Zuflucht zu Medikamenten

Es gibt eine Reihe von Studien zum Nutzen des Anti-Jetlag-Wirkstoffs Melatonin, für den Sie vielleicht Werbung im Internet gefunden haben. Es heißt, dieses Zirbeldrüsenhormon könne das Gehirn täuschen, damit es die Auswirkungen des Zeitzonenwechsels ignoriert. Untersuchungen der Universität Heidelberg haben gezeigt, dass sich der Melatoninspiegel im Körper bei Langstreckenflügen verändert – und zwischen Melatoninspiegel und Schlafvermögen besteht ein direkter Zusammenhang. Es ist aber eher fraglich, ob Melatonin als »Heilmittel« für den Jetlag verschrieben werden sollte. (Bedenken Sie, dass ein Jetlag keine Krankheit ist.) Die britische Medizinzeitschrift The Lancet berichtet dazu:

Der offenkundige Nutzen [von Melatonin] beim Abmildern der Jetlag-Symptome könnte auf einige unklare psychotrope Wirkungen zurückzuführen sein, aber genau die könnten unerwünscht sein, insbesondere, wenn sie Tagfunktionen verändern … Melatonin hemmt möglicherweise die geschlechtliche Entwicklung bei Ratten und könnte eine Regression der Keimdrüsen bei Wühlmäusen herbeiführen. Auch beim Menschen hat es Auswirkungen auf endokrine Drüsen. Diese Auswirkungen darf man nicht leichtfertig abtun.

Damit das Melatonin überhaupt wirken kann, muss man ein rigides Zeitschema bei der Einnahme rund um den Flugtermin einhalten. Macht man dabei einen Fehler, verschlimmert der Wirkstoff den Jetlag, statt ihn abzumildern. Bedenklicher sind, wie bei allen Hormonbehandlungen, mögliche Nebenwirkungen. Stellt man dem die nicht-invasive Methode wie die vorgeschlagene zeitliche Anpassung von Mahlzeiten und Schlaf gegenüber, erscheint die Einnahme von Melatonin vorsichtig ausgedrückt ziemlich zweifelhaft.

Zumindest gibt es Hinweise, dass Melatonin eine Wirkung hat – auch wenn die möglichen Nebenwirkungen schlimmer als das ursprüngliche Problem sind. Andere Vorschläge, gegen den Jetlag anzugehen, bauen im Vergleich dazu allein darauf, den Körper zu täuschen. Es existiert eine ganze Palette von alternativen Therapien und exotischen Behandlungen. Manche schließen einen komplizierten Speiseplan mit tagelangem Fasten und Schlemmen vor dem Flug ein. Bei anderen sollen grelle Lampen, denen sich der Reisende aussetzt, seinen natürlichen Rhythmus durcheinanderbringen. Die vielleicht einzigen Therapien, die eine Überlegung wert sind, sind Aromatherapie und Homöopathie.

Beide haben keinerlei Auswirkungen auf den Körper. (Das überrascht nicht, denn homöopathische Mittel enthalten üblicherweise nichts von den aktiven Wirkstoffen, die auf der Flasche angegeben sind.) Aber sie sind gut, um den Placebo-Effekt zu stimulieren. Das geschieht, wenn Ihr Gehirn glaubt, dass etwas von Nutzen ist, und natürliche Stoffe im Körper freisetzt, die tatsächlich wirken können. Solche Placebo-Mittel können als Ergänzung zur simplen Schlaf- und Wasser-Methode genommen werden und verursachen sicher keinen Schaden. Alles, was Sie auf natürliche Weise zum Einschlafen bringt, ist hilfreich.

Warum Tee im Flugzeug nicht schmeckt und Wolken nicht vom Himmel fallen: Eine Flugreise in die Welt des Wissens
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