Helmsby, September 1065
»Was machst du da, Hyld?«
Hyld stieß zischend die Luft aus und hätte um ein Haar den Schmalztopf fallen lassen, den sie in Händen hielt. »Gott, Eadwig, mußt du dich immer so anschleichen?«
Der kleine Junge wich gekränkt zurück. »Ich hab mich gar nicht angeschlichen!« protestierte er.
Hyld bekam ein schlechtes Gewissen. Sie hatte ihren kleinen Bruder nicht anfahren wollen. »Entschuldige …« Sie seufzte leise und strich ihm über die blonden Engelslocken. »Du hast mich erschreckt, das ist alles. Sei nicht böse.« Sie schnitt zwei dicke Scheiben von einem runden, dunklen Brotlaib ab, bestrich sie mit Gänseschmalz und schlug sie in ein Tuch.
Eadwig sah ihr mit großen Augen zu. »Bekomm ich auch was?«
Sie schnitt noch ein kleines Stück Brot ab, tauchte es in den Honigtopf und hielt es ihm hin. »Hier. Und jetzt verschwinde.«
Eadwig dachte nicht daran. »Was hast du denn vor, wovon ich nichts wissen soll?«
Hyld wandte ihm wieder den Rücken zu. »Das werde ich dir bestimmt nicht auf die Nase binden.« Sie nahm einen Krug von einem Bord an der Wand, trat damit ans Bierfaß und tauchte ihn ein. Dann trank sie einen Schluck ab, damit er nicht mehr ganz gefüllt war, und stellte ihn vorsichtig in den Korb.
»Sag’s mir doch. Bitte, Hyld. Ich verrat’s auch bestimmt niemandem.« »Meine Güte, was stellst du dir vor? Gunnild ist krank. Ich gehe ins Dorf und bringe ihr ein bißchen Schmalzbrot und Bier. Das ist alles.« »Nimmst du mich mit?«
»Nein.«
»Och … Bitte, Hyld.«
Sie lachte und hob abwehrend die Hände. »Gib dir keine Mühe. Die Antwort ist nein. Du bist zu ungeduldig für einen Krankenbesuch. Kaum wärst du da, würdest du schon wieder gehen wollen. Vermutlich willst du ohnehin nur ins Dorf, um mit dem Jüngsten des Schmieds zusammen die Obstbäume zu plündern. Nein, nein, du bleibst schön hier.«
»Ach, schade.« Der Kleine sah niedergeschlagen zu Boden, und der Anblick seines gesenkten Kopfes und seiner langen Wimpern machte Hyld beinah schwach. Sie beeilte sich, den Korb fertig zu packen, und küßte ihren Bruder auf die Stirn. »Sag Mutter, ich bin vor der Vesper zurück.«
Hastig verließ sie das dämmrige Vorratshaus und trat hinaus ins Freie. Es war kurz vor Mittag, und die Sonne stand hoch am blauen Sommerhimmel. Eine beinah schläfrige Stille lag über dem Hof. Es roch nach warmem Heu und trockener Erde. Hyld sog den Duft tief ein, hängte sich ihren Korb über den Arm und machte sich auf den Weg.
Sie hatte Eadwig angelogen. Ihr Weg führte sie nicht ins Dorf, sondern an den Feldern vorbei, durch das kleine Wäldchen von Helmsby bis zu den Wiesen am Ufer eines breiten Baches, der ein paar Meilen weiter nördlich in den Ouse floß. Gemächlich strömte er durch sein tiefes Bett im hohen Gras, hier und da überschattete eine Weide das kühle, dunkle Wasser.
Unter einem der Bäume saß ein Mann im Schatten und betrachtete ohne besonderes Interesse die große Schafherde, die auf der Wiese zwischen Ufer und Wald weidete. Dann hob er den Kopf ein wenig, stieß einen leisen, langgezogenen Pfiff aus, und ein schwarzes, zottiges Ungetüm von einem Hund, das einen Steinwurf von ihm entfernt in der Sonne gedöst hatte, sprang auf und schritt die Herde ab wie ein Feldherr seine Truppen bei einer Heerschau. Der Schäfer selbst blieb, wo er war, rupfte einen Grashalm aus, steckte ihn zwischen die Lippen und wollte sich im Gras ausstrecken, als er Hyld entdeckte.
Ein plötzliches Lächeln vertrieb den Ausdruck versonnener Melancholie von seinem Gesicht. »Ah.« Es war ein kurzer Laut, der keine Verblüffung, aber eine Art wohliger Zufriedenheit ausdrückte. »Und was mag dich herführen?«
Sie trat näher und kniete sich neben ihn in den Schatten. »Ich wollte dir etwas bringen.«
»Was denn?«
Sie stellte den Korb zwischen sie ins Gras. »Schmalzbrot.«
»Und?«
»Bier.«
»Und?«
»Mich.«
Er lachte leise, richtete sich plötzlich auf und nahm ihre Hand. Er bewegte sich mit einer katzenhaften Schnelligkeit und Anmut, die sie immer wieder aufs neue bannten. Willig ließ sie sich in seine Arme ziehen, saugte an seinen Lippen, fühlte seine Hände um ihre Taille und spürte das vertraute Herzklopfen, das zu gleichen Teilen aus Verliebtheit und aus Angst hervorgerufen wurde. Sie konnte sich immer noch an ihrer eigenen Verwegenheit berauschen. Aber als seine Hand sich unter ihren Rock stehlen wollte, schob sie sie weg.
»Nichts da. Hier, iß«, befahl sie.
Er ließ die Hände sinken und legte den Kopf schräg. »Was ist? Hast du Angst, Dunstan könnte vorbeikommen?«
»Gott, sag doch so etwas nicht, Erik!«
Der junge Däne winkte beruhigend ab. »Er ist in aller Herrgottsfrühe mit deinem Vater zusammen fortgeritten. Sie treffen sich in Ely mit Harold Godwinson. So bald werden sie nicht zurückkommen.«
Sie sah ihn ungläubig an. »Woher weißt du solche Dinge nur immer? Sie haben gesagt, sie reiten nach Ely, aber ich dachte, sie wollten Guthric besuchen. Von Harold Godwinson war keine Rede. Zieht Dunstan dich neuerdings ins Vertrauen, ja?«
Eriks Gesicht verdüsterte sich einen Moment. »So würde ich es nicht nennen. Dunstan hat nach wie vor nur ein einziges Interesse an mir. Wie sagte Guthric doch so schön? Dunstan hat eine echte Schwäche für mich.« Er schnitt eine Grimasse.
Hyld seufzte und legte den Kopf an seine Schulter. »Das muß in der Familie liegen.«
Sie lachten. Von Anfang an hatten sie viel zusammen gelacht, obwohl ihre Situation alles andere als erheiternd war. Wenn Hyld nachts wachlag und mit ihren Dämonen rang und ihrer Furcht, war ihr nur zu bewußt, wie entsetzlich im Grunde war, was sie tat. Wie unverzeihlich. Und daß es kein gutes Ende nehmen konnte.
Ihr Vater hatte in letzter Zeit gelegentlich davon gesprochen, es werde Zeit, daß sie heirate. Und er hatte ihr ein paar geeignete Kandidaten vorgeschlagen, Nachbarn und entfernte Vettern – Thanes aus der näheren Umgebung oder deren Söhne, gute Männer und gute Partien ausnahmslos. Doch sie hatte alle rundheraus abgelehnt. Ihr Vater war ihr nicht böse. Sie könne es nicht ewig vor sich herschieben, hatte er bemerkt, aber er wolle sie zu nichts zwingen, er werde keine Entscheidung ohne ihr Einverständnis treffen. Das war ausgesprochen großzügig; längst nicht alle Väter machten sich die Mühe, bei der Wahl der Ehemänner Rücksichten auf die Wünsche ihrer Töchter zu nehmen. Ælfric überließ die Entscheidung letztlich ihr. Nur hatte er dabei ganz sicher nicht an einen dänischen Sklaven gedacht, einen Piraten, der ihre Nachbarn überfallen und ihren Bruder zum Krüppel gemacht hatte.
Hyld fand es ja selber befremdlich. Solang sie zurückdenken konnte, hatte sie immer zu Dunstan aufgeschaut, hatte gedacht, was er dachte, gemocht, was er mochte, getan, was er sagte. Und so war es nur selbstverständlich, daß sie Dunstans leidenschaftlichen Haß auf den räuberischen Dänen geteilt hatte, schließlich hatte sie Grund genug. Dann hatte Guthric Cædmon überredet, bei ihrem Vater für Erik einzutreten, und darüber war es zwischen Guthric und Hyld zu einem heftigen Streit gekommen. Aber als sie Erik dann bei der Heuernte im vergangenen Sommer zum erstenmal gesehen hatte, schien die Meinung ihrer Brüder auf einmal eigentümlich belanglos. Man hatte ihm keine Sense anvertraut, weil alle ihn für gefährlich hielten, und er trug Fußketten, denn er hatte versucht wegzulaufen. Die Ketten klirrten leise und behinderten seinen Gang, als er den Schnittern Reihe um Reihe durch die Wiesen folgte und das frisch geschnittene Gras zum Trocknen ausbreitete, zusammen mit den Frauen und Kindern. Hyld hatte ihn eine Weile beobachtet, beinah fasziniert, wie man einen wilden Bär auf dem Jahrmarkt anstarrt. Widerwillig hatte sie sich eingestanden, daß er der schönste Mann auf der ganzen verdammten Heuwiese war. Daß man kaum umhinkam, ihn für seine trotzige Miene zu bewundern. Daß er sich selbst mit den Fußfesseln geschmeidiger bewegte als jeder andere. Und dann hatte er plötzlich den Kopf gehoben und sie angelächelt. Hyld verscheuchte diese Gedanken mit einem ungeduldigen Wink, trank einen Schluck aus dem Krug, den sie mitgebracht hatte, und lehnte die Schultern an Eriks Brust. »Bist du nicht hungrig?«
»Doch. Schrecklich.« Er griff in den Korb, ohne hinzusehen, bekam das Paket mit den Broten zu fassen und fiel darüber her. Hyld beobachtete ihn aus dem Augenwinkel und lächelte verstohlen vor sich hin. Sie sah ihm furchtbar gern beim Essen zu. Er verschlang immer alles in wenigen, großen Bissen, kaute emsig und schluckte gierig.
»Was ist so komisch?« fragte er mit vollem Mund.
»Du, natürlich. Du ißt genau wie meine Brüder.«
Er zog die Stirn in Falten und schluckte. »Dann gibt es immerhin etwas, das wir gemeinsam haben, deine Brüder und ich.«
»Oh, mehr als nur das. Sie sind anständige Kerle, einer wie der andere.« »O ja. Vor allem Dunstan.«
Sie wurde nicht mehr wütend, wenn er auf Dunstan schimpfte. Sie gab vor, in diesem Punkt vollkommen neutral zu sein, doch in letzter Zeit hatte sie sich häufiger dabei ertappt, daß sie ihren großen Bruder nicht mehr so rückhaltlos vergötterte wie früher. Das machte ihr zu schaffen. Also hatte sie mit ihrer Mutter darüber gesprochen, aber Marie hatte nur erwidert: »Du wirst erwachsen, Hyld. Das ist alles.«
In dem Moment war die Versuchung fast unwiderstehlich gewesen, sich ihrer Mutter anzuvertrauen. Ihr zu gestehen, was es in Wahrheit war, das sie so verändert hatte. Aber das war natürlich völlig undenkbar. Zu spät war ihr aufgegangen, daß der einzige Mensch, mit dem sie über Erik hätte reden können, Guthric war, ausgerechnet der Bruder, der ihr immer fremd gewesen war. Und jetzt war er fort, war ohne einen Augenblick zu zögern mit dem fremden Mönch, den Cædmon ihnen aus Rouen geschickt hatte, nach Ely gegangen.
»Gott, sie fehlen mir so schrecklich. Guthric und Cædmon.«
Erik drückte die Lippen auf ihren Scheitel. »Ja, ich weiß.«
»Wie es ihnen wohl geht? Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, was für ein Leben sie jetzt führen. Guthric als Novize in einem Kloster. Er wird lesen lernen. Womöglich gar schreiben.«
»Und Latein.«
»Nicht zu fassen. Und Cædmon …« Sie brach ab. Sie wußte, Erik redete nicht gern über Cædmon.
Aber er fragte unerwartet: »Was ist mit ihm?«
»Na ja. Letzte Nacht hab ich wachgelegen und versucht, mir sein Gesicht vorzustellen. Und … es ging nicht. Ich weiß nicht mehr genau, wie er aussieht.«
Er nickte und zog sie ein bißchen näher. »Ja, das ist furchtbar. Mir geht es mit meinen Geschwistern ebenso.« Seine Eltern waren schon einige Jahre tot, aber er hatte eine Schwester und einen Bruder, beide jünger als er, die jetzt im Haus des Onkels lebten, der das Kommando über ihr unseliges Unterfangen geführt und den Ælfric in Metcombe erschlagen hatte. Erik wußte nicht, was aus seinen Geschwistern geworden war, nachdem der Onkel nicht hatte heimkehren können. Das war eine der vielen Sorgen, die ihn nachts wachhielten. »Wenn ich an sie denke und versuche, mir ihre Gesichter in Erinnerung zu rufen, sind es immer nur vage Bilder, die ich sehe. Verschwommen. Ich erinnere mich besser an ihre Stimmen.«
»Erzähl mir von ihnen. Du sprichst so selten davon.«
Aber Erik schüttelte den Kopf. »Lieber nicht. Du mußt dir immer alles vom Herzen reden. Aber ich nicht. Ich … bin anders.«
»Ja.« Sie rümpfte die Nase. »Ein verfluchter Däne, was soll man erwarten. Es heißt ›von der Seele reden‹.«
Erik lächelte. »Wie auch immer.«
Er wünschte sich oft, er könnte in seiner Sprache mit ihr reden. Auch wenn er die ihre mit jedem Tag besser beherrschte, erschien sie ihm doch manchmal wie ein kaum überwindliches Hindernis. Und wie so oft, wenn er darüber nachsann, dachte er unweigerlich an Cædmon. Obwohl er nicht wollte. Aber er kam einfach nicht umhin, an ihn zu denken, denn sie hatten in ihrer derzeitigen Situation so vieles gemeinsam. Erik war seit seinem dreizehnten Lebensjahr zur See gefahren, erst mit seinem Vater, später mit dessen Bruder. Er war im Slavenland gewesen, sogar in Sizilien, öfter aber in Irland oder Wales, um Handel zu treiben oder die Küsten zu überfallen, je nachdem, was die politische Lage gebot. Er hatte viele schreckliche Dinge gesehen, hatte selbst Männer im Kampf getötet oder verstümmelt, aber er hatte selten eine Tat so bereut wie den heimtückischen Schuß auf Hylds Bruder. Und wenn es schon sein mußte, warum, warum hatte er dann nicht wenigstens Dunstan treffen können?
Nachdem seine vier Gefährten, die wie er das Fiasko von Metcombe überlebt hatten, zur Arbeit in das verwüstete Dorf geschickt worden waren und er als einziger in Helmsby zurückblieb, hatte er manchmal geglaubt, er müsse das einsamste Geschöpf auf der Welt sein. Niemand, der seine Sprache verstand. Niemand, der ein freundliches Wort für ihn hatte. Alle hielten ihn für ein Ungeheuer und mieden ihn, alle außer Dunstan, natürlich, der trotz des ausdrücklichen Verbots seines Vaters keine Gelegenheit verstreichen ließ, ihn heimzusuchen. Einmal war Erik entkommen. Zu Fuß und ohne klare Vorstellung, wohin er sich wenden sollte, war er in den Wald geflüchtet, gerannt, die ganze Zeit in Panik. Er hatte von vornherein keine wirkliche Chance gehabt, und eigentlich wußte er das auch. Sie hatten ihn eingeholt und zurückgebracht, geprügelt und in Ketten gelegt. Ælfric hatte ihm angedroht, ihm einen Fuß abzuhacken, sollte er je wieder versuchen zu fliehen. Und Erik war überzeugt, daß er all das nur hatte aushalten können, weil er es verdiente, weil es eine Art Sühne für Cædmons lahmes Bein war. In den endlosen finsteren Stunden, die er eingesperrt war, hatte er immerzu an ihn denken müssen, an diesen angelsächsischen Jungen, der jetzt genauso unter Fremden gefangen war wie er selbst, sich wahrscheinlich genauso nach Hause sehnte, nach Menschen und Dingen, die ihm vertraut waren. Er fühlte sich ihm verbunden.
Es schien, als habe Ælfrics fürchterliche Drohung ihren Zweck erfüllt. Erik unternahm keinen zweiten Fluchtversuch, wurde gar so zahm, daß man ihm eine Schafherde anvertraute, als sich herausstellte, welch glückliche Hand er mit den Tieren, vor allem aber mit dem Hund hatte. Erik war es gleich, daß sie glaubten, sie hätten ihn kleingekriegt. Sie konnten denken, was sie wollten. Er war wegen Hyld geblieben. Dabei war das nun wirklich das letzte gewesen, was er gewollt hatte, das letzte, was er gebrauchen konnte. Anfangs hatte er sich eingeredet, es werde schon wieder vorbeigehen, auf ein paar Wochen kam es schließlich nicht an, warum sollte er sich seine bittere Gefangenschaft nicht ein wenig versüßen mit den Freuden, die sie ihm so verblüffend bereitwillig und rückhaltlos schenkte. Aber irgendwie saß es wohl doch tiefer, als er angenommen hatte. Er konnte sich nicht entschließen, sie zurückzulassen, um dann endgültig aus Helmsby zu verschwinden. Er brachte es einfach nicht fertig. Aber ebensowenig konnte er sich dazu entschließen, ihr die Wahrheit zu sagen.
»Bleibst du heute nacht hier draußen?« wollte Hyld wissen.
Erik schüttelte den Kopf. »In ein, zwei Stunden treibe ich die Herde zurück. Wulfric will, daß ich sie morgen auf die Felder bringe.«
Wulfric, Ælfrics Steward, überwachte den gesamten Landwirtschaftsbetrieb von Helmsby, und er legte großen Wert darauf, daß die Schafe gleich nach der Ernte auf die Stoppelfelder kamen, damit sie dort weideten und den Boden düngten. Erik verstand nicht das geringste von Landwirtschaft, denn seine Familie stammte aus der blühenden Hafenstadt Haithabu an der Ostsee, doch er hatte im Laufe des vergangenen Jahres gelernt, Wulfrics Kenntnisse und Umsicht zu bewundern, mit denen dieser den großen Gutsbetrieb führte.
»Also kommst du heute abend heim«, schloß Hyld.
Er lachte unfroh. »Es wird lange dauern, ehe ich wieder heimkomme.« Hyld wandte den Kopf ab. »Du weißt, was ich meine.«
»Ja.« Er zog sie wieder näher und legte einen Finger unter ihr Kinn. »Mach kein so trauriges Gesicht. Aber es nützt nichts, wenn du dir einzureden versuchst, daß ich hierhergehöre, Hyld. Das tue ich nicht.« »Nein, ich weiß.«
»Und ich kann nicht ewig hierbleiben. Ich verstehe, daß du dich zerrissen fühlst, aber früher oder später mußt du dich entscheiden.«
Sie machte sich ungeduldig los. »Du redest, als ginge es um nichts weiter als die Frage, ob ich mit dir fortgehen will oder nicht.«
Er hob leicht die Schultern. »Aber genau so ist es.«
Sie sah ihn verständnislos an. »Du kannst nicht hier weg, Erik. Jeden anderen würde mein Vater vielleicht laufen lassen, aber dich würde er wieder suchen und er würde dich auch finden. Bist du denn vom letzten Mal kein bißchen klüger geworden?«
»Was erwartest du? Daß ich mich duldsam in mein Schicksal ergebe und bis ans Ende meiner Tage seine Schafe hüte? Mein Gott, weißt du eigentlich, wie … erniedrigend das für mich ist? All meine Vorfahren waren Seefahrer und Soldaten, unerschrockene, tapfere Männer, und ich bin doch nur nach England gekommen …« Er brach unvermittelt ab.
»Ja?« Ihre Augen hatten sich verengt. »Das würde mich wirklich interessieren. Um was genau zu tun bist du nach England gekommen?«
Er winkte ab. »Was soll aus uns werden, wenn ich hierbliebe? Dein Vater würde niemals erlauben, daß wir heiraten.«
»Und was soll aus uns werden, wenn du fortgehst? Immer vorausgesetzt, sie finden dich nicht.«
»Das werden sie nicht. Diesmal ist es etwas völlig anderes. Ich weiß jetzt, wo ich bin. In höchstens zwei Tagen könnte ich in Norwich sein und erst einmal untertauchen, niemand würde mich finden. Und du mußt mitkommen, Hyld. Wenn wir von hier fort sind, können wir uns als Mann und Frau ausgeben, und sobald wir ein bißchen Geld haben, gehen wir zu einem Priester und lassen uns trauen.«
»Und woher willst du Geld bekommen? Unterwegs ein paar Kaufleuten auf der Straße auflauern? Wo könnten wir hingehen? Wovon sollten wir leben? Wir würden verhungern, Erik, und jetzt kommt der Herbst und dann der Winter, und wir könnten ohne weiteres erfrieren.«
»Wenn wir nicht vorher verhungert sind«, erinnerte er sie grinsend und verzog schmerzlich das Gesicht, als sie ihn mit beiden Händen an den Haaren packte. Dann wurde er wieder ernst. »Wir müßten weder verhungern noch erfrieren. Glaub mir, ich würde dich nicht bitten mitzukommen, wenn ich nicht wüßte, daß ich für dich sorgen kann.« Sie schüttelte traurig den Kopf. »Aber wie könnte ich ihnen das antun? Einfach so fortgehen ohne ein Wort?«
»Ja, ich weiß, es ist bitter.«
»Erik …«
Er legte einen Finger auf ihre Lippen. »Komm.«
Er nahm ihre Hand, stand auf und zog sie mit sich hoch, führte sie vom Ufer weg, am Rand der Wiese entlang in den Schatten des Waldes. Sie fanden eine kleine Senke mit einem stillen, grünen Tümpel, wo die Bäume weniger dicht standen. Dort legten sie sich ins struppige Waldgras. Erik schnürte ohne alle Hast ihr Kleid auf, zog es ihr mitsamt Unterkleid über den Kopf und löste das Band, das ihren Zopf zusammenhielt. Dann breitete er ihre langen Haare um ihre Schultern aus und betrachtete sie hingerissen. Sie hatten tatsächlich die leuchtende, satte Farbe von reifem Weizen und waren dick und üppig.
Hyld senkte den Blick. »Was starrst du nur immer so.« Sie war ein wenig errötet.
Erik lachte und seufzte gleichzeitig. »Ach, Hyld … Das kannst du nicht verstehen. Du bist so wunderbar.«
Sie lächelte scheu und schlang die Arme um seinen Hals, zog ihn beinah gierig zu sich herunter. Er streifte hastig seine Sachen ab und glitt auf sie. Sie sah ihm in die Augen, als er in sie eindrang, ernst und offen, das hatte sie von Anfang an getan. Er hatte noch nie mit einer Frau geschlafen, die so ehrlich bei der Liebe war wie Hyld, so rückhaltlos. Es machte ihn immer schwach, erfüllte ihn mit einer Zärtlichkeit, die ihm bedenklich erschien. Er senkte den Kopf, streifte mit den Lippen ihren wunderbaren, kirschroten Mund und flüsterte: »Komm mit mir, Hyld. Ich will nicht ohne dich gehen. Vertrau mir.«
»Ich kann nicht«, erwiderte sie tonlos. Sie drehte den Kopf weg, legte aber gleichzeitig die Arme um seinen Hals, zog ihn fester an sich und umschloß ihn mit den Beinen. »Du bist ein dänischer Pirat und hast auf meinen Bruder geschossen. Ich liebe dich, aber ich kann dir nicht trauen.«
Es war schon dunkel, als Ælfric und Dunstan aus Ely zurückkehrten. Staubig, hungrig und durstig kamen sie in die Halle, wo das Essen schon fast vorbei war.
Sie setzten sich zu Marie, Hyld und Eadwig an den Tisch, und die Mägde beeilten sich, ihnen Bier und Brot zu bringen, während die Köchin die Kalbshaxe auftrug, die sie für den Herrn der Halle und seinen Sohn aufgespart hatte.
»Oh, wunderbar, Helen«, murmelte Ælfric dankbar, wischte sich die Hände an der Kleidung ab und zückte sein Messer, um sich ein Stück Fleisch abzuschneiden.
Marie wartete, bis sein ärgster Hunger gestillt war, ehe sie fragte: »Hast du Guthric gesehen?«
Er nickte. »Du glaubst nicht, wie er gewachsen ist.«
»Und geht es ihm gut?«
»O ja. Ich habe lange mit ihm gesprochen.« Er schüttelte lächelnd den Kopf. »Wir sind durch den Kreuzgang gewandelt wie zwei waschechte Klosterbrüder. Es war richtig, daß wir ihn haben gehen lassen, Marie; Cædmon hatte recht. Ich denke, Guthric ist wirklich glücklich dort. Er hat mit solcher Begeisterung von seinem Unterricht gesprochen, von den Büchern, von der Gelehrsamkeit der Brüder, so habe ich unseren Guthric noch nie gesehen. Ein richtiges Feuer lodert in seinen Augen, er kommt mir doppelt so lebendig vor wie früher. Und ich habe mit Abt Thurstan gesprochen. Er sagt, sie hätten lange keinen so begabten, vielversprechenden Schüler gehabt. Unser Sohn macht uns Ehre, sagt er.«
Marie strahlte und legte kurz die Hand auf seine. »Ich bin froh, Ælfric. Ich wünschte nur …« Sie brach ab.
Aber er wußte genau, was sie hatte sagen wollen. »Ja. Ich wünschte auch, Cædmon wüßte davon. Da fällt mir ein, Harold Godwinson sendet dir seine ergebene Empfehlung.« Sein Tonfall war ironisch, aber seine Miene verdächtig finster.
Seit der Rückkehr aus der Normandie hatte Earl Harold Ælfric regelmäßig aufgesucht und alles getan, um die Verbindung zu festigen. Ælfric of Helmsby war nur ein unbedeutender Landadliger, gehörte nicht den Witan – den »Weisen« des Kronrates – an und war weder reich noch mächtig genug, um einen großen Einfluß in East Anglia darzustellen. Trotzdem hatte Harold seine Nähe gesucht und ihn in seine politischen Schritte eingeweiht. Ælfric hatte nie den Versuch unternommen, sich zu distanzieren. Er machte sich nichts vor, er wußte, er konnte es sich nicht leisten, Harold Godwinson die kalte Schulter zu zeigen. Niemand in England konnte sich das leisten. Aber er hatte ihm nie verziehen, daß Harold seinen Sohn einfach so in der Normandie zurückgelassen hatte. Wie einen lahmen Gaul.
»Was wollte er?« fragte Marie leise.
In der Halle war es dämmrig, die Fackeln großteils schon gelöscht. Hier und da wurden Tische beiseite geräumt, und die Leute legten sich schlafen.
Dunstan ergriff den Bierkrug und füllte seinen Becher wieder auf. »Er wirbt um Unterstützung, um seinen Bruder zu stürzen«, verkündete er unverblümt.
Ælfric warf ihm einen warnenden Blick zu. »Gib acht, was du redest, Dunstan.«
Dunstan hob unbeeindruckt die Schultern. »Das ist die reine Wahrheit.« »Aber es besteht kein Grund, sie aus voller Kehle in die Welt hinauszuposaunen.«
Marie machte große Augen. »Er will den Earl of East Anglia stürzen?« Ælfric schüttelte den Kopf. »Nein, seinen anderen Bruder. Tostig. Den Earl of Northumbria. Tostigs Position im Norden ist wackelig. Die Leute in Northumbria haben ihn von Anfang an verabscheut. Sie haben ihn geduldet, weil er einen einigermaßen verläßlichen Frieden mit Schottland geschlossen hat und die Grenzgebiete nicht mehr ständig überfallen wurden. Es heißt, Tostig und König Malcolm von Schottland sind einander nahe wie Brüder. Aber jetzt will Tostig eine hohe Steuer in Northumbria erheben und hat sich mit seinen Thanes zerstritten. Harold fürchtet, er wird sich nicht mehr lange halten können, und er will ihn ablösen, ehe es zu einer Revolte kommt.«
»Und recht hat er«, murmelte Dunstan, leise, aber nachdrücklich. »Das wäre das letzte, was uns fehlt. König Edward ist krank, und Harald Hårderåde von Norwegen wartet nur auf den richtigen Moment, um mit seinen Schiffen hier einzufallen. Vielleicht wird er denken, ein kranker König in Westminster und eine Revolte in Northumbria sind der richtige Moment, und dann …« Er brach unvermittelt ab, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm, und fuhr herum. »Was hast du hier verloren?« fragte er barsch.
Erik trat aus dem Schatten an den Tisch, ignorierte Dunstan und verneigte sich knapp vor Ælfric. »Ich bitte um Verzeihung …«
»Was willst du?« knurrte Ælfric kaum weniger barsch.
Ja, was will ich, dachte Erik ratlos und betete um eine Eingebung. Er hatte keineswegs die Absicht gehabt aufzufallen. Er starrte auf seine Füße, um Verlegenheit vorzutäuschen und sich daran zu hindern, Hyld anzusehen, die still und blaß neben der Mutter saß und auf ihren leeren Holzteller hinabblickte. »Ähm … kann ich morgen früh in die Kirche, Thane? Es ist nur, ich sollte die Herde auf die Felder treiben, aber … es ist der Todestag meiner Mutter, und ich …«
»Herrgott noch mal, frag Wulfric«, herrschte Ælfric ihn an.
Erik nickte und wandte sich ab.
»Was war mit deiner Mutter, he?« fragte Dunstan. »Habt ihr sie mit auf Kaperfahrt genommen und an die Mauren verkauft?«
Hylds Kopf ruckte hoch.
»Dunstan!« schalt Marie ungehalten.
Erik blieb stehen und sah ihn an. Er sagte nichts. Er richtete so selten wie möglich das Wort an Dunstan oder Ælfric, und wenn es unvermeidbar war, sprach er langsam und stockend, übertrieb seinen Akzent und gab vor, längst nicht alles zu verstehen, was er hörte. Es war besser, wenn sie glaubten, er könne ihre Sprache nicht meistern. Sie achteten nicht so sehr darauf, was sie sagten, wenn er in der Nähe war, und sie redeten so gut wie nie mit ihm, weil es ihnen zu umständlich war. Aber er hatte immer Mühe, seine Abscheu vor Dunstan zu verbergen. So auch jetzt. Ich wünsche dir von ganzem Herzen, daß deine Frau einmal so elend im Kindbett verrecken muß wie meine Mutter, dachte er hitzig. Ich wünsche dir, daß du dabeistehen und zusehen mußt und daß es dir das Herz zerreißt. Aber nicht einmal auf dänisch konnte er das zu ihm sagen, die Gefahr war zu groß, daß Dunstan einzelne Worte verstand.
»Was starrst du mich so an, Schwachkopf«, grollte Dunstan. »Mach, daß du wegkommst.«
Erik entfernte sich lautlos, und Marie bedachte ihren Ältesten mit einem Kopfschütteln. »Es besteht kein Grund, jemanden so zu behandeln, Dunstan. Er verbüßt seine Schuld, indem er hierbleiben und hart für uns arbeiten muß, und das ist genug. Ganz gleich, was er getan hat, er ist ein menschliches Wesen.«
Dunstan schnaubte. »Er ist nichts als ein Häufchen Dreck. Jedenfalls, wenn Harold Godwinson Truppen aushebt, will ich mit ihm gehen, Vater.«
»Ich weiß. Das hast du mir schon wenigstens ein dutzendmal gesagt«, erwiderte Ælfric trocken.
»Und?« hakte Dunstan nach. »Bist du einverstanden?«
Ælfric nickte zögernd. »Natürlich. Wenn es wirklich dazu kommt.« Dunstan lächelte zufrieden, stand auf und streckte sich mit einer komischen Grimasse. »Gott, mir tun alle Knochen weh. Was für ein Ritt. Ich gehe schlafen.« Er packte seinen kleinen Bruder nicht gerade sanft im Nacken und zog ihn von der Bank hoch. »Komm mit, Zwerg. Höchste Zeit für dich. Das gilt auch für dich, Hyld.«
Hyld hatte eine scharfe Antwort auf der Zunge. Sie haßte es, wenn Dunstan sie herumkommandierte, und natürlich nahm sie ihm übel, wie verächtlich er mit Erik sprach. Aber es war zu gefährlich, sich ihren Unwillen anmerken zu lassen. Wortlos stand sie auf und folgte ihren Brüdern zu dem Alkoven hinter dem Herd, der den Kindern des Thane vorbehalten war.
Ælfric und Marie zogen sich auch bald zurück.
»Ist das dein Ernst?« fragte Marie, als sie den schweren Bettvorhang zurückschob. »Du willst Dunstan wirklich gehen lassen?«
Ælfric nahm sein Schwert ab und legte es auf die Truhe unter dem pergamentbespannten Fenster. »Er wird bald achtzehn Jahre alt, Marie. Du kannst ihn nicht ewig hierhalten.«
»Nein, ich weiß. Es ist nur … ein bißchen viel auf einmal. Drei Söhne in einem Jahr.« Sie setzte sich auf die Bettkante, schlug die Decke zurück und legte sich hin.
»Du redest, als wären sie tot. Das ist albern. Sie werden nur erwachsen und gehen fort, so ist das nun mal.«
Cædmon war nicht erwachsen, als er fort mußte, dachte sie, aber sie hatte nicht vor, noch einmal an diesen bitteren Kelch zu rühren. Und Ælfric hatte ja recht. Mochten ihre Söhne auch weit fort sein, wußte sie sie doch gut aufgehoben. Es war ihr ein großer Trost, als sie von Bruder Oswald erfahren hatte, daß Cædmon in Jehan de Bellêmes Obhut war. Sie erinnerte sich gut an den normannischen Haudegen, der seinem Herzog in den schwierigen Jahren so unbeirrbar zur Seite gestanden hatte. Ein guter, zuverlässiger Mann, der ihren Sohn sicher gut behüten würde, da war sie unbesorgt. Und Guthric wußte sie ebenso gut aufgehoben.
»Aber wenn es wirklich zu einer Revolte im Norden kommt und Dunstan mit Harold Godwinson geht, heißt das, er zieht in den Krieg«, wandte sie ein.
»Ja.« Ælfric legte sich neben sie, deckte sie beide zu und zog seine Frau an sich. »Aber Dunstan weiß, wie man auf sich aufpaßt.«
»Erzähl mir keine Märchen«, erwiderte sie ungehalten. »Ich habe den Krieg gesehen. In einer Schlacht kann niemand auf sich aufpassen.« »Wie dem auch sei. Es hat keinen Sinn, sich darüber zu grämen. Dunstan ist in Gottes Hand wie wir alle. Und wenn er geht, haben wir immer noch Hyld und Eadwig, damit es hier nicht zu einsam wird.« Marie antwortete nicht. Sie legte eine Hand auf seine Brust und dachte an die Kinder, die sie verloren hatten, Edith und den kleinen Gyrth, die beide kein Jahr alt geworden waren, und wie furchtbar Ælfric gelitten hatte, als sie starben. »Und was ist mit dir? Wenn es hart auf hart kommt in Northumbria, soll ich wirklich glauben, Harold Godwinson würde dann auf dich verzichten?«
Ælfric atmete tief durch und antwortete nicht direkt. »Er will, daß wir Weihnachten dieses Jahr an König Edwards Hof verbringen. Er hat mich sehr nachdrücklich eingeladen.«
»Aber wozu, in aller Welt? Der König hat sich noch nie für uns interessiert. Was will er plötzlich von uns?«
»Der König will überhaupt nichts von uns. Er ist todkrank, Marie. Aber wenn er das Weihnachtsfest noch erlebt, sollen sich wie üblich die Witan versammeln.«
»Und wo?«
»In Westminster. Die Klosterkirche ist nahezu fertig und soll geweiht werden, wenn die Großen des Reiches alle dort versammelt sind. Harold glaubt, der König warte nur noch auf diesen Tag, um dann nach der Vollendung seines großen Werkes aus der Welt zu scheiden.«
»Nun, dann gehen wir eben nach Westminster«, erwiderte Marie unbekümmert. Sie war durchaus zufrieden mit ihrem bescheidenen, ländlichen Leben in Helmsby, aber sie war mit dem zeremoniellen Pomp aufgewachsen, der am Hof des Herzogs der Normandie üblich war, und hatte nicht die geringsten Einwände, nach langer Zeit wieder einmal eine königliche Halle voll kostbar gekleideter Männer und Frauen zu sehen.
»Ja, was bleibt uns übrig«, brummte Ælfric.
»Komm schon, so schrecklich wird es nicht werden«, sagte sie lächelnd.
»Du weißt ja noch nicht, worum es eigentlich geht. Harold will, daß ich Sheriff von Norfolk werde.«
Marie setzte sich kerzengerade auf. »Was?«
»Da staunst du, nicht wahr.«
»O mein Gott. Es wird keinen Tag Ruhe mehr geben in Helmsby, du wirst immer nur unterwegs sein, um Gerichtstage abzuhalten und Steuern einzuziehen, du wirst …«
»Ein sehr mächtiger Mann.«
»Und willst du das?«
Ælfric antwortete nicht sofort. Schließlich sagte er nachdenklich: »Es hat zweifellos seinen Reiz.«
»Aber?«
»Nun, ich weiß nicht, ob mir Harolds Absichten besonders gefallen. Gorm of Edgecomb, der jetzige Sheriff, wird zu alt für das Amt, das sehe ich ein. Aber Gorm ist ein mächtiger, reicher Mann aufgrund seiner Ländereien und seiner familiären Verbindungen. Ich wäre nur mächtig und vielleicht sogar irgendwann reich von Harolds Gnaden, verstehst du?«
»Er will einen Sheriff, der abhängig von ihm ist.«
»Nicht nur in Norfolk, darauf möchte ich wetten.«
»Was hat er vor, Ælfric?«
»Das ist nicht so besonders schwer zu erraten, oder?«
Hyld wurde wach, als eine große Hand sich über ihren Mund legte. Sie riß entsetzt die Augen auf.
»Keine Angst. Ich bin es«, raunte die vertraute, samtweiche Stimme, und die Hand wurde zurückgezogen.
Hyld setzte sich auf. »Erik, bist du wahnsinnig?« wisperte sie. »Was, wenn Dunstan aufwacht?«
Er ignorierte ihren Protest und nahm ihren Arm. »Komm mit. Leise.« »Aber …«
»Jetzt komm schon.«
Es war zu gefährlich, hier herumzustreiten. Sie schlug die Decke zurück, stand auf und folgte ihm barfuß durch die dunkle Halle, vorbei an schemenhaften, reglosen Gestalten, die die Wand entlang unter ihren Decken lagen, und weiter zur Tür. Lautlos hob Erik den schweren Balken an, mit dem diese nachts verriegelt wurde. Hyld kniff die Augen zu und hielt den Atem an, als könne sie damit verhindern, daß die Tür knarrte. Aber das tat sie nicht. Erik öffnete den rechten Flügel einen Spaltbreit, zog Hyld hinaus und ans südliche Ende des Innenhofs zwischen die Schafställe.
»Was hast du mit der Tür gemacht?« fragte sie. »Sie knarrt, solange ich denken kann.«
»Was schon. Ich hab der Köchin ein bißchen Butter abgeschwatzt und sie auf die Scharniere geschmiert, als alle schon schliefen.«
Sie schüttelte verwundert den Kopf. »Und wirst du mir verraten, was das zu bedeuten hat? Warum weckst du mich mitten in der Nacht und riskierst, daß wir hier draußen zusammen erwischt werden?«
»Es ist nicht mitten in der Nacht, sondern kurz vor Tagesanbruch. Ich muß mit dir reden, Hyld, und ich weiß nicht, ob wir morgen noch Gelegenheit haben würden.«
Plötzlich wurden ihre Hände feucht. »Was ist passiert?«
»Ich muß von hier fort. Ich kann nicht länger warten.«
»Aber, Erik …«
»Ja, ich kenne all deine Einwände. Ich gehe trotzdem. Morgen.«
»Aber … warum?«
»Es würde bis lange nach Sonnenaufgang dauern, um dir das zu erklären. Die entscheidende Frage ist eine ganz andere, Hyld. Wirst du mit mir kommen, ja oder nein?«
Sie antwortete nicht. Ihre Kehle war plötzlich wie zugeschnürt. Es war fast, als wäre er schon fort, als vermißte sie ihn jetzt schon.
»Bitte«, drängte er leise.
Sie schluckte entschlossen den dicken Kloß hinunter, den sie in der Kehle spürte. »Ich kann nicht. Ich kann meiner Familie das nicht antun.« Es klang erstickt, nicht so entschieden, wie sie beabsichtigt hatte. »Aber was du mir antust, ist nicht von so großer Bedeutung, oder?« fragte er hitzig.
»Ich bin nicht diejenige, die fortgeht und dich zurückläßt«, entgegnete sie. Dann nahm sie seine Hand und drückte sie an ihr Gesicht. Die Hand roch schwach nach Gras und Sonne. Hyld hatte ihn oft ausgelacht, weil er sich ständig die Hände wusch und bei jeder Gelegenheit im Fluß badete. Sie hatte schon früher vom übertriebenen Reinlichkeitssinn der Wikinger gehört, und sie fand ihn zu komisch. Aber er hatte unbestreitbar seine Vorzüge.
Sie drückte die Lippen in seine schwielige Handfläche. »Tu’s nicht. Bitte. Sie werden dich finden und zurückbringen und dir wer weiß was antun. Das kann ich nicht aushalten.«
Er machte sich los. »Ich glaube nicht, daß das passieren wird. So oder so, ich muß das Risiko eingehen. Ich habe viel zu lange gezaudert.« »Was heißt das? Wovon redest du?«
»Von einem Eid, der mich bindet«, sagte er leise.
Hyld stockte der Atem. Das änderte natürlich alles. Ein Eid war eine ernste, oft genug tückische Angelegenheit. »An wen?«
Er antwortete nicht.
Plötzlich ging ihr ein Licht auf, und sie spähte argwöhnisch in seine Richtung. Sie konnte nur seine Silhouette erkennen und das Weiße seiner Augen. »Es hat irgend etwas mit dem zu tun, was Vater und Dunstan vorhin erzählt haben, oder? Du hast sie belauscht. Du warst nicht zufällig in der Nähe.«
Vermutlich war es besser, ihr nicht zu verraten, daß er auch ihre Eltern belauscht hatte, an diesem Abend und in vielen Nächten zuvor, daß er einen Spalt in der hölzernen Trennwand zwischen Halle und Schlafkammer entdeckt hatte, der zu schmal war, um hindurchzuspähen, aber breit genug, um das Ohr daran zu pressen und zumindest alles, was Ælfric mit seiner volltönenden, tragenden Stimme sagte, zu verstehen. Und er hatte sie weiß Gott nicht nur reden hören. Manchmal, wenn sein Los ihm besonders bitter erschien, heiterte er sich mit dem Gedanken auf, daß er vermutlich der einzige Mann in Helmsby war, der genau wußte, was der Thane und seine Lady nachts so trieben, was für ausgefallene Wünsche die sonst stets so ruhig und beherrscht wirkende Marie de Falaise hinter geschlossenen Bettvorhängen äußerte …
»Du hast recht.«
»Erklär es mir, Erik. An wen bist du durch Eid gebunden? Du kannst nicht von mir verlangen, daß ich eine so schwerwiegende Entscheidung treffe, ohne daß du mir sagst, worauf ich mich einlasse.«
»Na schön«, räumte er zögernd ein. »Komm her, Hyld. Setz dich. Es ist eine komplizierte Geschichte.« Sie setzten sich mit dem Rücken an die Stallwand, dicht nebeneinander, und Erik nahm ihre Hand und wählte seine Worte sorgsam. »Ich bin nicht sicher, daß dir gefällt, was ich dir jetzt sage, aber das ist vermutlich nur ein Grund mehr, warum du es erfahren solltest, ehe du dich entscheidest. Wir haben nicht viel Zeit, und ich muß mich kurz fassen, ich kann dir nicht alle Zusammenhänge erklären. Ich muß darauf hoffen, daß du mir zubilligst, daß ich meinem Gewissen folge und den gleichen Grundsätzen von Ehre und Familie, an die du auch glaubst.«
»Das klingt, als sei es abscheulich, was du mir zu sagen hast«, bemerkte sie unbehaglich.
»Vielleicht. Du mußt selbst urteilen. Und du mußt mir versprechen, daß du mich ausreden läßt, ehe du urteilst.«
Sie zögerte nicht. »Einverstanden.«
Er überlegte einen Augenblick, wie er anfangen sollte. »Du weißt vermutlich, daß England vor nicht allzu langer Zeit einen dänischen König hatte, oder?«
Sie nickte unwillig. »König Knut. Aber das war lange vor meiner Geburt.«
»Ja. Er ist vor über dreißig Jahren gestorben. In Dänemark halten wir sein Andenken in Ehren und nennen ihn Knut den Großen.«
Hyld schnaubte verächtlich. »Wir nennen ihn nicht so.«
»Aber es ist eine Tatsache, daß in den zwanzig Jahren, die er hier regiert hat, Frieden im Land herrschte, oder nicht?«
»Aber Erik, das ist, als würdest du sagen, ich müsse den Teufel anbeten, um vor den Heerscharen der Hölle sicher zu sein«, wandte sie entrüstet ein. »Natürlich gab es keine Däneneinfälle, als Knut König war, wozu auch, er hatte England ja schon.«
Erik verzog einen Mundwinkel, auch wenn sie es nicht sehen konnte. »Schön. Laß uns darüber streiten, wenn wir mehr Muße haben. Wie dem auch sein mag, Knut war ein mächtiger König, der nicht nur über England und Dänemark, sondern auch über Norwegen herrschte.«
»Wirklich? Das wußte ich nicht.«
»Hm. Sein Sohn, Harthaknut, konnte sich weder in Norwegen noch in England halten.«
»Gott sei Dank. So haben wir wieder einen englischen König bekommen«, brummte sie.
»Nichtsdestotrotz folgte Harthaknut seinem Vater als rechtmäßiger König auf den englischen Thron, selbst wenn er kaum je hier war, weil er Krieg gegen König Magnus von Norwegen führte. Jeder wollte den anderen unterwerfen. Als sie einsehen mußten, daß es keinem von beiden gelang, kamen sie zu einer Einigung: Harthaknut von Dänemark und Magnus von Norwegen setzten sich gegenseitig als Erben ein, falls sie kinderlos sterben sollten. Harthaknut starb als erster und hinterließ Magnus sowohl den dänischen als auch den englischen Thronanspruch. Er konnte keinen von beiden durchsetzen. Inzwischen ist auch Magnus von Norwegen tot, er hinterließ ebenfalls keinen Sohn, sondern sein Onkel erbte den Anspruch. Dieser Onkel ist König Harald Hårderåde von Norwegen.«
»Ich glaube nicht, daß mir besonders gefällt, was du mir erzählst …«, murmelte Hyld unbehaglich. Den Namen Harald Hårderåde hatte sie schon oft gehört. Und obwohl sie nicht viel von solcherlei Dingen verstand, wußte sie doch, daß Harald Hårderådes Anspruch auf die englische Krone, so fragwürdig er auch sein mochte, eine ständige Bedrohung darstellte, die, so lange sie zurückdenken konnte, dräuend am Horizont hing wie die allgegenwärtige Angst vor Mißernten oder einer Pockenepidemie.
»Das habe ich befürchtet. Aber du wolltest es wissen, und jetzt wirst du dir auch den Rest anhören müssen. Du glaubst, ich sei Däne, Hyld, und in vieler Hinsicht hast du recht. Ich bin in Haithabu geboren und aufgewachsen, mein Vater und mein Onkel, unter denen ich zur See gefahren bin, waren Dänen. Aber meine Mutter war Norwegerin. Ihr Vater war ein Halbbruder von Harald Hårderåde.«
»Der König von Norwegen ist dein Großonkel?« fragte sie ungläubig. Er schüttelte lachend den Kopf. »Nur im weitesten Sinne. Mein Großvater war ein Bastard. Aber er und Harald haben sich immer nahegestanden, sie waren zusammen im Exil, in Rußland und Byzanz. Nein, ich kann keine familiäre Verbindung mit dem König von Norwegen in Anspruch nehmen, aber ich stehe in seinem Dienst.«
Hyld entzog ihm unvermittelt ihre Hand und stand auf. »Ich glaube, es wäre besser, wenn du nicht weitersprichst, Erik.«
»Hyld, hör mir zu …«
»Nein.«
Es traf ihn unvorbereitet, wie abweisend ihre Stimme klang. Das hätte er nicht für möglich gehalten.
»Ich konnte damit leben zu glauben, daß du ein dänischer Pirat bist, aber ein dänischer Pirat im Dienst von Harald Hårderåde, der unseren heiligen König Edward stürzen will, das ist einfach zuviel. Es tut mir leid. Ich werde keiner Menschenseele sagen, was du mir offenbart hast, aber …«
»Nein, Hyld, tu das nicht, bitte. Hör mir zu, du hast es versprochen.« Das hatte sie wirklich. Was für eine hinterhältige Falle. Ihre Gefühle waren in Aufruhr, sie hatte große Mühe, sich zu beherrschen. Sie war zum erstenmal in ihrem Leben verliebt, sie hatte keinerlei Erfahrung in diesen Dingen und niemanden, dem sie sich anvertrauen konnte. Was für ein Unglück, was für ein verfluchtes Pech, daß sie ihre Gefühle, ihren Seelenfrieden, nicht zuletzt ihre Unschuld ausgerechnet an den Neffen und den Spitzel eines feindlichen, kriegerischen Königs verschwendet hatte …
»Dann faß dich kurz«, forderte sie eisig.
Erik fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Hyld, euer König Edward, den du einen Heiligen nennst, ist ein alter, todkranker Mann. Und er hinterläßt keinen Erben.«
»Er hat einen Neffen von reinstem königlichen, angelsächsischen Blut.« »O ja. Der kleine Edgar. Wie alt ist er? Ungefähr gleichaltrig mit deinem Bruder Eadwig, nicht wahr? Genau der richtige König für so schwierige, unruhige Zeiten …«
»Selbst wenn. Ganz sicher wären wir mit ihm besser bedient als mit diesem verfluchten, norwegischen Satan!«
»Herrgott noch mal, Hyld, ich hatte keine große Wahl, als er mir angeboten hat, mich in seinen Dienst zu nehmen, weißt du. Meine Eltern waren tot, in Haithabu hatten wir nur meinen Onkel, und was für ein Mann er war, kannst du unschwer daran erkennen, daß er ohne jede Notwendigkeit, ohne jedes Recht den Angriff auf Metcombe befohlen hat. Er war ein Scheusal. Und meine kleine Schwester und mein Bruder waren ihm ausgeliefert. Schon allein ihretwegen mußte ich es tun. Harald Hårderåde ist kein Satan, glaub mir. Er könnte England ein ebenso guter König sein wie Knut.«
»Oh, das ist wunderbar. Nur leider wollen wir ihn nicht! Wir suchen uns unsere Könige doch ganz gern selber aus!«
»Mach dir nichts vor. Es gibt in ganz England niemanden, der einen begründeteren Anspruch auf die Krone hat als er. Ich sage dir, was passieren würde: Sie würden den kleinen Edgar der Form halber auf den Thron setzen, und dann würden die beiden mächtigen, verfeindeten Adelsgeschlechter, die ihr hier habt, um die Macht ringen, und im Handumdrehen hättet ihr einen blutigen Krieg im Lande: das Haus Mercia gegen das Haus Godwinson.«
»Es müßte nicht so kommen«, widersprach sie aufgebracht.
»Dann sag du mir, was passieren soll, wenn König Edward stirbt.«
Hyld hatte keine Ahnung. Sie kannte sich mit diesen Dingen nicht gut genug aus. »Ich weiß es nicht, Erik. Ich weiß nur, daß wir ganz sicher keinen norwegischen König wollen.« Sie streckte die Hand nach ihm aus und zog sie hastig zurück, als sie merkte, was sie tat. »Ich kann verstehen, daß dir nicht viel anderes übrigblieb. Aber was immer du glaubst, für Harald Hårderåde tun zu müssen, ich kann nicht mitkommen. Du hast mir meine Entscheidung leicht gemacht.«
Erik hatte die Arme auf den angewinkelten Knien gekreuzt und den Kopf darauf gebettet. Es wird hell, dachte Hyld flüchtig. Sie spürte einen fast übermächtigen Drang, die Hand auf diesen gesenkten Kopf zu legen, die Finger in den dunklen Locken zu vergraben, aber sie beherrschte sich. Sie sah noch einen Moment auf ihn hinab, dann räusperte sie sich entschlossen. »Leb wohl, Erik.«
Er hob den Kopf und sah zu ihr auf. »Wie kannst du das tun?« fragte er verständnislos.
»Oh, das ist nicht fair«, protestierte sie. Sie ballte die Fäuste und blinzelte entschlossen, aber die Tränen waren hartnäckig und zahlreich, sie ließen sich nicht länger hinunterwürgen. »Du hast einen Eid geleistet, den du für mich nicht brechen willst, aber du verlangst von mir, daß ich für dich meinen Vater und meine Mutter und meinen König und mein Land verrate! Was denkst du dir eigentlich?«
»Ich verlange keineswegs, daß du irgend jemanden verrätst«, widersprach er heftig. »Ich habe nicht vor, eurem König auf seinem Weg ins Jenseits auf die Sprünge zu helfen oder ähnliches, falls du das annimmst.«
»Sondern was? Was hat dich plötzlich zu der Erkenntnis gebracht, daß du sofort aufbrechen mußt? Was hat dein Eid mit den Neuigkeiten zu tun, die mein Vater aus Ely mitgebracht hat?«
»Wozu willst du das wissen? Um es deinem Vater zu erzählen? Oder Dunstan?«
Hyld wich zurück, als habe er sie geohrfeigt. Ihr Mund öffnete sich, aber sie wußte nichts zu sagen. Und plötzlich überkam sie eine gewaltige, graue Welle der Übelkeit. Kalter Schweiß brach ihr auf Stirn und Rücken aus, mit einem erstickten Laut wandte sie sich ab und floh auf unsicheren Beinen. Sie kam bis zum Hühnerhaus. Hinter dem kleinen Holzschuppen fiel sie auf die Knie und erbrach sich. Weil sie gleichzeitig weinte, geriet sie bald in Atemnot. Sie keuchte erstickt, aber das Würgen ließ nicht nach. Heiße Galle schoß ihr in den Mund und drohte sie zu ersticken. Sie wimmerte und keuchte und rang röchelnd um Atem. Dann spürte sie eine Hand auf ihrem Rücken. Eine zweite legte sich auf ihre Stirn, und durch den grauen Schleier, der ihre Sinne vernebelte, nahm sie einen schwachen Grasduft wahr.
»Geh weg«, brachte sie mit Mühe hervor. »Verschwinde.«
»Ganz ruhig. Atme«, sagte er beschwichtigend. »Nur atmen. Gleich wird es besser, du wirst sehen.«
Ihr Körper entspannte sich tatsächlich ein wenig, die grauenvolle Enge in ihrer Kehle ließ nach. Doch die Übelkeit blieb. Hyld fiel kraftlos zur Seite und strich mit der rechten Hand durchs taufeuchte Gras.
»Warte. Rühr dich nicht vom Fleck.« Er richtete sich auf, ging eilig zum Brunnen und brachte ihr einen Becher Wasser. »Hier.«
Hyld spülte sich den Mund aus, aber sie konnte nicht trinken. Sie fühlte sich elend und hilflos. Mühsam stemmte sie sich in eine sitzende Haltung. »Danke.«
Erik hockte vor ihr im Gras und sah sie unverwandt an, seine dunklen Augen erschienen ihr riesig.
»Hyld …«
»Ja?«
»Wann hast du zum letztenmal geblutet?«