27

 

Lando wischte seine schweißnasse Hand am Hosenbein ab, dann legte er den Datenblock dem Subalternoffizier des Yuuzhan-Vong-Entertrupps in die deutlich trockenere Hand. Das Bild zeigte siebzehn junge Jedi-Ritter, die sich auf der Lady Luck um einen Esstisch versammelt hatten. Obwohl ihre Teller mit grünen Thakitillo gefüllt waren − Lando hatte seinem Koch befohlen, das beste Gericht der ganzen Reise zu servieren −, aß keiner der Jedi. Die meisten hielten nicht einmal die Löffel.

»Sie wirken erregt«, stellte der Subalternoffizier fest. Der rohe Krieger mit dem fransigen dünnen Haar hielt den Datenblock auf Armeslänge, als könne er durch die Entfernung vermeiden, dass das Gerät ihn verunreinige. »Sind Sie sicher, sie wissen nichts von unserer Anwesenheit?«

»Sie sind Jedi«, antwortete Lando und täuschte Gereiztheit angesichts der dummen Frage vor. »Bestimmt spüren sie die Anspannung bei meiner Mannschaft, aber ich kann natürlich nicht ihre Gedanken lesen. Aber die Sichtfenster habe ich während der gesamten Reise geschlossen gehalten.«

Nach einem Augenblick nickte der Subalternoffizier und wandte sich an einen unbewaffneten − wenn auch schwer gepanzerten − Vorgesetzten vor der Luftschleuse der Lady Luck.

»Eia dag Lichtschwerter, Duman Yaght. Yenagh doa Jeedai

Der Vorgesetzte trat aus dem Übergangstunnel. Er war ein wenig kleiner als seine Untergebenen und hatte sein Gesicht zu einem Gitter aus hervorstehenden Narben gestalten lassen. Wie der Subalternoffizier trug er zwei kleine Villips auf den Schultern. Vor Lando blieb er stehen und sah ihn voller Erwartung an.

»Das ist Fitzgibbon Lane, Eigner der Stardream«, sagte der Subalternoffizier und stellte Lando unter seinem falschen Namen vor. »Er hat uns die Nachricht geschickt.«

Lando starrte den Subalternoffizier an und wartete, dass dieser ihn mit seinem Vorgesetzten bekannt machte. Als der Krieger, dem offensichtlich unbehaglich zumute war, den Blick senkte, sah Lando den Vorgesetzten an und wartete weiter. So nervös er bei diesem Schwindel auch war, er würde Verhandlungen nur auf gleicher Augenhöhe führen.

Einen Moment später sagte der Vorgesetzte: »Ich bin Duman Yaght, Kommandant der Exquisite Death. Sie haben ein paar Jeedai für mich?«

»Für Ihren Kriegsmeister«, berichtigte Lando. Er betrachtete die Anwesenheit des Kommandanten als Zeichen seiner Begierde und drehte den Datenblock, seinen Köder, in Richtung des Yuuzhan Vong. »Eigentlich habe ich siebzehn.«

Der Subalternoffizier zog eine finstere Miene und streckte die Hand aus, um Lando das gottlose Gerät aus der Hand zu schlagen, doch der Kommandant hob die Hand.

»Nein. Das muss ich mir selbst ansehen.«

Duman Yaght spähte auf den Schirm, wo Anakin und die anderen halbherzig Thakitillo löffelten. Das Kommandoteam war nicht informiert worden, dass der Feind an Bord gekommen war, zum Teil, weil Lando ihre Reaktion möglichst echt wirken lassen wollte, zum Teil auch, weil die Yuuzhan Vong so überraschend aufgetaucht waren. Die Lady Luck hatte gerade neben einem Kometen geschwebt und darauf gewartet, dass der Navcomputer den letzten Abschnitt der Reise berechnen würde, als der Entershuttle aus dem Schweif erschienen war. Er hielt genau auf das Andockportal zu, ein wurmartiger Durchgangstunnel reckte sich bereits, um anzulegen.

Es blieb kaum Zeit, Tendra zu warnen, bevor auf der Brücke Alarm wegen eines Kontakts an der Luftschleuse gegeben wurde. Lando erlaubte den Druckausgleich und rannte zur Schleuse, wo der Subalternoffizier die Außenluke öffnete. Ein Blick auf den Datenblock enthüllte ein korvettengroßes Korallenschiff, das hinter dem Kometen lauerte und dem Shuttle Deckung gab, und Lando erkannte, dass das Schiff bereits auf der Lauer gelegen hatte, als sie ins System gekommen waren. Er hatte sich töricht gefühlt − bis er begriffen hatte, was ihm dieses kluge Manöver über die Gier des Yuuzhan-Vong-Kommandanten verriet.

»Zufrieden?«, fragte Lando. »Ich würde sie bitten, frei zu schweben, aber das würde uns wahrscheinlich verraten.«

»Das wird nicht notwendig sein. Wir haben ihre Natur schon bestätigt.«

»Tatsächlich?« Lando gefiel das gar nicht, aber er würde sich nicht weiter danach erkundigen. »Wenn Sie die Jedi wollen, lassen Sie die Geiseln von Talfaglio frei.«

»Wenn ich sie will, werde ich sie mir nehmen«, entgegnete Duman Yaght.

Lando hob den Datenblock und drückte auf eine Funktionstaste. »Wir beide wissen, wozu siebzehn Jedi in der Lage sind, wenn sie eine Warnung bekommen. Zwingen Sie mich nicht, diese Taste loszulassen.«

Der Kommandant trat näher. »Glauben Sie, das würde mir etwas ausmachen?«

»Bestimmt nicht.« Lando grinste wesentlich selbstsicherer, als er sich fühlte. »Sogar ein Raumfels wie die Exquisite Death würde diesen Kahn binnen drei Sekunden zerstört haben. Und wie schade das wäre − keine Opfer für Yun-Yammka, keine weiteren Auslieferungen an Ihren Kriegsmeister.«

»Weitere Auslieferungen von Jeedai!« Das Blau unter Duman Yaghts Augen wurde heller. »Sie können noch mehr liefern?«

»Nur, wenn Talfaglio verschont wird − ich mache das schließlich nicht, weil Sie mir so sympathisch sind«, sagte Lando. »Wenn Sie wussten, wie Sie mich hier abfangen konnten, dann wissen Sie auch, wer ich bin. Und dass ich liefern kann.«

Duman Yaght senkte sein Kinn, ein vages Nicken. »Ich habe Ihre Nachricht gehört, ja.«

In der Nachricht, die an einen Horchposten der Yuuzhan Vong geschickt worden war, den die Geister identifiziert hatten, behauptete Lando, von Talfaglio zu stammen und in der Great-River-Jedi-Rettungsorganisation tätig zu sein. Er hatte ausreichend Details vergangener Operationen preisgegeben, um wie ein Tieffliegerpilot zu klingen, dann hatte er sich ein paar Minuten darüber ausgelassen, wie die Jedi ihn verrieten, indem sie Talfaglios Zerstörung zuließen. Zum Schluss nannte er Zeit und Ort und versprach, jeder, der ihn dort träfe, würde hoch belohnt.

Dumans Blick haftete auf dem Datenblock, wo die Jedi mittlerweile leise etwas besprachen. »Ich kann Ihnen im Namen des Kriegsmeisters keine Versprechungen machen.«

»Dann holen Sie sich die Berechtigung, und wir treffen uns am verabredeten Treffpunkt«, sagte Lando. Der nächste Schritt musste vom Yuuzhan Vong ausgehen; der Kerl musste glauben, er treibe die Sache selbst voran. »Ich übergebe sie nicht eher, als ich eine feste Zusicherung habe.«

Der Yuuzhan Vong dachte einen Moment lang nach. »So weit werden Sie es nicht mehr schaffen.« Er tippte mit einem schwarzen Fingernagel auf den Schirm des Datenblocks. »Ihre Jeedai sind nervös. Überlassen Sie sie mir jetzt, und wir werden sehen, was dabei herauskommt. Der Kriegsmeister wird sicherlich interessiert sein − das kann ich Ihnen versprechen.«

»Ich weiß nicht«, meinte Lando und zog den Haken fest. »Werden Sie auf Ihrem kleinen Felsen überhaupt mit so vielen Jedi fertig?«

»Wie wir mit den Sklaven fertig werden, soll nicht Ihre Sorge sein«, erwiderte Duman.

»Wäre es aber doch, wenn sie entkommen und sich auf die Jagd nach mir machen«, sagte Lando.

»Sie werden nicht fliehen. Dessen dürfen Sie sicher sein.«

»Natürlich«, höhnte Lando. Nachdem sein Gegenüber jetzt die Initiative ergriffen hatte, durfte er ein paar Risiken eingehen, und er wollte wissen, warum Duman Yaght so schnell gewusst hatte, dass sich Jedi an Bord der Lady Luck befanden. »Vielleicht sollte ich doch bis zum Treffpunkt weiterfliegen…«

»Das zu entscheiden, liegt nicht mehr bei Ihnen.« Duman Yaghts Stimme klang immer noch milde. »Sie können sie mir jetzt übergeben, und dann werden Sie mit dem Kriegsmeister sprechen. Dieser wird dann von Ihrem Beweis der Sorge um Talfaglios Flüchtlinge beeindruckt sein oder nicht. Oder Sie lassen diese Taste los, und wenn wir dann sterben, werden mit uns eine Million Geiseln untergehen.«

Lando blickte nach unten und fuhr sich über die Lippen, wobei er seine Nachdenklichkeit nicht einmal vortäuschen musste. Duman Yaghts Zuversicht, die Jedi kontrollieren zu können, erfüllte ihn mit Sorge, doch wagte er es nicht, weiter nach Information zu drängen. Er konnte die Taste loslassen und Alarm geben; dann würde er mit größter Sicherheit auf der Stelle sterben, allerdings hatten sie einen solchen Notfall eingeplant. Die Innenluke des Decks würde automatisch versiegelt werden, dann würden Detonit-Ladungen, die in der Außenluke der Luftschleuse versteckt waren, explodieren und den Entershuttle zerstören. Duman Yaght und der Entertrupp würden in den Raum gesaugt werden, und die Lady Luck würde um den Kometen herumjagen und im Hyperraum verschwunden sein, ehe man auf der Exquisite Death begriffen hatte, was überhaupt los war.

Aber die Mission wäre gescheitert, weitere Jedi würden sterben müssen − und warum? Weil Lando ein unbehagliches Gefühl hatte bei etwas, das Duman Yaght sagte? Er schüttelte resigniert den Kopf.

»Wenn Sie es so darstellen«, meinte Lando. Es lag nicht in seiner Verantwortung, die Mission abzubrechen − nicht, wo so viel davon abhing, nicht einmal, wenn die Kinder seines besten Freundes von Gefahr bedroht waren. »Aber ich bin nicht dumm. Ich weiß, wie so etwas funktioniert.«

»Gut«, sagte Duman Yaght. »Dann wissen Sie ja auch, dass das Leben Ihrer Landsleute auf Ihren Schultern ruht. Ich gebe Ihnen einen Villip, damit Sie in Verbindung zu mir treten können, wenn die nächste Lieferung bereit ist.«

Landos einzige Reaktion bestand in einem angewiderten Seufzen.

»Sie brauchen deshalb nicht gleich so rüde Töne von sich zu geben.« Duman Yaght packte Lando im Nacken, vielleicht eine Geste der Herrschaft oder der Freundschaft − oder sogar beides. »Von dieser Sache werden wir beide profitieren.«

Der Yuuzhan Vong winkte seinem Subalternoffizier und seiner Truppe, aber Lando stellte sich ihnen in den Weg.

»Nein. Ich habe das alles schon geplant«, sagte er. »Das ist mein Schiff, und deshalb machen wir es auf meine Weise − oder Sie können gleich Ihre Vulkankanonen abfeuern lassen.«

Der Subalternoffizier starrte ihn böse an, sah dann zu seinem Kommandanten.

»Wenn er möchte.« Duman Yaght grinste. »Sein Schiff…«

 

Jacen hatte nur eine einzige Bewegung in der Macht gefühlt, aber alle anderen hatten es ebenfalls bemerkt, und nun war es verschwunden. Er schob sich einen Löffel Thakitillo in den Mund, nahm den Geschmack jedoch kaum wahr. Sogar wenn Alema nicht plötzlich erbleicht wäre und mit den Lekku gewackelt hätte, wäre ihm der Ausbruch gierigen Aufruhrs nicht entgangen. Cilghal stellte die Theorie auf, die Störung rühre von einem Voxyn her, das nach Beute suche, aber Jacen fragte sich, ob es nicht eine einfachere Ursache haben könnte. Für ihn fühlte es sich wieder wie die rohe Erregung eines Tieres an.

Dieses Gefühl hatten auch einige der anderen Jedi in Jacens Gesellschaft. Die Mitglieder des Kommandoteams hatten ihre Emotionen einander geöffnet, als sie das Voxyn spürten, und er fühlte die Begierde von Ganner, Zekk, den Barabels, Eryl Besa und sogar Raynar, das Wesen zu vernichten. Andere − Tahiri, Lowbacca, Tekli, Ulaha − waren überrascht, wie schnell sich die Ereignisse entwickelten. Alema Rar war schockiert − mehr über sich selbst als über das Wesen. Tenel Ka zeigte grimmige Entschlossenheit, Anakin sorgte sich um die anderen, Jovan Drark war erpicht darauf, mit dem Spiel zu beginnen. Für Rodianer war alles im Leben ein Spiel.

Nur Jaina, deren Gefühle Jacen stets durch ihren Zwillingsbund spüren konnte, wirkte ruhig. Was immer auf sie zukam, mit Warnung oder ohne, sie würden damit fertig werden − oder auch nicht. Sie hatten ihr Schicksal der Macht in die Hand gelegt, und jetzt blieb ihnen keine andere Wahl, als der Macht zu vertrauen. Diese Gelassenheit hatte sich bei ihr durch die Erfahrung von Kampf und Tod und Leid ausgeprägt, die grimmige Ruhe eines Soldaten eben, der gleichermaßen Täter wie Opfer war.

Jacen aß noch einen Löffel Thakitillo. Hinter dem Speisebereich konnte er die Angst der Mannschaft spüren, Landos Besorgnis, weil etwas Unbekanntes vor ihm lag, Tendras Schuld, als sie sich der Kabinentür näherte. Er drückte die Zunge an den Gaumen und zerquetschte den Quark, dann genoss er das Gefühl, wie sich die Speise im Mund ausbreitete.

Die Tür glitt zischend auf. Der Schiffskoch Yarsroot, ein Ho’Din, betrat zusammen mit seinem menschlichen Gehilfen den Speisesaal, und beide hielten Blaster hinter dem Rücken. Das war das Signal, dem Plan zu folgen. Jacen nahm Kontakt mit den anderen Jedi auf, wobei er weit über die einfache emotionale Verbindung hinausging, die die Barabels ihnen beigebracht hatten, bis zu einem weit tieferen Level, wo er mit den anderen verschmolz. Er wurde zu ihnen und sie zu ihm. Als Koordinator bei diesem Prozess musste er den anderen bis zu einem gewissen Grad seinen Körper anvertrauen; sie hatten festgestellt, dass er manchmal von seinen Gefühlen und Empfindungen zu eingenommen war, um an sich selbst zu denken.

Landos große Frau betrat den Speisesaal von der Hauptkabine aus und hielt einen G-9-Powerblaster in den Armen. Zekk und Jovan schoben sich sofort vom Tisch zurück und langten nach ihren Lichtschwertern. Tendra schoss eine Salve blauer Betäubungsblitze ab, und beide Jedi sowie der rothaarige Eryl wurden an die Wand geschleudert − ganz wie geplant. Lowbacca und Krasov wollten sich erheben und wurden von Yarsroot und seinem Gehilfen ebenfalls mit Betäubungsblitzen niedergestreckt. Auch das war geplant.

Jacen, der die Wucht der Blitze durch das Kampfgeflecht des Kommandoteams fühlte, stöhnte und wäre vom Stuhl gefallen, wenn Tenel Ka ihn nicht gestützt hätte.

Das gehörte nicht zum Plan.

Tendra stellte ihren Powerblaster auf Automatik und tödliche Emission. »Wenn sich nur einer bewegt − oder auch nur in meine Richtung guckt −, seid ihr alle tot.« Sie blickte Ganner an und unterstützte ihn in seiner Rolle als vorgeblicher Anführer. »Ist das klar?«

»Klar wie Transparistahl.« Ganner starrte auf die Mitte des Tisches. »Tut, was sie sagt.«

»Gut.« Tendra winkte zwei Mitglieder der Mannschaft hinter sich in den Raum. »Solange ihr still sitzen bleibt, passiert niemandem etwas.«

Die beiden Mannschaftsmitglieder gingen um den Tisch, nahmen dem Kommandoteam die Lichtschwerter ab und warfen sie in den Abfallschacht für Essensreste − zusammen mit Lowbaccas protestierendem Übersetzungsdroiden, Em Tede. Jacen spürte einen Moment der Panik bei Anakin und erkannte, dass sie nun ihr erstes Problem hatten. Der Abfallschacht führte zur Abwasserschleuse und nicht zu ihrer Waffenkapsel; sie hatten beabsichtigt, die Übergabe erst nach dem Abendessen durchzuführen. Jacen ließ ein wenig der Zuversicht von Jaina zu Anakin fließen. Konnte man nichts mehr dran ändern. Folge der Macht.

»Tendra, was hat das zu bedeuten?«, fragte Ganner. Das stand zwar nicht im Skript, aber Ganner wusste, was er jetzt zu tun hatte − Jacen spürte es. Ganner wusste immer Bescheid. »Sind wir nicht eure Gäste?«

»Die besten«, erwiderte Tendra. »Fitzgibbon mag nur keine Feiglinge.«

Jacen merkte nicht einmal, wie Yarsroots Gehilfe ihm das Lichtschwert abnahm; er sah nur, wie es mit den anderen in den Schacht geworfen wurde.

»Feiglinge?«, fragte Ganner. »Was willst du…«

»Talfaglio«, antwortete Tendra knapp. Da sie selbst vom nahen Sacorria stammte, brauchte sie sich nicht anzustrengen, um wütend zu klingen. »Und jetzt mach deinen verfluchten Hangar zu und steh auf. Da ist jemand, der dich sehen möchte − euch alle.«

Wieder im Skript. Jacen merkte, wie er aufstand und sich der Tür zuwandte, dicht gefolgt von Tenel Ka. Sie würde seine Bewacherin sein, da sie genug Kraft besaß, um ihn mit einem Arm zu stützen. Tendra trat zur Seite und winkte das Kommandoteam durch die Tür. Sie gingen durch den Korridor an den Gästekabinen vorbei und stiegen drei Treppen zum Transferdeck hinunter. Dort würde es eng werden − Luftschleuse, Rettungskapseln, eine unbekannte Anzahl Yuuzhan Vong. Würde dort das Voxyn sein? Vermutlich nicht − keiner von ihnen fühlte es.

Alema begann zu zittern, hatte aber weniger Angst vor den Yuuzhan Vong − die hatte sie bereits zu Dutzenden eigenhändig getötet, und hunderten war sie schon ausgewichen −, sondern vor sich selbst. Sie hatte nicht mit einem Voxyn auf dem Transitschiff gerechnet. Würde sie es schaffen, erneut einem gegenüberzustehen, obwohl sie wusste, was eines dieser Ungeheuer ihrer Schwester angetan hatte?

Jacen leitete Raynars Gefühle an sie weiter, der sich mit dem Wissen aufbaute, dass die Twi’lek schon Erfahrung mit einer solchen Situation hatte. Sie hatte den Yuuzhan Vong die Eroberung von New Plympto verwehrt. Sie würde die Jedi durch diese Sache bringen. Alemas Lekku hörten auf zu zittern, und Jacen folgte den bewusstlosen Jedi − die von fünf der anderen getragen wurden − an Landos Suite vorbei zu den Gästekabinen.

Eine Tür glitt hinter Tenel Ka auf, und etwas Stumpfes traf sie zwischen den Schulterblättern. Jacen ging auf die Knie und drohte, ohnmächtig zu werden, ehe er begriff, dass es Tenel Kas Körper war, den er spürte. Er wandte sich an die anderen und benutzte ihre Kraft, um sie beide bei Bewusstsein zu halten. Als er wieder klar sehen konnte, war der Gang mit Yuuzhan Vong gefüllt.

Vorn in der Reihe warf sich Ganner auf Lando. »Du falsches…«

Den großen Jedi traf das stumpfe Ende eines Amphistabs am Kopf und warf ihn in eine dunkle Grube, ehe Jacen die anderen bitten konnte, ihn bei Bewusstsein zu halten. Nicht im Skript − aber vermutlich das Beste.

Punkt dreißig: Die Mannschaft geht. Tendra und Yarsroot zogen sich ins Schiff zurück und überließen das Kommandoteam den Yuuzhan Vong. Auf dem Transferdeck befanden sich lediglich sechs Wachen, zusammen mit Lando. Der Rest stand in dem Zugangsflur hinter Anakin und flankierte die lange Reihe von Jedi. Tesar Sebatyne, der zweite in der Reihe, zögerte am Eingang zum Transferdeck und starrte auf Ganners bewusstlosen Körper.

Ein Yuuzhan-Vong-Krieger, ein großer mit fransigem, schwarzem Haar, packte den Barabel und schob ihn weiter. »Vorwärts, alle!«

Anakin unterdrückte ein Grinsen und stieg über den bewusstlosen Ganner. Tesar hatte seine Rolle perfekt gespielt und den Yuuzhan Vong gezwungen, genau das zu tun, was das Kommandoteam wollte. Anakin folgte dem Barabel zum gegenüberliegenden Ende des Decks und nahm seinen Platz in der Nähe des Waffenschranks ein. Tahiri und die anderen Jedi drängten sich um ihn, so eng, dass kein Platz für andere blieb.

Bislang verlief alles mehr oder weniger nach Plan. Nun gut, die Lichtschwerter waren in der Abwasserschleuse gelandet. Aber Tendra und Yarsroot hatten während der Übergabe zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, damit die Kriegsdroiden Zeit hatten, die Waffen zu bergen. Anakin spürte, wie die Selbstsicherheit des Kommandoteams mit jedem erfolgreich absolvierten Schritt wuchs. Durch den Bund wurde die Entschlossenheit jedes einzelnen gestärkt, und sie wurden in ihrem gemeinsamen Ziel vereint, genau wie es die Barabels vorausgesagt hatten. Jacen stellte den Kontakt zwischen den Mitgliedern der Gruppe her. Anakin fühlte auch, wie Alema Rars Entschlossenheit stärker wurde, und er teilte Tenel Kas Überraschung, als sie von hinten niedergeschlagen wurde. Jetzt bekam er mit, wie Lowies Verstand sich regte. Kaum hatte Anakin begonnen, sich Sorgen zu machen, wie ein benebelter Wookiee ihre Pläne durchkreuzen könnte, da spürte er Jacen, der ihren Freund beruhigte. Die Sache lief hervorragend.

Nachdem die Mannschaft außer Sicht war, wandte sich Lando an einen narbengesichtigen Yuuzhan Vong und deutete auf eine Fiberplast-Kiste vor einer Rettungskapsel. »Vielleicht würde der Kommandant der Exquisite Death mir erlauben, ihm ein kleines Geschenk zu überreichen?«

Das war eine geringfügige Variation von Punkt einunddreißig, aber eine sehr nützliche. Niemand hatte erwartet, dass der Kommandant des Transitschiffs den Transfer persönlich beaufsichtigen würde. Dieser Offizier war äußerst gierig.

Als der feindliche Kommandant keinen Widerspruch erhob, nahm Lando mehrere Betäubungshandschellen aus der Kiste. Anakin atmete tief durch und nutzte eine Jedi-Entspannungstechnik, um sich seiner Sorge zu entledigen.

Lando hielt dem Kommandanten die Handschellen hin. »Damit können Sie die Gefangenen unter Kontrolle bringen, Duman Yaght.«

Duman Yaght betrachtete die Handschellen höhnisch. »Was sind das für gottlose Dinge?«

»Handfesseln.« Lando öffnete eine und präsentierte sie stolz. »Sehen Sie, wir haben an alles gedacht.«

Duman stieß die Betäubungshandschellen zur Seite. »Wir haben eigene Fesseln.« Er starrte den bewusstlosen Ganner an, den einer vom Kommandoteam neben den anderen bewusstlosen Jedi in der Mitte des Transferdecks abgelegt hatte. »Fesseln, die nicht nur binden, sondern auch lehren.«

Punkt zweiunddreißig: Der Feind nimmt das Angebot an. Anakin drehte seine Handfläche zum Waffenschrank und benutzte die Macht, um die Tür nach innen zu drücken. Lando und die Yuuzhan Vong fuhren zu dem kreischenden Durastahl herum. Ulaha schloss die Druckluke auf der anderen Seite des Transferdecks und sperrte den Rest der feindlichen Entertruppe im Zugangskorridor aus.

Anakin riss die Tür los und schleuderte sie Duman Yaght vor den Kopf. Einer der Yuuzhan-Vong-Krieger rannte herbei und wollte seinen betäubten Kommandanten verteidigen, und die anderen griffen nach den Coufees, weil der Platz für Amphistäbe nicht ausreichte. Das Kommandoteam ging zum Gegenangriff über, schlug und trat zu und nutzte aus, dass der Feind zu beschäftigt damit war, sich zu ducken und Hiebe abzuwehren, um die Waffen zu ziehen.

Mit der Macht riss Anakin die Blasterpistolen aus dem Waffenschrank und warf sie den zehn wartenden Jedi zu. Von der anderen Seite der Luke hörte man gedämpfte Rufe und metallische Schläge, wo der Rest der Entertruppe versuchte, aufs Transferdeck vorzudringen, dann drehte sich Tesar halb um, ließ seinen dicken Reptilienschwanz auf Duman Yaght und seinen Beschützer niedergehen und riss beide Yuuzhan Vong von den Beinen. Er richtete seinen Blaster auf den Kopf des Kommandanten.

»Rufen Sie die Narbenköpfe zurück«, schnarrte der Barabel.

In Duman Yaghts Augen loderte Zorn auf, und sein Wächter, der nun hinter Tesar lag, langte nach seinem Coufee. Anakin wollte eine Warnung rufen, doch Jacen hatte sie bereits über das Kampfgeflecht weitergegeben. Der Barabel fuhr herum, stieß mit der Hacke zu, und ein langer Stachel nagelte die Hand des Kriegers auf den Durastahlboden.

Der Tumult auf der anderen Seite der Luke verstummte plötzlich, und Anakin schätzte, die Situation auf dem Transferdeck war den Offizieren der Exquisite Death gemeldet worden. Er richtete seine Blasterpistole auf Duman Yaghts verwundeten Wächter und begann zu zählen. Die Kriegsdroiden brauchten wenigstens dreißig Sekunden, um aus der Abfallschleuse der Lady Luck zu kommen und sich mit der Ausrüstungskapsel an den feindlichen Shuttle zu hängen. Anakin hätte ihnen gern aus reinen Sicherheitserwägungen die doppelte Zeit gelassen, aber sechzig Sekunden erschienen ihm wie eine Ewigkeit.

Tesar ließ sich Zeit, den Stachel aus der Hand des Wächters zu ziehen, dann hielt er Duman Yaght den Blaster vors Gesicht.

»Sagen Sie Ihren Kriegern, sie sollen die Waffen fallen lassen«, schnarrte der Barabel.

Duman Yaght verdutzte Anakin und alle anderen, indem er mit einem bewundernden Lächeln antwortete. »Beeindruckend. Die Jeedai haben ihren Ruf wirklich verdient.«

Tesar reagierte darauf nur mit einem Zischen. Wenn das Kampfgeflecht nicht gewesen wäre, hätte Anakin den Barabel für verwirrt gehalten, doch spürte er, dass Tesar lediglich Zeit schinden wollte.

Zwei Sekunden später schnarrte Tesar: »Dieser hier will Ihre Kapitulation, keine Komplimente.«

»Dann muss ich Sie leider enttäuschen«, erwiderte Duman. »Sie müssen wissen, dass ich lieber das Schiff zerstöre, ehe ich siebzehn Jeedai die Flucht erlaube − selbst wenn dabei alle an Bord, mich eingeschlossen, sterben müssen.«

»Augenblick mal«, mischte sich Lando ein. Er trat vor, und Anakin war mit dem Zählen bei acht angekommen. »Es gibt keinen Grund…«

»Wenn Sie irgendetwas über die Yuuzhan Vong wissen, dann bestimmt, dass wir den Tod nicht fürchten.« Duman blickte Tesar an. »Sie dürfen fünfmal atmen.«

Schließlich geschah etwas, das sie nicht eingeplant hatten. In der verzweifelten Bemühung, Zeit zu schinden, drängte sich Anakin vor, stieß die Villips von der Schulter des Kommandanten und zertrat sie mit den Füßen.

»Das wird Sie nicht retten«, sagte der Kommandant. »Ich habe einen persönlichen Villip auf der Brücke meines Schiffes, der jedes Wort überträgt, das ich von mir gebe.« Er wandte sich an Tesar. »Drei Atemzüge.«

Obwohl nach Anakins Zählung kaum zehn Sekunden vergangen waren, wollte er den Kommandanten keineswegs zwingen, seine Worte in die Tat umzusetzen. Da er nun seinen Willen zu sterben kundgetan hatte, war es für ihn eine Frage der Ehre. Er beobachtete, wie sich Duman Yaghts Brust noch zweimal hob und senkte.

Lando hatte wohl ebenfalls zugeschaut; nach dem zweiten Atemzug schnaubte er laut. »Niemand wird mein Schiff in Asche verwandeln.« Er ging über das Transferdeck auf die Innenluke: zu. »Nicht, wenn es dafür keinen Grund gibt.«

Alema Rar versperrte ihm den Weg und richtete den Blaster auf seinen Kopf, dann drückte sie den Abzug, als er sich an ihr vorbeischob. Es gab ein lautes Krachen, dann schrie sie auf und ließ die rauchende Pistole fallen.

Lando stieß die Waffe mit dem Fuß zur Seite. »Sehen Sie? Ich habe an alles gedacht.« Er nahm Raynar den Blaster aus der Hand, löste eine Halterung, drehte das Energiepack um, stellte die Stärke ein und schoss Tesar mit einem Betäubungsblitz nieder. »Umgedrehte Energiepacks − Standardsicherheitsmaßnahmen, zumindest wenn man eine Gruppe Jedi verraten will.«

Anakin und mehrere andere öffneten die Halterungen, aber sogar Jedi sind nicht immer schnell genug. Duman Yaghts Wächter erwischte Anakin mit einer Beinschere und warf ihn zu Boden, und schon musste sich Anakin anstrengen, um unter dem Hagel von Hieben nicht beim Zählen durcheinander zu kommen.

Die übrigen Yuuzhan Vong griffen ebenfalls an und schlugen den Gegnern die Blaster aus den Händen. Sogar Duman Yaght beteiligte sich an dem Kampf, sprang auf und stieß Tahiri in eine Rettungskapsel. Blaster und Energiepacks flogen in unterschiedliche Richtungen, und sie ließ sich klugerweise zu Boden sinken.

Der Kommandant drehte sich zu Lando um und zeigte auf die Innenluke. »Machen Sie auf!«

Lando trat vor und langte nach der Überbrückung. Nach Anakins Zählung waren fünfundzwanzig Sekunden vergangen. Die beiden Droiden würden jetzt am Boden des Shuttles nach einer Stelle suchen, an der sie sich festhalten konnten. Jacen spürte Anakins Sorge, und Ulaha trat vor, um den Weg zu blockieren. Eine langfingrige Bith-Hand zuckte nach vorn, als sie sich der Macht öffnete.

Jacen schrie als Erster. Anakin empfand einen heißen Schmerz und glaubte, sein Bruder sei verwundet worden, aber dann hörte er Ulahas Pfeifen und sah, wie die Bith vorwärts taumelte. Der Griff eines Coufee ragte ihr aus dem Rücken. Der Schock traf das Kommandoteam wie ein Betäubungsblitz. Niemand hatte den Angriff kommen sehen, und der plötzliche Schmerz benebelte alle. Anakin wurde auch von zwei Hieben getroffen, er spürte, wie die anderen sich drehten, und dann kippten sie um.

Ulaha lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Deck, und der Schmerz war so stark, dass sie nicht einmal schreien konnte. Lando stand über ihr, seine dunklen Augen zeigten Schrecken, aber er war ein zu guter Spieler, um sich sonst etwas anmerken zu lassen. Seine Knie beugten sich leicht, als denke er darüber nach, den Coufee herauszuziehen. Dann riss er sich zusammen, stieg über die leidende Jedi und öffnete die Innenluke.

Eine weitere Faust krachte auf Anakin herunter und rief diesmal den dunstigen Schatten der Bewusstlosigkeit hervor. Er vergaß zu zählen, aber er musste längst bei dreißig angelangt sein. Der Boden vibrierte von schweren Tritten, als der Rest des Entertrupps aufs Transferdeck stürmte. Anakin rammte seinem Angreifer mit der Macht einen heruntergefallenen Blaster an den Kopf und wurde dafür mit einem weiteren Hieb belohnt, dann berührte ihn die Spitze eines Coufee an der Kehle.

»Erledigt, Jeedai«, zischte der Krieger. »Verstanden?«

Anakin wagte nicht einmal zu nicken.

Duman Yaght brüllte einen Befehl. Zwei Yuuzhan Vong hoben Ulaha vom Boden auf und brachten sie in die Luftschleuse, während der Coufee noch aus ihrem Rücken ragte. Eine schon bekannte Leere überfiel Anakin − die gleiche Leere, die er auf Sernpidal empfunden hatte, als er gezwungen gewesen war, mit dem Falken abzuheben und Chewie zurückzulassen −, und kalte Angst stieg in ihm auf. Sie hatten gerade erst Feindberührung und schon eine Verwundete zu beklagen. Vielleicht überforderte sie diese Mission. Vielleicht würden sie alle sterben wie Chewbacca-Lowie, Tahiri, sogar Jacen und Jaina. Vielleicht wäre das seine Schuld.

Jacen drang zu ihm vor und umspülte ihn sanft mit den Emotionen der anderen, Angst, Wut, Schuld. Anakin konnte nicht unterscheiden, was von wem kam, außer, was Alema Rar betraf.

Alema wirkte erleichtert. Bislang war niemand zu Tode gekommen, und sie hatte es geschafft, ohne vor Schrecken zusammenzubrechen. Die Sache lief ziemlich gut, schien es ihr.

Duman Yaghts Stimme erklang irgendwo jenseits von Anakins Füßen. »Ich muss zugeben, Fitzgibbon Lane, dass ich jetzt verstehe, warum Sie die Lichtschwerter vernichtet haben. Hätten sie die gehabt… nun, freuen wir uns lieber.«

Zwei Yuuzhan Vong zerrten Anakin auf die Beine, und er sah den Kommandanten bei Lando stehen, während der Entertrupp die Jedi für den Transport aufreihte. Anakin starrte Lando an und fragte sich, ob der Spieler mit der beredten Zunge nicht einen Weg finden konnte, Ulaha an Bord der Lady Luck zu behalten.

Lando bemerkte Anakins Starren und ließ seinen Blick einen Moment auf ihm verweilen, dann wandte er sich wieder Duman Yaght zu. »Es ist alles noch in der Planung, aber beim nächsten Mal wünsche ich eine Warnung. Wenn wir sie im Schlaf erwischen…«

»Sie bekommen Ihren Villip«, unterbrach ihn der Yuuzhan Vong. »Mehr kann ich Ihnen nicht versprechen.«

Anakin wurde von den Wachen in die Luftschleuse geschoben. Er taumelte über die Schwelle, blickte jedoch unverwandt über die Schulter. Er wusste, Lando besaß keine sichere Möglichkeit, Ulaha zu retten, doch Lando Calrissian hatte schon oft das Unmögliche vollbracht. In seiner Jugend hatte er Agenten des Imperiums und die gefährlichsten Kriminellen der Galaxis ausgetrickst, und er hatte den Solos schon vor Anakins Geburt aus der Patsche geholfen. Bestimmt könnte Lando Calrissian auch einen ehrgeizigen Yuuzhan Vong überlisten.

Lando begegnete Anakins Blick. Ein gehetzter, ängstlicher Ausdruck erschien in seinen Augen, dann sagte Duman Yaght etwas, das ein Lachen erforderte, und Lando musste Anakin den Rücken zuwenden.