Die Vakuum-Lösung

Ältere Flugzeugtoiletten waren ähnlich gebaut wie die chemischen Toiletten, die man bei Festivals benutzt. Eine relativ kleine Spülmenge aus (üblicherweise blauen) Chemikalien wird mit einer Elektropumpe auf den Weg gebracht. Doch wie jeder weiß, der je ein Festival besucht hat, riechen diese Toiletten schnell unangenehm und verstopfen auch leicht. Zudem ist nach wie vor ein Tank für die Chemikalie nötig, was immer auch die Gefahr eines Lecks birgt. Deshalb gibt es in modernen Flugzeugen Vakuumtoiletten. Betätigt man hier den Spülknopf, baut sich in einer Kammer hinter der Schüssel ein Vakuum auf. Nach ein paar Sekunden wird das Vakuum mit einem deutlichen Geräusch zur Schüssel hin geöffnet, der Druck in der Toilette fällt und der Inhalt wird herausgesaugt – genau wie der Schmutz von einem Staubsauger aufgenommen wird.

Immer mal wieder machen Geschichten von Passagieren die Runde, die durch das Vakuum auf dem Sitz der Toilette festgehalten worden wären. Die BBC-Nachrichten meldeten 2002, eine Amerikanerin hätte bei einem SAS-Langstreckenflug die Toilette benutzt und den Spülknopf gedrückt, ehe sie aufgestanden sei. »Zu ihrem Entsetzen«, verkündete die BBC, »musste die Frau feststellen, dass das Vakuum sie nicht mehr losließ. Ihr Körper wurde so fest auf den Sitz gepresst, dass Flughafentechniker sie befreien mussten.«

Laut dem Bericht saß die Frau mehr als zwei Stunden in der Boeing-767-Toilette fest, bis die Maschine gelandet war und die Kabinenmannschaft die Techniker zu Hilfe rufen konnte. Es wurde sogar eine anonyme SAS-Sprecherin zitiert, die sagte, die Frau bekäme eine Entschädigung für die erlittene Tortur. »Sie hat da eine ganze Weile festgesessen«, erklärte die Sprecherin.

Bei einer späteren SAS-Untersuchung stellte sich heraus, dass die ganze Sache erfunden war. In Wahrheit war kein derartiger Vorfall verzeichnet worden, aber Geschichten wie diese wurden bei Crew-Schulungen erzählt, um sicherzustellen, dass die Anleitungen eingehalten werden und die Mannschaft die Toiletten kontrolliert. Die Geschichte selbst ist nie passiert. Es ist sowieso faktisch unmöglich, in eine solche Situation zu geraten, denn der Spülknopf befindet sich üblicherweise hinter dem Toilettendeckel, so dass man zum Betätigen aufstehen muss. Doch selbst wenn Sie das irgendwie im Sitzen schaffen sollten, ist es unwahrscheinlich, dass der Sog stark genug wäre, um Sie für längere Zeit festzuhalten, insbesondere, weil das Vakuum nach ein paar Sekunden abgebaut wird – doch es besteht durchaus die Möglichkeit, sich innere Verletzungen zuzufügen. Zur Sicherheit also lieber nicht herumexperimentieren.

Warum Tee im Flugzeug nicht schmeckt und Wolken nicht vom Himmel fallen: Eine Flugreise in die Welt des Wissens
titlepage.xhtml
part0000.html
part0001.html
part0002.html
part0003.html
part0004.html
part0005_split_000.html
part0005_split_001.html
part0005_split_002.html
part0005_split_003.html
part0005_split_004.html
part0005_split_005.html
part0005_split_006.html
part0005_split_007.html
part0006_split_000.html
part0006_split_001.html
part0006_split_002.html
part0006_split_003.html
part0006_split_004.html
part0006_split_005.html
part0006_split_006.html
part0006_split_007.html
part0006_split_008.html
part0006_split_009.html
part0006_split_010.html
part0006_split_011.html
part0006_split_012.html
part0006_split_013.html
part0006_split_014.html
part0006_split_015.html
part0007_split_000.html
part0007_split_001.html
part0007_split_002.html
part0007_split_003.html
part0007_split_004.html
part0007_split_005.html
part0007_split_006.html
part0007_split_007.html
part0007_split_008.html
part0007_split_009.html
part0007_split_010.html
part0007_split_011.html
part0007_split_012.html
part0007_split_013.html
part0007_split_014.html
part0008_split_000.html
part0008_split_001.html
part0008_split_002.html
part0008_split_003.html
part0008_split_004.html
part0008_split_005.html
part0008_split_006.html
part0008_split_007.html
part0008_split_008.html
part0008_split_009.html
part0008_split_010.html
part0008_split_011.html
part0008_split_012.html
part0008_split_013.html
part0008_split_014.html
part0008_split_015.html
part0008_split_016.html
part0008_split_017.html
part0008_split_018.html
part0008_split_019.html
part0008_split_020.html
part0008_split_021.html
part0008_split_022.html
part0008_split_023.html
part0008_split_024.html
part0009_split_000.html
part0009_split_001.html
part0009_split_002.html
part0009_split_003.html
part0009_split_004.html
part0009_split_005.html
part0009_split_006.html
part0009_split_007.html
part0009_split_008.html
part0009_split_009.html
part0009_split_010.html
part0009_split_011.html
part0009_split_012.html
part0009_split_013.html
part0009_split_014.html
part0010_split_000.html
part0010_split_001.html
part0010_split_002.html
part0010_split_003.html
part0010_split_004.html
part0010_split_005.html
part0010_split_006.html
part0010_split_007.html
part0010_split_008.html
part0010_split_009.html
part0010_split_010.html
part0010_split_011.html
part0010_split_012.html
part0011_split_000.html
part0011_split_001.html
part0011_split_002.html
part0011_split_003.html
part0011_split_004.html
part0011_split_005.html
part0011_split_006.html
part0011_split_007.html
part0011_split_008.html
part0011_split_009.html
part0011_split_010.html
part0011_split_011.html
part0011_split_012.html
part0011_split_013.html
part0011_split_014.html
part0011_split_015.html
part0011_split_016.html
part0012_split_000.html
part0012_split_001.html
part0012_split_002.html