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Der Büroturm war von einem Maschendrahtzaun umgeben, aber Abby führte Travis zu einem aufgebrochenen Seitentor. Sie hatte das Gelände schon vorher erkundet, wie sie Travis erklärte, und dabei diesen Zugang gefunden.
Insgeheim bewunderte er ihr methodisches Vorgehen. Wenn man den einen Fehler im Fall Corbal außer Acht ließ, war sie wirklich ganz gut. Es war fast schade, sie zu verlieren.
Aber dieser eine Fehler war mehr, als er zulassen konnte.
Das Foyer des Gebäudes war zwei Geschosse hoch und hatte zu allen Seiten großflächige Fenster, von denen eins zerschmettert war. Travis stieg hindurch und stieß dabei mit dem Fuß ein paar spitze Scherben weg, die noch im Rahmen steckten. Abby folgte ihm.
Das Licht der Straßenlaternen reichte nur zwei Meter in das Foyer hinein. Dahinter war es dunkel. »Hast du eine Taschenlampe dabei?«, fragte Abby flüsternd.
»Nein.« Daran hätte er denken sollen, aber er hatte andere Dinge im Kopf gehabt.
»Ich habe eine.«
Sie wühlte in ihrer Handtasche und holte eine Minitaschenlampe heraus. Als sie sie hin- und herschwenkte, wurden ein Natursteinboden, halb verputzte Rippenstreckmetallwände und die Kassettendecke sichtbar. Überall in dieser großen Höhle standen und lagen Werkbänke und Böcke, Leitern und Planen herum. »Kein Hickle«, sagte Travis.
Abby zuckte mit den Schultern. »Wenn er hier unten wäre, wären wir schon längst tot.«
Der Strahl der Taschenlampe fiel auf eine Nische mit einer Türöffnung, hinter der eine Stahltreppe zu sehen war. Travis folgte Abby zum Treppenschacht. Sie hielt die Taschenlampe nach oben und strahlte die Betonmauern und die einzelnen Treppenabsätze an.
»Niemand da«, sagte sie. »Zumindest, soweit ich sehen kann.«
»Dann lass uns hochgehen.«
»Einen Moment.« Sie nahm die Taschenlampe in die linke Hand und griff in ihre Handtasche. »Ohne meine Smith & Wesson fühle ich mich ein bisschen nackt.«
Er konnte nicht zulassen, dass sie ihre Waffe rausholte. Er musste jetzt handeln.
»Tu das nicht, Abby«, flüsterte er.
Sein Tonfall ließ sie einen Moment zögern, lange genug, dass er seinen Colt aus dem Hosenbund ziehen und ihn ihr in die Rippen drücken konnte.
Abby blickte nach unten, sie registrierte die Waffe, dann sah sie ihm in die Augen.
Travis studierte ihren Gesichtsausdruck. Er erwartete Schock, Angst und Wut. Er freute sich sogar darauf.
Aber er wurde enttäuscht. Sie sah ihn nur traurig und vorwurfsvoll an.
»Also warst du es doch«, sagte Abby ruhig. »Das tut mir leid, Paul. Ich hatte gehofft, ich würde mich irren.«