Sich ein Bild von der Welt machen
Das Gehirn hat eine Reihe effizienter Module, die Formen, Kanten, Schattierungen und andere visuelle Beschaffenheiten der sichtbaren Dinge handhaben. Aus den Informationen, die diese natürlichen Prozessoren beschaffen, entwickelt das Gehirn ein Bild der Außenwelt. Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass das, was wir sehen, in Wahrheit künstlich erzeugt ist. Daher funktionieren auch optische Täuschungen. Wenn Sie die betrachten, wird der Mechanismus Ihres Gehirns, der ein Bild der Welt erstellt, überlistet. Die Kombination von Auge und Gehirn ist keine Kamera, die einfach verzeichnet, was auf ihre Sensoren trifft – das Gehirn macht sich sein eigenes Bild, wann immer das nötig ist.
Wäre das nicht so, hätten wir einige Probleme. Wo der Sehnerv aus dem Augapfel tritt, befindet sich der blinde Fleck, ein Bereich im Gesichtsfeld, in dem wir nichts sehen können. Was sich in diesem Bereich befindet, ergänzt das Gehirn anhand von Erfahrungswerten. Gleichzeitig vollführen unsere Augen ständig winzige, ruckartige Bewegungen, die Sakkaten genannt werden und dem Gehirn neben anderen Mechanismen dazu dienen, den blinden Fleck wettzumachen. Die Zuckungen werden vom Gehirn abgemildert, so dass Ihr Blick am Ende ruhig ist.
Dank all dieser Manipulationen des Gehirns können wir uns auch Filme auf dem Bildschirm in der Rückenlehne anschauen. Fernseh- und Kinofilme arbeiten damit, dass sie Serien von stehenden Bildern projizieren. Lange Zeit dachte man, der Grund, dass wir diese Bilder als bewegt wahrnehmen, sei in der »visuellen Persistenz« zu suchen (diese Erklärung finden Sie immer noch in vielen Büchern und auf Websites). Das ist Unsinn. Zum einen sind die Reaktionen des Auges zu langsam, um auf diese Weise ein Bild aufzubauen, zum anderen wäre das Resultat ein Durcheinander und keine Bewegung, wenn die stehendenden Bilder fortbestehen würden. Stattdessen ist es die Art, wie das Auge einen vorgeblichen, künstlichen Anblick konstruiert, die uns Filme genießen lässt. Und zwar indem das Auge/Gehirn seine verschiedensten Module heranzieht. Die machen es zusammen möglich, dass es von einer Reihe stehender Bilder getäuscht wird und glaubt, eine Bewegung zu sehen.