Nachbemerkung und Danksagungen
Rufus regierte dreizehn Jahre, ehe sich auch an ihm der Fluch der alten Frau erfüllte und er bei der Jagd im New Forest durch einen verirrten Pfeil ums Leben kam. Die Chronisten haben nicht viel Gutes über ihn berichtet, aber man darf nicht vergessen, daß diese Chronisten Kirchenmänner waren, für die Rufus’ Homosexualität allein schon Grund genug war, ihn zu verdammen. Darüber hinaus war er kein Freund der Kirche, es heißt gar, er habe bei einer Gelegenheit den Erzbischof von Canterbury mit dem Schwert bedroht. Rufus war ein Enfant terrible und ebenso kriegerisch und unberechenbar wie sein Vater. Da er weder heiratete noch Kinder zeugte, folgte sein Bruder Henry ihm auf den Thron, und die Weissagung, die ihr Vater nach Ordericus Vitalis’ Bericht auf dem Sterbebett aussprach, erfüllte sich: Henry übertraf seine Brüder bei weitem an Macht und Reichtum. Er war der erste – de facto der einzige – König der normannischen Dynastie, der in England zur Welt kam, und er war den Menschen und ihren Traditionen und Bräuchen näher als seine beiden Vorgänger. Ihm gelang es, das englische Volk mit der normannischen Herrschaft auszusöhnen. Er war ein überzeugter Vertreter von »Law and Order« wie sein Vater und nach unseren heutigen Maßstäben grausam, aber ebenso ein Visionär und für einen Mann seiner Zeit ein Schöngeist und Gelehrter. Doch die seltsamen Begebenheiten seiner langen Regentschaft und was es mit dem Weißen Todesschiff auf sich hatte, das ist, wie J.R.R. Tolkien gesagt hätte, eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.
Der/die kundige LeserIn wird festgestellt haben, daß ich hier und da von den Schilderungen der Chronisten abgewichen bin. Den Hergang von Prinz Richards tödlichem Jagdunfall etwa oder die Umstände, die zu der folgenschweren Schlägerei von Laigle führten, hat Ordericus ein wenig anders geschildert – er war allerdings auch nicht dabei, sondern schrieb seine Historia dreißig Jahre später –, und das große Feuer, das London zerstörte, hat erst im Herbst 1087 stattgefunden. Hier kann ich zu meiner Verteidigung nur vorbringen, daß ein Roman seine eigenen, zwingenden Gesetze hat, die es manchmal erfordern, sich dichterische Freiheiten zu nehmen. Ansonsten habe ich versucht, historische Personen und Ereignisse und die Lebensumstände im 11. Jahrhundert so originalgetreu zu schildern, wie ich sie rekonstruieren konnte. Und wer aus seinem Schulunterricht noch die Mär kennt, Harold Godwinson sei bei Hastings durch einen Pfeil ins Auge getötet worden, dem sei gesagt, daß es sich dabei um einen hartnäckigen Irrglauben handelt. Das Gerücht entstand wohl durch die mißverständliche Darstellung im Teppich von Bayeux, aber die Forschung ist sich heute weitgehend einig darüber, daß es sich in Wahrheit etwa so abgespielt hat, wie hier geschildert.
Zu Dank verpflichtet bin ich natürlich all den englischen, französischen und skandinavischen MediävistInnen, deren akribische Forschungsarbeiten mir die Grundlagen für diese Geschichte geliefert haben. Und auch wenn ich der Meinung bin, daß eine Bibliographie in einem Roman nichts zu suchen hat, muß ich doch einfach David C. Douglas’ Biographie William The Conqueror erwähnen. Douglas war vielleicht der erste englische Historiker, der den Ausgang der Schlacht von Hastings nicht mehr als persönliche Kränkung empfand und daher in der Lage war, unvoreingenommen über diesen komplexen, furchtbaren und faszinierenden Menschen zu berichten.
Danken möchte ich jedoch vor allem denen, die dieses Projekt auf dem langen Weg von der Idee bis zur endgültigen Fassung begleitet und betreut haben: Sabine Rose und Janos Borsay für ihren fachkundigen Rat in medizinischen Fragen zu jeder Tages- und Nachtzeit, Regina Hütter für verläßliche Auskünfte in vertrackten Zweifelsfällen, Uli Lua für ihr kunsthistorisches Augenmerk und unermüdliches Korrekturlesen halbgarer Manuskripte, Christa und Rainer Holtei, Ulrike Schemmann und Rolf Berninghaus für ihre Hilfe bei der Recherche, Kevin Baker für seine befreienden und erhellenden Gedanken zum historischen Roman, Susanne Goga-Klinkenberg und allen anderen ÜbersetzerkollegInnen, die mir mit ihrem phänomenalen Wissen und ihrer Phantasie aus so mancher Klemme geholfen haben, meiner Lektorin Karin Schmidt und meinem Agenten Michael Meller. Mehr als allen anderen verdanke ich Hildegard und Wolfgang Krane, die mir nicht nur ihr enzyklopädisches Wissen und ihre Bibliothek zur Verfügung gestellt haben, sondern die vor allem die Liebe zur Literatur, zur Kunst und zur Geschichte in mir geweckt und mich das Lesen gelehrt haben, als ich sieben Jahre alt war und überzeugt, daß ich diese schwierige Kunst niemals meistern würde.
Gewidmet ist dieser Roman meinem Mann Michael, und ihm gilt mein innigster Dank. Warum und wofür sage ich ihm lieber persönlich.
R.G. April 98 – November 99