58
Die Schwerter starteten aus der vorderen Jäger-Bucht der Mon Mothma und sahen durch eine Lücke in der Yuuzhan-Vong-Flotte die daumengroße, funkelnde Scheibe von Coruscant. Die Aura der Billionen Lichter des Planeten erinnerte sie daran, wofür sie kämpften. Ben war dort unten bei einem dieser Lichter, schlief sanft in der Wohnung seiner Tante und träumte von der Rückkehr seiner Mutter. Das jedenfalls spürte Mara durch die Macht. Allerdings wusste sie nicht, wann sich sein Traum erfüllen würde. Obwohl ständig Verstärkung für die Neue Republik eintraf − sogar Admiral Ackbar war Gerüchten zufolge mit seiner Mon-Calamari-Flotte unterwegs −, setzten die Yuuzhan Vong ihren Vormarsch fort. Ihre Route ins Innere des Systems konnte man anhand des Trümmerfeldes aus treibenden Wracks verfolgen, doch hatten sie noch immer ihre halbe Flotte zur Verfügung, und inzwischen waren sie auf Sichtweite an Coruscant herangekommen.
Mara beabsichtigte, sie nicht näher an ihr Kind heranzulassen.
Blaue Energie erhellte den Raum über ihr, als die Turbolaser der Mon Mothma erneut das Feuer eröffneten. Einen Augenblick später verschwand eine Yuuzhan-Vong-Fregatte vom taktischen Display, und Cockpit-Sensoren gaben Alarm, als ein Schwarm Skips auf sie zuhielt.
Wedge Antilles meldete sich über Kom. »Alle Geschwader halten sich bereit für Nahkampf-Verteidigung. Diesmal werden wir uns um sie kümmern.«
Mara spürte die warme Berührung ihres Mannes durch die Macht. »Ihm wird schon nichts passieren«, sagte er. »Wir lassen das nicht zu.«
Blaue Augen öffneten sich weit, als das Sicherheitsband immer schmaler wurde, und die junge Kom-Offizierin der Bau Organa fragte: »Soll ich die Planetenverteidigung bitten, einen Minensektor für uns zu deaktivieren, General?«
Garm Bei Iblis zwirbelte seinen Schnurrbart, ignorierte das taktische Display auf dem Wandschirm der Brücke und starrte durch das Sichtfenster hinaus auf den Plasmasturm, der an den vorderen Schilden des Sternzerstörers aufblühte. Zwischen den Blitzen sah man einen Schwarm blockförmiger Silhouetten, die sich hinter dem Angriff näherten und rasch zu Formen von Starlinern oder Transportern der Neuen Republik anschwollen. Instinktiv wusste er, der Flüchtlingsschild würde ihn in weniger als einer Minute erreicht haben − und die Planetenverteidigung würde zwei Minen-Sektoren deaktivieren müssen, nicht einen, wenn Flottengruppe Zwei den geordneten Rückzug antreten wollte.
»General?«, fragte die junge Frau. »Ich habe einen offenen Kanal zur Planetenverteidigung.«
»Sehr gut, Anga.« Garms Blick schweifte kurz zum taktischen Display, und er stellte fest, dass seine Streitmacht zusammen mit den Überläufern von Gruppe Eins sogar größer war als zu Beginn der Schlacht. »Sagen Sie der Planetenverteidigung, alle Sektoren der Planetenverteidigung bleiben aktiviert. Wir ziehen uns nicht zurück.«
Angas Gesicht wurde so bleich wie ihr Haar. »Entschuldigung, General?«
»Öffnen Sie einen Kanal zu allen Flottengruppen«, befahl Garm. »Ich muss ein paar Worte loswerden.«
Das Hauptquartier der Orbitalen Planetenverteidigung befand sich auf einem mit Repulsoren ausgestatteten Satelliten von der Größe einer schwimmenden Mon-Calamari-Stadt, und die Kontrollnabe in seinem Herzen hatte die Ausmaße eines Schock-Ball-Feldes. Obwohl dieses Nervenzentrum mit Waffenkommandogeräten und Verkehrskoordinatoren voll gestopft war, herrschte in dem Augenblick, in dem Lando mit seiner Eskorte durch die Luke hereinkam, eine Stille wie im tiefsten Raum. Lando sah, dass alle Blicke auf die Decke gerichtet waren, zu der riesigen Transparistahlkuppel, auf die unendlich viele rotierende Magmageschosse zuflogen und als Feuerbälle aufblühten. Manche Explosionen schienen sogar an den Schilden zu knabbern. Instinktiv wollte Lando Deckung suchen und zurück an Bord der Lady Luck krabbeln, so schnell ihn Hände und Füße trugen, doch es war eine Sache des Stolzes, niemals der Erste zu sein, der sich der Panik ergab. Anscheinend jedoch blieb die Station stabil, und aus einem Raum, der mit Elektronik voll gestellt war, hörte er nicht das geringste statische Rauschen.
Mit betont ruhiger Stimme fragte er: »Optische Decke?«
»Das ist richtig«, sagte seine liebreizende Begleiterin, die den Rang eines Maats bekleidete und selbst Tendra eifersüchtig gemacht hätte. »Manchmal hilft es, die Station auszurichten und mit eigenen Augen nachzuschauen, was los ist.«
»Aha«, sagte Lando.
Nachdem er die Szene kurz betrachtet hatte, sah er die blauen Kreise mehrerer tausend Ionentriebwerke, die in den Feuersturm vorpreschten. Garm Bei Iblis stürzte sich auf die Invasoren wie ein in die Ecke gedrängter Wampa, und Flottengruppe Zwei beschleunigte durch den Flüchtlingsschild, um sich auf den Feind dahinter zu stürzen. Zu Dutzenden verschwanden Korvetten und Fregatten der Neuen Republik; Kreuzer und Sternzerstörer spuckten Feuer und wichen einander aus.
Lando nahm sein Komlink vom Gürtel und öffnete einen Kanal zu Tendra. »Bist du schon mit den Waffenplattformen fertig?«
»Ich mache gerade die letzte Auslieferung«, antwortete sie. »Eine offene Schildsektion gibt es noch auf der anderen Seite des Planeten, also dachte ich, die Extras am besten am Imperialen Palast abzuladen.«
»Warte damit noch«, sagte Lando. »Ich glaube, sie werden die Lücke bald schließen. Ich komme dann zum Treffpunkt.«
»Wann?« Tendra klang besorgt.
»Bald«, antwortete Lando. »Sehr bald.«
Der hübsche Maat lehnte sich durch die Luke und rief die beiden YVH-Kriegsdroiden, die Lando abliefern wollte, dann ging sie voraus zur Kontrollnabe. Als sie sich durch das Labyrinth von Gängen und Kontrollpunkten zur Liftröhre vorgearbeitet hatten, war es Flottengruppe Zwei gelungen, den Flüchtlingsschild zu durchdringen, und nun erhellte Turbolaserfeuer die Dunkelheit dahinter. Die Geiselschiffe beschleunigten weiter auf den Planeten zu, ihre dunklen Silhouetten wurden von blauen Halos aus Ionenglühen umrahmt.
Die Unteroffizierin legte die Hand auf ein Sicherheitspad, um sich den Zugang genehmigen zu lassen, dann führte sie Lando und seine Droiden auf das Kommandodeck. Obwohl General Ba’tra bereits von Adjutanten und Kommandooffizieren umringt war − die alle gleichzeitig auf ihn einredeten −, winkte der Bothan die Neuankömmlinge sofort zu sich. Er verzog die Schnauze zu einem schwachen Fauchen, betrachtete die Kriegsdroiden von oben bis unten und grunzte beifällig.
Zufrieden damit, dass jemand die Qualität der Droiden zu schätzen wusste, lächelte Lando herzlich und reichte ihm die Hand. »General Ba’tra, hocherfreut, Sie kennen zu lernen…«
»Genug der Ansprache, Calrissian«, fauchte Ba’tra. »Wir stecken mitten in der Schlacht.«
Lando ließ die Hand zusammen mit seiner Zuversicht sinken, doch lächelte er weiterhin. »Ja, Sir, deshalb möchte ich diese Kriegsdroiden Ihrem Kommando schenken.«
»Schenken?«
»Kostenlos«, bestätigte Lando.
Ba’tra wirkte misstrauisch. »Und was möchten Sie als Gegenleistung?«
»Nichts, jetzt jedenfalls«, sagte Lando. »Es sind gute Droiden, und ich versuche gerade, den Markt davon zu überzeugen.«
»Den Markt überzeugen?« Der Bothan lächelte trocken, dann klopfte er gegen die Panzerung von YVH 1-302A. »Quantum?«
»Besser«, erklärte Lando und legte die gleiche Barschheit an den Tag wie der General. Den Ton des Kunden zu imitieren, gehörte zu den effektivsten Verkaufstechniken. »Laminanium. Von uns selbst entwickelt.«
»Aha.«
Er spürte die Anerkennung des Bothans und fuhr fort: »Ich habe noch zwanzig an Bord der Lady Luck, wenn Sie dafür Verwendung haben.«
»Die sind noch nicht vergeben?«
Lando schüttelte den Kopf. »Dies ist mein letzter Halt.«
Ein orangefarbenes Leuchten flackerte über der Beobachtungskuppel der Kontrollnabe, als zwei Raumminen ihre Triebwerke zündeten und sich auf ein Ralltiiri-Flüchtlingsschiff zubewegten. Die konvertierten Schilde des Frachters absorbierten die Explosion der ersten Mine, doch die zweite traf den Bug und rief eine Reihe von weiteren Detonationen hervor, bis das Schiff sich vollkommen aufgelöst hatte.
»Das beantwortet die Frage«, meinte Ba’tra, während er der Explosion zuschaute. »Da waren auf jeden Fall Vong-Wächter an Bord.«
Intensives orangefarbenes Licht erhellte die Kontrollnabe, als die nächsten Minen zündeten.
Die Assistenten des Generals zogen lange Gesichter, und eine weibliche Bith fragte: »Soll ich Sektor 2-2-3 deaktivieren lassen, General?«
Ehe er antwortete, konsultierte Ba’tra ein taktisches Display, das an der Wand des Kommandodecks hing. Wedges Flottengruppe Drei kam von hinten näher, doch selbst ein kurzer Blick genügte, um Garm klar zu machen, dass er allein den Yuuzhan Vong nicht standhalten konnte. Obwohl die Reste von Flottengruppe Zwei bereits eine ansehnliche Beule in die Angriffsflotte geschossen hatten, kamen die feindlichen Schiffe an allen Seiten vorbei und drängten die Flüchtlingsschiffe auf den Minengürtel zu.
Plötzlich erstarb das orangefarbene Licht in der Kontrollnabe und wurde nicht durch die Blitze explodierender Minen ersetzt. Ba’tra drehte sich um und sah ein Dutzend Flüchtlingsschiffe, die ungehindert den Minengürtel durchquerten.
Der Bothan fuhr zu der Bith herum, die die Deaktivierung des Sektors vorgeschlagen hatte. »Das habe ich nicht genehmigt!«
Aus dem Gesicht der Bith wich die letzte Farbe. »Ich auch nicht.«
Ba’tra holte sein Komlink aus der Tasche und ging zu der Transparistahlwand, von der aus man das Hauptdeck der Kontrollnabe überblicken konnte.
»Aktivierung von Sektor 2-2-3!«
Der Bothan starrte auf eine einsame Mon Calamari, die vierzig Meter entfernt mitten auf dem Deck saß. Sie faltete einfach nur die Hände im Schoß und schaute zur Decke. Die Minenkontrolleure um sie herum taten das Gleiche.
»Ich verstehe.« Ba’tra schaltete das Komlink ab und wandte sich an Lando. »Sind Ihre Droiden in der Lage, sich mit Verrätern zu befassen, wenn es sich bei ihnen um Infiltratoren handelt?«
Lando blickte zu den Kontrolleuren, schluckte und wusste nicht, ob er wirklich wahrheitsgemäß antworten wollte.
»Haben Sie ein Ahnung, wie schnell der Feind uns erreichen wird, wenn der Minengürtel deaktiviert ist?«, fragte Ba’tra. »Sie werden diese Station nicht verlassen, ehe ich meine Antwort bekommen habe.«
»Sie müssen die Ziele bezeichnen und einen Vorrangbefehl eingeben«, sagte Lando.
»Der da wäre?«
Lando antwortete nicht, da er in Gedanken eine Reihe von Berechnungen durchführte.
»Calrissian?«
»General, haben Sie eine Möglichkeit, Ihre Minen daran zu hindern, die Orbital-Verteidigungsplattformen anzugreifen?«
Ba’tra zog eine finstere Miene, sah jedoch zu einem Assistenten, einem Arcona.
»Wir könnten ihnen die Deaktivierungskodes geben«, schlug der Adjutant vor. »Dann können sie die Sprengköpfe abschalten und die Minen von den Schilden abprallen lassen.«
»Gut«, sagte Lando. »Dann würde ich vorschlagen, alle Sektoren zu deaktivieren.«
»Wie bitte?«
»Lassen Sie sie durch«, stellte Lando klar. »Die Flüchtlinge, die Yuuzhan Vong, einfach jeden.«
Ba’tra kniff die Augen nachdenklich zusammen, und Lando sah, dass der General bereits seinen Gedankengang erfasst hatte. Dieser eine Bothan immerhin hatte seinen Posten verdient.
Einen Moment später fragte Ba’tra: »Wissen Sie, was passiert, wenn diese Schiffe auf den planetaren Schild prallen?«
Lando zuckte mit den Schultern. »Ihre Minen könnten vielleicht die ersten hundert Schiffe aufhalten…«
»Nicht einmal so viele«, sagte die Bith.
»Also sollten Sie Ihr Material so effektiv wie möglich einsetzen.«
Ba’tra blickte auf den Strom von Geiselschiffen, die durch den deaktivierten Sektor auf die Oberfläche von Coruscant zutrieben. Die ersten Transporter verschwanden bereits am Rand der Beobachtungskuppel, und lange Ionenschweife folgten ihnen, während sie in Richtung Planetenschild beschleunigten.
»Sie wissen, dass wir dadurch die Geiseln nicht retten?«, fragte Ba’tra.
»Aber zumindest werden sie nicht durch die Neue Republik umgebracht«, wandte Lando ein. »Und möglicherweise rettet es Coruscant.«
Ein heller, goldener Lichtschein flammte auf, als das erste Schiff am Schild zerschellte.
Ba’tra nickte. »Sehr gut, Calrissian. Machen Sie es.«
Lando fiel die Kinnlade runter. »Ich?«
»Ihre Idee, Ihre Aufgabe«, sagte der Bothan. »Ich werde Ihnen ein paar Sterne holen lassen, General. Sie wurden gerade wieder in Dienst gestellt.«
Zu dem Zeitpunkt, als die Flottengruppe Drei sich mit Flottengruppe Zwei vereinte, war der Raum in der Umgebung bereits zu sehr mit Trümmern der Schlacht übersät, als dass sie sich mit Angriffsgeschwindigkeit hätte nähern können. Durch die Wolke von Treibgut sah Mara ein halbes Dutzend Sternzerstörer und vielleicht zwanzig oder dreißig kleinere Schiffe, die sich mit Turbolasern einen Weg freischossen, aber auch sie kamen nur im Kriechgang voran. Zumindest die Hälfte verlor Leichen und Atmosphäre, und ein Dutzend bewegte sich nur noch mithilfe der Traktorstrahlen benachbarter Schiffe. Für Garm Bei Iblis und seine Gefolgsleute war die Schlacht zunächst einmal vorüber.
Die Nachhut der Yuuzhan Vong spuckte Vernichtung in alle Richtungen und tauschte Salven mit der Flottengruppe Eins, während sie in den deaktivierten Minengürtel vordrang. Traest Kre’fey hatte sich offensichtlich entschieden, nicht anzugreifen, ehe er sich mit Wedges Gruppe verbunden hatte. Die paar tausend Schiffe, die ihm geblieben waren, hielten sich zurück und griffen nur aus der Distanz an, während die Invasoren in den Orbit strömten und Coruscants Verteidigungsplattformen umschwärmten. Obwohl sie deutlich unterlegen waren, konnte Mara kaum glauben, dass der Admiral so feige sein sollte. Trotz seines Bothan-Erbes war er ihr stets als ehrenwerter Soldat und treuer Bürger erschienen.
Angesichts der Szenen am Rande von Coruscants Atmosphäre bekam Mara Herzrasen vor Sorge um Bens Sicherheit. Über tausend Kilometer weit leuchtete der Schild aufgrund des konstanten Bombardements von feindlichen Schiffen. Jede neue Explosion rief eine kilometerhohe Feuersäule hervor und schickte Schockwellen zur Oberfläche. Gelegentlich gelang es einem der Flüchtlingsschiffe, im letzten Moment abzudrehen − offenbar hatte man dort die feindlichen Soldaten überwältigt. Jeder dieser Versuche endete jedoch gleich schlimm, denn die Schiffe krachten trotzdem in den Schild oder wurden von einer lauernden Fregatte abgeschossen. Manche lösten sich schlicht durch die Materialbelastung auf. Meistens jedoch zwangen Selbstmordkommandos der Yuuzhan Vong die Piloten, im selben Bereich aufzuschlagen, und die größten Detonationen ließen bereits elektrostatische Entladungen über den Schild tanzen.
Danni Quee meldete sich über Kom. »Wir haben wieder einen Yammosk.«
Mara richtete den Blick auf das taktische Display, wo ein Zielviereck um einen schweren Kreuzer erschienen war, der sich bereits tief im Minengürtel befand. Ein Dutzend müder Seufzer kam als Antwort über die Lautsprecher. Das würde der vierte Angriff von Eclipse auf einen Yammosk sein. Den zweiten hatten sie mit Sabas Leuchtball-Taktik erlegt, der dritte hingegen hatte so viele Piloten das Leben gekostet, dass Luke die Flieger von Eclipse zu einem neuen Geschwader mit zwei Fünfzehn-Piloten-Staffeln umformiert hatte. Als Danni keine Schwerkraftimpulse mehr entdeckte, hatten sie sogar schon gehofft, den letzten getötet zu haben, aber anscheinend hielten die Invasoren welche in Reserve.
Luke öffnete einen Kanal zur Mon Mothma. »Wir brauchen Unterstützung, Kommando.« Während der letzten Pause, um Waffen nachzuladen, hatte Wedge für den nächsten Yammosk-Angriff die Unterstützung sowohl des Renegaten- als auch des Geister-Geschwaders angeboten, das trotz seines Status als Geheimdiensteinheit für den Dienst in der Schlacht eingeteilt worden war. »Diesmal wird es hart.«
»Negativ, Farmboy«, erwiderte Wedge. »Sie haben keine Angriffserlaubnis.«
Mara spürte, wie in Luke der Zorn aufstieg, und sie wusste, wie müde er war. Luke ließ niemals Wut so aufkeimen, dass sie es fühlen konnte.
»Hey, es geht hier nicht um alte Freundschaften, Kommando. Du siehst doch selbst, wie verzweifelt die Sache steht. Wenn wir nicht dieses…«
»Ich habe gesagt nein«, unterbrach ihn Wedge. »Ich kann dir nicht befehlen, dich zurückzuhalten, aber vertrau mir. Manche Sachen kann ich über diesen Kanal nicht sagen.«
Mara spürte, wie Luke innerlich bis zehn zählte. Sie hatten noch immer keinen Grund anzunehmen, dass die Yuuzhan Vong ihre Kommunikation abhören oder gar militärische Kodes knacken konnten, doch über die Flüchtlingsschiffe konnte man das nicht sagen. Wenn irgendeiner dieser Piloten ein Schmuggler vom Typ Han Solo oder Talon Karrde war, hätte er das beste Equipment zum Abhören von Kom-Frequenzen in der ganzen Galaxis.
»Bestätige«, sagte Luke. »Sag uns Bescheid, wenn es so weit ist.«
»Verlass dich drauf.«
»Wedge?« Mara war selbst überrascht wie alle anderen, dass sie Wedges Namen über Kom nannte − und sie war nicht einmal sicher, aus welchem Grund sie das getan hatte, bis sie fragte: »Kannst du mich zur Zivilkommunikation von Coruscant durchstellen?«
Es folgte eine kurze Pause, dann antwortete Wedge: »Sicher geht das. Mit wem willst du sprechen?«
»Mit meinem Schwager«, antwortete sie.
Die Neugier, die sie bei Luke spürte, dauerte nur so lange, bis das nächste Flüchtlingsschiff gegen den Schild von Coruscant prallte. Diesmal bogen sich die elektrostatischen Blitze zum Schild zurück und brannten ein Loch hinein. Zwei weitere Schiffe krachten neben das Loch und vergrößerten es um das Zehnfache, dann lenkte ein dritter Pilot seinen riesigen Starliner durch die Bresche in Sicherheit. Die Kom-Kanäle knisterten mit leise geäußertem Jubel, weil es endlich einem Flüchtlingsschiff gelungen war, sich zu retten. Die Freude endete, als zwei Yuuzhan-Vong-Fregatten durch die Bresche hinterher rasten.
Han Solos Stimme kam aus dem Lautsprecher. »Mara? Was ist los?« Es rauschte heftig auf diesem Kanal. »Ist Luke…«
»Ihm geht es gut«, unterbrach ihn Mara. »Hör mir zu. Der Schild wird nicht mehr lange halten. Könnt ihr Ben vom Planeten wegbringen?«
»C-3PO packt bereits«, sagte Han. »Wir sind in der Luft, sobald wir den Falken erreicht haben.«
»Danke.« Eine verlegene Pause entwickelte sich, während der Mara sich bei der Überlegung erwischte, Han erneut ihr Beileid auszusprechen und sich für die dumme Idee mit Anakins Mission zu entschuldigen, dann fragte sie: »Wie geht es Leia?«
»Unverändert«, antwortete Han. Plötzlich hatte Mara ein Bild vor Augen, wie Leia Ben an die Brust drückte, dann sagte Han: »Bis bald.«
Er unterbrach die Verbindung und ließ Mara und Luke allein mit dem Krieg. Sie spürte, wie Luke durch die Macht nach ihr langte und versuchte, ihr eine Sicherheit zu vermitteln, die er allerdings selbst nicht zu besitzen schien.
Mir geht es gut, Luke, dachte sie.
Aber sie fühlte auch, wie Lukes Gereiztheit wuchs. Sogar der ernste Meister wurde angesichts dieses seltsamen Spiels von Verfolgung und Abwarten ungeduldig. Mehr als ein Dutzend Yuuzhan-Vong-Schiffe schlüpfte durch die Bresche in die Atmosphäre von Coruscant, ehe die zerstörten Schildgeneratoren endlich ersetzt worden waren.
Flottengruppe Drei hatte fast den Minengürtel erreicht, als Wedge den Befehl erteilte, die Verfolgung einzustellen. Obwohl seit zwanzig Minuten kein Schiff mehr in Feuerreichweite der X-Flügler gekommen war, befahl Luke den Schwertern und Wilden Rittern, eine Kampfposition zweihundert Kilometer vor dem Sternzerstörer einzunehmen. Verwirrt durch Wedges Zögern warteten dort beide Staffeln und beobachteten den tödlichen Lichtsturm, der zwischen den Großkampfschiffen hin- und her wogte.
Das Rätsel löste sich keine Minute später, als die Minen im gesamten Gürtel plötzlich die Triebwerke zündeten. Die Großkampfschiffe stellten das Feuer ein. Erstauntes Schweigen breitete sich auf den Kom-Kanälen aus, als die Minen sich auf die feindlichen Schiffe zubewegten und ihnen folgten. Die Yuuzhan Vong vollführten wilde Ausweichmanöver, doch sie waren gefangen zwischen dem Schild und den Minen. Mochten sie der einen Mine vielleicht entgehen, so würde sie die nächste erwischen. Manche Schiffe berührten den Planetenschild und wurden auseinander gerissen. Ein paar kollidierten mit anderen, und wieder andere waren so abgelenkt, dass sie Geschossen und Turbolasern der orbitalen Verteidigungsplattformen zum Opfer fielen.
Schließlich begriffen die Yuuzhan Vong, dass sie am besten anhalten, den Sturm abwarten und sich auf ihre Waffen und ihre Schild-Anomalien zum Schutz vor den herankommenden Minen verlassen sollten. Viele überlebten das nicht und explodierten. Tausend weitere mussten schwere Treffer einstecken und verloren ihre inneren Systeme. Alle wurden wenigstens einmal getroffen, doch eine überraschend hohe Anzahl zeigte nur wenig Anzeichen von Schaden. Sie widmeten sich erneut ihrer Mission, griffen die orbitalen Verteidigungsplattformen an und trieben die Flüchtlingsschiffe in die Zerstörung.
Plötzlich stürzten sich die beschädigten Yuuzhan-Vong-Schiffe wie auf Kommando aus dem Orbit auf die Planetenschilde. Elektrostatische Entladungen schossen über die Atmosphäre. Ganze Gitter schimmerten auf und fielen aus. Die auf dem Planeten stationierten Generatoren explodierten mit grellen Blitzen, die man noch aus dem Raum sehen konnte. Auf den überlebenden Yuuzhan-Vong-Schiffen lösten sich Skips und gingen im Sturzflug nach unten.
Auf Maras taktischem Display blinkte der Kreuzer mit dem vierten Yammosk langsam und zeigte so seinen Schaden an. Aber er war noch immer einsatzfähig und trieb auf die Sonnenseite des Planeten zu.
»So, Farmboy«, meldete sich Wedge. »Jetzt hast du die Erlaubnis zum Angriff.«