Faslane, Schottland
»Kein Glück, was?« fragte Todd Simms, Kommandant der USS Boston.
»Nein«, bestätigte McCafferty. Selbst auf der Rückfahrt nach Faslane hatten sie Pech gehabt. HMS Osiris, ein britisches Diesel-U-Boot, das die minenfreie Fahrrinne bewachte, war in Angriffsposition gegangen, ohne von der Besatzung der USS Chicago bemerkt worden zu sein. »Wir hatten eine großartige Chance gegen diesen großen amphibischen Verband. Alles lief perfekt. Die Russen hatten Sonobojen ausgelegt, aber an denen stahlen wir uns vorbei. Gerade, als wir unsere Flugkörper starten wollten – ich hatte vor, später mit Torpedos nachzustoßen –«
»Hört sich gut an«, meinte Simms.
»Da schießt ein anderer Torpedos ab und versaut uns alles. Wir brachten zwar drei Harpoons in die Luft, wurden aber von einem Hubschrauber dabei beobachtet, und – zack! – hatten wir die ganze Bande auf dem Hals.« McCafferty öffnete die Tür zur Offiziersmesse. »Ich brauch was zu trinken.«
»Gute Idee!« Simms lachte. »Nach ein paar Bierchen sieht alles besser aus. Kopf hoch.« Simms ging an die Theke. »Zwei Ale.«
»Kommt sofort, Commander.« Ein Steward in Weiß zapfte. Simms zahlte und führte seinen Freund zu einer Nische in der Ecke. Am anderen Ende der Messe feierte eine kleinere Gruppe.
»Danny, nehmen Sie’s nicht so tragisch. Es ist doch nicht Ihre Schuld, daß der Iwan Ihnen kein Ziel geboten hat.«
McCafferty trank einen herzhaften Schluck. Unterdessen nahm Chicago, Proviant auf und sollte noch zwei Tage im Hafen bleiben. Boston und ein zweites Boot der 688-Klasse lagen am selben Kai. Zwei weitere Boote wurden später erwartet. Diese sollten für einen Sondereinsatz, dessen Natur noch unbekannt war, umgerüstet werden. Die Offiziere und Matrosen nutzten das bißchen Freizeit, frische Luft zu schnappen und sich zu entspannen. »Todd, Sie haben wie immer recht.«
»Klar. Hier, essen Sie eine Brezel. Da drüben scheint ja allerhand los zu sein. Gehen wir mal rüber?« Simms nahm sein Glas und ging zum anderen Ende des Raums.
Dort hatte sich eine Gruppe von U-Boot-Offizieren versammelt, und ihre Aufmerksamkeit galt einem norwegischen Kommandanten, der ganz offensichtlich schon seit mehreren Stunden getrunken hatte. Sobald er ein Glas geleert hatte, reichte ihm ein Commander der Royal Navy ein frisches Bier.
»Ich muß einfach den Mann finden, der uns gerettet hat!« rief der Norweger laut und angetrunken.
»Was gibt’s hier?« fragte Simms. Man stellte sich vor.
»Das ist der Bursche, der die Kirow versenkt hat«, erklärte ein Offizier der Royal Navy, der HMS Oberon befehligte. »Er erzählt die Geschichte alle zehn Minuten. Zeit, daß er wieder mal anfängt.«
»Scheiße«, grunzte McCafferty. Das war also der Mann, der ihm sein Ziel vor der Nase versenkt hatte!
Der Norweger begann wieder mit seiner Geschichte. » ...die Kirow ist nun ganz nahe«, schloß er, »Sehrohr hoch! Vier Torpedos los! Nachladen und abtauchen!«
»Sie haben mir die Annäherung ruiniert!« schrie McCafferty.
Einen Augenblick lang wirkte der Norweger fast nüchtern. »Wer sind Sie? Waren Sie denn dort?«
»Ja, ich war dort. Dan McCafferty, USS Chicago.«
»Und haben Sie Raketen abgefeuert?«
»Ja.«
»Sie sind ein Held!« Der norwegische U-Boot-Fahrer rannte auf McCafferty zu und umarmte ihn stürmisch. »Sie haben mein Boot, meine Männer gerettet!«
»Worum geht es hier eigentlich?« fragte Simms.
»Darf ich die Herren miteinander bekannt machen?« sagte ein Offizier der Royal Navy. »Kapitän Björn Johannsen, Kommandant des Bootes Kobben. Captain Daniel McCafferty, USS Chicago.«
»Nachdem wir die Kirow versenkt hatten, gingen die Russen mit einem Kreuzer und zwei Zerstörern wie die Wölfe auf uns los«, fuhr Johannsen nüchterner fort. »Und dann schossen Sie mit Raketen?« Seine Augen funkelten.
»Ja, drei Harpoons. Ein Hubschrauber sah die Abschüsse und griff uns an. Wir mußten tauchen und konnten nicht feststellen, ob wir etwas getroffen hatten.«
»Und ob! Wir waren getaucht, schon vier Torpedos ausgewichen, Batterien leer, das Boot beschädigt – das war das Ende. Sie hatten uns mit Sonar erfaßt, der Zerstörer warf Wasserbomben. Aber dann – Bumm! Bumm! Bumm! Der Zerstörer explodierte, der andere war getroffen. Und wir entkamen.« Johannsen nahm McCafferty noch einmal so heftig in die Arme, daß beide Männer ihr Bier verschütteten.
»Nur wegen Ihnen, Chicago, ist meine Besatzung noch am Leben. Ich schmeiße eine Runde für Ihre Männer!«
»Wir haben also wirklich einen Zerstörer versenkt...«, meinte McCafferty nachdenklich. Nicht so gut wie ein atomgetriebener Schlachtkreuzer, aber besser als nichts.
»Nicht übel, Dan«, bemerkte Simms.
»Tja, manche Leute haben eben immer Schwein«, ließ sich der Kommandant von HMS Oberon vernehmen.
»Also ehrlich, Todd«, sagte der Kommandant von USS Chicago, »das Bier ist vorzüglich.«