45. Schöne Grüße

Ich versuchte, schnell zu bezahlen und rauszukommen aus dem Café-, Kneipen-, Galeriedings, in dem ich saß, bevor Werner wieder anrief, aber die Frau, die bediente, war eine von der ›Ich-bin-auf-der-Arbeit-und-nicht-auf-der-Flucht‹-Sorte, und je mehr ich herumzappelte und nach ihr winkte und mein Portemonnaie hochhielt und mit den Fingern bedeutete, dass ich zahlen wollte, desto weiter sah sie von mir weg in eine bessere Parallelwelt oder was weiß ich wohin sie schaute, die rheinische Frohnatur, also selber schuld, wenn das Funktelefon noch einmal in ihrem Laden sein hässliches Lied abspielte, mir doch wurscht, und so kam es auch, düdelüdelü, ich glaube, es war »Für Elise«, so hieß das Lied, oder war es der Flohwalzer? Egal, ich ließ es noch ein bisschen dudeln, bevor ich dranging, und das allgemeine Geraune, Stuhlgeschuckere und Gestöhne, das es begleitete, kommentierte ich mit einem lauten »Noch einen Kaffee bitte!«, bevor ich den grünen Knopf drückte und mich laut und deutlich mit »Raimund Schulte« meldete.

»Hä? Wieso Raimund Schulte? Der sitzt doch neben mir!«

»Rosa, bist du das?«

»Ja. Wieso sagst du Raimund Schulte? Du bist doch Charlie, oder nicht?«

»Ja. Raimund Schulte sag ich nur zur Sicherheit. Falls einer anruft, mit dem ich nicht reden will.«

»Ach so.« Sie schwieg einen Moment. »Ganz schön exzentrisch!«

»Ja.«

»Egal. Ich wollte eigentlich nur mal Danke sagen, weil du das mit dem Auto auf dich genommen hast. Fiel mir eben erst ein, dass ich mich noch gar nicht bedankt habe, weil ich ja auch dabei war.«

»Hast du das Auto gefahren?«

»Nein, das war Raimund gewesen. Ich war die, die Basti die Hand in der Tür eingeklemmt hat.«

»Ach so, Basti und seine Hand«, sagte ich. »Wie geht’s da denn so, ich meine ihm, also Basti jetzt?«

»Ist nichts gebrochen, nur geprellt, aber er sagt, er muss jetzt einhändig auflegen. Aber er hat ja auch noch Holger, dann haben die ja zusammen immer noch ein Gehirn und drei Hände! Jedenfalls vielen Dank, das wollte ich mal sagen. Hätte nicht jeder getan. Meinen die anderen auch. Schöne Grüße.«

»Ist nicht schlimm. Nur ein bisschen Geldstrafe und die Reparatur, das geht alles auf Kratzbombe!«

»Ja. Aber jetzt musst du da alleine in Köln rumhängen, das ist doch sicher auch blöd.«

»Ja, ich wäre lieber mit nach München gefahren«, gab ich zu. »Man muss immer in Bewegung bleiben, sonst ist das irgendwie nicht so richtig …« – ich wusste nicht, wie ich’s beschreiben sollte – »… nicht so richtig Magical Mystery oder so.«

»Ja, eigentlich sollten wir alle immer zusammenbleiben.«

»Ich bin ja bald wieder da«, sagte ich. »Und uns bleibt ja immer noch Schrankenhusen-Borstel!«

Sie lachte. Dann sagte sie: »Wir gehen morgen Abend alle ins Hofbräuhaus. Schaffst du es bis dahin?«

»Mal sehen, schön wär’s.«

Bei ihr wurde im Hintergrund herumgerufen.

»Wir sind gleich da«, sagte sie. »Und Ferdi will sein Telefon wiederhaben. Schöne Grüße von Raimund und allen, und du sollst schnell nachkommen!«

Dann war die Verbindung unterbrochen. Ich blickte auf und in das Gesicht der Kellnerin.

»Willst du jetzt einen Kaffee, oder bezahlen?«

»Wie du willst!«, sagte ich. Mir war ganz warm ums Herz.

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt
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