33

 

Das Stöhnen eines benommenen Wookiee hallte durch den kalten Frachtraum der Exquisite Death. Vorsichtig reckte Anakin den Hals nach hinten. Lowbacca und viele der anderen befanden sich hinter einem kleinen Wäldchen, dessen Bäume voller Ysalamiri waren, doch gegenüber konnte er Jaina und Eryl sehen sowie Jovan und die Barabels hinter sich. Alle waren immer noch mit Händen und Füßen an den Boden gefesselt und nutzten jeglichen Bewegungsspielraum aus, um die Belastung auf Rücken und Beinen ein wenig zu erleichtern. Vor allem den Barabels schien diese Haltung mit den Ellbogen zwischen den Knien unbequem zu sein, denn ihre nach hinten ragenden dicken Schwänze waren ebenfalls mit Blorash-Gallert fixiert.

Anakin blickte hinüber zu seinem Bruder und Zekk und zog die Augenbrauen hoch. Zekk nickte ungeduldig, doch Jacen schloss die Augen und sah zur Seite. Da er nicht wusste, was seinem niedergeschlagenen Bruder solche Sorgen bereitete − und gar nicht sicher war, ob er es wissen wollte −, senkte Anakin das Kinn zur linken Armbeuge.

»Flucht aktivieren«, flüsterte er.

Er spürte ein heißes Kribbeln, als das subkutane Implantat die Nachricht übertrug, dann schlurften hinter ihm schwere Füße heran. Anakin duckte sich und nahm den erwarteten Schlag auf die geschundene Schulter hin.

»Ruhe, Jeedai«, sagte die Wache. »Noch ein Wort, und ich fülle dir den Mund mit Blorash-Gallert.«

Da er nicht wusste, wie lange die Kriegsdroiden brauchen würden − und nicht einmal, ob sie noch immer am Schiff hingen −, richtete Anakin den Blick auf den Boden. Die Wache blieb eine halbe Minute bei ihm stehen und schlurfte schließlich davon.

Viele Minuten später hörte man aus dem Schiff eine Reihe dumpfer Schläge. Aus dem nächsten Frachtraum dröhnte ein wesentlich lauterer Knall herüber, dann folgten das gedämpfte Grollen einer explosiven Druckverminderung, das Krachen von Gerätschaften und das Schreien von Lebewesen, die ins Vakuum gesaugt wurden. Hinten im Frachtraum der Jedi wölbten sich die Türmembranen gefährlich nach außen, hielten jedoch lange genug stand, bis sie undurchsichtig wurden und sich zu durastahlähnlichen Platten versteiften.

Der Subalterne brüllte etwas auf Yuuzhan Vong. Als er von dem Villip auf seiner Schulter keine Antwort erhielt, schickte er zwei Wachen vor, um die Sache zu untersuchen, stellte acht weitere ab, um die gefangenen Jedi zu beaufsichtigen, und nahm die beiden letzten mit zum hinteren Teil des Frachtraums. Anakin wusste, 2-lS würde Deckung geben, während 2-4S das Leck behelfsmäßig mit Schaum schließen und die geöffnete Ausrüstungskapsel in die Außenwand der Exquisite Death einbinden würde. Aufmerksam beobachtete er die Wachen und lauschte auf jeden Hinweis eines Befehls, der aus ihren Villips kam.

Der Subalterne drückte sein Gesicht dicht an die Tür, als wollte er hindurchatmen, dann schlug der Blitz einer Blasterkanone durch die undurchsichtige Membran und verspritzte überall schwarzes Blut. Durch den Druckausgleich knackte es in Anakins Ohren, und die beiden Begleiter des Subalternen wurden von einer Blastersalve in rauchendes Fleisch verwandelt.

Die übrigen Yuuzhan Vong griffen nach Knallkäfern und Amphistäben. Einige wandten sich dem Kommandoteam zu und fielen im Hagel grüner Blitze, als 2-lS in den Frachtraum polterte. Auf seiner kältebeständigen Rüstung hatte sich eine Reifschicht gebildet, und seine Photorezeptoren beschlugen; Anakin fürchtete, der Droide könne gezwungen sein, untätig herumzustehen, während sich seine Oberflächentemperatur anpasste. Stattdessen aktivierte 2-lS einen Thermodefroster und erledigte zwei weitere Gegner, die Deckung suchten. Er hob den anderen Arm und begann damit, Ysalamiri mithilfe eines Elektrostrahlschockers aus den Bäumen zu jagen.

Anakins Wache schrie etwas über Jeedai, wollte sich auf Anakin werfen und wurde von einer Salve Schnellfeuer-Blasterblitze in zwei Hälften gerissen. Die Blitze schwenkten quer durch den Raum und zerstückelten den Yuuzhan Vong, der gerade Jacen angreifen wollte. Und während 2-lS das alles erledigte, drang er in den Frachtraum vor, wurde von Knallkäfern an der Brust getroffen und versengte zwei Krieger in der Nähe von Jaina mit Elektrostrahlen. Es war kaum zu übersehen, dass der Droide vor allem die drei Solos beschützte, eine Programmeinstellung, die Lando nicht extra erwähnt hatte, allerdings hatten auch die anderen keinen Grund, sich zu beschweren.

YVH 2-4S kam direkt hinter 2-lS in den Frachtraum und verschoss aus einem Arm Blasterblitze und aus dem anderen Miniraketen. Er durchtrennte die Ellbogen eines Yuuzhan Vong, der gerade versuchte, Jovan Drark zu enthaupten, dann erledigte er einen weiteren neben Tekli mit einer zielsuchenden Minirakete.

Nur Tesar musste sich selbst verteidigen. Er riss seinen Schwanz von dem Blorash-Gallert los, wobei er die Spitze einbüßte, und schlug den Yuuzhan Vong, der ihn attackierte, von den Beinen. Der Krieger landete hart auf dem Rücken, richtete jedoch seinen Amphistab auf Tesars Bauch. Doch plötzlich wurden seine Arme auf den Boden gedrückt, von Belas Schwanz, ebenfalls mit fehlender Spitze. Krasov beendete den Kampf mit einem Hieb ihres Schwanzes − wie die anderen ohne Spitze − auf die Luftröhre.

»Überraschung«, schnarrte Tesar.

Das löste bei den drei Barabels einen Furcht erregenden Zisch-Lachanfall aus. Tesar öffnete mit dem offenen Ende seines Schwanzes den Bauchbeutel des toten Yuuzhan Vong und warf Käfer auf das Blorash-Gallert der Jedi in seiner Nähe.

Anakin blickte durch den Frachtraum zu 2-lS. »Die Türen sichern«, befahl er.

Ein Käfer landete neben Anakins Knöchel, dann weitere zwischen ihm und Jacen, und bald waren beide frei. Er schickte eine Gruppe los, um Waffen und Ausrüstung aus der Kapsel zu holen, eine zweite, um die Ysalamiri loszuwerden, und der Rest der Jedi bekam die Aufgabe, die Verfassung der Gruppe abzuchecken und sich um Ulaha zu kümmern. Erst danach gesellte er sich zu 2-lS an der vorderen Tür, wo der Droide durch die durchsichtige Membran in einen langen Zugangskorridor spähte.

»Bericht.«

»Sir, wir sind unserem Zeitplan fünfzehn Sekunden voraus. Zwei-Vier-S hat den Rumpf mit zehn Koma-Gas-Geschossen durchbohrt; die Wirkungsgradeinschätzung ist zurzeit nicht abrufbar. Drei Voxyn wurden im Bugfrachtraum entdeckt und mit C-Klasse-Thermogranaten angegriffen; die anschließende Sensorüberprüfung ergab keinerlei überlebende Lebensformen.«

»Und das Schiff selbst?«, fragte Anakin. Tekli erschien bei ihm, ihre dickliche Chadra-Fan-Nase zuckte unablässig, während sie ihm ein Antiseptikum auf den Rücken sprühte. Dankbar nickte er ihr zu, unterhielt sich jedoch weiter mit 2-lS. »Wart ihr in der Lage, einen Plan des Schiffes anzufertigen?«

»Sir, wir befinden uns an Bord eines Patrouillenbootes vom Typ Yuuzhan-Vong-Korvette, Länge einhundertzweiundzwanzig Meter, geschätzte Besatzungsstärke achtundneunzig Mann«, berichtete 2-lS. »Ultraschallortungen ergeben eine zweistöckige Bauweise mit zwei spiegelbildlichen Decks, die sich den gleichen Boden teilen, vier Hauptzugangskorridore, drei Frachträume am Heck, die Brücke vorn am Bug und ein beträchtliches Netz nicht schematisierbarer Röhren.«

Anakin stöhnte innerlich; die Röhren würden es dem Feind leicht machen, sich unentdeckt zu bewegen. Die Barabels, die nun in unförmigen Overalls steckten, traten mit Waffen und Ausrüstung beladen zu ihm.

»Eins-eins-A hat die hier auz der Abwasserschleuse gefischt«, sagte Tesar und reichte Anakin sein Lichtschwert.

Sobald Anakin es in die Hand nahm, konnte er durch den Schimmererkristall im Inneren die Anwesenheit der Yuuzhan Vong wahrnehmen, und er spürte eine undeutliche Wut irgendwo weiter vorn im Schiff.

Bela zeigte auf einen gefrorenen Klumpen am Griff. »Möchtest du daz Fleisch?«

»Äh, eigentlich nicht.«

Anakin schnippte den Müll vom Griff und klemmte die Waffe an den Ausrüstungsgurt, den Tesar ihm hinhielt. Die Barabels wechselten einen ihrer ausdruckslosen Reptilienblicke, dann holte sich Krasov den Klumpen und teilte ihn in drei Teile. Anakin verdrehte die Augen, wählte eine Blasterpistole und ein halbes Dutzend Betäubungsgranaten aus dem kleinen Arsenal, das Tesar trug, und rief den Rest der Gruppe zusammen, während Tahiri, die darauf bestanden hatte, diese Aufgabe Tekli abzunehmen, seinen Rücken mit Bacta-Bandagen pflasterte.

Bela verteilte Overalls an alle, die noch keinen bekommen hatten, und binnen Kürze waren alle in eine einfache braune Uniform gekleidet, in der die Jedi-Ritter sowohl effizient als auch einschüchternd wirkten. Die Overalls stellten zudem eine leichte Rüstung dar, denn sie waren wie die Laminanium-Panzerung der YVH-Droiden abwechselnd mit Molytex und Quantumfasern beschichtet. In einer Notsituation konnten sie sogar als Vakuumanzüge dienen; sie waren entwickelt worden, um die Rettungsanzüge zu ergänzen, die auf Eclipse getragen wurden, und waren in geschlossenem Zustand absolut luftdicht.

Anakin teilte das Kommandoteam in zwei Gruppen − Sturm und Nachhut − und umriss seinen Plan. Nachdem er den anderen einen Moment zum Nachdenken gegeben hatte und Zeit, ihre geschundenen Körper mithilfe der Macht ein wenig zu stärken, öffneten sie ihre Gefühle füreinander.

Während Jacen das Kampfgeflecht aufbaute, spürte Anakin eine gewisse Reserviertheit bei seinem Bruder, eine böse Ahnung, die Unruhe ins gesamte Kommandoteam brachte. Im gleichen Moment bedauerte er, dass er Jacen nicht bei Lando gelassen hatte, unterdrückte seine Gereiztheit jedoch und konzentrierte sich auf seine nächste Aufgabe. Das Team würde seinen Groll durch den emotionalen Bund fühlen, und solche Störungen brauchten sie im Augenblick am wenigsten.

Anakin setzte sich die Atemmaske über Nase und Mund, dann befestigte er die Kapuze an seinem Overall und zog sie über den Kopf. Die anderen folgten seinem Beispiel, und er war über die Wirkung so erfreut, dass er sich augenblicklich besser fühlte.

»Astral!«, rief er. »Los, erledigen wir die Sache.«

YVH 2-lS öffnete den Ellbogen und feuerte zwei Leuchtgranaten in den Gang, dann stieg er durch die zerrissene Türmembran. Knallkäfer prallten von seiner Laminanium-Rüstung ab. Er brachte die Quelle mit einer Salve Blasterblitze zum Schweigen, und die Jedi folgten ihm. Das Innere des Schiffes erinnerte an eine düstere Höhle, und verschwommene Kreise biolumineszenter Flechten klebten an den Wänden, während Wolken von Koma-Gas durch die Luft trieben und sich alle zwei Meter Türklappen öffneten.

Anakin hatte den Blaster ins Holster gesteckt und rückte mit gezogenem Lichtschwert vor. Hinter ihm kam Tesar Sebatyne, der einen großen B-100-Powerblaster in den Armen wiegte, ihm folgten Alema Rar und der Rest der Angriffsgruppe. Jacen befand sich in der Mitte zwischen Tenel Ka und der empörten Tahiri − sie wäre lieber vorn bei Anakin gewesen −, dann kamen Bela und Krasov Hara. Den Abschluss bildete 2-4S, der die Aufgabe hatte, Lowbacca Deckung zu geben, während der Wookiee mit einem Laser Löcher bohrte, um Flechette-Minen in das Röhrensystem einzubringen. Jaina blieb hinter Ulaha und der Reservetruppe und beharkte die anderen Gänge mit einer starken Blasterminikanone.

Während Anakin und die anderen in Richtung Brücke vordrangen, wurde offensichtlich, wie gut das Koma-Gas seine Wirkung getan hatte. Bewusstlose Yuuzhan Vong lagen in zusammengesunkenen Türklappen, hatten sich wie zum Schlafen zusammengerollt oder waren einfach an ihren Stationen in den Schildknoten oder Waffentürmen zusammengesackt. Einige waren direkt vor den Gnulliths − dem Yuuzhan-Vong-Äquivalent zu Atemmasken − zusammengebrochen; ein Mitglied der Besatzung hatte es sogar noch geschafft, die Maske aufzusetzen, war dann jedoch den neuralen Effekten des Gases zum Opfer gefallen.

Das Kommandoteam wurde nur ein einziges Mal angegriffen, als Anakin plötzlich Feindseligkeit hinter einer halb offenen Türklappe spürte. Er drehte sich um und warnte die anderen, doch im gleichen Moment tauchte schon ein mit Gnullith maskierter Krieger auf und warf Bela zwei Knallkäfer an die Schulter. Die Geschosse prallten harmlos von ihrem Overall ab, und sie zuckte kaum, bevor sie den Angreifer aus seinem Versteck zerrte und auf dem Lichtschwert, das ihre Schwester hielt, aufspießte.

Sie näherten sich dem Bug, und plötzlich verlor die Sturmgruppe den Kontakt zur Macht − vermutlich, weil sich Ysalamiri in der Nähe befanden. Anakin spürte auch die Yuuzhan Vong nicht mehr − ein Hinweis darauf, dass der Schimmerer irgendwie mit der Macht in Verbindung stand. Das war gut zu wissen, dachte er, allerdings scherte es ihn wenig, solange der Kristall wieder funktionierte, wenn die Macht zurückkehrte.

Zehn Meter vor ihnen endete der Korridor an einem vertikalen Schott, wo ein bewusstloser Yuuzhan-Vong-Krieger hing, als wäre er an die Wand genagelt. Der seltsame Anblick verblüffte niemanden; wie alle guten Sternenschiffplaner hatte der Feind den Platz an Bord möglichst gut ausgenutzt und die Dovin Basale benutzt, um die Schwerkraft in der jeweils zweckdienlichsten Weise auszurichten. Das Schott sah aus der Perspektive der Sturmgruppe wie eine Wand aus, doch würde diese zum Boden werden, sobald sie den offenen Bereich überquert und einen Fuß daraufgesetzt hatten.

Ein leises Whumpf ließ den Korridor hinter ihnen erbeben, und 2-lS meldete: »Zwei-vier-S berichtet von einer Minenexplosion im Abwasserkanal. Ultraschallortungen lassen vermuten, dass die Mine von einem Voxyn ausgelöst wurde. Es ist verletzt, aber nicht kampfunfähig.«

»Voxyn?«, fragte Anakin durch die Atemmaske. »Ich dachte, Zwei-vier-S hätte sie alle ausgeschaltet!«

»Es bestand eine Chance von null Komma acht Prozent, dass eines überlebt hat«, erklärte 2-lS. »Zwei-vier-S berechnet gerade die Wahrscheinlichkeit, dass noch ein zweites lebt…«

»Schon gut«, meinte Anakin und hob die Hand. »Ich will es gar nicht wissen.«

Über Komlink warnte er Jaina vor dem Voxyn und schickte 2-4S zurück, um die Röhren zu überwachen, dann bat er 2-lS um einen Sensorscan der angrenzenden Räume.

»Elf bewusstlose Krieger auf dem Deck unter uns in einer Kabine, die hinter dem Schott vor uns liegt«, meldete der Droide. »Die taktische Analyse deutet auf die Wahrscheinlichkeit eines Hinterhalts hin.«

»Was du nicht sagst«, erwiderte Anakin. »Was ist mit Ganner?«

»Die trigonometrische Ortung des Implantats ergibt, dass Ganner Rhysode sich ungefähr fünf Meter steuerbords von hier befindet, sich jedoch vorwärts bewegt. Die Daten der Vitalfunktionen sind zufrieden stellend, Herzfrequenz und Atmung deuten auf Tiefschlaf hin.«

»Vermutlich vom Koma-Gas betäubt«, meinte Anakin. »Trotzdem bewegt er sich. Sie schneiden sich anscheinend einen Weg von einer Kabine zur anderen, sonst müsste Jainas Gruppe sie schließlich sehen.«

»Und sie haben Ysalamiri.« Alema Rar legte Anakin die Hand auf den Arm und sprach so leise, dass er sich zu ihrer Atemmaske vorbeugen musste. »Die Yuuzhan Vong glauben, wir seien weich. Sie werden ihn gegen uns einsetzen.«

»Gegen uns?« Anakin spürte, wie ihn Alemas helle Twi’lek-Augen fast hypnotisierten. »Als Köder?«

Auf ihr Nicken hin befreite sich Anakin von ihrer Hand und aktivierte das Lichtschwert. Vorsichtig, um nicht zu tief einzudringen, stach er die Klinge in den Boden und schnitt einen Kreis heraus. Eigentlich hatte er gar keinen richtigen Plan, er wollte nur dem Hinterhalt ausweichen; aber in eine Falle zu tappen, würde Ganner auch nicht retten. Die Yorikkoralle war leichter zu schneiden als Durastahl, aber sie knisterte und knackte laut, wenn sie schmolz, und Anakin befürchtete, der Feind sei vielleicht nicht ganz so überrascht, wie er hoffte.

Jacen kam zu Anakin. »Was machst du?« Die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben, und Anakin wusste, die anderen konnten es ebenfalls sehen. »Wir sollten Ganner folgen.«

»Nein, zuerst müssen wir den Hinterhalt beseitigen«, sagte Alema. »Das ist besser.«

»Inwiefern besser?«, fragte Jacen. »Anakin kann nicht ständig jemanden opfern, damit seine Pläne funktionieren. Der Pfad führt zur dunklen Seite.«

»Jemanden opfern?« Anakin unterbrach seine Arbeit nicht. »Wovon redest du überhaupt?«

»Erst Ulaha und jetzt Ganner«, sagte Jacen. »Du hast Ulaha gesagt, sie solle das Voxyn angreifen, und jetzt gibst du Ganner auf.«

Die Vorwürfe trafen Anakin wie ein Schlag. Sein Lichtschwert kam aus der Spur und schnitt eine tiefe Spalte in den Boden. Er starrte seinen Bruder böse an, und ihm wurde übel vor Wut und Kränkung.

»Wie kannst du so etwas denken?«, fuhr er auf. »Ulaha hat Befehle missachtet. Ich wollte, dass sie Duman Yaght den Namen der Basis verrät. Ich habe ihr nicht gesagt, sie solle angreifen!«

Jacen wurde rot, dann sperrte er den Mund auf und stand eine Weile lang sprachlos da. Schließlich stammelte er: »Anakin, es… es tut mir Leid. Als Ulaha angriff, dachte ich… ich habe geglaubt…«

»Ich weiß, was du geglaubt hast«, sagte Anakin. Obwohl man seinem Bruder das Bedauern deutlich am hochroten Gesicht ablesen konnte, war keine Entschuldigung in der Lage, den Zweifel auszulöschen, den er an Anakins Charakter gehegt hatte − oder die Tatsache, dass er so voreilig das Schlimmste angenommen hatte, genau wie sein Vater bei Chewbaccas Tod. Anakin stieß sein Lichtschwert wieder in den Boden und setzte sein Werk fort. »Lass mich in Ruhe. Du hältst nur alles auf.«

Jacen wollte etwas erwidern, aber Tenel Ka packte ihn am Arm und zog ihn fort. »Diese Angelegenheit wird jetzt keine Lösung finden, Jacen. Du musst warten bis später.«

Mit Alemas Hilfe schnitt Anakin einen Kreis in den Boden, der bis auf wenige Millimeter an die Oberfläche auf der anderen Seite heranreichte, dann aktivierte er sein Komlink und setzte Jaina über das, was sie taten, in Kenntnis. Sie und der 2-4S waren damit beschäftigt, das verwundete Voxyn in der Röhre einzusperren, aber sie warnte Zekk und Raynar, nicht zu schießen, wenn plötzlich jemand in ihrem Korridor erschien.

Bela und Krasov stießen die Korallenscheibe nach unten, legten sich auf den Bauch und verschwanden eine nach der anderen im Boden. Sofort hörte man das Zischen ihrer Repetierblaster durch das Loch. Alema folgte ihnen mit einem Hechtsprung, dann Anakin mit dem Lichtschwert in der einen und einer Aufschlagzündergranate in der anderen Hand. Auf der anderen Seite wurde er langsamer und landete mit den Füßen voran an der offensichtlichen Decke.

Das Wimmern des Blasterfeuers und das Brummen und Klatschen der Knallkäfer trieben Anakin an die Wand. Er versuchte angestrengt, die Orientierung zu finden, und entsicherte mit einem Daumendruck die Granate. Drei der Yuuzhan Vong, die ihnen aufgelauert hatten, lagen am Ende des Korridors, und ihre Vonduun-Krabbenpanzer waren von den Repetierblastern der Barabel-Schwestern durchlöchert.

Die Knallkäfer kamen aus der offenen Tür der Kabine, in der sich die Yuuzhan Vong verschanzt hatten, und auch aus der Luke zur Brücke selbst, wo zwei Wachen mit Gnulliths durch ein ausgefranstes, geschmolzenes Loch angriffen. Von Ganner sah er keine Spur, aber das hatte er auch nicht erwartet.

Anakin nickte Alema über den Korridor zu. Sie machte ihre Granate ebenfalls scharf, dann warfen beide ihre Granaten in die Kabine. Es gab zwei grelle Blitze und ein markerschütterndes Krachen, dann trug eine Stichflamme den Geruch von verbranntem Fleisch in den Korridor.

Er winkte die anderen mit sich und stürmte durch den Feuerschleier. Eine Reihe Knallkäfer prasselte über die Wand, einer traf ihn vor der Brust und warf ihn auf den Rücken. Bela und Krasov wälzten sich vorbei und sprühten Blasterfeuer in die Luke, und Alema folgte ihnen und zog Anakin auf die Beine. Das Atmen schmerzte, vielleicht war eine Rippe gebrochen, aber der Overall hatte ihm eine schwere Verletzung erspart. Er aktivierte das Komlink.

»Zwei-eins-S, sichere die Luke.«

Der Droide erschien am Ende des Korridors, ließ sich durch die Luke fallen und stand nun im rechten Winkel zu Anakin. Die Brückenwachen ließen einen Schwarm von Knallkäfern und Magmasteine auf ihn los, die daumengroße Dellen in seine Rüstung schlugen. Er erwiderte das Feuer mit einem Blaster, der mit Sensorzielvorrichtung ausgerüstet war, und der feindliche Beschuss hörte auf.

Von dem Deck, auf dem sie Ganner zuerst lokalisiert hatten, kamen sporadisch Knallkäfer. Der Droide ignorierte das Ärgernis, ließ sich neben den geschmolzenen Löchern auf die Knie nieder und feuerte auf die Brücke. Anakin schickte dem Droiden Alema und die Barabel-Schwestern als Unterstützung, dann kehrte er durch das Loch im Boden auf die andere Seite zurück.

Tesar und Lowbacca befanden sich in der vorderen Kabine und befestigten elastisches Detonit an einer weiteren Tür. Als Anakin eintrat, drückten sich die beiden gerade flach an die Wand und zündeten die Ladung mit Lowies Lichtschwert. Es gab ein scharfes Krachen und das Prasseln von Splittern, dann füllte Rauch die Luft, doch die neue Tür blieb geschlossen. Tesar trat von der Wand zurück und sprang mit den Füßen voran gegen die Yorikkoralle.

Die Tür fiel in die Nachbarkabine, prallte gegen etwas Großes und rief einen entsetzten Yuuzhan-Vong-Fluch hervor. Tesar brachte die Stimme mit einem Stakkato seines Powerblasters zum Schweigen, dann drängte sich Lowbacca hinter ihm hinein. Anakin zündete sein Lichtschwert und… hörte das allzu vertraute Rülpsen eines Voxyn, das Säure spuckt.

Anakin dachte sofort an Lowbacca − den Gedanken, Chewbaccas Familie mitteilen zu müssen, dass ein weiteres Mitglied ihrer Familie in seinem Beisein gestorben war −, dann spritzte der braune Schleim aus der aufgesprengten Tür und klatschte an die Wand. Aus der Nachbarkabine hörte man das Knurren eines Wookiee und das schrille Knistern eines Lichtschwertes, das auf etwas Hartes traf. Dann folgte ein unheimlicher Schmerzensschrei, der sich rasch zu einem Schalldruckangriff modulierte.

Tesars Powerblaster donnerte erneut.

Der Schrei wurde abgewürgt. Anakin trat durch die Tür und stand in einer großen Offiziersmesse, wo ein von Blasterblitzen versengtes Voxyn auf ein schiefes Loch in der hinteren Wand zukroch. Dem Ding fehlte mindestens der Schwanz und die beiden Hinterbeine, trotzdem war es noch schnell genug, um sich vor einem Blasterblitz zu ducken.

Auf dem Boden verstreut lag ungefähr ein Dutzend vom Koma-Gas betäubter Yuuzhan Vong, doch zwei weitere standen hinter den von Krallen vernarbten Überresten eines Ysalamiri-Baums. Ihre Gesichter hatten sie halb hinter Gnulliths verborgen, die Amphistäbe hielten sie bereit. Tesar beendete die Existenz des kränklichen Ysalamiri mit einem Schuss aus dem Powerblaster, und die Yuuzhan Vong stürzten sich in den Kampf.

Tesar bohrte dem einen ein Loch durch den Brustpanzer und warf ihn damit zurück gegen die Wand. Anakin fing den zweiten ab und gab Lowbacca damit die Chance, dem fliehenden Voxyn nachsetzen zu können.

Der Yuuzhan Vong versuchte Anakin gegen die Wand zu drücken, brachte seinen Amphistab in die Peitschenform und ließ den Kopf auf die Augen des Jedi zuschnellen. Diese Taktik war uralt, fast respektlos. Anakin täuschte ein Stolpern vor, ging in die Hocke und wehrte den Angriff mit der flammenden Klinge des Lichtschwerts ab.

Die Schlange wich zurück. Anakin setzte die freie Hand auf den Boden, schwang sich seitlich darüber, traf den Yuuzhan Vong an den Knien und trat ihm die Beine unter dem Körper weg. Der Krieger schrie auf und ging wie ein Sack Mehl zu Boden. Der Amphistab griff erneut an. Anakin blockte ihn ab, schleuderte das Ding weg und zog seinem Gegner die Klinge über die Kehle.

Während der Kopf zur Seite rollte, drehte er sich zur hinteren Wand um und sah erleichtert, dass Lowbacca ein weiteres Bein des Voxyn in der Hand hielt. Das enttäuschte Knurren des Wookiee ließ keinen Zweifel: Das Tier war ihm entwischt, aber Anakin freute sich nur, dass Lowbacca keine Verletzung davongetragen hatte. Er erhob sich ebenfalls wieder und fand, wie er befürchtet hatte, keine Spur von Ganner.

Anakin spürte, wie es ihm kalt den Rücken hinunterlief, und erkannte, dass das Gefühl für die Yuuzhan Vong zurückgekehrt war, dann war da auch Jacens Berührung in seinem Kopf. Er fühlte noch etwas, die bekannte Gier des Voxyn, das verwundet und wütend irgendwo in den Röhren lauerte. Sie würden es später erlegen, nachdem das Schiff gesichert war. Er winkte mit seinem Lichtschwert aus der Tür, um nicht von einer Minikanone getroffen zu werden, und trat mit Tesar und Lowbacca in den Korridor.

Jainas Stimme kam über das Komlink. »Was fühle ich denn da? Das Voxyn kann es nicht sein. Zwei-vier-S und ich haben es getötet. Ich stehe gerade vor seinem Kadaver.«

»Passt gut auf diese Röhren auf«, meinte Anakin. »Es ist noch eins unterwegs.«

Er wandte sich der Luke zu und sah 2-lS, der über der zerschossenen Türklappe kniete und ein beeindruckendes, aber relativ harmloses Feuerwerk veranstaltete, indem er nichttödliche Blitze auf die Brücke abschoss. Das Feuer wurde nicht erwidert, aber die Panzerung des Droiden war mit Dellen übersät und rauchte von oben bis unten, und an einigen Stellen klafften tiefe Krater, wo es den Yuuzhan Vong gelungen war, ihren Beschuss zu konzentrieren. Anakin legte sich neben dem Droiden und dem Rest der Sturmgruppe auf den Boden. Auf der Brücke spürte er definitiv die Anwesenheit von Yuuzhan Vong, aber das Gefühl war zu vage, um die genaue Zahl oder die Verfassung der Gegner zu erkennen.

YVH 2-lS wandte sich an ihn. »Luke gesichert, aber der Feind hat einen Gefangenen − Jedi Rhysode − auf der Brücke.« Seine Photorezeptoren waren gesprungen und mit Knallkäferbrei verschmiert. »Gegenwärtig sind wir zwei Minuten und elf Sekunden vor dem Zeitplan.«

»Hast du etwas anderes erwartet?« Anakin wollte so großspurig klingen wie sein Vater, doch die Wirkung verpuffte, weil er die beiden letzten Worte mit einem Quieken herausbrachte, wegen der Schmerzen in den Rippen. »Du siehst nicht so gut aus, Zwei-eins-S. Wir bringen die Sache ohne dich zu Ende.«

»Bestätigt«, antwortete der Droide. »Sensorsysteme sind instabil.«

Anstatt das Risiko einzugehen, in eine Falle zu tappen, indem er einfach durch die zerschossene Eingangsklappe der Brücke ging, legte sich Anakin auf den Bauch neben den geschmolzenen Löchern und spähte hindurch. Auf der anderen Seite lag mehr als ein Dutzend Yuuzhan Vong, die meisten in tiefem Koma-Gas-Schlaf. Manche hatten Gnulliths über den Gesichtern, die ihnen vermutlich von wohlmeinenden Kameraden aufgesetzt worden waren. Allerdings war ein Gegengift notwendig, um die Betäubten zu wecken. Einige Krieger lagen in der verzerrten Haltung da, die sie bei ihrem Todeskampf eingenommen hatten, und ihre Wunden rauchten noch von der Hitze der tödlichen Blasterblitze.

Die Kontrollhaube, mit der das Schiff gesteuert wurde, baumelte knapp über dem leeren Gesicht des bewusstlosen Piloten, während die neuralen Interface-Handschuhe, mit denen die Schiffssysteme reguliert wurden, über mehreren Steuerkonsolen lagen, meist noch mit den Händen der Yuuzhan Vong, die sie getragen hatten. Anakin war enttäuscht, weil der Stuhl des Kommandanten leer war und niemand im Umkreis von drei Meter zu sehen war; Duman Yaght war dem Koma-Gas entkommen.

»Hier passiert wohl nicht mehr viel«, meinte Anakin zu Lowbacca, Tesar und den anderen der Sturmgruppe. »Aber seid vorsichtig. Wir wollen schließlich nicht Ganner mit dem Blaster treffen.«

»Bist du sicher?«, fragte Tahiri, und der Rest lachte.

Anakin gestattete sich ein Kichern, sagte jedoch: »Zumindest jetzt noch nicht.«

Er aktivierte sein Lichtschwert und machte einen Kopfsprung durch das geschmolzene Loch, spürte den Angriff gegen sich und brachte seine Klinge hoch. Der Knallkäfer löste sich mit einem scharfen Zischen in nichts auf, Anakin wirbelte herum, auf den Angreifer zu, und trat ein paar Schritte vor, um sich schützend vor die anderen zu stellen.

»Sehr eindrucksvoll, Jeedai

Anakin sah Duman Yaght, der einen Gnullith trug und hinter einer Instrumentenkonsole stand. Den schlaffen, bewusstlosen Ganner hielt er vor sich und hatte ihm einen Coufee an die Kehle gesetzt.

»Ach, wen haben wir denn da.« Anakin sah sich auf der Brücke um. »Ganz allein, scheint es.«

»Legen Sie die Waffen nieder«, sagte der Kommandant vorsichtig. »Dann lasse ich Ihren Anführer leben, damit er unseren Kriegsmeister kennen lernen kann.«

Anakin deaktivierte das Lichtschwert mit dem Daumen und zog, als Lowbacca und Tesar auf die Brücke kamen, die Blasterpistole.

»Sie wissen gar nicht, wer Ganner ist, oder?«, fragte Anakin. »Warum glauben Sie, er sei so wichtig?«

»Sie sind wegen ihm gekommen, oder?« Duman Yaght zog sich ein paar Schritte zurück und hielt Ganner so, dass er ihn vor allen drei Jedi schützte. »Wir haben Sie studiert, Jeedai. Wenn es um den Tod Ihrer Kameraden geht, sind Sie weich.«

»So weich nun auch wieder nicht.« Anakin hob die Blasterpistole und zielte auf den Kopf des Kommandanten, und Tesar tat das Gleiche mit dem Powerblaster. »Aber ich biete Ihnen eine Abmachung an. Wenn Sie sich ergeben, setzen wir Sie mit dem Rest Ihrer Besatzung in einen Shuttle.«

Duman Yaghts Blick wurde hart. »Und damit wäre die Domaine Yaght entehrt?« Er zog den Coufee leicht über Ganners Hals, und Blut trat hervor. »Yuuzhan Vong ergeben sich nicht.«

»Tatsächlich?«

Mithilfe der Macht stieß Anakin den Coufee von Ganners Hals weg. Mit aufgerissenen Augen rang Duman Yaght einen Moment lang damit, die Klinge seinem Gefangenen wieder an den Hals zu setzen, dann fauchte er etwas in seiner eigenen Sprache und ließ sie einfach los.

Als seine andere Hand zuckte und sich nach oben bewegte, verschwand sein Kopf in einer Salve von Blasterfeuer.

»Beim Schwanz von diesem hier, der abgerissen ist!« Tesar schlang sich den Powerblaster über die Schulter und ging los, um Ganner aus der Schweinerei zu befreien. »Sie ergeben sich wirklich nicht.«