14
Die gute Sache, die sich aus der Drohung Tsavong Lahs ergab, war General Muuns Entscheidung, dass es ein schlechter Zeitpunkt sei, sich dem Schicksal der Flüchtlinge gegenüber gleichgültig zu zeigen − und ein besonders günstiger Zeitpunkt, um seine Karriere mit der »Rettung« einer Gruppe Evakuierter voranzutreiben. Daher kommandierte er nicht nur zehn Schiffe ab, um die Vray in Sicherheit zu eskortieren, sondern er bestand darauf, die Operation selbst zu leiten − wodurch Leia und Han frei waren, um nach Eclipse zurückzukehren.
Eine der negativen Auswirkungen der Drohung bestand darin, dass Luke bei ihrer Ankunft bereits mit einer Mission wartete und außerdem darum bat, C-3PO ausleihen zu dürfen. Die Solos bekamen kaum Gelegenheit, Anakin und den Zwillingen hallo zu sagen, ehe sie wieder unterwegs waren, diesmal nach Nova Station, dort, wo sich einst das Carida-System befunden hatte.
Umgeben von der noch längst nicht abgekühlten Materie, die bei der Supernova-Explosion ins All geschleudert worden war, handelte es sich bei dem Raum in der Umgebung von Nova Station um das Gebiet mit der intensivsten Rotfärbung, das Leia je gesehen hatte. Dünne Schleier roten Gases trieben langsam an der sich drehenden Station vorüber, verhüllten ferne Sterne und riefen die Erinnerung an die Katastrophe wach, die das Leben der Milliarden Caridaner beendet hatte. Dort saß sie mit Han in einer Cantina, die auch noch den treffenden Namen »Big Boom« hatte, nippte an einem Eyeblaster und versuchte Bobolo Baker’s All-Bith-Band zu ignorieren. Dabei konnte sich Leia nicht eines leichten Unbehagens erwehren, das von dem Bewusstsein herrührte, dass die Katastrophe durch den Drang der eigenen Spezies nach Rache und Zerstörung herbeigeführt worden war.
Eine elektronische Glocke läutete dreimal und übertönte kurzzeitig Bobolos flatterhafte Melodie, dann verkündete eine männliche Stimme etwas schwer Verständliches über die Lautsprecheranlage. Mit den anderen Anwesenden in der Cantina wandten sich Leia und Han dem Hologramm-Projektor über der All-Bith-Band zu. Der Name Asteroid Dancer erschien, eine Zeile darunter beschrieb das Schiff als YT-1500-Frachter. Kurz darauf wurde das Wort bestätigt hinzugefügt, und ein Hologramm zeigte das typische Cockpit-Arrangement des Schiffes.
Han grunzte frustriert und langte nach dem Krug mit Eyeblaster, der vor ihm stand. »Sie sollten längst da sein.« Er füllte sein Glas, trank einen Schluck und versuchte, das Gesicht nicht zu verziehen. »Booster kommt nicht.«
»Er muss«, sagte Leia und freute sich über den Ekel in Hans Miene. Lange Zeit nach Chewbaccas Tod hatte er alles getrunken, was ihm vor die Augen kam, je härter, desto besser. Die Veränderung seines Geschmackssinns deutete auf den Heilprozess in seinem Inneren hin. »Sogar die Errant Venture braucht Vorräte. Könnten wir sie verpasst haben?«
Han warf ihr nur einen der Blicke zu, die er für dumme Fragen reservierte, und zeigte zum Holodisplay. »Wie sollten wir einen Sternzerstörer verpassen?«
»Wir nicht«, stimmte Leia zu, »nicht hier.«
Nova Station war als Ersatz für Carida als Stützpunkt an der perlemianischen Handelsstraße gebaut worden, trieb innerhalb der sich ausdehnenden Gaswolke um die Supernova und bewegte sich mit derselben Geschwindigkeit von drei Kilometern in der Sekunde. Deshalb musste jedes Sternenschiff, das die Station anlief, den Hyperraum verlassen und mit Sublichtgeschwindigkeit in die Wolke vordringen, um dann mit den Sensoren den aktuellen Standort anzupeilen. Das bedeutete einen Sicherheitsvorteil für die Station, und jeder mit einem anständigen Sensorsystem konnte das eintreffende Schiff lange vor der Ankunft identifizieren. Aus diesem Grund war die Station ein Tummelplatz für Schmuggler, Kriminelle und jeden, der Grund hatte, stets auf dem Sprung zu sein.
Han blickte über den Tisch. »Was denkst du, Rote?« Er bezog sich auf Leias neonfarbenes Haar, das inzwischen fast wieder bis zum Kragen reichte, nachdem es während eines Dekon-Alarms auf Duro im vergangenen Jahr abgeschnitten worden war. Zusammen mit der abgewetzten Pilotenjacke und dem hautengen Fliegeroverall, der ihr auch heute noch gut stand, gehörte das Färben des Haars zu ihrer Tarnung als Schmugglerbraut. »Zeit zu gehen?«
Leia lächelte und schüttelte den Kopf. »Wie wäre es mit Essen?«
Sie bewegte die Hand in Richtung Service-Knopf, hielt jedoch inne, als sie bemerkte, wie Han vom Nebentisch beäugt wurde. Der Beobachter war ein kleiner Berg von einem Weequay, dessen Gesicht mit der breiten Nase und den tiefen Furchen fast so unansehnlich war wie das eines Yuuzhan Vong. »Ich fürchte, du wirst bald erkannt.«
»Ich?« Han schaute hinüber zum Sichtfenster, weil er hoffte, der Beobachter würde sich darin spiegeln. »Mein Gesicht war schließlich während der letzten zwanzig Jahre nicht dauernd im Net zu sehen.«
Han hatte sich lange über den Verlust seiner Anonymität geärgert, der mit seinem Status als Held der Rebellion einherging, dennoch hatte er sich nur mit einem Schnurrbart und zwei Polstern in den Wangen getarnt. Zusammen mit dem Dreitagebart hatte das bislang gereicht, vermutlich deshalb, weil niemand den Ehemann der früheren Staatschefin an einem Ort wie dem Big Boom erwartete.
Anscheinend hatte sich das Glück gewendet. Der große Weequay nahm sein Glas, stand auf, sein Fliegermantel fiel auseinander und gab den Blick auf den Griff eines großen Vibromessers an der Hüfte frei. Leia warf rasch einen Blick in Richtung von Meewalh, da sie wusste, ihre Noghri-Leibwächterin würde sicherlich nervös werden. Hager, drahtig und kaum anderthalb Meter groß, war Meewalh mit der lederartigen Haut und den wilden Augen nichtsdestoweniger ein beeindruckender Anblick und schüchterte selbst die Kundschaft im Big Boom ein. Leia signalisierte der Noghri mit einem doppelten Blinzeln, sie möge warten, dann tat sie, als würde sie den Fremden nicht bemerken.
»Augenblick mal«, sagte Han, eher zu sich selbst als zu Leia, »den Kerl kenne ich.«
Beiläufig schob Leia die Hand unter den Tisch und lockerte den Blaster in seinem Holster an der Hüfte. Nur weil ihr werter Gemahl den Kerl kannte, bedeutete das noch lange nicht, dass der Betreffende nicht Mord im Sinn hatte. Der große Weequay blieb neben ihrem Tisch stehen und wandte sich, nachdem er Leia einen einschätzenden Blick zugeworfen hatte, an Han.
»Dachte doch, du wärst es«, sagte er. »Den Geruch würde ich überall wieder erkennen.«
»Ja?« Han kniff die Augen zusammen und versuchte, sich offensichtlich zu erinnern, wo er den Weequay schon einmal gesehen hatte. »Das höre ich häufig.«
»Habe dein Schiff gar nicht auf der Tafel gesehen, Miek.« Das Lächeln des Weequay konnte man fast höhnisch nennen; es machte ihm anscheinend Spaß zu beobachten, wie Han sich krampfhaft zu erinnern versuchte. »Bist du noch auf der Sunlight?«
»Könnte man so sagen.« Han setzte ein verschwörerisches Grinsen auf, dann nahm er einen langen Schluck von seinem Eyeblaster, um ein wenig Zeit zu gewinnen. Sunlight Franchise war einer von einem Dutzend falscher Transponderkodes, die er regelmäßig für den Falken benutzt hatte. Auf der Nova Station hatten sie unter dem Namen Longshot angelegt, und Han verfügte über mehr Decknamen, als er sich erinnern konnte. Schließlich stellte er das Glas wieder auf dem Tisch ab, nahm den Krug und füllte nach. »Nur müsstest du es mit einem anderen Namen versuchen.«
Der Weequay lachte. »Habe ich mir schon gedacht. Dein Kapitän war ja ein ganz Gerissener.« Er zog sich einen Stuhl heran, setzte sich und blickte sich um. »Habe allerdings gar keinen Ryn gesehen.«
Hans Blick bekam eine Härte, wie sie nur eine Ehefrau bemerken kann, und Leia wusste, ihr Gatte hatte den uneingeladenen Gast nun eingeordnet.
»Droma ist nicht mehr an Bord«, sagte Han. Droma und Han hatten sich nach der Besetzung von Ord Mantell kennen gelernt, danach hatten sie ein halbes Jahr zusammen verbracht, um Dromas verschollenen Ryn-Clan aufzuspüren und die Familie gemeinsam in einem Flüchtlingslager auf Duro unterzubringen. Obwohl Droma und seine Leute später im Raum verschwunden waren, hatten sie Hans Leben einen Sinn gegeben, als Leia dazu nicht in der Lage gewesen war, und aus diesem Grund bewahrte er sie mit warmen Gefühlen im Herzen. »Er und ich haben uns vor fast einem Jahr getrennt.«
»Tatsächlich?« Der Weequay wandte sich erneut Leia zu, halb lüstern, halb taxierend. »Ist das dein neuer Kapitän?«
Han gab sich verletzt. »Ich bin der Kapitän. Sie ist meine Partnerin.«
»Könnte man so sagen.« Leia warf ihrem Mann einen bösen Blick zu. »An einem guten Tag.«
Der Weequay lachte laut, dann überraschte er Leia, indem er unter dem Tisch seine fleischige Pranke auf ihr Knie legte. »Beim nächsten schlechten Tag komm einfach zu mir rüber auf die Sweet Surprise. Da bin ich zwar nicht der Kapitän, habe aber einen hübschen Steuerknüppel.«
»Das reicht, Plaan.« Han klang plötzlich ernst. »Was machst du so weit von Tholatin entfernt? Ich dachte, du wärst dort Sicherheitschef.«
Alle Fröhlichkeit war vergessen. Tholatin war die Heimat einer Gruppe verräterischer Schmuggler, die sich auch an die Yuuzhan Vong verkauften, wenn der Preis stimmte.
»Habe den Job gewechselt. Wie schon gesagt, bin jetzt Maat auf der Sweet Surprise.« Er zog die Hand von Leias Schenkel zurück. »Der Grund, weshalb ich rübergekommen bin, ist: Wir können Hilfe gebrauchen. Die Bezahlung ist gut.«
Han wartete gerade so lange, bis Leia den Kopf geschüttelt hatte, dann hob er die Hand und brachte sie mit dieser Geste zum Schweigen. »Wie gut?«
»Kapitän«, unterbrach Leia ihn. Ob nur durch die Macht oder durch all die Jahre, die sie gemeinsam verbracht hatten, wusste sie instinktiv, welche Rolle er gerade spielte. »Was ist mit der Ladung, auf die wir warten?«
Han sah sie nicht an. »Die ist sowieso zu spät dran.«
»Aber für den Job sind wir schon bezahlt worden.« Leia spielte mit, aber es ärgerte sie, einfach übergangen zu werden. »Und du weißt, wie das mit Schmugglern ist, die sich nicht an ihre Verträge halten. Ich möchte nicht in Karbonid eingefroren werden.«
Han zuckte mit den Schultern und trank einen Schluck Eyeblaster. »Es gibt eine Klausel«, sagte er. »Wenn die Ladung mehr als einen Tag Verspätung hat, ist der Vertrag hinfällig. Hören wir uns die Sache doch mal an.«
»Kann nicht viel sagen, ehe du eingestiegen bist«, meinte Plaan.
»Viel will ich gar nicht hören«, erwiderte Han. »Solange es sich nur nicht um diesen Flüchtlingskram handelt. Ich habe nämlich keine Lust, ständig den Atem der Neuen Republik im Nacken zu spüren.«
Plaan schüttelte den Kopf. »Nein, darum geht es nicht. Diesmal können die machen, was sie wollen. Ein guter Deal für sie und für uns. Du wirst es nicht glauben.«
Leia ließ sich nach hinten sinken und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie versuchte, die wütende Schmugglerbraut zu geben, was ihr nicht schwer fiel.
»Wie lange würde es dauern?«, erkundigte sich Han.
»Wir müssen reinhüpfen und den Rest unserer Fracht aufnehmen«, meinte Plaan. »Das dauert zwei Tage − länger nicht.«
Han blickte Leia an. »Was meinst du, Rote?«
Nun begriff sie, dass er nach weiteren Informationen bohren wollte, und antwortete: »Was ist mit der Longshot, Miek? Müssen wir per Anhalter zurück?«
»Wir setzen euch wieder ab«, versprach Plaan. »Wir kommen hier sowieso vorbei.«
»Wie viel?«, fragte Han.
»Fünftausend«, antwortete Plaan.
»Für jeden?«, fragte Leia.
Plaan runzelte die Stirn. »Für beide − und auch für die Liegegebühren der Longshot.«
Han sah Leia an. »Und?«
Leia verdrehte die Augen und griff nach ihrem Eyeblaster.
»Wir denken drüber nach«, sagte Han.
Plaan wollte zuerst sein Angebot erhöhen, dann sah er Leia an und änderte seine Meinung. »Denkt nicht zu lange nach. Wir starten in einer Stunde.«
Er stand auf und suchte sich einen Weg durch das Lokal zum nächsten Paar möglicher Kandidaten. Leia beobachtete ihn, während er sich setzte und sein Angebot machte, dann blickte sie mit allen anderen auf, als die elektronische Glocke läutete. Diesmal erschien der Name Light Racer über der Bith-Band.
»Also, was ist sein Ziel?«, fragte sie.
»Mit dem Fahrplan gibt es drei Möglichkeiten«, erwiderte Han. »Kuat, Borleias oder Coruscant.«
»Coruscant«, mutmaßte Leia. »Kuat und Borleias weisen Flüchtlinge ab. Wenn er erwartet, dorthin zu gelangen, wo er hin will, ist es Coruscant.«
Plaan hatte zwei neue Mitglieder für seine Mannschaft gefunden, erhob sich und winkte Han und Leia zu, während er sich mit zwei schlappohrigen Ossanern im Schlepptau zum Ausgang drängte. Han prostete dem großen Weequay zu und trank einen Schluck, dann wartete er, bis sie gegangen waren, und drückte auf den Service-Knopf des Tisches.
»Was hast du vor?«, fragte Leia und betonte das Du.
»Gurgeln − ich kann Eyeblaster nicht ausstehen«, erwiderte Han. »Und wir haben vor, nach Coruscant zu fliegen.«
Leia blieb sitzen. »Geht nicht. Du weißt, wie besorgt mein Bruder um seine Schüler ist.«
Die jungen Schüler von Lukes Jedi-Akademie befanden sich gegenwärtig bei Booster Terrik auf der Errant Venture und sprangen kreuz und quer durch die Galaxis, um nicht von den Yuuzhan Vong aufgespürt zu werden. Unglücklicherweise waren in den beiden Tagen, seit Alema Rar auf Eclipse erwacht war und den Angriff auf ihre Schwester geschildert hatte, zwei weitere Jedi einem Voxyn zum Opfer gefallen − auf der für sicher gehaltenen Welt Kuat. Aus Sorge, die Venture könnte bei einem Nachschubhalt über einen der Jedi-Killer stolpern, hatte Luke Han und Leia gebeten, Booster die Koordinaten der neuen Jedi-Basis auf Eclipse zu überbringen, und vorgeschlagen, nur dort neue Vorräte aufzunehmen. Booster blieb sich treu und war inzwischen drei Tage überfällig, und selbst Leia glaubte nicht mehr, dass er seine Verabredung einhalten würde.
»Warten wir noch einen Tag«, schlug sie vor. »Die Longshot ist schnell. Wenn Booster nicht auftaucht, können wir Coruscant trotzdem vor Plaan erreichen.«
»Also, ohne dich haue ich hier nicht ab«, seufzte Han. »Aber das Renegaten-Geschwader ist gerade in Coruscant, und Wedge schuldete mir einen Gefallen. Lass mich zumindest mit ihm sprechen, damit die Sweet Surprise aufs Herzlichste willkommen geheißen wird.«
»Wedge Antilles schuldet dir einen Gefallen?«
»Jeder schuldet mir einen Gefallen«, sagte Han.
Natürlich tauchte Booster nicht auf, und Wedge − General Antilles − weigerte sich, ein ordentlich registriertes Sternenschiff ohne »schwerwiegende Verdachtsmomente« zu durchsuchen, in diesem Fall ohne die Gegenwart des Zeugen, der die Vorwürfe erhob. Da sie wusste, dass dies ein Zugeständnis an die Anti-Jedi-Ressentiments im Senatsausschuss war, hielt Leia ihr Versprechen und informierte Luke, es sei unmöglich, länger auf die Errant Venture zu warten. Sie verließen Nova Station und sprangen auf der perlemianischen Handelsstraße in den Hyperraum. Han schätzte, sie würden vor der Sweet Surprise auf Coruscant eintreffen.
Doch Han irrte. Als sie aus dem Hyperraum kamen, erreichte sie die Nachricht, dass das Renegaten-Geschwader bereits unterwegs zur Surprise war. Wedge bat Han, ihn bei der Orbitalkontrolle zu treffen, um ihm Bericht zu erstatten, und Han überraschte niemanden, indem er antwortete, er würde erst kommen, nachdem er sich angesehen habe, was mit der Surprise geschehen war. Coruscants gewohnte Aura aus flackernden Sternenschiffen war nun auf eine Wartezone reduziert. Gegen einen möglichen Überraschungsangriff der Yuuzhan Vong hatte das Militär den Planeten mit einem Gürtel aus Orbit-Raumminen umgeben, der nur an wenigen Dutzend Stellen schmale Durchlässe aufwies und den normalen Verkehr fast bis zum Stillstand abbremste.
Han brachte den Falken über einen dieser Durchlässe und kam bis auf ein paar hundert Meter an das kantige Heck der Surprise heran, wodurch er sich ein ohrenbetäubendes Kom-Hupen von einem Tausend-Meter-Frachter einhandelte. Er griff nach der Kom-Einheit, um den Affront zu erwidern, und Leia musste sich geradezu aus dem riesigen Sitz, der für einen Wookiee gedacht war, herauskatapultieren, um ihn daran zu hindern.
»Ganz ruhig, mein großer Flieger. Wir wollen doch kein Hup-Duell anfangen.«
Als Han die Hand zurückzog, öffnete sie eine private Frequenz zu dem Frachter. »Tut uns Leid, Frachter. Vor uns scheint es eine Verzögerung zu geben. Ich schlage vor, Sie steuern nach Backbord.«
»Verzögerung?«, antwortete die eisige Stimme eines Duros. »Wie nennen Sie das?«
Der riesige Frachter drehte sich quer zu dem Stau und rief dadurch ebenfalls einiges an Kom-Hupen hervor, bis Leia die Lautstärke reduzierte.
»Wer braucht das Militär?«, fragte Han. »Man sollte die Yuuzhan Vong einfach in diesen Verkehrsstau stecken und sehen, wie lange sie das aushalten.«
Der Stau wurde noch schlimmer, als vier winzige X-Flügler in Sicht kamen und hinter der Sweet Surprise einschwenkten. Leia scannte die Kom-Kanäle, bis sie Gavin Darklighters bekannte Stimme hörte.
»… und halten Sie sich zu einer Inspektion bereit, Sweet Surprise.«
»Aus welchem Grund?«, erwiderte Plaan. »Wir verletzen keinerlei Handelsgesetze. Wir sind noch nicht einmal im Zollbereich.«
»Ich setze Sie hiermit in Kenntnis, dass es sich um eine Inspektion durch das Militär der Neuen Republik handelt.« Mit beruhigendem Ton fügte Gavin hinzu: »Kein Grund zur Sorge. Sie wurden durch Zufall ausgewählt.«
»Zufall?« Plaan klang misstrauisch. »Ich werde mit meinem Kapitän reden.«
»Teilen Sie ihm mit, dass wir nicht an Verstößen gegen die Zollregelungen interessiert sind«, sagte Gavin. »Aber wir sind bewaffnet.«
Das Gespräch zwischen Plaan und seinem Kapitän musste ziemlich lebhaft ausgefallen sein, denn die Sweet Surprise rückte in der Schlange vor, bis diese wegen der Minen nur mehr einen Durchmesser von etwa dreihundert Metern hatte. Die Raumminen waren nahezu fühlbar, vor allem weil das Gebiet um sie herum in tiefe Dunkelheit gehüllt war, und weniger wegen ihrer winzigen Umrisse, die Leia gelegentlich vor Coruscants funkelnder Oberfläche ausmachte. Gavin warnte das Schiff erneut, dass die X-Flügler bewaffnet seien und Schießbefehl hätten, und Plaan erwiderte, an Bord der Surprise befänden sich tausend unschuldige Flüchtlinge.
»Sie werden nicht anhalten«, sagte Leia.
Die planetaren Verteidigungskräfte, die den Funkverkehr über ihr Netzwerk orbitaler Waffenplattformen mitverfolgten, schienen langsam zu dem gleichen Schluss zu gelangen. Über die militärische Kom-Einheit des Falken lauschte Leia einigen Offizieren, die zunächst Gavin Darklighter und danach Wedge Antilles darüber ausfragten, was hier vor sich ging. Am Ende hörte sie die erschöpfte Stimme von General Rieekan, der aus dem Ruhestand zurückgeholt worden war, um das Kommando der Planetenverteidigung zu übernehmen, und der nun eine Erklärung von Han verlangte.
Han berichtete ihm, wer Plaan war, welche Flüchtlingsgeschäfte der Weequay hinter sich hatte und was Han an Bord der Nova Station erfahren hatte.
»Sie wollen mir also im Wesentlichen sagen, Sie hätten ein schlechtes Gefühl bei diesem Burschen?«
Han zuckte zusammen. »So könnte man es ausdrücken, General.«
Es knisterte, als der General die Kom-Kanäle wechselte, dann kam seine Stimme über den ungesicherten Kanal, der zwischen dem Renegaten-Geschwader und der Surprise benutzt worden war. »Colonel Darklighter, wissen Sie, wer hier spricht?«
»General Rieekan, jawohl, Sir.«
»Gut. Als Kommandant der Planetenverteidigung von Coruscant befehle ich Ihnen, der Sweet Surprise nicht die Einfahrt in den Minengürtel zu gestatten. Haben Sie verstanden?«
Leia blickte Han an. Keine drei Kilometer vor dem Falken sahen sie bereits den Verkehr unterhalb des Minengürtels. Wenn Gavin antwortete, würden sich sowohl das Renegaten-Geschwader als auch die Surprise zwischen den Minen befinden.
»Äh, Sir, wir befinden uns bereits am Beginn des sicheren Durchlasses.«
»Sie haben Ihre Befehle, Colonel Darklighter. Rieekan Ende.«
Mehr war nicht notwendig. Abgesehen vom Falken, den X-Flüglern und der Surprise suchten alle Schiffe in einem Zehn-Kilometer-Radius das Weite.
»Was ist nun, Sweet Surprise?«, fragte Gavin. »Halten Sie an, und bereiten Sie alles vor, damit wir an Bord kommen können.«
Die angemessene Antwort wäre gewesen, die Bremsraketen am Bug zu zünden. Doch stattdessen zog die Surprise scharf die Nase nach oben.
»Wir wollen keine Schwierigkeiten«, sagte Plaan.
»Negativ, Surprise.« Die Stimme gehörte Colonel Tycho Celchu, Gavin Darklighters direktem Vorgesetzten und selbst ein Veteran des Renegaten-Geschwaders. »Sie können an dieser Stelle nicht wenden. Für den gesicherten Durchlass sind Sie zu lang.«
»Darum machen Sie sich mal keine Sorge«, erwiderte Plaan. Während er sprach, schossen die gesamten dreihundert Meter der Sweet Surprise direkt auf den Falken zu und setzten dann in einem Bogen über ihn hinweg.
»Colonel?«, rief Gavin. »Ihre Befehle?«
»Schilde!«, gab Tycho zurück.
»Gute Idee«, murmelte Han und griff nach der Steuerung.
Leia betätigte die Schieberegler bereits. »Volle Kraft?«
»Du Jedi − immer musst du Gedanken lesen.«
Leia schob die Regler auf Maximum, dann stellte sie eine Verbindung zum Frachtraum und dem Mannschaftsquartier her. »Schnallt euch an, da hinten. Wir werden gleich ein bisschen Spaß bekommen.«
Die Noghri erwiderten natürlich nichts. Zwei Minentriebwerke zündeten. Der Bauchlaser der Sweet Surprise blitzte auf, und beide Minen explodierten, ehe sie hundert Meter weit gekommen waren.
»Wurmköpfe!« Han drückte die Nase des Falken nach unten.
Über den militärischen Kanal verlangte Gavin hektisch: »Minenkontrolle, deaktivieren Sie…«
Die zehn nächsten Minen zündeten ihre Triebwerke und hielten trichterförmig mit orangefarbenem Schweif auf die Sweet Surprise zu. Erneut blitzte der Laser des Frachters auf und zerstörte weitere drei Minen. Abermals zündeten zehn die Triebwerke.
»Man sollte denken, sie würden es lernen«, sagte Leia und kämpfte mit ihrem Sitzgurt. Der hatte unverändert eine Größe, die für einen Wookiee konzipiert war, und beinahe hätte sie gesagt, man sollte ihn endlich ersetzen, doch dann fiel ihr ein, wie das in Hans Ohren geklungen hätte, und packte das Querstück, das vor die Brust gehörte. »Wir hätten zuerst den Bericht abgeben sollen.«
Die erste Welle der Minen blühte an den Schilden der Sweet Surprise zu weißen Feuerblumen auf. Doch drei Minen durchdrangen die Schilde, und ihre Vibrospitzen bohrten sich in den Durastahlrumpf. Eine Mine explodierte auf der Brücke, zerschlug die Transparistahlsichtfenster und schleuderte Scherben von der Größe eines X-Flüglers in den Durchlass. Der zweite Sprengkopf verwandelte die Ionentriebwerke in Staub, woraufhin der beschädigte Frachter hinter dem Falken nach unten sank. Leia sah nicht, wo die dritte detonierte. Sie wurde von mehreren orangefarbenen Lichtern abgelenkt, die auf ihr eigenes Cockpit zuflogen.
»Han…«
»Ich weiß«, sagte er. Da die Sweet Surprise abwärts fiel, war der Falke nun die größte Masse in der Umgebung. »Nur keine Panik. Ich denke…«
Die Triebwerke erloschen, und ein halbes Dutzend schwarzer Silhouetten prallte harmlos von den Schilden des Falken ab.
»… die werden sie deaktivieren«, beendete Han seinen Satz.
Er rollte den Falken herum und folgte der Surprise abwärts. Leia sank in den übergroßen Sitz und grunzte, als sie zurück in die lockeren Schulterteile rutschte.
Han blickte zu ihr hinüber. »Das könnte brenzlig werden. Schalt den Trägheitskompensator zu. Und zieh deinen Gurt stramm.«
»Er ist schon so stramm, wie es geht«, sagte Leia. »Ich werde mich daran festhalten.«
Wenn Han es gehört hatte, war er zu beschäftigt, um zu antworten. Sie tauchten durch den Verkehr vor dem nächsten Durchlass.
Die X-Flügler des Renegaten-Geschwaders schossen hinter der taumelnden Sweet Surprise her.
Sternenschiffe preschten in alle Richtungen auseinander, ihre Deflektorschilde rieben sich aneinander, blaue Blitze tanzten zwischen ihren Rümpfen hin und her. Han wich einer Raumyacht aus, ließ den Falken von einem Partikelschild abprallen, schlüpfte zwischen zwei Gallofree-Transportern hindurch und schoss dann auf der anderen Seite aus dem Gedränge heraus.
Die Piloten begannen, auf die Warnungen des Renegaten-Geschwaders zu reagieren, und vor der Sweet Surprise öffneten sich Lücken. Leia nahm die Macht zu Hilfe und überprüfte, wie viele Überlebende es an Bord gab. Sie spürte eine Welle der Angst, die sie überzeugte, dass Plaan nicht gelogen hatte, was seine Geiseln betraf − und sie fühlte auch ein wildes Wühlen, ein seltsames Gefühl hungriger Gier, wie sie es nie zuvor erlebt hatte.
»Han…«
»Augenblick.«
Unten versuchte ein Trio aus X-Flüglern, sich in eine Linie mit dem Schwerkraftzentrum der Sweet Surprise zu bringen. Leia betrachtete die Unterseite des Rumpfes und sah, wo die dritte Mine eingeschlagen war. Eine Wolke aus Fracht und Luft quoll aus dem Loch. Die drei X-Flügler hatten ihre Anordnung gefunden, näherten sich langsam, um anzulegen, und schossen mit den Laserkanonen eine Bresche zum Andocken in den Rumpf.
Das Manöver war eine verzweifelte, wenn auch effektive Maßnahme und entsprach dem militärischen Standardvorgehen zum Entern eines außer Kontrolle geratenen Schiffes. Im Inneren würde der letzte Pilot die Bresche mit seinen Schilden abriegeln. Die anderen würden ihre Vak-Anzüge schließen und das erledigen, was erledigt werden musste.
Das wilde Rumoren verschwand − ebenso wie das an Bord der Nebula Chaser, das Jaina und Mara beschrieben hatten. Leia öffnete einen sicheren Kanal zum Renegaten-Geschwader.
»Colonel Celchu und Colonel Darklighter, hier spricht Leia Solo. Ihre Männer werden nicht nur Schmuggler an Bord finden. Es könnte sich dort auch ein Voxyn aufhalten.«
Han starrte mit großen Augen zu ihr hinüber, aber sie ignorierte ihn und wartete.
»Verstanden«, sagte Gavin. »Voxyn?«
»Ein Monster der Yuuzhan Vong, ein Jedi-Killer«, erklärte Leia. »Halte sie von allem fern, das wie ein achtbeiniges Reptil aussieht. Und zwar so fern wie möglich. Diese Wesen versprühen Säure und stoßen Schreie aus, die wie eine Druckwelle wirken. Vielleicht sind sie auch zu Schlimmerem in der Lage.«
»Ich schreibe es mir hinter die Ohren. Darklighter Ende.«
Leia sah Han an. »Ist er persönlich hineingegangen?«
»Als Erster«, bestätigte Han.
Han und Leia warteten nervös eine Viertelstunde und folgten der Sweet Surprise in einer instabilen Umlaufbahn um Coruscant. Gavin war nicht nur Jainas Befehlshaber im Renegaten-Geschwader, er war außerdem ein guter Freund von Han und Leia und der Cousin von Biggs Darklighter, der in der Schlacht von Yavin Luke geholfen hatte, den Todesstern zu zerstören, und dabei ums Leben gekommen war. Beide Solos fürchteten, ihn durch einen Unfall oder durch ein Voxyn zu verlieren, aber wenn sie mit dem Falken versuchen würden, den Frachter mit dem Traktorstrahl einzufangen, würden sie nur selbst außer Kontrolle geraten. Sie konnten nichts anderes tun, als herumzusitzen und die Heldentaten anderen zu überlassen; daran, wie krampfhaft Han den Steuerknüppel umklammerte, sah Leia, dass er ihre Hilflosigkeit als ebenso frustrierend empfand.
Während sie warteten, taumelte der Frachter durch den Stau vor dem letzten Verkehrsdurchlass und schwenkte auf eine unberechenbare polare Umlaufbahn ein. Die Planetenverteidigung erklärte sich einverstanden, die betreffenden Bereiche des Minengürtels zu deaktivieren, wenn die Sweet Surprise vorbeitrieb, doch in zweiundvierzig Minuten würde das Schiff endgültig abstürzen. Da die Orbital-Kontrolle ihre Rettungstraktorstrahlen einsetzte, um die Folgen der Kollisionen zu beseitigen, die durch die Flucht verursacht worden waren, blieb nur eine Wahl: Man musste die Sweet Surprise zerstören, ehe sie auf die Oberfläche von Coruscant krachte. Die Flüchtlinge mussten über ein ziviles Rettungsschiff evakuiert werden oder würden mit dem Schiff zugrunde gehen.
Gavin erreichte die Reservesteuerung im Maschinendeck und zündete die Triebwerke zur Stabilisierung der Fluglage. Die Orbital-Kontrolle bat um Evakuierungshilfe und erhielt eine Antwort von einem großen Kreuzer mit Platz für tausend Passagiere.
Der Kreuzer, ein schlanker, schneller Schlepper namens Steady Lady, erschien hinter dem Falken und manövrierte seine fünfhundert Meter Länge in eine Position über der oberen Rettungsluke. Han ging hinter dem Heck der Sweet Surprise runter und ärgerte sich, weil er zum Abwarten verdammt war. Leia versenkte sich erneut in die Macht. Die Passagiere hielten sich nahe der Oberseite des Frachters auf und bewegten sich in einer großen Gruppe auf die Mitte zu. Sie spürte das Voxyn nicht mehr, was jedoch nichts zu bedeuten hatte. Jaina und Mara hatten den Killer von Numa Rar nach dem ersten Kontakt auch nicht mehr gefühlt.
Als die Steady Lady sich langsam der Rettungsluke näherte, befand sich die Sweet Surprise oberhalb von Coruscants Südpol. Der Navcomputer zeigte dreiunddreißig Minuten bis zum Absturz − kaum Zeit, fürchtete Leia, tausend verängstigte Passagiere zu evakuieren.
Gavin Darklighter meldete sich über Kom. »Leia, was hast du gesagt, wie man diese Dinger erledigt?«
»Dinger?«, wiederholte Leia.
»Vier«, bestätigte Gavin.
Han stöhnte.
»Ungefähr einen Meter hoch, vier Meter lang«, fuhr Gavin fort. »Greifen nicht an, halten sich jedoch zwischen uns und der Luftschleuse auf.«
Han öffnete einen eigenen Kanal zur Steady Lady. »Warten Sie bitte eine Minute, Lady.« Er achtete nicht auf die Antwort, sondern brachte den Falken unter das größere Schiff und preschte vor. »Wir müssen uns noch um ein kleines Problem kümmern.«
Leia hörte das Geschrei des Piloten der Steady Lady nicht. Sie war mit dem anderen Kanal beschäftigt.
»Gavin, bleib an Ort und Stelle. Wir schaffen sie euch aus dem Weg.«
»Ihr schafft sie aus dem Weg?«, kam die Antwort. »Wie?«
Leia blickte zu Han.
Han zuckte mit den Schultern. Er bewegte die Lippen zu stummen Worten: Wir denken uns was aus.
Leia sah ihren Mann böse an, sagte jedoch: »Wir haben einen Plan.«
Der Falke glitt über das zerdrückte Heck der Sweet Surprise hinweg, schoss durch die beständig enger werdende Lücke zwischen den beiden großen Frachtern; um sie herum loderten überall die orangefarbenen Feuerzungen der Raketen auf, als die Steady Lady ihre Bremstriebwerke zündete. Vom Dach hörten sie ein lautes Scheppern, und die Fernsensoren lieferten nur noch Schnee. Han nahm es gelassen zur Kenntnis. Er hatte die Sensorschüssel schon so oft verloren, dass er mittlerweile stets Ersatz an Bord hatte; die konnte er binnen weniger Minuten anstelle der alten installieren.
Leia löste ihren Gurt, nahm ihr Lichtschwert und wollte das Cockpit verlassen.
»Warte!«, sagte Han. Er kämpfte darum, den Falken nicht zum Belag eines Durastahl-Sandwiches werden zu lassen. »Wo willst du…«
»Zur Andockluke.«
»Zu gefährlich! Du bleibst hier.«
»Wenn du möchtest.« Leia musste sich in Erinnerung rufen, dass Hans Beschützertrieb ein gutes Zeichen war, ein Stadium in seinem Heilungsprozess. »Du kannst die Voxyn mit der Macht herauslocken, und ich bringe die Geschütze in Stellung.«
Sie deutete nach vorn. Die Lücke zwischen der Steady Lady und der Sweet Surprise konnte nicht mehr viel größer sein als der Falke selbst.
Han wandte sich um. »Nimm die Notluke im hinteren Frachtlift«, sagte er. »Wenn du sie rauslockst, bleib auf dieser Seite der Luftschleuse.«
»Was immer du sagt, Schatz.« Leia war bereits im Zugangstunnel verschwunden.
Sie sammelte unterwegs die Noghri ein und ging zum Heck.
Adarakh entfernte den Boden des Frachtlifts, Meewalh bereitete die Notfall-Andockluke vor, und Leia dirigierte Han über das Interkom zur richtigen Stelle. Der Raum war schmal, und sie mussten mit dem Falken einmal die Steady Lady touchieren, um den Rettungsschacht über der Luke der Sweet Surprise zu platzieren. Leia spürte die Voxyn unten, vier Killer, die nach ihrem Blut dürsteten. Adarakh glich den Druck aus.
Ein lautes Poltern drang durch den Rumpf herauf. Man musste sie nicht locken. Sie kamen von selbst.
Leia wandte sich der inneren Luke zu und aktivierte das Lichtschwert. »Auf geht’s!«
Eine Welle der Aufregung schob sich durch die Macht. Ein schwerer Körper prallte im Rettungsschacht gegen die Luke des Falken. Adarakh und Meewalh hielten inne und langten nach ihren Blastern.
»Los!«, befahl Leia.
Sie erreichte die Luke, schlug auf den Schalter, hörte, wie die Versiegelung zischend aufging und atmete erleichtert auf. Wenn das Voxyn die Notluke zuerst betätigt hätte, wäre ein Sicherheitsunterdruck entstanden, und man hätte ihre Luke nicht mehr öffnen können. Leia führte Adarakh und Meewalh in den Zugangskorridor, dann verriegelte sie den Frachtraum und wartete.
Die Rettungsluke öffnete sich nicht.
»Leia?«, rief Han über Interkom. »Wie geht es voran?«
»Gar nicht. Sie haben die Rettungsluke nicht geöffnet.«
»Kein Problem.«
Die Luke schob sich auf und enthüllte einen Gang voller schwarzer, schuppiger Beine und argwöhnischer gelber Augen. Eines der Wesen schob den Kopf vor und spähte in den leeren Frachtraum, zog sich jedoch sofort wieder zurück in die Luftschleuse.
»Und?«, rief Han.
»Sie riechen die Falle.«
Han schwieg einen Moment. »Unsere Seite ist luftdicht. Ich könnte jetzt einfach ablegen.«
Leia stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte zu erkennen, wie viele Voxyn sich in dem Rettungsschacht befanden, doch aus ihrem Blickwinkel konnte sie es nicht erkennen. »Das bringt nichts. Ich muss sie herauslocken.«
»Sie herauslocken? Wie?« Die Missbilligung in Hans Stimme war nicht zu überhören. »Ich komme nach hinten.«
»Bleib, wo du bist.« Leia drückte den Schalter und trat durch die Luke. »Irgendjemand muss schließlich steuern…«
Han brüllte etwas ins Interkom, doch die Voxyn sprangen plötzlich aus dem Schacht, ihre Schuppen rasselten und ihre Krallen verursachten ein schrilles Quietschen. Leia brachte ihr Lichtschwert nach vorn und hielt die Stellung − ungefähr zwei Sekunden lang, bis das dritte gelbe Augenpaar über den Rand schaute und in ihre Richtung sah. Sie entschied, das vierte Voxyn könne nicht weit dahinter sein, und benutzte die Macht, um durch die Luke zurückzuspringen.
Adarakh und Meewalh feuerten ihre Blaster durch die Tür ab, und das vordere Voxyn, das nur drei Meter entfernt war, explodierte in einer Wolke aus Säure. Sein Blut stank nach Rauch und Ammoniak. Leia tränten die Augen. Sie rief die Noghri zurück. Ein schwerer Fehler. In ihren Lungen breitete sich ätzender Schmerz aus.
Das zweite Voxyn sprang kreischend über das erste. Leia stieß gegen eine unsichtbare Wand, und in ihren Ohren explodierte Schmerz. Adarakh und Meewalh brachen vor ihr zusammen. Leia drückte sich an die Wand, versenkte sich in die Macht und betätigte den Schalter der Frachtraumluke. Erneut öffnete das Voxyn das Maul, doch diesmal spuckte es einen braunen Schwall aus.
Der Schleim spritzte gegen die Luke, die sich rechtzeitig schloss, doch einige Tropfen flogen durch den Spalt und trafen die bewusstlosen Noghri. Leia schätzte sich glücklich und schlug auf den Versiegelungsschalter − dann fluchte sie, da die Sicherung, die Unfälle verhindern sollte, nun auch das Schließen der Tür unterband. Ein runder Reptilienfuß ragte unter der Luke hervor. Leia senkte das Lichtschwert. Die Klinge surrte und schnitt durch etwas, das es an Härte mit Durastahl aufnehmen konnte.
Im Frachtraum ertönte ein Heulen, und ein Voxyn schob die Schnauze in den Spalt. Leia betätigte einen Schalter, der die Sicherung außer Kraft setzte. In der Hoffnung, die drei Schiffsdroidenhirne würden zur Abwechslung die Echtheit des Befehls nicht in Frage stellen, schlug sie erneut auf den Schalter zum Schließen der Luke.
Die Tür zögerte einen Augenblick, dann schloss sie sich trotz der Voxyn-Schnauze. Erneutes Heulen, gedämpfter jetzt. Beißender Gestank − schlimmer als vorher. Ein Stück Schnauze von fünfzehn Zentimetern Länge lag in einer Lache aus purpurfarbenem Blut. Leia wurde übel und schwindelig; ihre Lungen brannten.
Sie blickte auf. Die anderen beiden Voxyn waren einen Meter entfernt und starrten sie durch das Sichtfenster in der Luke an. Sie öffneten die Mäuler, und durch den Durastahl klang es, als würde ein Meteor den Falken treffen. Leia taumelte zurück und ging zu Boden.
»Leia, was ist da hinten los?«, schrie Han. »Antworte!«
»Wir haben…« Der Rest ging in Husten unter.
»Leia? Du klingst so…«
»Keine Zeit!« Leia erhob sich schwach auf die Beine; ihr wurde dunkel vor Augen, die Welt drehte sich um sie. »Han, einfach nur…«
Es war schwer zu sagen. Sie hätte es auch noch bis zu dem Wort »los« schaffen können.