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Eine der vielen tausend Blasphemien der Heiden, die nach der Befreiung von Obroa-skai geblieben waren, das Museum der Angewandten Photonik, erhob sich über den Käferhöfen der Umgebung in einem glitzernden Massiv aus Transparistahltürmen und Kristallplas-Galerien. Obwohl Nom Anor zu viel Zeit unter den Ungläubigen verbracht hatte, um sich von diesem Anblick beleidigen zu lassen, war er gerissen genug, um zu verbergen, wie behaglich er diesen Ort eigentlich fand. Er blieb auf der Schwelle stehen und warf einen sehnsüchtigen Blick hinaus auf die weite schwarze Ebene, dann setzte er ein angeekeltes Lächeln auf und folgte seiner Eskorte in die Lobby, wo hundert Gefangene, Verpinen, dastanden und ihre Bewacher aus unergründlichen Insektenaugen ansahen. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Subalternoffizier der Abteilung führte die Eskorte Nom Anor durch ein Labyrinth aus Gängen, die von wandernden Kugeln reinen Lichts erhellt wurden.

Tsavong Lah hielt sich in einer Kammer auf, die von einem Geflecht aus mindestens hundert Kilometern transparentem Faden umgeben war. Der Kriegsmeister war ein voll tätowierter Krieger mit zerfransten Lippen und einer auf die Knochen implantierten Rüstung. Er hielt ein kleines Hologerät in der Hand und betrachtete dessen Projektorscheibe mit einem Blick, mit dem andere Feiglinge und Sklaven bedenken würden.

»Jetzt«, sagte er zu dem Gerät.

Tsavong Lah hatte das Wort kaum ausgesprochen, als ein Blitz das gesamte Fadengewirr erleuchtete und dann durch die Luft zu dem Hologerät sprang. Eine Millisekunde später erschien das Bild eine X-Flüglers der Ungläubigen in Originalgröße über seiner Hand und hüllte den Oberkörper des Kriegsmeisters und den größten Teil des Raums ein. Der Sternjäger drehte sich langsam der Tür zu und eröffnete das Feuer; allein Nom Anor suchte keine Deckung.

»Wissen Sie, was ich damit tun würde, wenn ich an Stelle der Ungläubigen wäre?«, fragte Tsavong Lah aus dem Hologramm heraus.

»Es zerstören, da bin ich sicher«, antwortete Nom Anor. »Solche leblosen Dinge sind eine Beleidigung der Götter. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr es mich angewidert hatte, in ihrer Umgebung zu leben, während ich den Weg für unsere Invasion bereitet habe.«

»Wir alle müssen tun, was notwendig ist, Exekutor, und Sie wurden bereits belobigt, weil Sie den Abschaum des Feindes ertragen haben.« Tsavong Lah klang gereizt und vielleicht ein wenig abgelenkt. »Wir können nicht bekämpfen, was wir nicht verstehen. Zum Beispiel könnten unsere Korallenskipper leicht von solchen Bildern irregeleitet werden. Wenn ich der Feind wäre, würde es in der Galaxis von solchen Geräten wimmeln.«

»Die Galaxis wimmelt längst von ihnen«, gab Nom Anor widerborstig zurück. »Daran gibt es nicht viel Bewundernswertes, Erhabener. Sie sind in ihren Fähigkeiten so begrenzt wie unsere Gegner.«

Der X-Flügler verschwand, dann ließ Tsavong Lah den Holoprojektor auf den Boden fallen und zertrat ihn unter der Vuasa-Klaue, die sich an der Stelle befand, wo Jacen Solo ihm den Fuß abgeschlagen hatte.

»Der Feind hat sich immerhin in der Lage befunden, Ihre Pläne mehrmals zu durchkreuzen.« Die Worte des Kriegsmeisters troffen von Hass; da er fest an die Überlegenheit der Yuuzhan-Vong-Götter glaubte, erkannte er den Einfluss von Glück nicht an und betrachtete jedes Scheitern als Anzeichen spiritueller Dekadenz. »Ich hoffe, das war diesmal nicht der Fall?«

»Der Chilab funktionierte hervorragend.« Nom Anor tippte sich an die Seite des Kopfes, dann bedeckte er die Nasenlöcher und blies Luft in die Nebenhöhlen. Obwohl ihm der Glaube fehlte, um den Schmerz der Nervenablösung zu genießen, täuschte er ein befriedigtes Lächeln vor, als das Ding seine Dendriten von seiner Sehnervkreuzung im Gehirn löste und durch die Nasenhöhle austrat. Er ließ es aus der Nasenhöhle fallen und präsentierte es Tsavong Lah. »Ich konnte mir auf dem Weg hinein alles genau ansehen. Bestimmt wird das Gedächtnis des Chilahs sich bei der Planung unseres Angriffs als wertvoll herausstellen.«

»Ohne Zweifel.« Tsavong ließ den Wurm in die Tasche des mit Krallen ausgestatteten Umhangs gleiten, der ihm von den Schultern hing. »Ich werde es mir später ansehen. Ist Ihr Treffen mit Leia Solo gut verlaufen?«

»Sehr gut.« Es wäre undenkbar gewesen, anders zu antworten. »Ganz gewiss werden die Jedi auf unsere Herausforderung reagieren.«

»Da sind Sie optimistischer, als ich es an Ihrer Stelle raten würde«, sagte eine dünne Stimme hinter ihm. »Die Jedi werden die Falle wittern und sehr vorsichtig sein.«

Nom Anor drehte sich um und sah einen gesprenkelten Federball, der auf dünnen Beinen zwischen den Wachen heranhüpfte. Die schlanken Ohren und der spiralförmige Fühler verliehen ihm ein wenig das Aussehen einer Motte, obwohl Nom Anor dieses Wesen für wesentlich lästiger hielt.

»Vergere«, schmollte er. »Ich wusste nicht, dass Sie sich so gut mit Jedi auskennen.«

»Vergere kennt sie besser als ich«, sagte Tsavong Lah. »Sie war diejenige, die sagte, die Jeedai würden Sie am Leben lassen. Ich hätte geglaubt, sie würden Sie auf der Stelle umbringen.«

»Vielleicht waren Sie dichter an der Wahrheit als Ihre Begleiterin.« Nom Anor weigerte sich, Vergere als Beraterin zu bezeichnen, denn die eigenartige kleine Kreatur war die Vertraute einer Agentin gewesen, die bei dem Versuch verschollen war, die Jedi mit einer Krankheit zu infizieren. Beraterin von Tsavong Lah war sie nach kurzer Gefangenschaft beim Geheimdienst der Neuen Republik geworden, wo sie es geschafft hatte, in wenigen Wochen so viele Informationen über den Feind zusammenzutragen wie Nom Anor in all den Jahren als Agent provocateur. Man hatte ihre Treue in Frage gestellt, doch nachdem sich die Verlässlichkeit ihrer Informationen erwiesen hatte, war sie zu Nom Anors größtem Rivalen geworden.

»Leia Solo und ihr Lebensgefährte haben versucht, mich zu töten, wie Sie es erwartet haben«, fuhr Nom Anor fort, »aber mir gelang es, ihre menschlichen Emotionen anzusprechen und so mein Leben zu retten.«

»Dann können Sie jetzt vielleicht die Emotionen der Jedi kontrollieren?«, spottete Vergere. »Vielleicht sollten Sie die Jedi dazu bringen, sich uns zu ergeben.«

»Man kann eine Tana mit einem Lächeln und sanften Worten in die Spritzgrube locken.« Nom Anor breitete die Hände aus und wandte sich Tsavong Lah zu. »Aber selbst ich kann sie nicht überreden, den Hals in ein Joch zu stecken.«

Der Kriegsmeister belohnte ihn mit einem knappen Nicken. »Ich bin mehr daran interessiert, was Leia Solo sagte, als daran, warum Sie noch am Leben sind. Wie hat sie reagiert, als die Gabe der Qual die Ungläubigen vernichtete?«

»Sie wollte mich umbringen.«

»Aber sie hat es nicht getan«, bemerkte der Kriegsmeister. »Was hat sie stattdessen getan?«

»Ich überzeugte sie davon, dass sie gleichzeitig mit mir Millionen von Flüchtlingen töten würde.« Nom Anor selbst fiel auf, dass er sich ein wenig zu stark an diese Behauptung klammerte − vielleicht wegen der Schmach, die er schon auf Duro durchs Leias Hände erlitten hatte. »Sie gab nach.«

»Sie gab nicht nach − sie weigerte sich nur, Schuld auf sich zu laden.« Vergere äußerte dies wie eine Tatsache, nicht wie eine Vermutung. Sie hüpfte hinüber zu Tsavong Lah. »Ihr Leben lang ist sie Diplomatin gewesen. Sie würde genauso wenig auf eine solche Falle hereinfallen wie Sie in einen Hinterhalt fliegen würden.«

Tsavong Lah dachte über ihren Einwand kurz nach. »Vielleicht scheint es so, doch möglicherweise passiert noch etwas.« Er sah über Vergeres gefiederten Rücken zu Nom Anor. »Leia Solo ließ Sie aus einem bestimmten Grund am Leben. Weshalb?«

Die Antwort bestand natürlich darin, dass sie ihm ihr Ehrenwort gegeben hatte, aber Nom Anor hütete sich, das zu erwähnen. Diese Antwort würde der Ansicht widersprechen, die der Kriegsmeister zuvor geäußert hatte, und während ein Untergebener bei den Yuuzhan Vong sich vielleicht einschmeicheln würde, Komplotte schmieden oder sogar an Umsturz denken könnte, würde er seinem Vorgesetzten niemals widersprechen. Manchmal fragte sich Nom Anor, ob es nicht besser war, wie die Ungläubigen es hielten, und allein die Tatsache, dass er bei diesem Gedanken nicht automatisch vor der Vergeltung der Götter Schutz suchte, war ihm ein Zeichen, dass er schon viel zu lange von seinem Volk getrennt gelebt hatte. Er ließ also für den Moment die Frage außer Acht, warum er gezwungen worden war, die qualvolle Einführung des Chilabs zu erdulden, wenn der Kriegsmeister seine Rückkehr gar nicht erwartet hatte, und zuckte mit den Schultern.

»Ehe sie mich freigelassen hat, gab sie mir eine Warnung mit auf den Weg. Sie sagte, ich sollte Ihnen mitteilen, die Jedi würden die Verantwortung für die Geiseln ablehnen − und dass jeder weitere Gesandte mit einer ähnlichen Drohung nicht zurückkehren würde.«

Falls Tsavong Lah den leichten Widerspruch zu Nom Anors Behauptung registrierte, der Exekutor habe Leia kontrolliert, so ließ er sich das nicht anmerken. Er blickte einfach nur Vergere an.

»Wieder richtig, meine Dienerin.«

Sie lächelte ihn an. »Habe ich nicht gesagt, die Jedi würden sich als würdige Gegner erweisen?«

»In der Tat«, sagte der Kriegsmeister. »Aber die Flüchtlinge werden ihr Untergang sein. Sie werden der Keil sein, der die Neue Republik und die Jedi auseinander treibt.«