York, Oktober 1065

Sie traten aus dem Schatten des hohen, eisenbeschlagenen Stadttores und glitten eilig zur Seite, um den vielen Ochsenkarren Platz zu machen, die in die Stadt einzogen. Auf der breiten, schnurgeraden Straße, die ebenso wie das Stadttor Micklegate hieß, rumpelten die großen Gefährte dicht an dicht Richtung Innenstadt, beladen mit Fässern und Fellen, Tuchballen oder Bauholz, allen möglichen Waren aus aller Herren Länder. Ein beinah ebenso reger Verkehrsstrom kam aus der entgegengesetzten Richtung. Manchmal verkeilten die Karren sich ineinander, und alles geriet ins Stocken. Die Ochsentreiber brüllten einander wütend an und schwangen drohend ihre Stöcke. Die ungezählten Menschen, die zu Fuß unterwegs waren, mußten achtgeben, daß sie nicht überrollt oder niedergetrampelt wurden. Auf beiden Seiten der Straße ragten hohe, schmale Häuser auf, so daß kein Platz zum Ausweichen war. Das Mahlen der vielen Räder, das Stimmengewirr, das Blöken, Quieken und Bellen der vielen Tiere und das Läuten der Kirchenglocken vereinten sich zu einem wahren Höllengetöse, der Geruch des Unrats auf der Straße und die Ausdünstungen von Mensch und Vieh vermischten sich zu einem unbeschreiblichen Gestank.

Hyld starrte mit offenem Mund und angewiderter Miene auf das wilde Treiben. »So muß es sein, wenn der Tag des Jüngsten Gerichts anbricht«, murmelte sie.

Erik strahlte und sah sich mit leuchtenden Augen um. »Fast könnte ich glauben, ich wäre zu Hause.«

Sie warf ihm einen entsetzten Blick zu. »Armer Erik …«

Er lachte, nahm ihren Arm und zog sie unerschrocken vorwärts, bis sie mit dem wogenden Strom verschmolzen. Hyld warf gehetzte Blicke um sich und stellte fest, daß sich das wüste Stimmengewirr aus mehr nordischen als englischen Wortfetzen zusammensetzte. Sie war nicht verwundert. Mochten die westsächsischen Könige Nordengland auch zurückerobert haben, hatten die dänischen Kaufleute York doch niemals aufgegeben, und in ihren Herzen fühlten viele Leute in Northumbria sich immer noch dänisch.

Erik hielt an und fragte einen der Ochsentreiber in seiner Sprache nach dem Weg. Der Mann antwortete ebenfalls auf dänisch und wies nach Nordosten, wo sich ein Kirchturm aus dem Häusergewirr erhob. Erik nickte und dankte ihm. Dann nahm er wieder ihre Hand. »Komm, Hyld. Wir haben es beinah geschafft. Es ist nicht mehr weit.«

 

Sie hatten zwei Wochen gebraucht, drei Tage allein, um das Moor zu durchqueren. Der alte Gorm, zu dem Guthric sie geschickt hatte, war krank gewesen, darum hatte seine Enkelin sie geführt, ein stilles, zierliches dunkles Mädchen, jünger als Hyld. Anfangs war Hyld voller Argwohn gewesen. Das alte Volk war spärlich geworden in England, und es hieß, sie seien sonderbare Menschen und den Angelsachsen nicht wohlgesinnt. Doch das Mädchen führte sie sicher durch Sümpfe und Treibsand, so daß ihnen nichts Schlimmeres widerfuhr, als von Kopf bis Fuß von Mücken zerstochen zu werden.

Nachdem sie sich von ihrer stillen Führerin verabschiedet hatten, waren sie Richtung Humber gezogen. Sie reisten stetig nach Norden, und die Nächte wurden kälter. Manchmal litten sie Hunger, denn sie mußten sparsam mit ihrem Geld umgehen und Erik, stellte Hyld halb belustigt, halb entsetzt fest, hatte nicht die leiseste Ahnung, wie man jagte. Also hatte sie sich eine notdürftige Schleuder geknüpft und wenigstens dann und wann einen Hasen oder eine Taube erlegt, dankbar, daß Cædmon sich die Mühe gemacht hatte, ihr den Umgang mit dieser Jagdwaffe beizubringen, obwohl sie ein Mädchen war. Sie litt nach wie vor an Morgenübelkeit, und Erik war in ständiger Sorge, daß die Reise zu anstrengend für sie sein könnte, aber sie waren ohne größere Mißgeschicke und vor allem ohne die geringsten Anzeichen von Verfolgung nach York gekommen.

»Und wie geht es nun weiter?« fragte sie, als sie nach rechts in eine kaum weniger belebte Straße einbogen, die zu der großen Kirche führte. Auf einer breiten Holzbrücke überquerten sie einen Fluß, der mitten durch die Stadt zu fließen schien.

»Der Ouse«, bemerkte Erik.

Hyld sah ihn ungläubig von der Seite an. »Aber unser Fluß zu Hause heißt Ouse!«

Er hob lächelnd die Schultern. »Dieser auch. Die große Klosterkirche dort drüben ist St. Peter. Aber die Leute nennen sie das Münster. Dort hält sonntags der Erzbischof das Hochamt.«

»Warst du schon einmal hier?« fragte sie neugierig.

Er nickte. »Aber nur kurz. Ich kenne die Stadt kaum.«

Auf der anderen Seite der Brücke blieb Hyld stehen und nahm entschlossen seinen Arm. »Wohin gehen wir, Erik?«

Er sah auf sie hinab. »Du weißt es doch längst, oder?«

»Du willst zu Earl Tostig? Harold Godwinsons Bruder?«

Er lächelte, nahm ihre Hand, und sie schlenderten weiter. »Ich habe mich gewundert, daß du nicht eher davon angefangen hast.«

»Wirklich?«

»Hast du Angst, mein Vorhaben könnte ein so abscheulicher Akt des Hochverrats sein, daß du nicht bei mir bleiben kannst? Und dann wüßtest du nicht, wohin mit dir und dem Balg, das du trägst?«

Sie seufzte. »So ist es.«

Er legte den Arm um ihre Schulter. »Sei unbesorgt. Ich überbringe nur eine Botschaft.«

»Ein Angebot«, mutmaßte sie düster. »Wenn Harold Godwinson seinen Bruder fallenläßt und die Thanes von Northumbria sich erheben, bietet Harald Hårderåde Tostig Männer und Waffen, wenn Tostig im Gegenzug Haralds Thronanspruch unterstützt. Ist es nicht so?«

Erik warf ihr einen anerkennenden Blick zu. »Und du willst behaupten, du verstehst nichts von Politik?«

Hyld blieb wieder stehen. »Warum schickt dein König Harald Hårderåde nicht einfach einen offiziellen Gesandten zu Tostig? Warum ausgerechnet dich? Warum die Heimlichtuerei?«

Erik nickte. »Ja, er wird Tostig Gesandte schicken. Hat es vielleicht längst getan. Ich war hier, um herauszufinden, wann der beste Zeitpunkt dafür ist. Wie Tostig und Harold Godwinson wirklich zueinander stehen. Wie sie zum König stehen. All diese Dinge.«

Sie zog eine säuerliche Miene. »Und um das zu tun, hast du meinen Vater und Harold Godwinson bei jeder Gelegenheit belauscht, wenn der Earl nach Helmsby kam. Das ist widerlich, Erik.«

Er hob gleichmütig die Schultern. »Kaum so widerlich wie der Verrat, den Godwinson an seinem Bruder begehen will. Außerdem war es das einzige, das mir zu tun übrigblieb. Du wirst zugeben müssen, meine Möglichkeiten waren ziemlich beschränkt.«

Sie ging nicht darauf ein. »Und? Wie stehen die Brüder Godwinson zum König?« wollte sie wissen.

»Harold verachtet König Edward als frömmelnden Schwächling, dient ihm aber treu, weil er große Stücke auf seine eigene Ehre hält. König Edward vertraut Harold, weil ihm nichts anderes übrigbleibt, aber er kann ihn nicht ausstehen. Statt dessen liebt der König Tostig wie den Sohn, den er nie hatte. Natürlich ist Harold eifersüchtig. Tostig seinerseits würde König Edward für weniger als dreißig Silberlinge an Harald Hårderåde verkaufen, wenn es seinen Absichten dienlich wäre. Und Tostig haßt und fürchtet seinen Bruder. Er ist ein hinterhältiger Feigling und giert nach Macht und Reichtum.«

Hyld rümpfte die Nase. »Nette Verbündete sucht dein König sich aus.« Erik schüttelte den Kopf. »Tostig kann niemals ein Verbündeter sein, sondern nur ein Werkzeug. Ich sage dir all diese Dinge, damit du verstehst, wie vorsichtig wir sein müssen, Hyld. Tostig Godwinson ist ein sehr gefährlicher Mann.«

»Ja. Ich glaube, diese Eigenschaft liegt bei den Godwinsons in der Familie.«

 

Tostig Godwinson, der Earl of Northumbria, hatte neben zahlreichen Landsitzen eine prächtige Halle in York, von wo aus er sein zerfallendes Reich verwaltete und seine schwindende Macht ausübte. Es war ein großes Anwesen, umgeben von einem hohen Palisadenzaun, mit geräumigen, kasernenartigen Quartieren für seine Housecarls, Schreibstuben für die vielen Mönche und Kapläne in seiner Kanzlei, mit Ställen und Vorratshäusern und einem komfortablen, prunkvollen Hauptgebäude. Doch im Innenhof herrschte ein wildes Durcheinander, das nicht gerade von straffer Ordnung sprach: Männer in Kettenhemden und Helmen standen in Gruppen zusammen, hielten Becher in der Hand und debattierten aufgeregt, nicht wenige schienen betrunken. Das Tor der Halle stand offen und war anscheinend unbewacht. Eine Gruppe Schweine war aus dem Stall entkommen und stöberte ungehindert im Morast des Innenhofs nach Leckerbissen. Zwei Mägde hockten auf dem Brunnenrand, ließen die Beine baumeln und sahen den Tieren desinteressiert zu.

»Kein Wunder, daß hier alles zum Teufel geht«, raunte Erik Hyld zu. Auch sie sah sich mißbilligend um. Ein ebenso merkwürdiges wie heftiges Unbehagen hatte sie beschlichen. Dieser ungehemmte Müßiggang schien so falsch, so eigenartig und so fremd, daß sie am liebsten geflüchtet wäre.

Der Wachsoldat am Tor hob das Kinn. »Und?« fragte er barsch.

»Ich muß zum Captain der Wache«, sagte Erik, höflich, aber bestimmt und mit weitaus mehr Selbstsicherheit, als er empfand.

Der Soldat betrachtete verwundert die ziemlich abgerissene, mit Straßenstaub bedeckte Kleidung des Ankömmlings und sein unrasiertes Kinn, registrierte zweifellos das Fehlen von Pferd und Waffen und jedem anderen Anzeichen von Rang, aber er zuckte gleichmütig mit den Schultern. Dann wies er auf einen Mann in einem guten Wollmantel, der gerade zu den Mägden am Brunnen trat und ihnen offenbar Beine machte. Jedenfalls sprangen sie schleunigst auf und trieben die Schweine zusammen.

Erik nickte seinen Dank und betrat den Innenhof. Hyld folgte ihm. Erik trat auf den Captain der Wache zu und stellte eine höfliche Frage in seiner Sprache, doch der Mann winkte schroff ab. »Sprich englisch mit mir oder verschwinde, Söhnchen.«

Erik war einen Augenblick verblüfft, denn er wußte, daß Tostigs Housecarls größtenteils Dänen waren, doch er sammelte sich sofort. »Ich habe eine Botschaft für Earl Tostig. An wen muß ich mich wenden, um vorgelassen zu werden?«

Der Captain beäugte ihn kritisch. »Eine Botschaft? Von wem?«

Erik faßte in den Ausschnitt seines Gewandes und zog eine Lederschnur hervor, die, so hätte Hyld schwören können, gestern noch nicht dort gewesen war. An der Schnur hing ein glänzendes Siegel. Er hielt es dem Wachoffizier zur Begutachtung hin. »Von Ælfric, Thane of Helmsby.«

Hyld stockte der Atem.

Der Mann schüttelte den Kopf. »Nie gehört.«

»Er ist ein Vertrauter des Earl of Wessex und der neue Sheriff von Norfolk.«

Hyld biß sich auf die Zunge, um einen Laut der Verblüffung zu unterdrücken.

»Ach ja?« fragte der Captain mit erwachendem Interesse. »Dann ist die Botschaft wohl wichtig, was?«

Erik nickte knapp. »Äußerst wichtig.«

»Und vertraulich?«

»Absolut.«

»Tja …« Plötzlich packte der Soldat Erik hart am Arm und zog ihn mit einem Ruck näher. »Dann mußt du dich nach Britford bemühen, Bürschchen, da findest du Tostig, den verfluchten, mörderischen Bastard, der seit gestern nicht mehr Earl of Northumbria ist!«

Eriks Magen verkrampfte sich. »Dann … dann nehme ich an, daß meine Botschaft sich erledigt hat.«

»Die Entscheidung wollen wir Earl Morcar überlassen. Ich bin sicher, er ist brennend daran interessiert zu hören, was die Godwinsons aushecken.«

»Morcar?« fragte Erik ungläubig, für einen Moment überwog seine Verblüffung seine Furcht. »Der Bruder des Earl of Mercia?«

»Genau der. Er ist leider noch nicht in York, um sich deine interessante Botschaft anzuhören, aber wir werden dich hier sicher verwahren, bis er kommt.« Er drehte Erik den Arm auf den Rücken und stieß ihm die Faust zwischen die Schulterblätter. »Vorwärts.«

Plötzlich spürte der Wachoffizier ein Brennen wie von einem Nadelstich in der Nierengegend.

»Laßt ihn los«, sagte Hyld leise, fast höflich. »Es ist Euer eigener Dolch, den Ihr spürt, Captain. Laßt ihn los, oder ich ramme ihn rein bis zum Heft, ich schwör’s bei Gott.«

Der bärtige, breitschultrige Captain stand wie vom Donner gerührt. Noch nie in seinem Leben hatte er so etwas eine Mädchenstimme sagen hören. In seiner Verblüffung folgte er dem Befehl und ließ den jungen Dänen los. Dann tastete er mit der Rechten nach seinem Dolch. Er war tatsächlich verschwunden. Das kleine Luder mußte ihn ihm aus der Scheide am Gürtel gestohlen haben, ohne daß er das geringste gemerkt hatte.

»Hyld …«, begann Erik unsicher, aber sie fiel ihm ins Wort: »Komm her. Stell dich neben mich, nimm meinen freien Arm, und dann schlendern wir alle drei zum Tor, so als wäre alles in bester Ordnung. Lächelt, Captain.« Sie bohrte den Dolch ein bißchen tiefer durch den festen Wollstoff seines Mantels und das Leinengewand darunter, und der Captain fuhr fast unmerklich zusammen. »Lächelt«, wiederholte sie.

Er spürte ein kleines, warmes Rinnsal den Rücken hinablaufen. Und er lächelte.

Langsam, als habe der allgemeine Müßiggang sie angesteckt, spazierten sie zum Tor, Erik und Hyld Arm in Arm, der Captain dicht neben ihnen, das Lächeln wie festgeleimt auf seinen Zügen.

»Sagt der Wache, Ihr begleitet uns zum Sheriff«, befahl Erik leise. Sein Magen war immer noch wie verknotet, er versuchte, die Augen überall gleichzeitig zu haben, aber er hatte die Fassung wiedergefunden. »Dann kommt Ihr mit uns bis zum Münster, und dort lassen wir Euch gehen.« Er sah über Hylds Schulter und bauschte ihren Umhang kurz auf, so daß er sich über ihren Ellbogen legte und die Hand mit dem Dolch verdeckte.

Der Wachsoldat am Tor war nicht gerade nüchtern, aber dennoch erweckte die seltsame Prozession seinen Argwohn. »Alles in Ordnung, Captain?« erkundigte er sich unsicher.

»Was soll die dämliche Frage?« fuhr der Captain ihn an. »Natürlich. Ich begleite diesen jungen Mann hier zum Sheriff der Stadt, ich bin in spätestens einer Stunde zurück. Und bis dahin will ich, daß hier wieder Ordnung herrscht, ist das klar?«

Der Soldat nickte erschrocken und straffte seine Haltung. »Ja, Captain.«

 

Brav wie ein Lamm geleitete der Wachoffizier sie durch die belebten Straßen. Nachdem sie den Innenhof der Halle und damit die unmittelbare Gefahrenzone verlassen hatten, war Erik wieder hinreichend Herr seines Verstandes, um zu erkennen, daß sich ihm hier eine einmalige Gelegenheit bot.

»Seit wann ist Morcar Earl of Northumbria?« fragte er.

Der Captain antwortete nicht gleich, und als Hyld mit fest zusammengebissenen Zähnen am Dolchgriff ruckte, machte er einen kleinen Satz und sagte hastig: »Er hat noch nicht offiziell angenommen. Er will Northumbria, doch noch berät er mit seinem Bruder, ob er sich gegen den König und die Godwinsons wird halten können.«

»Und Tostig war abwesend, als er entmachtet wurde, ja?«

»Wie meistens«, brummte der Mann. »Er kann froh sein, daß er nicht hier war. Die Thanes und die Truppen, die den Aufstand anführten, waren außer Rand und Band vor Zorn.«

»Warum?« fragte Hyld.

Der Captain versuchte, sie über seine Schulter anzusehen. »Weil Tostig drei angesehene Thanes hat ermorden lassen, um an ihre Ländereien zu kommen. Und er hat eine Steuer eingeführt, die kein Mann in Northumbria bezahlen kann.«

»Unklug«, murmelte Erik. »Aber hat es denn gar keinen Widerstand gegen seinen Sturz gegeben?«

»Nicht in der Stadt. Nur seine Housecarls haben sich zum Kampf gestellt, als wir Tostigs Schatzkammer aufbrachen. Sie haben erst aufgegeben, nachdem wir zweihundert von ihnen abgeschlachtet hatten, sture dänische Bastarde.«

Erik rammte ihm den Ellbogen zwischen die Rippen, beinah beiläufig, aber dem Captain blieb die Luft weg. »Ich bin es langsam satt, das zu hören«, murmelte Erik. »Und wenn Ihr unter Earl Morcar Captain der Wache bleiben wollt, solltet ihr lieber lernen, uns Dänen ein bißchen mehr Respekt entgegenzubringen. Morcars Großvater war der letzte von König Knuts Earls. Und wenn Morcar hier herrscht, wird es sein, als sei König Knut zurückgekehrt. Deswegen wolltet ihr ihn doch, oder nicht?« »Du weißt ziemlich gut Bescheid für einen zerlumpten Laufburschen«, brummte der Captain mißtrauisch.

Hyld sah sich um. Sie waren an einen belebten Marktplatz gekommen, wo Bauern und Marktweiber Käse, Obst, Gemüse und Fisch feilboten. »Komm, Erik«, sagte sie. »Laß uns verschwinden.«

Er nickte, trat zu ihr und raunte dem Captain von hinten ins Ohr: »Überlegt Euch, ob Ihr ein wildes Geschrei anfangen wollt. Ihr werdet uns doch nicht erwischen, aber Ihr müßtet vermutlich erklären, wie es passieren konnte, daß ein Mädchen Euch mit Eurem eigenen Dolch übertölpelt hat.«

Der Captain biß knirschend die Zähne zusammen. »Bete, daß wir uns nicht wiedersehen.«

Erik lachte leise und wechselte einen Blick mit Hyld. Sie nickte, ließ den Dolch los, und dann wandten sie sich ab und rannten.

Lachend und außer Atem hielten sie am anderen Ende des Marktplatzes an. Erik schlang die Arme um sie, hob sie hoch und wirbelte sie einmal herum, ohne auf die Marktweiber zu achten, die ihn schalten, weil Hylds Röcke ihre Auslage von den Ständen fegten.

»Oh, Hyld, du steckst voller Überraschungen! Ich dachte schon, es wäre alles verloren, ich würde wieder in irgendeinem finsteren Loch landen, und du wärst allein und verlassen. Wie mutig du bist!«

Sie lachte, ergab sich einem kleinen, seligen Rausch. »Es war eigentlich ganz einfach. Manchmal ist es eben von Vorteil, wenn man ein Mädchen ist und von niemandem beachtet wird. Er hat mich einfach nicht gesehen.«

Erik zog sie wieder an sich und küßte sie unter den Beifallsbekundungen, Pfiffen und Anfeuerungen der Marktfrauen. Dann führte er sie zu einem nahen Stand. »Schau her, Hyld, hier gibt es dänischen Met. Nichts, was ihr hier aus Honig braut, kann sich damit messen.«

Er erstand einen hölzernen Krug und am Nachbarstand zwei fette Pasteten mit Pilzen und Schweinefleisch. Hyld aß und trank dankbar, wandte aber mit vollem Mund ein: »Denkst du nicht, wir sollten ein bißchen sparsamer sein? Was machen wir denn jetzt?«

Sie gingen eine Gasse hinunter, die so schmal war, daß die vorstehenden Giebel der Häuser beinah zusammenstießen. Der Krug wanderte hin und her. Sie verspeisten ihre Pasteten, und Erik dachte nach.

»Tja, jetzt hat sich erst einmal alles geändert …«

»Wie bist du darauf gekommen, dich als Bote meines Vaters auszugeben?«

»Ich hatte sein Siegel. Ohne irgendeinen Beweis hätte niemand geglaubt, daß irgendwer einen abgerissenen Kerl wie mich als Boten schickt, schon gar nicht der König von Norwegen.«

»Was hättest du Tostig gesagt?«

»Weiß der Himmel.«

Hyld lachte. »Woher hattest du Vaters Siegel, hm?«

»Er bewahrt den Ring in seiner Truhe auf. Irgendwann, als niemand in der Halle war, bin ich in die Kammer geschlichen und …«

»Gott, Erik, wenn sie dich erwischt hätten!«

Er hob lächelnd die Schultern.

Sie winkte ab. »Hör auf mit diesem Piratengrinsen.«

»Ich habe Verwandte in York«, bemerkte er beiläufig. »Am besten, wir verkriechen uns ein paar Tage, bis die Lage sich geklärt und der Captain der Wache seinen Zorn vergessen hat und es leid wird, nach uns zu suchen.«

Sie nickte. »Hoffentlich sind deine Verwandten nicht auf seiten der Aufrührer.«

»Ähm … es sind Verwandte mütterlicherseits.«

Hyld verzog das Gesicht. »Norwegisches Thronräuberpack also.«

»Wenn du so willst.«

Ein Regentropfen traf sie auf die Nase, und Hyld sah zum verhangenen Himmel auf. »Meinetwegen. Selbst mit norwegischem Thronräuberpack unter einem Dach zu sein ist besser als gar kein Dach.«

Er nahm ihre Hand. »Deinen Sinn fürs Praktische habe ich schon immer bewundert. Komm. Sie wohnen in Coppergate. Ich glaube, wir müssen hier entlang.«

 

Eriks Onkel Olaf war ein reicher Seidenhändler und besaß ein großes, aus Eichenbalken gezimmertes Haus in einem der wohlhabendsten Viertel der Stadt. Wie alle Grundstücke in York war auch seines schmal – die Straßenfront nur zwölf Fuß breit – aber tief. Hinter dem Haupthaus, das er und seine Familie bewohnten, lagen das Lagerhaus und einige kleinere Gebäude, die er als Läden und Werkstätten an Handwerker verpachtete.

Nachdem Erik seinem Onkel erklärt hatte, wer er war, wurden sie mit großer Herzlichkeit aufgenommen. Zum Glück, denn das Wetter war endgültig umgeschlagen, ein eisiger, windgepeitschter Regen prasselte gegen Holzläden und Dachschindeln und verwandelte die Straßen der großen Stadt in schlammige Bäche.

Ungeachtet dessen durchkämmten die Männer der Wache die Gegend – auch nach Tagen noch. Sie suchten einen jungen, schwarzhaarigen Dänen in Begleitung eines englischen Mädchens. Das wußte Olaf zu berichten, als er vom Tuchmarkt und dem Gildehaus heimkam.

»Aber morgen sind wir diese Sorge los«, verkündete er eines Abends, als Hyld und Erik seit etwa einer Woche in seinem Haus lebten. »Es wird erzählt, Morcar habe akzeptiert. Er ist der neue Earl of Northumbria. Und morgen zieht er mit allen Männern, die er kriegen kann, nach Süden.« »Es gibt Krieg?« fragte Hyld erschrocken.

Der grauhaarige, stattliche Kaufmann hob die Schultern. »Das wäre möglich, mein Kind. Der König betrachtet den Aufstand der Thanes von Northumbria als offene Rebellion und hat angekündigt, das Fyrd – euer angelsächsisches Heer – zu den Waffen zu rufen.«

Hyld bekreuzigte sich. »Gott beschützte Vater und Dunstan«, murmelte sie.

Erik schnitt eine verstohlene Grimasse.

»Edwin, der Earl of Mercia, wird seinem Bruder Morcar gewiß zur Seite stehen«, fuhr der Onkel fort. »Also stehen Edwins und Morcars Truppen dem König und dem Fyrd gegenüber. Ich denke, alles wird davon abhängen, was Harold Godwinson tut.«

Erik stand auf, stellte sich ans Fenster und verschränkte die Arme. »Dann sind Tostigs Tage in England gezählt«, murmelte er.

Sein Onkel sah ihn scharf an. »Du glaubst, Harold Godwinson wird sich gegen seinen eigenen Bruder und gegen den König stellen?«

Erik wies auf Hyld. »Godwinson hat ihrem Vater so gut wie gesagt, daß er seinen Bruder mit Freuden fallenlassen würde, wenn er damit einen Bürgerkrieg verhindern könnte. War’s nicht so, Hyld?«

Sie funkelte ihn böse an. »Ich werde nicht wiederholen, was mein Vater vertraulich im Kreise seiner Familie gesagt hat!«

Er biß sich schuldbewußt auf die Unterlippe. »Entschuldige …«

Olaf lächelte verstohlen. »Wie dem auch sei«, sagte er dann zu Erik. »Wenn es so kommt, wie du denkst, dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt, Tostig deine Botschaft zu überbringen. Er ist mit König Edward in Britford in Wiltshire. Du mußt hingehen.«

»Nein«, widersprach Hyld impulsiv.

Der ältere Mann legte ihr mitfühlend die Hand auf den Arm. »Ich kann deine Gefühle verstehen, Kind, aber Erik ist durch Eid gebunden.« »Ihr versteht nicht«, entgegnete sie ungeduldig. »Tostig ist bei König Edward, sagt Ihr. Nun, früher oder später wird Earl Harold auch zum König gehen, um ihn zu überzeugen oder zu zwingen, sich seinem Standpunkt anzuschließen.«

»Und?« fragte der Onkel verständnislos.

Hyld wechselte einen Blick mit Erik, und dieser hob seufzend die Schultern. »Ihr Bruder wird in Godwinsons Gefolge sein. Vielleicht auch ihr Vater. Und wenn sie mich sehen, bin ich ein toter Mann.« Der Onkel runzelte die Stirn, dann blickte er seinen Neffen scharf an. »Ich glaube, es wird Zeit, daß du mir ein bißchen mehr über dich und deine schöne, junge englische Frau erzählst, mein Junge …«

Am zwölften Oktober, dem Namensfest des heiligen Wilfred, wurden Hyld und Erik am Portal der eben diesem Heiligen geweihten Kirche in Coppergate getraut. Eriks Onkel übernahm alle Kosten, und auch wenn keiner der Brautleute in York weitere Verwandtschaft hatte, die man zur Feier hätte laden können, bereitete er ihnen doch im Kreise seiner Familie ein denkwürdiges Festmahl mit Reh- und Schwanenbraten, feinstem Gemüse, süßem Obst in dicker Sahne, Kuchen, Honigmet und Wein. Erik war so gerührt von der Freundlichkeit dieses Onkels, der ihn doch eigentlich gar nicht kannte, daß er Mühe hatte, Haltung zu bewahren, und er schwelgte hingebungsvoll in den Köstlichkeiten, die man ihm vorsetzte. In den ganzen eineinhalb Jahren, die er in Helmsby verbracht hatte, hatte er kaum etwas Besseres zu essen bekommen, als die Schweine in ihrem Trog fanden. Um so mehr wußte er diesen Festschmaus zu schätzen. Hyld aß kaum etwas – sie sah keinen Sinn darin, heute viel zu essen, um morgen früh entsprechend viel wieder von sich geben zu müssen –, aber sie erfreute sich an Eriks unbekümmerter Völlerei und wärmte sich in der freundlichen Fürsorglichkeit seiner Verwandten. Wie anders hatte sie sich den Tag ihrer Hochzeit immer vorgestellt. Sie hätte nie geglaubt, daß er irgendwo anders als in Helmsby begangen werden könnte. Sie vermißte ihre Eltern und ihre Brüder schmerzlich bei diesem Fest, aber sie war, erkannte sie verblüfft, eine glückliche Braut. Und sie war stolz, eine verheiratete Frau zu sein. Die Vorstellung, die sie von sich selbst hatte, veränderte sich grundlegend durch diese einfache Tatsache.

»Was denkst du, Hyld of Helmsby«, raunte ihr Bräutigam ihr ins Ohr. »Fragst du dich, welcher Dämon dich geritten hat, einen bettelarmen, dänischen Piraten zu heiraten?«

Sie sah ihn an. Er war nicht mehr ganz nüchtern, ein kleines, dümmliches Lächeln lag auf seinen Lippen, aber sein Blick war ernst. Sie nahm seine Hand und drückte sie an ihr Gesicht. Die Hand roch immer noch nach Gras.

»Nein. Es ist gut so, wie es ist.«

 

Sein Onkel Olaf stattete Erik mit neuer Kleidung und einem beinah kostbaren Mantel aus und schenkte ihm ein gutes, norwegisches Schwert. Erik sträubte sich dagegen, die Geschenke anzunehmen, sie sahen zu sehr nach Almosen aus. Aber Olaf führte ihm vor Augen, daß er als Eriks einziger Verwandter in England nur seine Pflicht tat und daß die neuen Sachen Eriks Reise und die Erfüllung seiner Mission soviel einfacher machen würden.

Unterdessen marschierten Morcar, der neue Earl of Northumbria, und sein mächtiger Bruder, Edwin of Mercia, mit ihren Truppen südwärts, überfielen die Midlands und drangen bis nach Northampton vor. Sie plünderten die Stadt und die Umgebung, stahlen den Bauern das Vieh, verbrannten das Korn und töteten jeden, der Haus und Hof verteidigen wollte, bis Northamptonshire aussah, als seien die Wikinger eingefallen. Damit hatte niemand gerechnet. In heller Panik rief der schwerkranke König die Männer seines Landes zu den Waffen, doch sie versammelten sich nur zögerlich. Die Leute in Wessex, Kent und East Anglia hatten kein großes Interesse an den Querelen im Norden und waren nicht erpicht darauf, für Earl Tostig, den unbeliebtesten der Brüder Godwinson, ihre Haut zu Markte zu tragen. Harold Godwinson schloß sich mit seinen eigenen Truppen dem König und Tostig in Britford an, wo sie sich berieten. Schließlich sandte der König Earl Harold zu Verhandlungen mit den Rebellen nach Oxford.

 

»Hyld, ich wünschte, du würdest hierbleiben.«

»Nein.«

»Aber hier bist du in Sicherheit, und ich …«

»Kommt nicht in Frage.«

»Herrgott noch mal, du bist schwanger. Denk wenigstens an die Sicherheit des Kindes, wenn schon nicht an deine.«

»Tu’ ich. Und ich finde, ich habe ein berechtigtes Interesse, dafür zu sorgen, daß niemand seinem Vater einen Dolch in den Rücken stößt.« Ihr Streit wurde im Flüsterton ausgetragen. Sie saßen an einem rohen Holztisch in der schummrigen Gaststube eines Wirtshauses in Sarum, nur noch wenige Meilen von der königlichen Halle in Britford entfernt. Unweit von York hatte Erik auf einem großen Gehöft zwei Pferde gestohlen, die ihre Rückreise nach Süden schnell und vergleichsweise bequem gemacht hatten. Doch Hyld hatte Todesängste ausgestanden, während er diese Freveltat beging und sie im nahen Wald wartete, und sie hatte sich geschworen, ihn nicht mehr aus den Augen zu lassen, bis diese verfluchte Geschichte ausgestanden war.

Erik seufzte. »Du hättest mir anstandshalber sagen können, daß englische Frauen nicht tun, was ihre Männer sagen, bevor ich dich geheiratet habe.«

»Und du hättest mich anstandshalber heiraten können, bevor du mich geschwängert hast«, erwiderte sie spitz. »Sagen wir, wir sind quitt. Und jetzt laß uns aufbrechen.« Sie stand auf und verließ das Gasthaus, ohne sich nach ihm umzudrehen.

Erik erhob sich eilig, fischte einen seiner letzten Pennies aus dem Beutel, brach ihn an der Sollbruchstelle in zwei Hälften, die eine Hälfte noch einmal mittendurch und warf das Viertel – Farthing genannt – auf den schmuddeligen Tisch. Dann folgte er ihr in den Hof und zum Stall hinüber.

Hyld war schon dabei, ihren sanftmütigen Braunen zu satteln. »Na endlich.«

Erik folgte ihrem Beispiel. »Ich habe kein gutes Gefühl bei dieser Sache, Hyld. Für mich allein wäre es relativ einfach, unbemerkt hineinzugelangen. Jetzt sind so viele Adlige mit ihrem ganzen Gefolge in Britford, daß ein einzelner fremder Mann niemandem auffällt. Aber ein Mädchen?«

»Ich nehme doch an, in der Halle des Königs gibt es Mägde und Köchinnen und so fort?«

»Bestimmt. Aber keine mit einem so guten, kunstvoll bestickten Mantel wie deinem.«

Hyld sah nicht ohne Stolz an ihrem guten Stück hinab. Sie hatte den Wollstoff eigenhändig bestickt. In der ganzen Christenheit und darüber hinaus war englische Stickerei berühmt, und selbst in diesem Land der Meisterinnen wurde Hylds Arbeit allgemein bewundert. Ein Altartuch, das sie mit Goldfäden bestickt und das Guthric als Geschenk für Abt Thurstan mit nach Ely genommen hatte, zierte jetzt die dortige Klosterkirche.

»Nun, ich werde ihn auf keinen Fall zurücklassen. Es muß eben so gehen.«

Erik saß auf. »Na ja. Das wird es wohl auch. Bis wir ankommen, ist es dunkel. Und nachts sind bekanntlich alle Hunde grau.«

»Katzen«, murmelte Hyld und schwang sich in den Sattel.

 

Sie ritten etwa eine Stunde am Ufer des schönen Flusses Avon entlang und stießen schließlich auf die ersten Zelte der Adligen, die mit ihrem Gefolge keinen Platz in der Halle mehr gefunden hatten. Manche Zelte standen mehr oder minder für sich, andere in Gruppen, von Fackelringen umgeben und bewacht. Hyld und Erik umrundeten sie alle im weiten Bogen und kamen ungehindert zum Tor des Palisadenzaunes.

»Wie willst du an den Wachen vorbei?« raunte Hyld.

»Hm.« Erik hielt sein Pferd an. »Du kennst nicht zufällig irgendwen an König Edwards Hof, der mit absoluter Sicherheit zu keinem der politischen Lager gehört?«

»Doch. Meinen Onkel, Athelstan of Helmsby.«

Erik lachte leise. »Der Trunkenbold mit den ewigen Geldnöten? Ich hab von ihm gehört.«

»Er hat beinah sein ganzes Leben in König Edwards Gefolge verbracht. Aber ich glaube, mit Politik hat er nichts im Sinn.«

»Das ist unser Mann.« Erik ritt vor bis ans Tor.

»Wer da?« rief eine junge Soldatenstimme. »Nennt die Losung!«

»Ich kenne sie nicht.« Erik hielt an und wartete, bis der Soldat mit der Fackel nähergetreten war und ihn eingehend begutachten konnte. Dann sagte er: »Ich bin Guthrum Erikson. Ich habe eine Nachricht für Athelstan of Helmsby.«

Der Name rief die übliche Reaktion hervor: der junge Wachsoldat grinste wider Willen. »Dann reite ein, Guthrum Erikson. Aber ich bin nicht sicher, ob du deine Nachricht heute noch an den Mann bringen kannst.«

Hyld und Erik ritten nebeneinander durchs Tor. »Warum?« fragte er. »Weil der fragliche Mann um diese Zeit in der Regel zu betrunken ist, um auch nur ein Wort aufzunehmen, das man zu ihm sagt.« Der Soldat wies auf ein langgezogenes Gebäude, aus dessen spärlichen Fenstern heller Lichtschein drang. »Du findest ihn irgendwo dort drin.«

Erik warf ihm einen Farthing zu. »Danke.«

Hyld wartete, bis sie den dunklen Hof zur Hälfte überquert hatten, ehe sie leise fragte: »Guthrum Erikson?«

»Nun, in Wahrheit ist es umgekehrt, Erik Guthrumson. Aber in diesem Geschäft muß man sich genau überlegen, wem man seinen wirklichen Namen anvertraut.«

»Wie glattzüngig du lügst …«

»Aber ich lüge nie mehr als unbedingt nötig. Komm, da vorn sind ein paar Nebengebäude. Laß uns dahinter verschwinden und überlegen, wie wir weitermachen. Den schwierigsten Schritt haben wir schon hinter uns. Wir sind durchs Tor gekommen, dank Onkel Athelstan.«

»Sei froh, daß du mich mitgenommen hast.«

»Bin ich. Jetzt müssen wir nur noch Tostig Godwinson finden.«

Sie verschwanden im Schatten hinter der Kapelle und saßen ab. Hier war es so finster, daß man die Hand vor Augen kaum sehen konnte. Erik band die Pferde an den unteren Ast einer einsamen Birke, nahm Hylds Arm und führte sie um einen Viehstall herum auf die Halle zu. Diese Halle war kein einräumiges Gebäude mit abgeteilter Schlafkammer wie die in Helmsby, sondern eine königliche Residenz mit einer Vorhalle, einer separaten Küche, Privatgemächern für den König und die Königin und ihre höchsten Gäste. Die Vorhalle war dämmrig; nur ein wenig Licht und leises Stimmengewirr drangen aus dem Hauptraum dahinter.

»Denkst du, Tostig ist in der Halle?« fragte Hyld leise.

»Wer kommt da?« fragte eine junge, barsche Stimme.

Erik fuhr leicht zusammen; er hatte nicht damit gerechnet, die Vorhalle bewacht zu finden. »Ich habe eine Nachricht für Athelstan of Helmsby. Mein Name ist …«

»Ich weiß, wer du bist.« Der Wachsoldat trat aus dem Schatten in den Lichtkegel, der aus der Halle strömte. »Und für wen deine Nachricht auch bestimmt sein mag, er wird sie nicht bekommen.«

Erik starrte ihn wortlos an. Er hatte es einfach nicht für möglich gehalten, daß sein schlimmster Alptraum sich erfüllen könnte.

Hyld machte einen Schritt nach vorn. »Dunstan …« Ihr Bruder wirkte eigentümlich fremd in Lederharnisch und Helm.

Dunstan pfiff leise durch die Zähne, und zwei weitere Männer traten aus der Haupthalle in den Vorraum. Im selben Moment faßte Erik Hyld am Handgelenk und zog sie zur Tür, aber drei kamen aus der Küche, schnitten ihnen instinktiv den Weg ab und packten Erik.

»Was gibt es denn, Dunstan?« fragte einer.

Dunstan trat gemächlich auf Erik zu. Er würdigte seine Schwester keines Blickes. Zu den Gefährten sagte er: »Madulf, bleib hier und übernimm meine Wache, sei so gut.«

»Ja, sicher, Dunstan.«

»Und die anderen kommen mit mir.«

Sie tun willig, was er sagt, dachte Hyld. Er ist ein geborener Anführer. Und sie ertappte sich dabei, daß sie ein bißchen stolz auf ihren Bruder war. Alte Gewohnheiten ließen sich eben doch schlecht ablegen.

»Dunstan …«, sagte sie wieder, und er blickte sie immer noch nicht an. Statt dessen gab er seinen Kameraden einen Wink. »Fesselt ihn. Bringt sie hinüber in die Schmiede. Da ist jetzt todsicher keiner. Und seht euch vor, er ist schlüpfrig wie ein Aal und kräftiger, als er aussieht.« Einer zog eine Lederschnur aus seinem Beutel und band Erik die Hände auf den Rücken. Dann stießen sie ihn hinaus in den mondbeschienenen, menschenleeren Innenhof und weiter zu einer abgelegenen, kleinen Holzbaracke mit einem jetzt kalten Schmiedeofen. Flankiert von zwei Wachen folgte Hyld ihnen, und sie hatte das eigentümliche Gefühl, daß ihre Füße den Boden nicht berührten.

Einer brachte eine Fackel mit und steckte sie in eine Halterung an der rohen Holzwand der kleinen Schmiede. Ein anderer zog die Tür zu. Dunstan stand neben der Feuerstelle und starrte Erik unverwandt an. »Ich habe jeden Tag gebetet, daß wir uns wiedersehen.«

Erik verzog spöttisch den Mund und entgegnete nichts.

»Nehmt ihm das Schwert ab, verflucht, wo habt ihr eure Gedanken!« knurrte Dunstan.

Seine Gefährten beeilten sich, Eriks Schwertgürtel zu lösen.

»Um Himmels willen, Dunstan, willst du mich nicht einmal ansehen?« fragte Hyld leise.

Ohne ihre Bitte zu erfüllen fuhr er herum und schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Damit hatte Hyld nicht gerechnet. Blinzelnd taumelte sie zur Seite und schlug hart auf den Boden.

Erik machte eine Bewegung in ihre Richtung, aber sofort packten ihn zwei der jungen Soldaten und hielten ihn zurück.

Dunstan beobachtete ihn mit einem mokanten Lächeln. »Dieser Mann ist ein entflohener Sklave meines Vaters«, klärte er seine Kameraden auf. »Und darüber hinaus offenbar ein Spion. Für wen, werden wir schon noch herausfinden.«

Erik ließ ihn nicht aus den Augen. »Wieso bist du nicht an der Seite deines Herrn bei den Verhandlungen in Oxford, Dunstan?«

Dunstans Miene verdüsterte sich für einen Augenblick. Er antwortete nicht, aber Erik schloß, daß Harold Godwinson ihm nicht die Beachtung geschenkt hatte, die Dunstan für angemessen hielt.

»Ist Vater mit ihm gegangen?« fragte Hyld.

Dunstan tat, als habe er sie nicht gehört. Er trat auf Erik zu und holte seinen Dolch aus der Scheide am Gürtel. »Ich hätte dich gleich am ersten Tag töten sollen, nachdem wir dich geschnappt haben.«

»Nun, du hast dich redlich bemüht«, sagte Erik tröstend. »Mehr kann man von niemandem verlangen.«

»Du hast recht. Und heute werde ich meine Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen.«

Hyld öffnete den Mund, aber sie brachte keinen Ton heraus.

»Soll das Mädchen zusehen, Dunstan?« fragte einer der jungen Soldaten mit verhohlenem Vorwurf.

Er schüttelte den Kopf. »Das hier kann so lange dauern, sie würde sich zu Tode langweilen. Schaff seine Hure hinaus.«

»Sie ist meine Frau«, erklärte Erik mit Nachdruck, und Dunstan stieß ihm das Knie in den Unterleib.

»Wenn das wahr ist, wird es heute nacht eine Witwe mehr in England geben.«

Erik lag zusammengekrümmt am Boden. Er konnte nicht antworten. Hyld machte einen Schritt auf ihn zu, aber einer der Wachsoldaten nahm ihren Arm – beinah sanft – und brachte sie zur Tür. Über die Schulter sah sie noch einmal zu Erik, und ihre Blicke trafen sich. Dann schob ihr Bewacher sie in die Dunkelheit hinaus. Hyld stolperte, stützte sich einen Moment an der Bretterwand ab und atmete tief durch. Sie mußte nachdenken. Schnell. Drinnen fiel ein dumpfer Schlag.

Der Soldat nahm wieder ihren Arm. »Komm hier weg. Besser so, glaub mir.« Er führte sie Richtung Halle zurück. »Ich bring’ dich erst mal in die Küche. Wir werden sehen, ob wir nicht einen Becher Wein für dich finden.« Er sprach zu ihr, als sei sie ein verstörtes Kind.

Hyld schüttelte den Kopf und blieb stehen. »Nein, bitte … Ich möchte in die Kapelle. Ich will Gott bitten, daß er Dunstan zur Besinnung bringt.«

»Da sehe ich schwarz. Aber wenn du möchtest, bringe ich dich selbstverständlich zur Kapelle.«

»Ich finde sie schon allein.«

»Bestimmt. Aber ich denke, ich sollte dich lieber nicht aus den Augen lassen. Woher kennst du Dunstan überhaupt, hm?«

»Er … Ich bin seine Schwester. Oder zumindest war ich das einmal.«

Ihr junger Bewacher blieb stehen. »Also du bist Hyld of Helmsby? Ich hab’s mir beinah schon gedacht. Paß bloß auf, daß du deinem Vater nicht über den Weg läufst.«

Hyld wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und schluckte. »Ist er hier?«

»Nein. Er hat den Earl of Wessex nach Oxford begleitet. Aber sie können jederzeit zurückkommen.«

»Ich wünschte, er wäre hier«, sagte sie leise. »Ich weiß, er würde mir helfen.«

»Du irrst dich. Er hat beinah den Verstand verloren, als dein Bruder Guthric ihm erzählt hat, was du getan hast. Dann hat er Guthric windelweich geprügelt, weil er dich hat gehen lassen, und als die Mönche dazwischengingen, hat er einem von ihnen auch eins verpaßt, und jetzt hat er eine sehr unangenehme Klage am Hals.«

»Oh, Guthric …« Hyld biß die Zähne zusammen und atmete tief durch. Sie konnte es sich jetzt einfach nicht leisten, die Beherrschung zu verlieren, mit ihrem Kummer mußte sie sich später befassen. »Woher … woher weißt du das alles?«

»Mein Vater hat’s mir erzählt. Athelstan of Helmsby.«

»Onkel Athelstan? Dann bist du mein Vetter? Wie heißt du?«

»Alfred. Aber ich bin nicht dein Vetter. Er ist nicht dein Onkel. Du hast keine Familie mehr, Hyld. Du bist wirklich ein ganz armes Schwein. Ich möchte ehrlich nicht mit dir tauschen.«

Hyld stand reglos vor ihm und ließ den Kopf hängen. Dann trat sie so unvermittelt zu, daß er nicht ausweichen konnte. Alfred riß die Hände vor den Schritt und brach jaulend zusammen.

Hyld sah noch einen Moment auf ihn hinab. »Ich finde, du bist auch nicht gerade zu beneiden, Vetter Alfred.«

Dann machte sie kehrt und rannte zur Halle. Der Wachsoldat, den Dunstan im Vorraum zurückgelassen hatte, erkannte sie nicht wieder; er hatte vorhin nur Augen für Erik und Dunstan gehabt. Hyld stürmte an ihm vorbei in die von zahllosen Fackeln und Kerzen erhellte Halle. Nur aus dem Augenwinkel nahm sie die prunkvollen Wandbehänge und schneeweißen Tischtücher, die feinen Kleider der Männer und Frauen wahr. Sie ließ den Blick die langen Tische entlang über ihre Gesichter wandern, aber sie entdeckte niemanden, der Harold Godwinson auch nur entfernt ähnlich sah, und ihr Onkel schien ebenfalls nicht hier zu sein. Verzweifelt hielt sie einen jungen Pagen an, der einen Weinkrug hereinbrachte. »Earl Tostig? Wo finde ich ihn?«

»Ich nehme an, in seinem Gemach.«

»Bring mich hin.«

»Aber …«

Hyld nahm mit der Linken seinen Arm, zückte mit der Rechten ihren Dolch und bohrte ihm die Spitze unauffällig in die Nierengegend. Es hatte einmal geklappt, es würde wieder funktionieren. »Bring mich hin, oder ich stech’ dich hier und jetzt ab, ich schwör’s«, zischte sie. Der Page hatte keine Mühe, ihr zu glauben. Mitsamt seinem Krug führte er sie auf die gegenüberliegende Stirnseite der Halle, durch eine Tür, eine hölzerne Treppe hinauf und in einen dämmrigen Korridor bis zu einer Tür ganz hinten. »Da drin. Warte, bis ich verschwunden bin, ehe du anklopfst, ich will keinen Ärger.«

Hyld nickte knapp. »Dann scher dich weg.«

Das ließ der Junge sich nicht zweimal sagen. Hyld ließ ihm soviel Zeit, wie sie brauchte, um einmal tief durchzuatmen, dann zog sie den Riegel zurück, stieß die Tür auf und trat ein.

Tostig Godwinson stand mit einem Becher in der Hand am Fenster. Er wandte sich stirnrunzelnd um. »Was fällt dir ein? Was willst du?«

Hyld vollführte ihren elegantesten Knicks, zum erstenmal in ihrem Leben dankbar, daß ihre Mutter immer so großen Wert auf feine Manieren gelegt hatte. »Mein Name ist Hyld of Helmsby, Mylord.«

Tostig runzelte die Stirn. »Helmsby? Harolds neuer Wachhund in Norfolk, oder irre ich mich?«

»Das mag sein, ich weiß es nicht. Bitte, hört mich an, Mylord. Euer Bruder hat Euch verraten. Schon vor drei Monaten hat er meinem Vater anvertraut, daß er Euren Sturz in Kauf nehmen werde, wenn er damit einen Bürgerkrieg vermeiden könne.«

Tostigs Gesicht verfärbte sich, nahm einen bedenklich dunklen Rotton an. Er machte einen langen Schritt auf sie zu und krallte die Hand um ihren Arm. »Was redest du da? Woher willst du das wissen?«

»Ich war dabei, als mein Vater es wiederholte.«

Er ließ sie los, stieß sie beinah weg. »Wieso sollte ich dir glauben?« »Weil es die Wahrheit ist. Ich … ich gehöre nicht mehr zum Haus meines Vaters, weil ich einen Mann geheiratet habe, der im Dienst des Königs von Norwegen steht. Er ist hier mit einer Botschaft seines Königs an Euch, aber mein Bruder Dunstan hat ihn abgefangen und … und ist dabei, ihn umzubringen. Helft ihm, Mylord. Ich bitte Euch. Helft ihm und helft Euch selbst. Euer Bruder hat euch fallenlassen, aber König Harald Hårderåde bietet Euch Unterstützung.«

Tostig antwortete nicht sofort. Er betrachtete sie eingehend, erkannte ihren leicht gewölbten Bauch und wie jung sie noch war. »Weißt du, daß es Hochverrat ist, was du da redest?«

»O ja, Mylord. Ich weiß. Aber wenn man selbst verraten und verkauft ist, kann man nicht zimperlich bei der Wahl seiner Mittel sein. Das gilt für mich ebenso wie für Euch.«

Tostig lächelte freudlos. Das Lächeln verlieh seinem hageren Gesicht das Aussehen eines hungrigen Wolfs. Hyld war noch nie einem Mann begegnet, der ihr ein so starkes, intuitives Mißtrauen einflößte, und sie wußte, es konnte nichts Gutes dabei herauskommen, wenn sich ihr und Eriks Schicksal mit dem seinen verknüpfte. Aber es war wie sie gesagt hatte: Im Augenblick konnte sie nicht wählerisch sein.

Tostig legte sein Schwert um und öffnete die Tür. »Dann wollen wir uns deinen Boten einmal anschauen. Ob ihr mir eine Falle stellt, werde ich wissen, wenn ich ihn sehe.«

Hyld antwortete nicht. So schnell ihre Füße sie trugen führte sie ihn aus der Halle hinaus und über den dunklen Innenhof zur Schmiede. Vor der Tür verstellte ihnen eine schattenhafte Gestalt den Weg.

»Wer da?«

»Tritt beiseite«, knurrte Tostig.

»Mylord!« rief Alfred erschrocken aus. »Wir haben diese Frau festgenommen, und sie ist mir entwischt. Sie …« Tostig verpaßte ihm einen wahren Hammerschlag an die Schläfe, und Alfred ging zum zweitenmal an diesem Abend zu Boden. Tostig trat achtlos über ihn hinweg und stieß die Tür der Schmiede auf, die blanke Klinge in der Rechten. »Niemand rührt sich!«

Hyld schlüpfte hinter ihm über die Schwelle, und als sie die Szene im Raum im schwachen Licht des Feuers erkannte, zog sie scharf die Luft ein. »Erik!«

Erik stand mit dem Schwert in der einen, einem Dolch in der anderen Hand in der Raummitte, den Kopf wegen der niedrigen Decke leicht eingezogen. Die drei Wachen lagen reglos am Boden, zwei schienen nur bewußtlos, der dritte hatte die Augen weit aufgerissen, und auf der Brust seines Gewandes hatte sich ein bräunlich roter Fleck gebildet. Dunstan stand mit leeren Händen und war bis zur Wand zurückgewichen. Er blutete über dem linken Auge, und seine Miene war so fassungslos, daß es beinah komisch wirkte.

Tostig stellte sich zwischen die beiden Kontrahenten und fragte Dunstan: »Du hast eine Botschaft für mich, sagt deine Frau?«

»Nein, das bin ich«, antwortete Erik hinter ihm. »Wenn Ihr Tostig Godwinson seid.«

Tostig fuhr stirnrunzelnd zu ihm herum. »Tatsächlich? Aber sie sagte, ihr Bruder sei im Begriff, dich umzubringen.«

»Ihr Bruder und ich haben die Rollen getauscht.«

Tostig zeigte wieder sein Wolfslächeln und trat beiseite. »Dann bring zu Ende, wobei ich dich unterbrochen habe, damit ich meine Botschaft zu hören bekomme. Ich bin Tostig Godwinson.«

Erik nickte Dunstan zu. »Also, wie ich sagte. Du hast Zeit für ein Paternoster, wenn du zügig betest.«

Hyld trat zu ihm und legte die Hand auf seinen rechten Unterarm. »Tu’s nicht, Erik«, bat sie leise.

»Ich will nicht, daß du für mich bittest, Hure«, knurrte Dunstan.

»Niemanden hier kümmert, was du willst«, fauchte sie und wandte sich wieder an ihren Mann. Seine bleigrauen Augen funkelten vor Haß. Gesicht und Hände waren blutverschmiert, und auf einmal sah er tatsächlich so aus, wie sie sich einen mordgierigen Wikinger immer vorgestellt hatte. Aber vermutlich ist das meiste sein eigenes Blut, rief sie sich ins Gedächtnis. Dunstan war das Ungeheuer, nicht er.

»Bitte, Erik. Ich weiß, wie gut deine Gründe sind, aber er ist und bleibt mein Bruder.«

»Lieber bin ich tot als dein Bruder«, versetzte Dunstan verächtlich. Hyld schüttelte den Kopf. »Halt den Mund, Dunstan. Also, Erik, was sagst du?«

Er sah sie an und atmete tief durch. »Das ist wirklich … sehr viel verlangt, Hyld.«

»Ja, ich weiß.«

»Und wenn ich ihn leben lasse, werden wir nicht weit kommen.«

»Earl Tostig wird uns schützen.« Sie sah zu ihm hinüber. »Nicht wahr, Mylord? Das werdet Ihr doch?«

»Wenn ich nicht bald meine Botschaft zu hören bekomme, werde ich zu Bett gehen und euch alle drei eurem Schicksal überlassen«, knurrte er. »Aber wenn sie soviel wert ist, wie du sagst, sollt ihr unter meinem Schutz stehen, ja.«

»Siehst du«, sagte Hyld eindringlich zu Erik. »Wir haben nichts zu befürchten.«

Erik zögerte noch einen langen Moment. Aber nur, um den Schein zu wahren. Er wußte, er würde es nicht fertigbringen, es in ihrem Beisein zu tun. Also warf er Dunstan sein Schwert vor die Füße, wandte sich ohne ein Wort ab und nahm sein eigenes, das mitsamt Scheide und Gürtel neben der Esse an der Wand lehnte. Dann öffnete er die Tür und machte eine höfliche Geste in Tostigs Richtung. »Nach Euch, Mylord.«

Tostig stapfte hinaus, und Erik folgte ihm. Hyld legte die Hand auf den Türriegel und zögerte noch einen Moment. Sie sammelte ihren Mut und sah ihren Bruder an. »Leb wohl, Dunstan. Ich glaube nicht, daß wir uns in dieser Welt wiedersehen. Gott schütze dich.«

Das zweite Königreich
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