Steuerflächen in Aktion
Ein verwandter Effekt wird eingesetzt, um das Flugzeug mit den »Steuerflächen« zu lenken. Dabei handelt es sich um bewegliche Teile an den Flügeln und am Heck, mit deren Hilfe man das Flugzeug neigen und seine Richtung verändern kann. Jede der drei Hauptsteuerflächen fungiert auf dieselbe Weise – die Querruder (breite Streifen hinten an den Flügeln), das Seitenruder an der vertikalen Seitenflosse und die Höhenruder am horizontalen Heckleitwerk. Die Querruder werden eingesetzt, um das Flugzeug nach rechts oder links zu neigen – das ist die Hauptsteuerung, um in der Luft Kurven einzuschlagen. Beim Kurvenfliegen weisen die Querruder in entgegengesetzte Richtungen, das eine nach oben und das andere nach unten, während das Seitenruder den Vorgang unterstützt. Die Höhenruder arbeiten parallel und neigen das Flugzeug in der Luft nach oben oder unten. In jedem dieser Fälle verändert die Bewegung der Steuerflächen die Kräfte, die auf das Flugzeug einwirken, in ähnlicher Weise, wie der Flügel den Auftrieb bewirkt.
Wenn Sie von Ihrem Platz aus die Flügel im Blick haben, können Sie vielleicht auch beobachten, dass bewegliche Teile innen am hinteren Flügel kurz nach dem Start eingefahren werden – und Sie werden gewiss sehen, dass sie vor der Landung ausgefahren werden. Das sind Klappen. Klappen beeinflussen den Flügel auf zweifache Weise. Indem sie die Fläche vergrößern, erhöhen sie den Schub nach oben. Das bedeutet, dass die Maschine bei geringerer Geschwindigkeit stabil fliegen kann – unabdingbar bei der Landung und häufig nützlich beim Start. Aber die Klappen erhöhen auch den Strömungswiderstand. Der ist eine nach hinten gerichtete Kraft, die das Flugzeug abbremst. Der Strömungswiderstand ist nützlich beim Landen, weil er die Eigengeschwindigkeit der Maschine verringert, aber er ist ebenso etwas, das man während des normalen Fluges niedrig halten will. Daher werden Klappen, die beim Start eingesetzt wurden, bald eingezogen. Wenn Sie unter die Flügel schauen, sehen Sie normalerweise eine Reihe langer, stromlinienförmiger Streben (die als Flap-Track-Verkleidungen bezeichnet werden) – darin befindet sich die Mechanik, die die Klappen aus- und einfährt.

7. Die einzelnen Teile an der Flugzeugtragfläche.
Bei einem Blick auf die Flügel werden Sie noch etwas feststellen: Sie sind nicht komplett steif. Das heißt nicht, dass sie wie bei einem Vogel flattern – auf diese Weise generiert ein Flugzeug keinen Auftrieb –, sondern sie biegen sich nur, weil es eine Weile dauert, bis die Auf- und Abwärtsbewegungen des Rumpfes entlang der Flügel übertragen sind. Die Flügelspitzen einer großen Verkehrsmaschine können sich im Flug um zwei bis drei Meter bewegen – was extrem aussieht, aber verglichen mit der Beugungstoleranz geringfügig ist. Bei Tests der Boeing 787 vor dem Jungfernflug wurden die Flügel um bemerkenswerte acht Meter gebogen, ohne dass sie Schaden nahmen. Wenn der Flügel absolut steif wäre, würde das viel zu hohe Belastungen für die Naht zwischen Tragfläche und Rumpf bedeuten – vergessen Sie nicht, dass eine voll beladene 747 über 400 Tonnen wiegen kann. Die Biegsamkeit erlaubt es den Flügeln, die Beanspruchung zu kompensieren.
Experiment – Kräfte beim Fliegen
Wenn sich ein Flugzeug in der Luft befindet, unterliegt es fünf Hauptkräften, die es zusammen auf unterschiedliche Weise in Bewegung bringen. Das sind:
- Gravitation – zieht das Flugzeug nach unten
- Auftrieb – drückt die Flügel nach oben
- Vortrieb – gibt dem Flugzeug in Reaktion auf die Triebwerke Schub
- Strömungswiderstand – zieht die Maschine aufgrund des Luftwiderstands gegen Schub und Auftrieb
- Turbulenzen – drücken in alle möglichen Richtungen, da das Flugzeug verschiedenen Luftströmungen ausgesetzt ist.
Mit drei DIN A4-Blättern können Sie mehrere dieser Effekte demonstrieren. Ziel ist, jedes Blatt so weit Sie können zu werfen. (Ihren Mitreisenden zuliebe warten Sie besser, bis Sie wieder am Boden sind.)
Werfen Sie das erste Blatt ohne es irgendwie zu falten. Werfen Sie das zweite Blatt als zusammengeknüllten Ball. Werfen Sie das dritte Blatt, nachdem Sie daraus einen Papierflieger gefaltet haben. Jedes Blatt sollte weiter fliegen als sein Vorgänger (solange Ihnen der Papierflieger nicht komplett missrät). Die Gravitationskraft und der Vortrieb (durch Ihren Wurf) sollten in allen drei Fällen etwa gleich sein. Solange das Papier nicht in einen Luftstrom gerät, sollte es so gut wie keine Turbulenzen geben. Was sich also bei den drei Würfen verändert, sind Auftrieb und Strömungswiderstand.
Das erste, ungefaltete Blatt hat den stärksten Strömungswiderstand, denn bei ihm ist der Luft eine große Oberfläche ausgesetzt. Strömungswiderstand entsteht durch Luftmoleküle, die gegen das Blatt stoßen und eine Kraft nach den Newtonschen Gesetzen bewirken. Ist die Oberfläche groß, treffen mehr Moleküle auf das Blatt, also gibt es mehr Widerstand. Das zweite, zusammengeknüllte Blatt hat weniger Strömungswiderstand, weil Sie die Oberfläche verkleinert haben, die den Luftmolekülen ausgesetzt ist.
Sowohl das glatte Blatt als auch der geknüllte Ball haben wenig Auftrieb, aber ein richtig gefalteter Papierflieger (der möglicherweise mehr Strömungswiderstand aufweist als der Papierball) sollte erheblich mehr Auftrieb haben, so dass er weiter fliegen kann als die anderen Blätter.
An moderneren Maschinen entdecken Sie vielleicht auch Winglets – scheinbar kurze Verlängerungen, die an den Flügelspitzen emporragen. Klein sind sie aber nur im Verhältnis zur Flügelgröße – häufig sind sie mannshoch. Winglets haben zwei Auswirkungen. Sie erhöhen den Auftrieb der vorhandenen Spannweite und sie verringern den Strömungswiderstand. Letzteres ist der Fall, weil die Flügelspitzen Turbulenzen in Form von heftigen Luftwirbeln erzeugen können – dieselben Verwirbelungen, die für die Abstände bei den Flugzeugstarts verantwortlich sind. Hat man Winglets an den Flügelspitzen, durchschneiden sie diese Wirbel, mindern deren Auswirkungen und senken den Strömungswiderstand. Manche neuen Maschinen haben keine separaten Winglets, sondern zunehmend nach oben gezogene Flügelspitzen, die einen ähnlichen Effekt haben.