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Vergebung
River Run, Mai 1770
»Das ist die sturste Frau, der ich je begegnet
bin!« Brianna rauschte durch das Zimmer wie ein Schiff unter vollen
Segeln und ließ sich mit wehenden Röcken in den Sessel neben dem
Bett sinken.
Lord John Grey öffnete ein Auge, das
blutunterlaufen unter seinem Bandagenturban hervorlugte.
»Deine Tante?«
»Wer denn sonst?«
»Du hast doch einen Spiegel in deinem Zimmer,
oder?« Sein Mund verzog sich, und nach einem Moment des Zögerns
folgte auch der ihre.
»Es ist ihr verdammtes Testament. Ich habe ihr
gesagt, daß ich River Run nicht haben will, daß ich keine
Sklaven halten kann - aber sie weigert sich, es zu ändern! Sie
lächelt einfach nur, als wäre ich eine Sechsjährige, die einen
Wutanfall hat, und sagt, wenn es soweit ist, werde ich noch froh
darüber sein. Froh!« Sie schnaubte und warf sich in eine bequemere
Position herum. »Was mache ich nur?«
»Nichts.«
»Nichts?« Sie richtete die ganze Energie ihrer
Verärgerung auf ihn. »Wie kann ich denn nichts tun?«
»Erstens wäre ich extrem überrascht, wenn Eure
Tante nicht unsterblich wäre; so manches Mitglied dieser
Schottensippe scheint es zu sein. Sollte sich dies allerdings« -
winkte er ab - »als unwahr herausstellen, und sollte sie weiter die
Wahnvorstellung hegen, daß du dich als gute Herrin für River Run
erweisen könntest -«
»Warum meinst du, daß ich das nicht könnte?« fragte
sie voll verletztem Stolz.
»Du kannst eine Plantage von dieser Größe nicht
ohne Sklaven betreiben, und du lehnst es aus Gewissensgründen ab,
Sklaven zu besitzen, das hat man mir zumindest zu verstehen
gegeben. Obwohl ich noch nie eine Frau gesehen habe, die eine
schlechtere Quäkerin abgeben
würde.« Er verengte sein geöffnetes Auge und spielte auf das
immense Zelt aus lila gestreiftem Musselin an, in das sie gehüllt
war. »Um auf unser Thema zurückzukommen - oder eins davon -,
solltest du dich als unfreiwillige Erbin einer Anzahl von Sklaven
wiederfinden, so läßt sich ihre Befreiung zweifellos
arrangieren.«
»Nicht in North Carolina. Die Versammlung -«
»Nein, nicht in North Carolina«, pflichtete er ihr
geduldig bei. »Sollte es dazu kommen, daß du in den Besitz von
Sklaven gerätst, wirst du sie mir einfach verkaufen.«
»Aber das ist -«
»Und ich bringe sie nach Virginia, wo ihre
Freilassung weniger strengen Kontrollen unterliegt. Sobald sie frei
sind, zahlst du mir das Geld zurück. An diesem Punkt wirst du
völlig heruntergewirtschaftet und mittellos sein, was ja dein
sehnlichster Wunsch zu sein scheint, gleich nach deiner
kategorischen Ablehnung deines persönlichen Glücks, indem du dafür
sorgst, daß du den Mann, den du liebst, nicht heiraten
kannst.«
Sie legte eine Handvoll Musselinstoff mit den
Fingern in Falten und sah den großen Saphir, der an ihrer Hand
glitzerte, stirnrunzelnd an.
»Ich habe versprochen, daß ich ihn zumindest
anhören werde.« Sie sah Lord John scharf an. »Obwohl ich immer noch
finde, daß es emotionale Erpressung ist.«
»Um so wirksamer als jede andere Art«, pflichtete
er bei. »Fast einen angeknacksten Schädel wert, endlich einmal die
Oberhand über einen Fraser zu haben.«
Sie ignorierte das.
»Ich habe nur gesagt, daß ich ihn anhöre. Ich bin
immer noch der Überzeugung, wenn er alles weiß, dann - er kann es
nicht.« Sie legte eine Hand auf ihren gewaltigen Bauch. »Du
könntest es doch auch nicht, oder? Ein Kind lieben - wirklich
lieben, meine ich -, das nicht von dir ist?«
Er schob sich höher in das Kissen und zog eine
leichte Grimasse.
»Um seiner Mutter oder seines Vaters willen? Ich
denke, das könnte ich.« Er öffnete beide Augen und sah sie lächelnd
an. »Eigentlich hatte ich den Eindruck, daß ich genau das seit
einiger Zeit tue.«
Einen Augenblick lang machte sie ein
verständnisloses Gesicht, bevor eine hellrote Flut aus dem runden
Halsausschnitt ihres Mieders aufstieg. Sie war bezaubernd, wenn sie
rot wurde.
»Du meinst mich? Na ja, gut, aber - ich meine - ich
bin kein Baby, und du mußt mich nicht an Kindes statt annehmen.«
Sie warf ihm einen direkten, blauen Blick zu, der im Kontrast zu
der noch nicht
ganz abgeflauten Röte ihrer Wangen stand. »Und ich hatte gehofft,
daß es nicht alles nur wegen meines Vaters war.«
Er schwieg einen Augenblick, dann streckte er die
Hand aus und drückte die ihre.
»Nein, das war es nicht«, sagte er schroff. Er ließ
sie los und lehnte sich leise stöhnend zurück.
»Geht es dir wieder schlechter?« fragte sie
besorgt. »Soll ich dir etwas holen? Tee? Einen Umschlag?
»Nein, es sind nur die verdammten Kopfschmerzen«,
sagte er. »Im Licht fangen sie an zu pochen.« Er schloß die Augen
wieder.
»Sag mir«, sagte er, ohne sie zu öffnen, »warum du
so fest davon überzeugt zu sein scheinst, daß einem Mann nur dann
etwas an einem Kind liegen kann, wenn es die Frucht seiner Lenden
ist. Zufällig hatte ich nämlich nicht dich gemeint, als ich
sagte, daß ich selbst so etwas getan habe. Mein Sohn - mein
Stiefsohn - ist in Wirklichkeit der Sohn der Schwester meiner
verstorbenen Frau. Durch einen tragischen Zufall starben seine
Eltern beide innerhalb eines Tages, und meine Frau Isobel und ihre
Eltern haben ihn von klein an aufgezogen. Ich habe Isobel
geheiratet, als Willie ungefähr sechs war. Du siehst also, wir sind
nicht blutsverwandt - und doch würde ich jeden auf der Stelle
herausfordern, der meine Zuneigung zu ihm anzweifeln oder behaupten
würde, daß er nicht mein Sohn ist.«
»Ich verstehe«, sagte sie kurz darauf. »Das wußte
ich nicht.« Er öffnete ein Auge einen Spaltbreit; sie drehte immer
noch an seinem Ring und machte ein nachdenkliches Gesicht.
»Ich glaube…«, begann sie und sah ihn an. »Ich
glaube, ich mache mir weniger wegen des Babys Gedanken um Roger.
Wenn ich ehrlich bin -«
»Der Himmel möge verhüten, daß du etwas anderes
bist«, murmelte er.
»Wenn ich ehrlich bin«, sagte sie und funkelte ihn
an, »sorge ich mich, glaube ich, mehr darum, wie es zwischen
uns wäre - zwischen Roger und mir.« Sie zögerte, dann gab
sie sich einen Stoß.
»Ich wußte nicht, daß Jamie Fraser mein Vater ist«,
sagte sie. »Während meiner ganzen Kindheit nicht. Nach dem Aufstand
wurden meine Eltern getrennt; jeder von ihnen dachte, der andere
wäre tot. Also hat meine Mutter wieder geheiratet. Ich habe
gedacht, Frank Randall wäre mein Vater. Ich habe erst nach seinem
Tod vom Gegenteil erfahren.«
»Ah.« Er betrachtete sie mit verstärktem Interesse.
»Und ist dieser Randall grausam zu dir gewesen?«
»Nein! Er war… wunderbar.« Ihre Stimme überschlug
sich leicht, und sie räusperte sich verlegen. »Nein. Er war der
beste Vater, den ich hätte haben können. Es ist nur, daß ich
dachte, meine Eltern würden eine gute Ehe führen. Sie haben sich
geliebt, sie haben sich respektiert, sie - na ja, ich dachte, alles
wäre in bester Ordnung.«
Lord John kratzte an seinem Verband. Der Arzt hatte
ihm den Kopf rasiert, ein Zustand, der nicht nur ein Affront gegen
seine Eitelkeit war, sondern auch teuflisch juckte.
»Ich kann das Problem nicht erkennen, was deine
gegenwärtige Situation angeht.«
Sie seufzte ausgiebig.
»Dann ist mein Vater gestorben und… wir haben
herausgefunden, daß Jamie Fraser noch lebte. Meine Mutter ist zu
ihm gegangen, und dann bin ich nachgekommen. Und… es war anders.
Ich habe gesehen, wie sie sich angesehen haben. Ich habe nicht ein
einziges Mal gesehen, daß sie Frank Randall so angeblickt hätte…
oder er sie.«
»Ah, ja.« Ein kurzer Anflug von Trostlosigkeit
durchfuhr ihn. Auch er hatte diesen Blick ein paarmal gesehen; beim
ersten Mal hätte er Claire Randall schrecklich gern ein Messer ins
Herz gestoßen.
»Weißt du, wie selten so etwas ist?« fragte er
leise. »Diese Art von wechselseitiger Leidenschaft?« Die einseitige
Art kam ja häufig genug vor.
»Ja.« Sie hatte sich halb umgedreht, den Arm über
die Rückenlehne des Sessels gelegt, und blickte durch die Glastür
auf die knospende Weite der frühlingshaften Blumenbeete
hinunter.
»Die Sache ist - ich glaube, ich hatte sie«, sagte
sie noch leiser. »Für eine kurze Zeit. Eine sehr kurze Zeit.« Sie
wendete den Kopf und sah ihn an, und ihre Augen ließen ihn klar
durch sie hindurchsehen.
»Wenn ich sie verloren habe - dann habe ich sie
verloren. Damit kann ich leben - oder eben auch nicht. Aber ich
will nicht mit ihrer Imitation leben. Das könnte ich nicht
aushalten.«
»Es sieht so aus, als würdest du mich doch
bekommen.« Brianna stellte ihm das Frühstückstablett über den Schoß
und ließ sich schwer in den Sessel fallen, dessen Fugen
ächzten.
»Treib keine Späße mit einem kranken Mann«, sagte
er und nahm sich eine Toastscheibe. »Was meinst du damit?«
»Drusus kam gerade in die Küche gerast und
verkündete, er hätte zwei Reiter gesehen, die durch Campbells
Felder herabkamen. Er hat gesagt, er war sicher, daß einer davon
mein Vater war - er hat gesagt,
es war ein großer Mann mit roten Haaren; es gibt ja weiß Gott
nicht viele Männer wie ihn.«
»Nicht viele, nein.« Er lächelte kurz und ließ
seinen Blick über sie schweifen. »Also, zwei Reiter?«
»Es müssen Pa und meine Mutter sein. Also haben sie
Roger nicht gefunden. Oder sie haben ihn gefunden, und er - wollte
nicht zurückkommen.« Sie drehte den großen Saphir an ihrem Finger.
»Gut, daß ich vorgesorgt habe, nicht wahr?«
»Wenn du damit sagen willst, daß du vorhast, mich
doch zu heiraten, so versichere ich dir -«
»Nein.« Sie lächelte ihn halbherzig an. »War nur
ein Scherz.«
»Oh, gut.« Er trank einen Schluck Tee und schloß
die Augen, um den duftenden Dampf zu genießen. »Zwei Reiter. Ist
dein Vetter nicht mit ihnen gegangen?«
»Doch, das ist er,« sagte sie langsam. »Gott, ich
hoffe, Ian ist nichts passiert.«
»Ihnen könnten unterwegs alle möglichen
Katastrophen zugestoßen sein, die deinen Vetter und deine Mutter
gezwungen haben, hinter deinem Vater und Mr. MacKenzie herzureiten.
Oder deinen Vetter und MacKenzie hinter deinen Eltern.« Er
schwenkte die Hand, um die Unzahl der Möglichkeiten
anzudeuten.
»Ich schätze, du hast recht.« Sie sah immer noch
beunruhigt aus, und Lord John ging davon aus, daß sie allen Grund
dazu hatte. Tröstliche Hoffnungen waren ja für den Augenblick sehr
schön, doch auf die Dauer triumphierten oft die kälteren Realitäten
- wer auch immer Jamie Fraser begleitete, sie würden bald
eintreffen, mit den Antworten auf alle Fragen.
Er schob das halbbeendete Frühstück von sich und
lehnte sich in seine Kissen zurück.
»Sag mir - wie weit geht deine Reue darüber, daß du
mich beinahe hast zu Tode kommen lassen?«
Sie verfärbte sich und machte ein beklommenes
Gesicht.
»Was meinst du damit?«
»Wenn ich dich um etwas bitte, was du nicht gern
tun wirst, werden deine Schuld und dein Pflichtgefühl dich zwingen,
es dennoch zu tun?«
»Oh, schon wieder Erpressung. Was denn?« fragte sie
argwöhnisch.
»Vergib deinem Vater. Was auch immer geschehen
ist.«
Die Schwangerschaft hatte ihre Haut zarter gemacht;
all ihre Emotionen strömten direkt unter der Oberfläche dieser
Aprikosenhaut auf und ab. Jede Berührung würde sie verletzen.
Er streckte die Hand aus und legte sie ganz sanft
auf ihre Wange.
»Um deinetweillen genauso wie um seinetwillen«,
sagte er.
»Das habe ich schon getan.« Ihre Wimpern verdeckten
ihre Augen, als sie zu Boden blickte; ihre Hände lagen immer noch
still in ihrem Schoß, und das blaue Feuer seines Saphirs glühte an
ihrem Finger.
Hufgeräusche drangen deutlich durch die offenen
Glastüren, ein Klappern auf dem Kiesweg.
»Dann glaube ich, daß du besser nach unten gehst
und es ihm sagst, meine Liebe.«
Sie spitzte die Lippen und nickte. Ohne ein Wort
stand sie auf und schwebte zur Tür hinaus wie eine Sturmwolke, die
hinter dem Horizont verschwindet.
»Als wir hörten, daß zwei Reiter hierher unterwegs
waren und daß Jamie einer davon war, fürchteten wir schon, Eurem
Neffen oder MacKenzie wäre etwas zugestoßen. Irgendwie ist keiner
von uns auf die Idee gekommen, daß Euch etwas zugestoßen
sein könnte.«
»Ich bin unsterblich«, murmelte sie und sah ihm
abwechselnd in beide Augen. »Wußtet Ihr das nicht?« Der Druck ihrer
Daumen auf seinen Augenlidern ließ nach, und er blinzelte, obwohl
er ihre Berührung immer noch spürte.
»Die eine Pupille ist etwas vergrößert, aber nur
unwesentlich. Haltet meine Finger fest und drückt sie, so fest Ihr
könnt.« Sie hielt ihm ihre Zeigefinger hin und er gehorchte. Es
ärgerte ihn zu spüren, wie schwach er zupackte.
»Habt Ihr MacKenzie gefunden?« Es ärgerte ihn noch
mehr, daß er nicht in der Lage war, seine Neugier im Zaum zu
halten.
Sie warf ihm einen raschen, argwöhnischen Blick aus
ihren sherryfarbenen Augen zu und blickte dann wieder auf seine
Hände.
»Ja. Er kommt nach. Etwas später.«
»Tut er das?« Sie hörte den Ton seiner Frage und
zögerte, dann sah sie ihn direkt an.
»Wieviel wißt Ihr?«
»Alles«, sagte er und erlebte die kurzfristige
Genugtuung, sie die Fassung verlieren zu sehen. Dann verzog sich
ihr Mundwinkel nach oben.
»Alles?«
»Genug«, verbesserte er sardonisch. »Genug um zu
fragen, ob Eure Behauptung in bezug auf MacKenzies Rückkehr Eurem
Wissen oder Eurem Wunschdenken entstammt.«
»Nennt es Zuversicht.« Ohne ihn auch nur um
Erlaubnis zu fragen, zog sie die Schnüre seines Nachthemdes auf,
breitete es auseinander
und legte seine Brust frei. Mit kundiger Hand rollte sie ein Stück
Pergament zu einer Röhre zusammen, deren eines Ende sie auf seine
Brust setzte, während sie ihr Ohr an das andere Ende hielt.
»Verzeihung, Madame!«
»Psst, ich kann nichts hören«, sagte sie und
brachte ihn mit kleinen Handbewegungen zum Schweigen. Sie fuhr
fort, ihr Rohr zu verschiedenen Stellen seiner Brust zu bewegen,
und hielt dann und wann inne, um versuchsweise auf eine Stelle zu
klopfen oder ihn in die Leber zu stoßen.
»Habt Ihr heute schon Verdauung gehabt?« fragte sie
und stieß ihn ohne Scheu in den Bauch.
»Ich weigere mich, das zu beantworten«, sagte er
und zog würdevoll sein Nachthemd wieder zusammen.
Sie sah noch empörender aus als sonst. Die Frau
mußte mindestens vierzig sein, und doch zeigte sie keine anderen
Alterserscheinungen als ein feines Netz aus Fältchen in den
Augenwinkeln und ein paar Silberfäden in dieser lächerlichen Masse
von Haaren.
Sie war dünner, als er sie in Erinnerung hatte, in
ihrer Barbarenaufmachung aus Lederhemd und Hose. Man konnte sehen,
daß sie eine Zeitlang der Sonne und dem Wetter ausgesetzt gewesen
war; ihr Gesicht und ihre Hände hatten sich zu einem sanften
Hellbraun verfärbt, das den großen, goldenen Augen einen um so
enervierenderen Ausdruck verlieh, wenn sie einen direkt ansahen -
was sie jetzt taten.
»Brianna sagt, Dr. Fentiman hat Euch den Schädel
trepaniert?«
Er wand sich beklommen unter den Laken.
»Das hat man mir auch gesagt. Ich fürchte, ich war
mir dessen nicht bewußt, als es geschah.«
Ihr Mund verzog sich leicht.
»Das ist auch besser so. Würde es Euch etwas
ausmachen, wenn ich es mir ansehe? Es ist nur Neugier«, fuhr sie
mit ungewohnter Rücksicht fort. »Keine medizinische Notwendigkeit.
Ich habe nur noch nie eine solche Schädelöffnung gesehen.«
Er schloß die Augen und resignierte.
»Von meiner Verdauung abgesehen, habe ich keine
Geheimnisse vor Euch, Madame.« Er neigte den Kopf, zeigte auf die
Stelle, an der sich das Loch in seinem Kopf befand, und spürte ihre
kühlen Finger unter den Verband gleiten. Sie hoben die Gaze an, und
ein Lufthauch kühlte seinen heißen Kopf.
»Brianna ist bei ihrem Vater?« fragte er, die Augen
geschlossen.
»Ja.« Ihre Stimme war sanfter. »Sie hat mir - uns -
ein bißchen von dem erzählt, was Ihr für sie getan habt.
Danke.«
Ihre Finger lösten sich von seiner Haut, und er
öffnete die Augen.
»Jamie kommt gleich zu Euch herauf. Er… spricht
gerade im Garten mit Brianna.«
Er spürte einen kleinen Stich der Sorge.
»Sind sie - im Einvernehmen?«
»Seht selber.« Sie schob ihren Arm in seinen Rücken
und richtete ihn auf, mit erstaunlicher Kraft für eine Frau von so
leichtem Knochenbau. Jenseits der Balustrade konnte er zwei
Gestalten am Ende des Gartens sehen, die Köpfe dicht beieinander.
Während er zusah, umarmten sie sich und trennten sich dann wieder.
Sie lachten über die Umständlichkeit, die Briannas Figur mit sich
brachte.
»Ich glaube, wir sind gerade noch rechtzeitig
gekommen«, murmelte Claire, während sie ihre Tochter mit geschultem
Blick ansah. »Es dauert nicht mehr lange.«
»Ich muß Euch meine Dankbarkeit über Euer promptes
Eintreffen gestehen«, sagte er, während sie ihn wieder in die
Kissen zurücksinken ließ und sein Bettzeug glattstrich. »Ich habe
es nur knapp überlebt, das Kindermädchen Eurer Tochter zu sein; ich
fürchte, ihr auch noch als Hebamme zu dienen, würde mich
vollständig erledigen.«
»Oh, das habe ich fast vergessen.« Claire griff in
einen widerlich aussehenden Lederbeutel an ihrem Hals. »Brianna hat
gesagt, ich soll Euch den zurückgeben - sie wird ihn nicht mehr
brauchen.«
Er hielt ihr die Hand hin, und ein winziger,
leuchtendblauer Funke fiel auf seine Handfläche.
»Da gibt sie mir doch glatt den Laufpaß!« sagte er
und grinste.