noch beschreiben?“
Erst jetzt dämmerte Silvan, worauf Beth hinauswollte und warum er in dieser verhassten Polizeistation sass. „Ja, natürlich kann ich das.“
Beth fiel ein Stein vom Herzen und auch Jérémie schien sich zu entspannen. Um sicherzugehen, dass Silvan Henry nicht nur beschreiben konnte, sondern auch jetzt und hier dem Zeichner erklären wollte, wie Henry aussah, setzte Jérémie zum Sprechen an. Doch die Worte blieben ihm im Hals stecken, als er bemerkte, dass Silvan sich bereits neben den sich bisher schweigend im Hintergrund haltenden Zeichner gesetzt hatte und wild gestikulierend am Erklären war. Beth hatte sich hinter die beiden gestellt und schaute ihnen interessiert über die Schultern. „Wenn dieser Kerl nur immer so kooperativ wäre“, murmelte Jérémie. Das leise Klopfen an der Tür, das den Kaffee ankündigte, hätte er in seiner Überraschung beinahe überhört. Er öffnete, nahm den Kaffee entgegen, der ihm hingestreckt wurde, drückte jedem einen in die Hand und stellte sich neben Beth, um zuzusehen, wie langsam Henrys Gesicht auf dem Papier sichtbar wurde.
„Hallo Henry, schön dich kennenzulernen.“ Beth legte den Kopf schief und betrachtete das Portrait, das der Zeichner nach einer kurzweiligen Stunde unter den strengen Augen Silvans fertig gestellt hatte. „Wie geht es nun weiter?“, wollte Beth von Jérémie wissen.
„Da ich davon ausgehe, dass Henry auch morgen früh wieder im Kaffee auftauchen wird, werde ich Paul mit diesem Bild vor dem Lokal postieren. Wenn er Henry gefunden hat, wird er seine vollständigen Personalien aufnehmen und ihn zu einer Befragung hierher einladen.“
„Leute, kann ich jetzt eigentlich gehen? Naja, da wartet doch noch so ein Mädchen bei mir, ihr wisst schon…“ Verlegen brach Silvan ab.
„Ja, ich denke, wir haben alles. Oder? Beth?“
Beth musste nicht überlegen. Das, was sie von Silvan wollte, lag vor ihrer Nase und würde hoffentlich ein wenig Aufschluss über diese seltsame Todesursache ihrer Tante liefern. „Ich habe nichts dagegen. Danke Silvan und geniess den Abend, du hast es dir verdient.“ Augenzwinkernd wies sie ihm mit einem Kopfnicken die Tür. Diese Chance ergriff Silvan dankbar und verschwand so schnell, als würde er Handschellen hinter sich schnappen hören.
„Nun“, Jérémie hatte Silvan noch kurz nachgeschaut, bevor er seine Aufmerksamkeit auf Beth lenkte, „was weißt du mir noch zu berichten?“
Im ersten Moment wusste Beth nicht worauf Jérémie hinaus wollte. Er schien das zu merken und setzte nach. „Das Gespräch mit deinen Eltern, was hast du erfahren?“
„Ach so! Ja, also eigentlich nur das, was ich bei dem Gespräch mit Silvan vorhin schon beiläufig erwähnt habe. Meine Eltern sind ebenfalls der Meinung, dass Dina keinerlei Medikamente eingenommen hat. Zumindest nicht, solange sie in England war. Was dann in Nizza geschah, wissen sie natürlich nicht.“ Beth stützte sich auf der Tischkante ab und lehnte sich vertrauensvoll zu Jérémie vor. „Dass ich das nicht verstehen kann, ist nichts Neues. Aber Dina war eher der Typ Mensch, der, egal wie krank er war, lieber noch eine Portion verzauberter Krähenfüsse ass, bevor Chemie zum Einsatz kam. Warum sie sich auf einmal mit Tabletten vollpumpen sollte, will mir nicht in den Kopf. Das wäre nicht nur eine Veränderung des Charakters, sondern ein vollständig neuer Mensch.“
Jérémie lauschte ihr aufmerksam und er stellte fest, dass er Beth wirklich zu glauben begann, egal was das für die Grundlage des Falls bedeutete.