6

 

So unmöglich es auch war, die beeindruckende Kaskade flüssigen Metalls vor den Transparistahlfenstern des Zinnober-Mond-Schlupfwinkels zu ignorieren, Han versuchte es. Er saß in der Schwimmhalle des verlassenen Mineralbades, das die Wilden Ritter als Basis benutzen, versuchte, sich auf die beiden Datenblöcke vor sich zu konzentrieren und lauschte dem Surren und Klicken von Leias Beinstützen, während sie ihre Runden im leeren Becken zog. C-3PO stand hinter der abgedeckten Bar und benutzte einen portablen HoloNet-Empfänger, um Zugang zu Datenbanken quer durch die Galaxis zu bekommen und weitere Einträge den Listen hinzuzufügen, die Han gerade studierte. Es war eine unglaubliche Arbeit, weil CorDuro so viele Angestellte hatte, von denen wiederum so viele irgendwann einmal Mitglied einer illegalen Organisation gewesen waren. Han fragte sich, ob seine eigene Akte in diesem Licht betrachtet ähnlich ausgesehen hätte, oder sogar Leias. Schmuggler, Aufständische, Hutt-Mörder…

Der Name einer Frau, die einst als Sekretärin in Thrackan Sal-Solos Menschenliga tätig gewesen war, erschien auf dem Bildschirm. Han trug sie in die Liste derjenigen auf dem zweiten Datenblock ein, die noch einer genaueren Untersuchung zu unterziehen waren, dann rief er mit einem elektronischen Stift den nächsten Eintrag auf. Irgendwo in dieser Liste würde er jemanden entdecken, der Roxi Bari kannte, und da konnte er den Faden aufnehmen und bis zu der Person zurückverfolgen, die es darauf abgesehen hatte, seine Frau zu töten. Jedenfalls hoffte er das. In der Woche, die vergangen war, seit sie die Star Roamer gekapert hatten, war dies der vielversprechendste Plan gewesen, den sie entwickelt hatten, und inzwischen wurde die Zeit zu knapp, um einen neuen auszuhecken. Die Wilden Ritter hatten einen geheimnisvollen Kampfverband ausgemacht, der in einem benachbarten System herumschnüffelte; und wie die Flottille, die bei Corellia über den Falken hergefallen war, operierte dieser Verband mit deaktivierten Transpondern und wurde von Zollfregatten der Lancer-Klasse unterstützt.

Leias Klicken wurde lauter. Han blickte auf und sah, wie sie näher kam und mit den Armen ruderte, um die Balance zu halten, während die kybernetischen Stützen ihre Beine davon abhielten einzuknicken.

»Das war’s.« Sie blieb vor ihrem Repulsorstuhl stehen und drehte sich mit dem Rücken zu ihm, streckte die Arme nach Han aus, damit er ihr half, sich zu setzen. »Diese Stützen sind noch nicht richtig angepasst. Ich kann meinen Fuß nicht richtig biegen.«

»Lass dir Zeit.« Han erhob sich nicht. Leia hatte nur sechs der fünfundzwanzig Runden geschafft, die Cilghal − die vollendetste Heilerin der Jedi − ihr verschrieben hatte, und heute war der erste Tag, an dem sie überhaupt mehr als vier gedreht hatte. »Du musst dich einfach an die Dinger gewöhnen.«

»Danke für Ihre Meinung, Dr. Solo«, sagte Leia trocken. Sie stand weiter mit ausgestreckten Armen da. »Würdest du mir bitte in den Stuhl helfen, damit ich diese Teile abnehmen kann?«

Han ließ den Stift auf den Tisch fallen. »Aber sicherlich.«

Durch die dreimalige Bacta-Anwendung pro Tag war die Infektion in Leias Beinen schließlich besiegt worden, doch Han schien es, als habe sich in ihr eine andere Infektion ausgebreitet, gegen die Bacta nichts ausrichten konnte. Leia strahlte eine Niedergeschlagenheit aus, die seit Corellia immer mehr zunahm. Alle Bemühungen, sie aufzumuntern, zogen unausweichlich scharfe Entgegnungen nach sich, jeder Versuch, sie zu motivieren, endete in einem mürrischen Rückzug ihrerseits. Das war nicht mehr die Leia, die er vor so vielen Jahren geheiratet hatte, ehe… nun, ehe er selbst durchgedreht war und sie aus seinem Leben ausgeschlossen hatte. Diese Person besaß Leias Gesicht und Stimme, ihren Körper und sogar ihren Scharfsinn, doch hielt sie selbst sich abseits; es war, als hätten die Yuuzhan Vong ihm Leia fortgenommen, ohne sie zu töten, und jetzt wollte er sie zurück.

»Han?« Leia schwebte halb über dem Sitz des Repulsorstuhls, ihre Arme umklammerten Han. »Willst du mich hier so hängen lassen?«

»Nein.« Han zog sie auf die Beine, dann nahm er ihren Arm und zog sie zwei Schritte auf das Becken zu. »Machen wir ein paar Runden zusammen. Falls etwas nicht richtig eingestellt ist, fällt es mir vielleicht auf.«

»Falls, Han?« Leia befreite ihren Arm. »Sollte ich nicht diejenige sein, die das beurteilen kann?«

Han seufzte. »Sieh mal, möglicherweise sind die Stützen unbequem, aber leider gibt es nur eine bestimmte Anzahl Einstellungen. Ich habe sie alle ausprobiert.«

Leia kniff die Augen zusammen. »Ich weiß also nicht, wovon ich rede?«

»Ich sage doch lediglich, du solltest dem Ganzen mehr Zeit geben.« Han nahm sie wieder in den Arm. »Komm schon, nur ein paar Runden.«

»Hast du überhaupt nicht zugehört?« Leia weigerte sich, ihre Füße zu bewegen, und Han konnte sie nicht weiter ziehen, ohne sie umzuwerfen. »Es tut weh. Ich kann heute nicht mehr.«

C-3PO schaute bei dem scharfen Klang von Leias Stimme auf und wollte etwas sagen, entschied jedoch weise, seine Einmischung sei nicht erforderlich.

»Du meinst, du willst nicht«, sagte Han.

»Also gut, ich will nicht.« Leia schleppte sich die beiden Schritte zu ihrem Stuhl zurück. »Wo liegt der Unterschied? In beiden Fällen hilfst du mir in den Stuhl und aus diesen Stützen. Falls du das nicht kannst…«

»Ich kann es«, sagte Han und ergab sich seiner Wut. »Ich kann dich den Rest deines Lebens in diesen Stuhl setzen und wieder herausholen, wenn du das unbedingt möchtest. Was ich nicht kann, ist, diese Stützen bequemer anzupassen, also musst du den Schmerz einfach in Kauf nehmen und weitergehen. Wenn dieser Kampfverband von Mördern hier auftaucht − und er wird bestimmt hier auftauchen −, wäre es schön, wenn du wegrennen und dich verstecken könntest.«

»Was für ein guter Rat, ausgerechnet von dir«, sagte Leia.

»Was willst du damit sagen?«

»Das kannst du dir bestimmt denken«, sagte Leia. »Nach Chewbaccas Tod bist du weggerannt. Und du bist weiter und weiter gelaufen…«

Leia hielt inne und blickte zur Seite, und Han begriff nun langsam, dass sie nicht über kybernetische Stützen oder die Anzahl von Leias Runden sprachen, und nicht einmal darüber, ob sie wirklich wieder gehen wollte.

Leia schüttelte den Kopf. »Das führt zu nichts. Lassen wir das Thema fallen.«

»Nein, immer nur raus damit«, erwiderte Han. »Es ist Zeit, dass du es mir offen sagst.«

Immer noch schaute Leia zur Seite. »Ich habe gar nichts sagen wollen…«

»Doch, doch«, sagte Han mit einer Demut, die er sich im letzten Jahr schwer erarbeitet hatte. »Die Wahrheit ist schließlich: So, wie ich die Sache gehandhabt habe, sind mir einige Fehler unterlaufen.«

Jetzt blickte Leia ihn an, und ihre Augen waren groß wie Sensorschüsseln. »Ich nehme an, du könntest Recht haben«, sagte sie vorsichtig. »Aber du musstest deine Trauer ausleben.«

»Ja, und vielleicht musste ich sogar Droma helfen, seinen Clan zu finden. Allerdings hätte ich dazu nicht eine Bombe auf unsere Familie zu werfen brauchen.« Han schwieg für einen Moment, dann − und dabei zwang er sich, den Blick nicht abzuwenden − sagte er: »Leia, es tut mir Leid.«

In Leias Augen glänzten Tränen. Sie hielt seinen Blick einen Moment, dann machte sie einen mühsamen Schritt auf ihn zu. Han griff nach ihren Händen, aber sie überraschte ihn, als sie die Arme um seinen Bauch schlang und ihre Wange an seine Brust drückte.

»Mir auch«, sagte sie, »mir tut es auch so Leid. All die Jahre habe ich mich immer nur um die Neue Republik gekümmert und von dir und den Kindern ein so großes Opfer verlangt.«

»Hey, dies ist meine Entschuldigung.« Han fasste sie an den Schultern. »Was du für die Neue Republik getan hast, war wichtig.«

»Das stimmt − aber ich hatte auch Anteil an dem, was passiert ist«, sagte Leia. »Seit du wieder zurück bist, ist mir klar geworden, dass ich nicht gerade der Klebstoff bin, der die Familie zusammenhält.«

»Du hattest alle Hände voll damit zu tun, die Galaxis zusammenzuhalten.« Han gefiel die Richtung nicht, die dieses Gespräch nahm; wenn Leia sich die Schuld an den familiären Problemen einredete, würde sie anschließend nicht härter mit ihren Stützen trainieren. »Ich hätte mir keinen schlimmeren Zeitpunkt aussuchen können, dich allein zu lassen.«

»Hatte ich nicht ständig alle Hände voll zu tun? Das ist der entscheidende Punkt. In all den Jahren habe ich, so glaube ich heute, immer versucht wieder aufzubauen, was ich bei der Zerstörung von Alderaan verloren habe.« Leia legte die Hand aufs Herz. »Ich habe einfach nicht erkannt, dass ich es bereits hier hatte − hier, bei dir und den Kindern.«

Han fehlten die Worte. Mittlerweile konnte er sich nicht einmal mehr entschuldigen, ohne dass sein Gegenüber ebenfalls um Verzeihung bat.

»Wenn wir uns nicht auf Duro wieder gefunden hätten«, fuhr Leia fort, »wäre ich einsam und verlassen gestorben − als Fremde für meine eigene Familie.«

Han wollte entgegnen, das stimme nicht, oder zumindest, dass sie nicht wissen könne, was passiert wäre, oder dass die Macht sie zueinander zurückgeführt habe. Doch das hätte hohl geklungen und war nicht das, was Leia hören wollte. Er musste sie wachrütteln, musste ihr verdeutlichen, dass sie die Sache überstanden hätten, wenn sie nur Herz und Augen öffnen und es wahrnehmen würde.

»Weißt du, an wen du mich erinnerst?«, fragte er. »An Borsk Fey’la, der das ganze Verdienst für sich beansprucht.«

Leia fiel die Kinnlade runter. »Borsk Fey’la? Wie kannst du es wagen…« Sie bemerkte den Übermut in Hans Miene, denn sie ließ den Rest des Satzes unausgesprochen und sah Han böse an. In ihren Augen leuchtete der alte, wohl bekannte Funken auf, und sie blickte Han von der Seite an. »Borsk! Wirklich?«

Han lächelte halb. »Wirklich. Du fühlst dich einfach für zu viele Dinge verantwortlich. Mich hättest du durch die halbe Galaxis jagen und aus tausend Tapcafs zerren müssen.«

Leia dachte darüber nach, dann sagte sie: »Weißt du, ich bin tatsächlich zu hart mit mir selbst.« Sie schien zwei Jahre alte Sorgenfalten binnen ebenso vieler Sekunden abzustreifen und fügte hinzu: »Wie du schon sagtest, warst du derjenige, der mich ausgeschlossen hat. Was sollte ich denn tun? Dir Betäubungshandschellen anlegen und einen Verhördroiden vom Geheimdienst der Neuen Republik ausleihen?«

»Natürlich nicht«, sagte Han und fragte sich langsam, wer hier mit wem sein Spielchen trieb. »Aber du hast schon Recht, wir haben beide unseren Teil beigetragen…«

»Nein, wo du Recht hast, hast du Recht. Ich werde darüber nicht streiten.« Leias Lächeln − nicht ganz ein triumphierendes Grinsen − wurde hart wie Durastahl. »Allerdings wirst du das nie wieder tun, Han. Wenn du das nächste Mal Hilfe brauchst, rennst du nicht einfach wieder davon.«

Han fühlte sich, als hätten sich die Schwerkraftregler des Mineralbades neu justiert. Es kribbelte in seinem Bauch, er hörte Glocken in den Ohren und fühlte sich ein wenig schwach in den Knien. Dies war die Leia, wie er sie in Erinnerung hatte. Sie fasste ihn am Hemdkragen, da sie sich nicht auf die Zehenspitzen stellen konnte, und wollte ihn zu sich herunterziehen und küssen.

»Nicht so schnell.« Han löste sich von ihr und trat an den Rand des leeren Beckens zurück. »Wenn du einen Kuss willst, hol ihn dir.«

Leia zog die Augenbrauen hoch. »Ich soll dafür arbeiten?« Sie sah ihn von oben bis unten an und schleppte sich schließlich hinter ihm her. »Ich rate dir bloß, dass es ein guter Kuss wird.«

Han schenkte ihr sein hübschestes Grinsen. »Oh, der wird gut.« Er wartete, bis sie ihn fast erreicht hatte, dann zog er sich am Rand des Beckens entlang bis zu C-3PO zurück. »Genauso gut wie die früheren.«

»Wie die früheren?«, wiederholte Leia. »Du bist überhaupt nicht von dir eingenommen, was?«

Sie wurden durch einen aufgeregten Schrei von C-3PO unterbrochen. »Ich habe etwas gefunden!« Er übermittelte den Eintrag zu einem der Datenblöcke, über denen Han gesessen hatte, dann verkündete er: »CorDuros Flotten-Vizepräsident ist durch Heirat mit Roxi Bari verwandt, und er ist finanziell beträchtlich an den Kuat-Triebwerkswerften beteiligt.«

Han spurtete auf den Tisch zu − er hörte, wie Leia sich bemühte, Schritt zu halten, also ging er zurück und begleitete sie.

»Wie beträchtlich?«, fragte Leia.

»Mit fast dem Tausendstel eines Prozents«, berichtete C-3PO. »Der gegenwärtige Wert beträgt über einhundert Millionen Credits.«

Han pfiff und nahm den Datenblock, den er so hielt, dass auch Leia lesen konnte. Sie hatten den Text fast bis zum Ende des ersten Bildschirms gelesen, als ein erhebliches Problem auftrat. Der Flotten-Vizepräsident war vor einigen Monaten unter mysteriösen Umständen verschieden, kurz nachdem er die Scheidung von Roxis Schwester eingereicht hatte.

»Oh weh«, sagte C-3PO. »Wie kann er es dann gewesen sein?«

»Ich glaube, er kann es sowieso nicht gewesen sein«, meinte Leia. »Wir haben einen ausgewachsenen Kampfverband auf den Fersen. Dieser Kerl hatte nicht die Mittel, um sich solchen Einfluss zu erkaufen. Wir brauchen jemanden mit Beziehungen zur Regierung auf einer Welt, die Zollfregatten der Lancer-Klasse einsetzt − und zwar mit reichlich Beziehungen. Schließlich schickt niemand einen anonymen Kampfverband dem Millennium Falken hinterher, nur weil der Kommandant einer Flottille es möchte.«

»Vielleicht braucht man auch jemanden in der Regierung«, sagte Han. Er setzte sich und begann zu suchen. »C-3PO, beschaff mir alles, was du über Viqi Shesh finden kannst. Ich glaube, wir haben die Sache am falschen Ende angepackt.«

»Senatorin Viqi Shesh?« Leia klang nicht überrascht, eher vorsichtig. »Warum denkst du an sie?«

»Fregatten der Lancer-Klasse und A-9-Vigilant-Jäger«, sagte Han. »Sie werden auf Kuat hergestellt, und dieser erste Fregattenkapitän hatte einen Kuati-Akzent.«

»Interessant«, sagte Leia. »Und wie wir wissen, hat sie Verbindungen zu CorDuro. Nur deswegen muss sie nicht diejenige sein, welche.«

»Vielleicht nicht«, antwortete Han. »Wenn nun aber doch?«

Er begann, eine Nachricht für Luke zu verfassen.

Leia stand hinter ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Nein, frag ihn nicht, ob Viqi Erkundigungen über meinen Aufenthaltsort eingezogen hat. Frag ihn, ob sich irgendwer nach mir erkundigt hat.«

Han beendete die Nachricht, kodierte sie und übermittelte sie an C-3PO, damit er sie abschicken konnte. Sie erhielten die Antwort drei Tage später. Ja, es habe eine Nachfrage gegeben, aber nicht von Shesh. Ihr Stabschef hatte seit dem Fall von Duro versucht, Leias Aufenthaltsort zu erfahren, und hatte flammende Reden vor dem Geheimdienst der Neuen Republik und vor SELCORE gehalten, jeweils unter dem Vorwand, besorgt um Leias Sicherheit zu sein. Er war sogar in ihrer Wohnung aufgetaucht − wo er von den beiden Noghri-Leibwachen, die dort inzwischen eingetroffen waren, um die beiden auf Duro umgekommenen zu ersetzen, nichts erfahren hatte. Die Spur konnte man nicht gerade als superheiß bezeichnen, aber sie war immerhin so eindeutig, dass beide Solos glaubten, die Person ausgemacht zu haben, die hinter den Anschlägen steckte.

Angesichts der Beweise, die sie bereits gesammelt hatten und die den Verrat von CorDuro offen legten, verbrachten Han und C-3PO die nächsten Tage vergeblich damit, eine nachweisbare Verbindung zwischen Viqi Shesh und der Gesellschaft herzustellen. Sie konnten lediglich beweisen − jedenfalls nach den Daten, auf die sie vom HoloNet aus Zugriff hatten −, dass Shesh die schlechte Entscheidung getroffen hatte, alle SELCORE-Transporte über eine Firma abzuwickeln, die mit den Yuuzhan Vong kollaborierte.

Leia steuerte bei, was sie konnte − hauptsächlich Ideen −, verbrachte jedoch den Großteil ihrer Zeit entweder im Bacta-Tank oder damit, in ihren kybernetischen Übungsstützen durch das leere Becken zu stapfen. Am Ende der Woche schaffte sie fünfzig Runden, doch ihre Beine schmerzten ständig, und sie konnte sie noch immer nicht dazu bringen, ihr vollständig zu gehorchen. Als sie Cilghal eine Nachricht schickte und von dem unkontrollierbaren Muskelzittern berichtete, bekam Leia die Antwort, sie solle so schnell wie möglich einen Nervenspleißer aufsuchen. Die Unterbrechung der Bacta-Therapie habe vermutlich ein falsches Zusammenwachsen der Nerven verursacht, und jeder Tag, den sie die Korrektur des Schadens hinauszögerte, erhöhe das Risiko, dass sie niemals wieder richtig gehen könne.

Leia und Han hielten sich in ihren Quartieren auf und suchten gerade Welten mit guten Nervenspleißern − bisher waren sie auf Balmorra, Kuat und Coruscant fündig geworden −, als es an der Tür klopfte. C-3PO brauchte eine halbe Standardminute, um den plätschernden Springbrunnen in der Mitte des Raumes zu umkreisen und die Tür zu öffnen.

»Mistress Eelysa, was für eine angenehme Überraschung!«, sagte er.

Leia wandte sich in ihrem Repulsorstuhl um und sah Eelysas schlanke Gestalt, die aus dem großzügigen Foyer eintrat. Ihr dunkles Haar hing offen über die Schultern ihres Overalls. In der Hand hielt sie einen dieser Säbelzahnnager, die offensichtlich nach der Schließung des Mineralbades die Herrschaft hier übernommen hatten − zumindest der Anzahl dieser Tiere nach, welche die Solos tot vor ihrer Unterkunft fanden. Han und Leia hatten Eelysa mehrmals getroffen, seit sie den Bacta-Tank verlassen hatte, doch zum ersten Mal besuchte die Jedi sie in ihrem Quartier. Mit ihren grünen Augen betrachtete sie die Milchsteinwände, die erhabenen Bogengänge und die schwebende Kuppel über dem Brunnen.

»Und ich habe geglaubt, mein Zimmer wäre schön«, sagte Eelysa.

»Offensichtlich dachte Izal, wir würden uns in der Hochzeitssuite mehr zu Hause fühlen«, erklärte Leia. Sie deutete auf den Kadaver, den Eelysa in der Hand hielt. »Geben Sie ihn C-3PO, er wird ihn entsorgen. Wir finden sie ständig in der Halle.«

C-3PO streckte die Hand nach dem Nagetier aus, aber Eelysa zog es zurück und versuchte − ohne Erfolg −, nicht zu lächeln, als sie die Tür mithilfe der Macht schloss.

»Eigentlich ist das einer der Gründe, weshalb ich hier bin.« Sie ging in die Küche. »Die Barabels beschweren sich schon langsam über Ihre Undankbarkeit«, sagte sie über die Schulter.

Han runzelte die Stirn. »Undankbarkeit?«

Eelysa kam aus der Küche und trocknete sich die Hände ab. »Diese Kadaver sind Höflichkeitsgeschenke von Tesar und den Hara-Schwestern«, erklärte sie. »Aber bedanken Sie sich nicht bei ihnen, sonst glauben sie, Sie wollten noch mehr davon.«

Sie zog einen Holowürfel aus der Tasche. »Diese Nachricht ist über das HoloNet reingekommen. Saba bat mich, sie Ihnen zu überbringen, ehe ich gehe.«

»Gehören Sie mit zur Vorhut?«, fragte Leia. Der mysteriöse Kampfverband schnüffelte inzwischen auch in den Systemen hier in der Nähe herum, daher würden die Wilden Ritter diese Basis verlassen, sobald sie und Leia aufgebrochen waren. »Sind Sie schon wieder so weit hergestellt?«

Eelysa deutete auf ihre Brust. »So gut wie neu, aber ich gehe nicht mit zur neuen Basis. Ich kehre nach Corellia zurück.«

Han wirkte besorgt − so wirkte er in letzter Zeit häufig. »Ist es dort sicher für Sie?«

»So sicher wie an anderen Orten auch«, antwortete Eelysa. »Und irgendjemand muss ein Auge auf Centerpoint werfen. Wenn es ihnen gelingt, die Station wieder in Gang zu bringen, weiß man nicht, was Thrackan alles in die Luft jagen wird.«

»Wenn wir Glück haben, sich selbst«, sagte Han. Er stand auf und streckte ihr die Hand entgegen. »Passen Sie gut auf sich auf.«

Eelysa ignorierte die Hand und umarmte ihn. »Nochmals danke. Ich weiß nicht, wie Izal und die Barabels mich sonst dort herausgeholt hätten, wenn Sie nicht gewesen wären.«

»Ohne mich wäre es vermutlich nicht notwendig gewesen«, meinte Han und setzte sich wieder. »Aber es war schön, Sie wiederzusehen.«

Eelysa beugte sich vor und umarmte auch Leia. »Ich werde stets an Sie denken. Erholen Sie sich gut.«

»Das habe ich schon«, sagte Leia. »Seien Sie vorsichtig. Lassen Sie sich nicht zu dummen Risiken verleiten.«

»Ich?« Eelysa deutete mit dem Daumen auf Han. »Sie fliegen doch mit Han Solo.«

Leia wartete, bis C-3PO Eelysa zur Tür gebracht hatte, dann aktivierte sie den Holowürfel. Er spielte eine kurze Vidnachrichten-Sequenz ab, in der über eine neue Bewegung im Senat berichtet wurde, die sich für eine Beschwichtigungspolitik einsetzte und eine Abstimmung verlangte, mit der die Jedi zu Gesetzlosen erklärt und die Waffenstillstandsbedingungen von Kriegsmeister Tsavong Lah akzeptiert werden sollten. Obwohl die Unterstützer eindeutig Senatoren von bislang unbesetzten Kernwelten waren, erschien Lukes Bild nach dem Bericht, und er erklärte, Viqi Shesh sei die Anführerin dieser Bewegung. Sie habe bereits eine Vereinbarung mit Borsk Fey’la getroffen, und Luke bat Leia und Han, ihm jegliche Informationen über ihre Verbindungen zu CorDuro zu schicken. Er warnte sie auch, dass Sheshs Stabschef eine stille Abmachung mit dem Geheimdienst der Neuen Republik getroffen hatte, damit er benachrichtigt wurde, sobald man ihren Aufenthaltsort erfahren habe.

Luke hatte sich noch nicht ganz verabschiedet, da warf Leia den Würfel schon gegen die Wand. »Diese Frau ist das reinste Gift. Mich zu töten genügt ihr nicht − jetzt geht sie gegen alle Jedi vor!«

Han sah von Leia zu dem zerbrochenen Würfel. »Sie hat jedenfalls den Mord an einem Holowürfel auf dem Gewissen, das ist sicher.«

»Sie ist korrupt. Und wir wissen das«, sagte Leia. »Die einzige Frage ist, wie korrupt.«

»Spielt das eine Rolle?«, fragte Han. »Wir können es nicht beweisen. Wenn wir sie nicht ermorden, können wir sie kaum davon abhalten, dieses Beschwichtigungsvotum zu beantragen.«

»Ermorden?« Leia stützte sich auf die Lehne ihres Stuhls und küsste Han. Sie küssten sich häufig in letzter Zeit. »Han, du bist ein Genie.«

Er wirkte besorgt. »Vielleicht… glaubst du tatsächlich, das würden wir schaffen?«

»Nicht körperlich«, sagte Leia. »Politisch. Rufmord. Wir versuchen, ihren wahren Charakter zu entlarven.«

Han blickte sie verwirrt an. »Leia, sie ist von Kuat. Niemand erwartet von ihr, Moral zu haben.«

»Und genau deshalb wird es funktionieren«, sagte Leia. »Es ist Zeit, dass wir zur Abwechslung mal Viqi Shesh jagen. Das ist unsere einzige Möglichkeit, diese Sache zu gewinnen.«

»Ich bin sehr fürs Gewinnen«, stimmte Han zu. »Aber mit dem, was wir bisher haben, werden wir das vermutlich so bald nicht hinbekommen.«

»Dann, mein Lieber, solltest du deine Definition von Gewinnen ein wenig ausweiten.« Leia tätschelte seine Wange, wandte sich an C-3PO, der sich dem zerschmetterten Würfel bereits mit einem Kehrgerät näherte, und sagte: »Bring mir einen Datenblock. Und besorg mir die Kom-Adresse von Senator Kvarm Jia. Ich brauche ihn, um einen Korruptionsausschuss ins Leben zu rufen.«

»Ohne Beweise?« Ein schurkisches Lächeln spielte um Hans Lippen. »Ich dachte, du würdest keine schmutzigen Spielchen treiben.«

»Ausnahmsweise doch«, sagte Leia. »Diese Frau versucht, meine Kinder zu Gesetzlosen zu machen.«