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Obwohl sich Han neben Leia auf die Couch geflegelt hatte, Ben auf Maras Schoß gurrte und die Wilden Ritter im hinteren Teil des Raums ihre Notizen mit denen des Renegaten-Geschwaders verglichen, wirkte das informelle Wohnzimmer der Solos in der Residenz auf Coruscant für Leia leer. Seit über einem Jahr waren die fünf Solos hier nicht mehr zusammengekommen, und Leia konnte sich an kein Familientreffen erinnern, das nicht von einer Krise irgendwo in der Galaxis überschattet gewesen wäre.
Den größten Anteil daran durfte sich Leia selbst zuschreiben. Sie hatte ihr Leben der Neuen Republik gewidmet, und zu deren Wohl hatte sie Han, Chewbacca, Lando und viele andere in viele gefährliche Missionen verwickelt. Sogar ihre Kinder hatten die meiste Zeit nicht gemeinsam gelebt, zunächst, weil sie Schutz vor den Entführern des Imperiums brauchten, später, weil die Neue Republik darauf angewiesen war, dass aus ihnen Jedi-Ritter wurden. Jetzt befanden sie sich hunderte von Lichtjahren hinter den feindlichen Linien und kämpften gegen einen Feind, der so umbarmherzig und grausam war wie Palpatine selbst, und sie sahen Gefahren ins Auge, die Leia ständig durch die Macht fühlte. Nach einem Leben des Kampfes dafür, aus der Galaxis einen sichereren Ort zu machen, fragte sie sich, ob es ihr überhaupt jemand vorwerfen könnte, dass sie ihre Entscheidung bereute; nein, angesichts der Risiken, die ihre Kinder zum Wohl der Galaxis eingingen, konnte sie sich das nicht vorstellen.
Leia spürte schon, wie Han die Hand nach ihr ausstreckte, ehe er sie überhaupt an der Schulter berührte. »Bist du sicher, du möchtest nicht lieber zu Luke?« Verschwörerisch blickte sich Han in dem Zimmer um. »Auf der Plattform hinten steht ein Hoverwagen, und ich weiß, dein Bruder fühlt sich nicht so wohl bei dem Gedanken, sich selbst an den Senat wenden zu müssen.«
»Schick den Hoverwagen weg, Han.« Leia legte gerade genug Schärfe in ihre Stimme, damit er wusste, dass sie es ernst meinte. »Mit dem Senat bin ich fertig.«
Han verdrehte die Augen. »Habe ich das nicht schon einmal gehört?«
»Endgültig, Han.« Leia gestattete sich, die Sorge um ihre Kinder zu zeigen. »Ich denke an ganz andere Dinge.«
Einen Moment lang betrachtete Han sie und nickte dann. »Okay.« Er blickte quer durch den Raum zu Lando und Wedge und schüttelte knapp den Kopf, dann zog er Leia fest zu sich heran. »Dieses Warten − es ist schon schlimm genug, ohne alles durch die Macht zu fühlen.«
Leia tätschelte sein Bein. »Wir sind nicht daran gewöhnt, diejenigen zu sein, die zurückgelassen werden.«
Izal Waz kam in den Raum und blieb hinter den Couchen stehen. »Hey − seht euch das an!« Mit einem Befehl schaltete er das Holovid-Programm von der Senatsübertragung zu einem Nachrichtenkanal um. Im Vordergrund wurde er in Großaufnahme gezeigt, wie er das Kanonenboot der Wilden Ritter verließ, während eine Nachrichtensprecherin von Arcona erklärte, dass ein Mitglied ihrer eigenen Spezies an der wagemutigen Rettungsaktion der talfaglionischen Geiseln durch die Jedi beteiligt gewesen sei. »Ich bin ein Held!«
Schon seit ihrem Abflug aus dem System war das HoloNet voll von Sendungen über die totale Niederlage der Yuuzhan Vong bei Talfaglio. Ein Kuati-Sender strahlte ein Hologramm von einer Sternzerstörer-Holokamera aus, das zeigte, wie eine feindliche Korvette ohne sichtbaren Grund vor einem X-Flügler explodierte − der Moderator hatte die Abzeichen des X-Flüglers irrtümlicherweise als die von Kyps Dutzend identifiziert. Glücklicherweise konnte man selbst bei Vergrößerung die Schattenbombe nicht entdecken, aber Luke hatte das Oberkommando der Neuen Republik davon überzeugt, alle Bilder von Jedi-Kampftechniken zu zensieren, denn eine bessere Aufnahme könnte das Geheimnis preisgeben.
Saba packte Izal am Arm und zog ihn fort. »Ja, wir sind jetzt alle berühmt − also macht unz keine Schande.«
Mara setzte sich ihren Sohn auf die Knie und gurrte mit hoher, zirpender Stimme, die überhaupt nicht nach ihr klang. »Hat jemand das Salz gefunden, ja?«
Ben gluckste zur Antwort, seine Freude wogte durch die Macht wie früher bei Anakin, wenn sie ihn in seinem Versteck auf Anoth besucht hatte − und so stark, dass ihr die Tränen in die Augen traten. Leia wandte sich ab und versuchte, ihr Gesicht zu verbergen, indem sie es an Hans Schulter legte, doch Mara entgingen solche offensichtlichen Anzeichen nicht. Sie legte Leia die Hand auf den Arm.
»Leia, nur wegen euch dürfen wir jetzt alle hier sitzen«, sagte sie. »Vergiss das nicht. Ich weiß, Anakin und die Zwillinge werden daran denken.«
»Danke.« Leia wischte sich die Augen trocken, lächelte und zog Kraft aus den offenen Worten ihrer Schwägerin. »Das hilft… wirklich.«
»Ja, mir auch.« Han betrachtete Mara, und seine Miene lag irgendwo zwischen Dankbarkeit und Neid. »Danke.«
Lando rief, die Sitzung würde beginnen. Irgendwer schaltete das Holovid zurück auf die Senatsübertragung, wo Luke in einer schlichten Jedi-Robe gerade in einem Lift zum Rednerpult des Saales fuhr.
Luke stieg aus dem Aufzug neben dem Rednerpult und wünschte sich, er könnte sich sicherer sein, dass heute der Spalt zwischen der Neuen Republik und den Jedi geschlossen würde. Der Senat war ihm und den Jedi positiv gesinnt, aber es gab auch kritische Stimmen, weil sie die Angelegenheit in die eigenen Hände genommen hatten, und Sorgen wegen möglicher Vergeltungsschläge der Yuuzhan Vong. Und etwas noch Düstereres, etwas Dunkles und Gefährliches, das er spürte, würde sich ihm in Kürze enthüllen. Er nahm die Kapuze seiner Robe ab, trat vor das lange Pult auf dem Podest des Hohen Rates und verneigte sich vor dem Beirat.
»Staatschef Fey’la, verehrter Rat, Sie haben um ein Gespräch mit mir gebeten.«
Irgendwo oben auf den Galerien brüllte ein Wookiee Beifall, und die ganze Kammer brach in Jubel und Applaus aus. Luke stand ruhig da, ermutigte die Gefühlsäußerungen nicht und würgte sie auch nicht ab, sondern betrachtete die Mitglieder des Beirats. Die meisten hatten eine neutrale Miene aufgesetzt, obwohl Fyor Rodan von Commenor höhnisch ablehnend grinste − ohne Zweifel hielt er die Jedi für schuldig daran, dass sein eigener Planet nicht gerettet worden war. Borsk Fey’la entblößte die Zähne zu einem Lächeln, das überraschend aufrichtig wirkte.
Der Staatschef ließ den Beifall andauern, verließ seinen Platz und trat herunter zu Luke. Er hob eine pelzige Hand und brachte den Saal rasch zur Ruhe, ehe er Luke mit einem herzlichen Händedruck überraschte.
»Konnte denn Prinzessin Leia nicht kommen?«, fragte Fey’la. »Die Einladung war für Sie beide gedacht.«
»Leia ist leider anderweitig beschäftigt«, sagte Luke.
Fey’la nickte weise. »Natürlich, Anakin und die Zwillinge.« Er zog die Augenbrauen zu einer gut geprobten Miene der Besorgnis herunter, dann wandte er sich zu dem schwebenden Verstärkerdroiden. »Ich möchte Ihnen versichern, dass die Neue Republik alles in ihren Möglichkeiten Stehende tun wird, um herauszufinden, was aus ihnen geworden ist − und um den Verantwortlichen zu verhaften.«
Das war gewiss wahr. Die Geister schnüffelten schon seit mehreren Tagen am Rande der Kriegszone herum und hatten das Schiff, das die Auslieferung durchgeführt hatte, bereits fast identifiziert, sodass sich Luke gezwungenermaßen mit der Bitte an Wedge gewendet hatte, sie zu zügeln. Wie es hieß, war Garik »Face« Loran wütend darüber.
»Ich bin sicher, die Familien aller vermissten Jedi begrüßen Ihren Wunsch zu helfen«, sagte Luke. »Doch dürfen wir nicht vergessen: Die Yuuzhan Vong bedrohen nicht nur die Jedi.«
»Die Jedi haben das bestimmt nicht vergessen.« Fey’la quetschte Lukes Hand begeistert. »Im Namen der Neuen Republik möchte ich Ihnen zum Sieg der Jedi bei Talfaglio gratulieren − und Ihnen für die Rettung so vieler unserer Bürger danken.«
»Wir freuen uns, zu Diensten sein zu dürfen«, sagte Luke. »Die Jedi haben ihre Kräfte zusammengezogen und hoffen, der Neuen Republik in der Zukunft weiterhin dienen zu können, aber man darf darüber nicht vergessen, dass wir diesen Sieg nicht allein errungen haben.«
»Wir sind uns der Unterstützung bewusst, die Sie durch die Mon Mothma und die Elegos A’Kla erhalten haben«, sagte Viqi Shesh und sprach von ihrem Platz auf dem Podest. Obwohl es kaum notwendig war, beugte sie sich zum Mikrofon an ihrem Pult vor und schaute von oben auf Luke herab. »Und dank der Berichterstattung im HoloNet weiß es die ganze Galaxis − ohne Zweifel auch die Yuuzhan Vong.«
Luke wurde kalt zwischen den Schultern, denn er hatte die gefährliche Präsenz gefunden, die er gespürt hatte − oder besser, sie hatte ihn gefunden.
»Ein Kampfverband der Neuen Republik war zufällig in der Gegend, ja«, antwortete er. »Meinen Informationen zufolge haben sie keine Verluste erlitten.«
»Die Galaxis ist groß, Meister Skywalker«, sagte Shesh kühl. »Vielleicht können Sie erklären, wie sie ›zufällig‹ in der Gegend sein konnten?«
Fey’la hob die Hand, um Luke an der Antwort zu hindern, dann fuhr er zu Shesh herum und hatte die Lippen bis zu den Spitzen der Reißzähne zurückgezogen. »Wir alle haben die Berichte gelesen, Senatorin. Die Schiffe waren auf einem Testflug. Ich verstehe leider nicht den Sinn Ihrer Frage.«
Shesh starrte weiterhin Luke an. »Das ist genau der Sinn meiner Frage, Staatschef Fey’la. Wedge Antilles und Garm Bei Iblis sind zwei unserer besten Generäle − sie sind zu erfahren, um ›Testflüge‹ im Yuuzhan-Vong-Territorium zu unternehmen.«
»Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, Senatorin, war der corellianische Sektor noch in der Hand der Neuen Republik«, sagte Fey’la und wurde von einem Chor höhnischen Gelächters unterstützt. »Was die Erfahrung der Generäle betrifft, so dürften wir doch darin übereinstimmen, dass niemand besser weiß als sie, wie man den Testflug eines Sternzerstörers durchführt.«
»Unbestritten − solange sie im Vollbesitz ihrer geistigen Fähigkeiten waren«, gab Shesh zurück.
Im Saal wurde wütendes und spekulatives Murmeln laut, und Luke begriff, worauf Shesh hinauswollte.
»Wenn Sie andeuten wollen, die Generäle wären auf irgendeine Weise beeinflusst worden…«
»Genau das will ich andeuten, Meister Skywalker.« Shesh verließ ihren Sitz und trat an Fey’las Pult, stellte dort am Hauptmischpult ihr Mikrofon lauter als das am Rednerpult. »Die Jedi sind in der ganzen Galaxis für ihre Psychotricks berüchtigt, aber jetzt sind Sie zu weit gegangen. Sie haben die legitimen Befehle eines Kampfverbandes der Neuen Republik beeinflusst.«
»Hört, hört!«, sagte Fyor Rodan und erhob sich. »Die Neue Republik darf solches Tun der Jedi nicht tolerieren.«
Eine überraschend große Zahl Senatoren, von denen die meisten aus den Welten des Inneren Rands stammten, wo man noch immer hoffte, die Yuuzhan Vong beschwichtigen zu können, erhob sich wie auf ein Stichwort. Die Wookiees und Bothans brüllten gegen sie an, und Luke drehte sich langsam und nutzte seine Jedi-Kontrolle, um eine ruhige Miene zu bewahren. Leia hatte ihn gewarnt, sich durch nichts im Senat der Neuen Republik überraschen zu lassen. Dennoch konnte er nicht begreifen, wie sich intelligente Wesen davon überzeugen ließen, die Zerstörung einer feindlichen Flotte und die Rettung eines Planeten voller Geiseln sei eine Freveltat.
Aber es ging auch gar nicht um die Flotte oder die Geiseln. Es ging um Bündnisse und Macht, darum, wer sie gewann und wer sie verlor. Kein Wunder, dass sich Leia geweigert hatte, noch einmal einen Fuß in diesen Saal zu setzen. Kein Wunder, dass die Neue Republik den Krieg verlor.
Fey’la stieg nach oben, um die Herrschaft über sein Pult zurückzuerobern, doch Fyor Rodan blockierte mit dem fadenscheinigen Vorwand den Weg, irgendeine wichtige Regel der Tagesordnung zu besprechen, während Shesh weiterhin die Lautsprecheranlage des Senats kontrollierte.
»Meister Skywalker, vielleicht sehen Sie den Schaden nicht, den Ihre selbstsüchtigen Mätzchen der Neuen Republik zugefügt haben«, sagte sie. »Durch die vorzeitige Nutzung der neuen Waffen an Bord der Mon Mothma und der Elegos A’Kla haben Sie die Yuuzhan Vong über die Existenz zweier mächtiger Technologien informiert − zwei Technologien, mit denen wir den Umschwung in diesem Krieg herbeiführen wollten.«
Das rief einen weiteren Tumult von Sheshs Unterstützern hervor, und der Gegenprotest klang eher halbherzig. Fey’la, dem der Weg immer noch von Fyor Rodan versperrt wurde, hob eine Hand, um einen Sicherheitsdroiden zu rufen.
Shesh beeilte sich, ihren kleinen Sieg hieb- und stichfest zu machen. »Meister Skywalker, ich fürchte, dieser Rat muss die Entwaffnung der Jedi verlangen und ihren unverantwortlichen Aktivitäten ein Ende bereiten.«
»Nein.« Luke sprach leise, brachte aber sein Wort mithilfe der Macht bis in die letzte Nische des Saals. »Die Jedi werden die Waffen nicht niederlegen.«
Ganz wie erhofft hatte seine ruhige Stimme, die überall gehört werden konnte, eine schockartige Wirkung, und es wurde ruhig. »Wir haben in keiner Weise einen Offizier der Neuen Republik zum Ungehorsam animiert.«
»Erwarten Sie, dass wir Ihnen glauben?« Shesh warf einen viel sagenden Blick auf die plötzlich stille Galerie. »Da Sie Ihre Psychotricks ja sogar gegen uns einsetzen?«
Luke gestattete sich ein bitteres Lächeln. »Kein Trick«, sagte er. »Nur eine ruhige Stimme.«
Daraufhin begannen viele in der Galerie zu lachen, und nach der Ankunft der Sicherheitsdroiden trat Fyor Rodan zur Seite.
»Trotzdem bestehe ich darauf«, sagte Shesh schnell. »Wenn die Jedi die Waffen nicht ablegen, muss der Senat dem Militär der Neuen Republik jeglichen Kontakt mit ihnen verbieten.« Erneuter Aufruhr brach im Saal aus, doch Shesh drehte die Lautstärke auf und sprach über den Tumult hinweg. »Es werden keine weiteren ›überzähligen‹ X-Flügler in Ihren Hangars landen, Meister Skywalker, und auch der Geheimdienst wird mit Ihnen keine gemeinsamen Sitzungen mehr abhalten. Wenn Sie uns fortwährend missbrauchen…«
»Sie übertreten Ihre Befugnisse, Senatorin Shesh«, unterbrach sie Fey’la. Der Bothan schob sie zur Seite und erlangte die Kontrolle über sein Pult zurück. »Setzen Sie sich auf Ihren Platz, oder ich lasse Sie aus dem Saal entfernen.«
Shesh lächelte ihn säuerlich an und gehorchte, aber der Schaden war längst angerichtet. Sie hatte den Triumph der Jedi in eine Spaltung des Senats verwandelt − und Luke musste sich fragen, warum. Als Aufsichtssenatorin von SELCORE hatte die Kuati sich schon korrupt gezeigt, und Leias Beschuldigungen hatten ihre Liebe zu den Jedi nicht vergrößert, doch diese Sache ging sogar noch über jenen Grad an Verwerflichkeit hinaus. Es war nicht nur opportunistische Vergeltung; es war planmäßiger Verrat. Luke spürte die Dunkelheit dieser Frau und schwor sich, sie genauestens zu beobachten, bis er die Quelle dieser Dunkelheit und Gefahr bei ihr entdeckt hatte.
Fey’la bat wiederholt um Ruhe, gab schließlich auf und ließ sich in seinen Stuhl sinken, um das Ende des Tumults abzuwarten. Luke kreuzte lediglich die Handgelenke und schloss sich seinem Beispiel an, denn er wusste, die Anwendung einer weiteren Jedi-Technik, um die Ordnung wiederherzustellen, würde Shesh lediglich in die Hand spielen. Er sah keine Hoffnung, das zu vollbringen, weswegen er gekommen war, aber er konnte nicht einfach gehen, ohne arrogant zu wirken − und solche Arroganz wäre eine weitere Waffe für Viqi Shesh im Kampf gegen die Jedi gewesen.
Langsam legte sich der Aufruhr, doch Fey’la starrte so gebannt auf seine Vidkonsole, dass er es überhaupt nicht bemerkte. Luke, der fürchtete, die Yuuzhan Vong könnten eine neue Katastrophe in der Neuen Republik verursacht haben − und er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie sich genau einen solchen Augenblick dafür aussuchen würden −, erforschte, was die Aufmerksamkeit des Bothan dermaßen fesselte. Wie jeder erfahrene Politiker hatte Fey’la seine Emotionen im Griff, allerdings spürte Luke bei ihm eher Überraschung als Entsetzen oder Panik.
Stets schnell dabei, die Initiative zu ergreifen, erhob sich Viqi Shesh. »Ich bin äußerst besorgt wegen dieses Jedi-Problems − und aus dieser Besorgnis heraus schlage ich eine Resolution vor.«
Da Fey’la weiterhin auf seine Vidkonsole starrte, schickte Luke einen sanften Macht-Stoß aus. Der Bothan zuckte zusammen und wandte sich Shesh zu, unterbrach sie jedoch nicht.
Sie fuhr fort: »Ich beantrage, dass die Jedi von nun an als Gefährdung unserer Kriegsanstrengungen betrachtet werden…«
Weiter schaffte sie es nicht, da brach der Aufruhr erneut im Saal aus. Sie versuchte, sich über den Lärm hinwegzusetzen, sah zu Fey’la und blitzte ihn mit den Augen an, als habe er die Lautstärke ihres Mikros reduziert.
»Staatschef Fey’la, ich habe das Recht, meinen Antrag einzubringen.«
Fey’la lächelte. »Gewiss, ja − aber vielleicht würden Sie mir erlauben, zunächst eine Erklärung abzugeben.«
Er drückte Knöpfe auf seiner Konsole, und eine Reihe Hologramme erschien in der Nähe des Rednerpults. Luke musste ein Stück zurückgehen, um General Wedge Antilles, General Garm Bei Iblis, Admiral Traest Kre’fey, General Carlist Rieekan sowie einige weitere hohe Kommandeure zu erkennen. Im Saal wurde es leiser.
»Eine überraschend hohe Anzahl hoher Offiziere hat mich in den letzten Minuten kontaktiert«, sagte Fey’la. »Nachdem ich mir angehört habe, was sie zu sagen hatten, weise ich − und es geht nicht um eine Erlaubnis, sondern um eine Anweisung − das Militär der Neuen Republik an, mit den Jedi zu kooperieren und ihre Aktionen zu koordinieren.«
Im Saal kehrte fast Stille ein − nur Shesh begann zu stammeln: »D-das können Sie nicht tun!«
»Ich kann und ich habe bereits.« Fey’la schaltete seine Konsole aus, dann trat er hinunter zu Sheshs Pult. »Wenn Sie das Gefühl haben, ich würde meine Befugnisse überschreiten, können Sie natürlich jederzeit ein Misstrauensvotum gegen mich einbringen. Möchten Sie das jetzt tun, Senatorin Shesh?«
Shesh schaute hinauf zur verstummten Galerie und versuchte abzuschätzen, ob das eigenmächtige Handeln den Bothan genug Unterstützung gekostet hatte, dass er eine solche Abstimmung verlieren würde. Da jedoch selbst ihre eigenen Unterstützer die Blicke nicht von den Hologrammen der wütenden Kommandanten abwenden konnten, sah sie ein, dass sie selbst ihr Blatt überreizt hatte. Sie senkte den Blick und schüttelte den Kopf.
»Nein, ich ziehe meinen Resolutionsantrag zurück.«
»Gut. Im Anschluss an diese Sitzung werden wir uns darüber unterhalten, welchem neuen Ausschuss sie zugeteilt werden.« Fey’la verließ das Podest des Hohen Rates und kehrte zu Luke zurück. »Also, wo waren wir stehen geblieben…«
»Zunächst würde ich gern eine Frage stellen.« Luke legte die Hand über das Mikrofon auf dem Pult und schickte den Verstärkerdroiden weit nach oben in die Galerie. »Was haben die Generäle zu Ihnen gesagt?«
»Eigentlich gar nichts. Die Verbindung kam vom NRMAK; die Yuuzhan Vong rücken auf Borleias vor.« Fey’la wandte sich an die Kommandanten und entblößte die Fangzähne, was offensichtlich, wie Luke glaubte, einem Lächeln ähneln sollte. »Diese Holos stammen aus einer Datenbank.«
Im Apartment der Solos hallte der Jubel noch von den Wänden wider, und Gavin Darklighter plante bereits eine gemeinsame Mission mit Saba Sebatyne und Kyp Durron. Piloten der Neuen Republik schenkten sich großzügig Bubblezap ein − und versetzten C-3PO in helle Aufregung, weil sie dabei viel zu viel auf dem blank geputzten Boden vergossen. Lando und Tendra priesen am Komlink die Vorzüge ihrer YVH-Kriegsdroiden plötzlich interessierten Beschaffungsoffizieren der Neuen Republik an. Falls jemand bemerkte, dass Wedge Antilles, einer der hohen Kommandooffiziere, die gerade angeblich mit Borsk Fey’la konferiert hatten, eigentlich auf der Couch bei Han und Leia saß, so hielt derjenige die Angelegenheit nicht weiter für erwähnenswert.
Leia, die längst nicht so ausgelassen war wie ihre Gäste, wandte sich an Han. »Bin ich die Einzige, der es aufgefallen ist?«
Han lächelte sie schief an. »Mir auch.« Er sah an ihr vorbei zu Wedge, der weiterhin auf sein Bild auf dem Holovid starrte und eine Miene zwischen Wut und Zustimmung zeigte. »Borsk hat geblufft.«
»In der Politik nennt man das unkorrektes Verhalten«, sagte Leia. »Er hatte nicht die Befugnis, eine solche Anweisung eigenmächtig zu erteilen.«
»Vielleicht nicht, dennoch hat er richtig gehandelt. Ich meine mich zu erinnern, dass du ihm gesagt hast, er solle dies tun.«
»Er hat es nicht getan, weil er die Jedi mag«, erwiderte Leia. »Borsk würde das Risiko nicht eingehen. Er hätte seinen Posten verlieren können − und kann ihn immer noch verlieren, wenn Viqi herausfindet, was er angestellt hat, und die Stimmung gegen ihn aufpeitscht.«
»Das wird nicht passieren«, sagte Wedge. »Borsk ist derjenige, der uns bei Talfaglio zu Hilfe geholt hat. Keiner der Kommandanten, den ich im Saal gesehen habe, wird ihm widersprechen − zumindest nicht Viqi Shesh gegenüber.«
Ein halbes Dutzend Komlinks klingelte gleichzeitig, darunter auch das von Wedge. Er schaltete das Rufzeichen auf still, dann erhoben er und mehrere andere Offiziere der Neuen Republik sich und suchten einen ruhigen Platz.
»Ihr werdet uns entschuldigen müssen«, sagte er. »Hört sich an, als hätte General Bedamyr mal wieder seine Lieblingsmynocks verloren.«
Han und Leia lachten pflichtbewusst. Nachdem Antilles gegangen war, sahen sie sich an und zuckten mit den Schultern.
»Ich schätze, wir werden es früh genug erfahren«, meinte Han.
Leia war in Gedanken bereits wieder bei Fey’la. »Zuerst gewinnt er die Kommandanten, indem er einen Kampfverband nach Talfaglio schickt, dann überlässt er die Ehre uns.« Sie schaute zurück zum Holovid, wo Fey’la eine große Schau daraus machte, Luke eine Verschlüsselungskarte zu überreichen, die ihn in die Lage versetzte, den Minengürtel des Planeten zu steuern. »Er konsolidiert seine Machtbasis, Han. Er braucht die Jedi-Unterstützer auf seiner Seite.«
»Und die Jedi brauchen ihn«, meinte Han. »Wir stecken zusammen in der Sache drin.«
»Ich weiß.« Leia war verdrossen, weil ihre eigenen Ziele plötzlich mit denen von Borsk Fey’la übereinstimmten. »Das macht mir vielleicht mehr Sorgen als die Yuuzhan Vong.«