Rouen, Juni 1077

Aus möglichst großer Entfernung beobachtete Cædmon, wie Rufus und Henry den König, die Königin und ihren älteren Bruder Robert begrüßten. Auch das mitgereiste Gefolge drängte in die Halle, alte Freunde und Brüder begrüßten einander nach Monaten oder gar Jahren der Trennung, es war ein ganz und gar unnormannisches Durcheinander. Vergeblich suchte Cædmon an der unteren linken Tafel nach Wulfnoths Gesicht.

Als das allgemeine Gedränge sich zu lichten drohte, ging er nach vorn an die hohe Tafel, um das Unvermeidliche hinter sich zu bringen, und kniete vor dem König nieder, der in eine Unterhaltung mit seinem Ältesten vertieft war.

»Mein König.«

William ignorierte ihn völlig, ließ ihn eine geraume Zeit schmoren, ehe er vorgab, ihn zufällig zu entdecken.

»Ah. Cædmon of Helmsby. Erhebt Euch, Thane. Willkommen in Rouen.«

Erleichtert stand Cædmon auf. »Danke, Sire.« Er verneigte sich vor der Königin. Matilda bedachte ihn mit einem eisigen Blick und deutete ein Nicken an.

Cædmon rieb sich das Kinn an der Schulter und wandte sich wieder an den König. Ihre Blicke trafen sich. William erkannte sein Unbehagen und seine Nervosität, und die schwarzen Augen funkelten boshaft. »Ihr erinnert Euch an meinen Sohn?«

Cædmon verneigte sich wiederum, dieses Mal vor dem Prinzen. »Robert.«

Der junge Mann schien die angespannte Atmosphäre überhaupt nicht wahrzunehmen und schenkte Cædmon ein unkompliziertes, aufrichtiges Lächeln. »Cædmon. Wie schön, Euch wiederzusehen, Monseigneur.«

Cædmon wunderte sich flüchtig über die förmliche Anrede. Sie waren nicht sehr lange gemeinsam durch Jehan de Bellêmes harte Schule gegangen, aber doch lange genug, um Schweiß und Blut und Tränen zusammen vergossen zu haben, und das machte Förmlichkeiten ein wenig lächerlich. All seine Freunde aus jener Zeit haßten ihn heute, aber sollten sie je wieder mit ihm reden, würde sicher keiner auf die Idee kommen, »Monseigneur« zu ihm zu sagen.

Doch er antwortete ebenso förmlich: »Ich danke Euch, Monseigneur.« William entließ ihn mit einem nachlässigen Wink der eher beleidigenden Sorte. »Ich erwarte, daß Ihr Euch zu meiner Verfügung haltet, Thane. Das bedeutet, Ihr verlaßt diese Burg nicht ohne meinen ausdrücklichen Befehl.«

Cædmon biß die Zähne zusammen, nickte und wandte sich ab. Er ging gemessenen Schrittes, hatte Zeit zu sehen, daß Eadwig und Rufus sich angeregt mit Edgar Ætheling, dem angelsächsischen Prinzen, unterhielten, und daß Henry ein wenig verloren, doch mit stoischer Miene zwischen dem Bischof von Avranches und seiner Cousine Judith saß. Als er die Halle hinter sich ließ, atmete Cædmon erleichtert auf und wandte sich zur Treppe, aber er mußte nicht bis in den dritten Stock hinaufsteigen, um den Mann zu finden, den er suchte.

Wulfnoth Godwinson wartete in der Vorhalle auf ihn. Sie sahen sich einen Moment in die Augen, umarmten sich herzlich, und dann führte Wulfnoth ihn die Treppen hinauf zu seinem Quartier, öffnete die Tür und hieß ihn mit einer Geste eintreten, ehe sie auch nur ein Wort gesprochen hatten.

Nachdem er die Tür zugezogen hatte, wies Wulfnoth auf den Tisch. »Du siehst, wir werden weder verhungern noch verdursten.«

Cædmon setzte sich, zückte sein Messer und schnitt sich ein Stück von dem reifen, saftigen Käse ab, während er mit der anderen Hand nach dem Krug griff und Wein einschenkte. Das Wunderbare an einem Wiedersehen mit Wulfnoth war, daß es immer so vonstatten ging, als hätten sie sich gestern erst getrennt.

Wulfnoth nahm ihm gegenüber Platz, bediente sich ebenfalls von dem Käse und brach ein Stück Brot ab. »Ich habe dir doch immer gesagt, sie liebt dich«, bemerkte er zwischen zwei Bissen.

»Das hast du«, stimmte Cædmon zu. »Und was ist aus der geheimnisvollen verheirateten Dame geworden, für die du den Kopf zu riskieren pflegtest? Ich weiß noch, daß ich dich sehr dafür bewundert habe. Vermutlich ist all dies nur passiert, weil ich dir nacheifern wollte.«

Wulfnoth lächelte flüchtig. »Wobei zu bedenken ist, daß ich nie so viel zu verlieren hatte wie du. Meine geheimnisvolle Dame ist genau wie deine kurz nach der Eroberung ihrem Gemahl nach England gefolgt. Inzwischen hat sie mich sicher längst vergessen. So wie ich sie. Du siehst, es war keine so unsterbliche Liebe wie deine.«

Cædmon nickte versonnen, ehe er ohne Verlegenheit das Thema wechselte. »Ich habe gesehen, daß Prinz Edgar hier ist. Ich meinte gehört zu haben, er sei geflohen und zu seinem Schwager, dem König von Schottland, gegangen.«

»Nun ja«, sagte Wulfnoth mit vollem Mund, kaute und schluckte. »Ich erzähle dir sicher nichts Neues, wenn ich sage, daß es verschiedene Kategorien von Geiseln gibt. Zum einen gibt es die unnützen, vergessenen Geiseln. Dazu zähle ich. Dann gibt es die, die in Wahrheit politische Gefangene sind, dazu gehört der arme Morcar.«

»Wo ist er eigentlich?« unterbrach Cædmon.

Wulfnoth schüttelte den Kopf. »Nicht mehr in Rouen. Der König hat ihn Roger de Beaumont übergeben, der ihn auf einer seiner Burgen gefangenhält. Ich möchte wahrlich nicht mit Morcar tauschen. Und dann gibt es die mächtigen Geiseln mit politischem Einfluß. Dazu gehört Edgar Ætheling. Er zählt zu Prinz Roberts engsten Vertrauten und kommt und geht, wie es ihm beliebt. Ein wirklich weitgereister junger Mann, glaub mir. Mal in Flandern, mal in Schottland, mal in Paris.« »Bei König Philip?« fragte Cædmon ungläubig. »Du meinst, er paktiert mit Williams Feinden? Wie kann er dann Roberts Freund sein?«

»Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, daß er paktiert. Vielleicht tut er es, ich bin nicht sicher. Aber wenn Robert ihn gewähren läßt, dann sicher mit dem Einverständnis seines Vaters. Edgar ist ein schwacher Charakter. Er wechselt ständig die Seiten, auf ihn ist kein Verlaß. Du weißt es, ich weiß es, William weiß es und seine Feinde ebenso. Niemand käme im Traum darauf, Edgar noch zu trauen, darum ist er harmlos.« »Niemand außer Robert, wie es scheint«, gab Cædmon zu bedenken. »Und schwacher Charakter hin oder her, Edgar ist ein angelsächsischer Prinz. Ich könnte mir vorstellen, daß er schon aufgrund dieser Tatsache ein wertvolles Pfand für Williams Feinde darstellt.«

Wulfnoth betrachtete ihn lächelnd. »Dafür, wie schauderhaft der König dich behandelt hat, liegen seine Interessen dir bemerkenswert am Herzen.«

Cædmon winkte seufzend ab. »Hast du eigentlich je daran gedacht, ihn mal zu fragen, ob er dich nicht endlich nach Hause lassen will?«

Wulfnoth nickte. »Letzte Woche noch. Und stell dir nur vor, Cædmon, er hat nein gesagt.«

Cædmon starrte trübsinnig auf die Tischkante. Manche Dinge, so schien es, änderten sich einfach nie.

»Erzähl mir von dir, Cædmon. Niemand sagt mir besonders viel, aber ich habe mit Odo gesprochen, als er hier war. Du hast ein schlimmes Jahr hinter dir.«

Cædmon sah nicht auf. »Ja.«

Es war eine Weile still, während Wulfnoth geduldig wartete. Cædmon bohrte die Spitze seines Messers in das Käseeckchen, das vor ihm auf dem Tisch lag, und zerschnitt es in zwei Hälften. Die Hälften teilte er wieder. Als die Krümel so klein waren, daß sie sich nicht weiter zerschneiden ließen, nahm er sich ein Stück Brotrinde vor. Schließlich fing er an zu erzählen.

Als er geendet hatte, drehte Wulfnoth seinen Becher zwischen den Händen und blickte hinein, als vermute er an dessen Grund die Antworten auf alle Rätsel der Welt. »Und was jetzt?« fragte er endlich. Cædmon zuckte mit den Schultern. »Im Grunde hat sich nicht viel geändert. William verfügt über mich, wie er es immer schon getan hat. Nur hat er jetzt gewiß nicht mehr die Absicht, mich zum Sheriff von Norfolk zu ernennen, und darüber bin ich froh. Ich war nie besonders wild darauf, in seinem Namen die ewig steigenden Steuern einzutreiben oder kleine und große Übeltäter zu verstümmeln. Und er ist noch ein bißchen schroffer als früher, aber das erschüttert mich auch nicht. Ich weiß nicht, wozu er mich hierhergeholt hat, aber offen gestanden ist es mir auch egal. Offen gestanden sind mir die meisten Dinge ziemlich egal geworden. Mein Leben ist ein Trümmerhaufen. Weißt du, letztes Jahr um diese Zeit habe ich geglaubt, ich hätte alles verloren, was von Bedeutung war. Erst Richard, dann Aliesa und Etienne, meine Freiheit und mein Ansehen. Inzwischen weiß ich, daß das nicht stimmt. Ich habe meine Geschwister, die mir alle auf ihre Weise geholfen haben. Sogar Guthric ist zu mir nach Dover gekommen, um mir Mut zuzusprechen, obwohl er mein Verhältnis mit Aliesa mißbilligte und obwohl Lanfranc es nicht gern sah. Ich habe zwei Söhne. Ich habe trotz allem noch ein paar Freunde. Ich habe sogar noch mein Land. Nein, ich kann mich im Grunde wirklich nicht beklagen …«

»… aber ohne sie ist alles einen Dreck wert«, beendete Wulfnoth den Satz für ihn.

Cædmon hob leicht die Schultern und nickte mit einem verschämten, kleinen Lächeln, stand auf, trat ans Fenster und sah in den Hof hinunter. »Wo ist Jehan überhaupt? Ich habe ihn noch nicht gesehen.«

»Krank«, antwortete Wulfnoth knapp.

Cædmon wandte sich zu ihm um.

»Der Schlag hat ihn getroffen«, erklärte sein Freund. »Er ist gelähmt und kann kaum noch sprechen. Ich besuche ihn jeden Tag. Er wartet darauf, daß er stirbt. Und wie immer hat er wenig Geduld.«

 

Das Leben in Rouen war durchaus nicht unangenehm. Cædmon war in gewisser Weise froh, aus England fort zu sein. Auch wenn vermutlich jeder am Hof in Rouen wußte, was er verbrochen hatte, waren die meisten hier doch Fremde für ihn, und ihm war gleich, was sie dachten oder hinter seinem Rücken tuschelten. Er verbrachte seine Zeit mit Rufus, Eadwig und Henry oder mit Wulfnoth und wartete ohne große Neugier darauf, daß der König ihn wissen ließ, wozu er ihn hergeholt hatte.

»Darf ich mich einen Moment zu Euch setzen, Thane?« erkundigte sich eine junge Stimme höflich auf englisch.

Cædmon sah auf und biß sich auf die Zunge, um nicht zu antworten: Nein, lieber nicht. Vor ihm stand der letzte angelsächsische Prinz, der zu groß und athletisch geworden war, um ihn noch den »kleinen« Edgar zu nennen, aber mit Anfang Zwanzig immer noch eine kindlich anmutende Unbekümmertheit ausstrahlte, eine gänzlich irreführende Unschuld, als ob er kein Wässerchen trüben könnte. Cædmon verbarg seinen Argwohn hinter einem höflichen Lächeln. »Es wäre mir eine Ehre, Mylord. Ich muß Euch allerdings warnen. Ich stehe derzeit nicht besonders hoch in Williams Gunst, und diese Krankheit kann ausgesprochen ansteckend sein. Unter Umständen reicht es schon, sich zu mir zu setzen, um sie sich einzufangen.«

Edgar Ætheling ließ sich unerschrocken neben ihm nieder. »Die Prinzen Rufus und Henry und ihre Ritter lassen sich davon nicht abschrecken«, bemerkte er. »Für einen Mann in Ungnade seid Ihr bemerkenswert selten allein.«

»Rufus und Henry und ihre Ritter sind aus Gründen, die zu erklären viel zu lange dauern würde, gegen meine Krankheit gefeit. Aber Ihr?« Der Prinz winkte ab. »Um Euch die Wahrheit zu sagen, ich pfeife auf Williams Gunst, Thane.«

»Tatsächlich?«

»Hm. Ich besitze Roberts. Und glaubt mir, die ist hier in der Normandie hundertmal mehr wert.«

Cædmon sah ihn stirnrunzelnd an. »Wenn Ihr Euch da nur nicht täuscht. Sicher, Robert beherrscht die Normandie. Aber William beherrscht Robert.«

»Fragt sich nur, wie lange noch«, raunte Edgar. »Robert hat viele mächtige Freunde in der Normandie und unter seinen Nachbarn. In Flandern, im Anjou, in der Bretagne, sogar bis hinunter nach Aquitanien.« »Und in Paris?« erkundigte sich Cædmon und sah ihm in die Augen. Edgar hob langsam die Schultern. »Das ist schwer zu sagen. Jedenfalls hat er sie hier. Williams Vertraute werden alt und sterben oder sind mit ihm nach England gegangen. Ihre Söhne herrschen hier jetzt über Ländereien und Burgen, und sie sind Roberts Freunde. Männer in unserem Alter, Thane. Junge Männer mit Visionen, die an die Zukunft denken. An die Zukunft der Normandie und Englands. Versteht Ihr, was ich sagen will?«

»Ehrlich gesagt, nein.«

Der englische Prinz verdrehte ungeduldig die Augen und senkte die Stimme. »Es wird Zeit, daß der König Robert von der Leine läßt. Ihm die Normandie überträgt, alleinverantwortlich.«

Cædmon lachte leise. »Ihr meint, William solle Robert zum Herzog der Normandie machen? Eher friert die Hölle ein, mein Prinz.«

»Wenn er es nicht freiwillig tut, muß man ihn eben zwingen«, erwiderte der Prinz mit mühsam unterdrückter Heftigkeit.

Cædmon hob seinen Becher an die Lippen und trank. Dann stellte er ihn versonnen zurück auf das Tischtuch und sagte: »Ich glaube, es wäre besser, Ihr sprächet nicht weiter, Mylord. Es hört sich zu sehr nach Hochverrat an. Und auch wenn es zwischen dem König und mir derzeit nicht zum besten steht, bin ich dafür nicht zu haben.«

»Was ist verräterisch daran, daß ein Sohn seinem Vater gegenüber einen berechtigten Anspruch anmeldet?« fragte Edgar ungerührt.

»Den Anspruch hat Robert erst an dem Tag, da sein Vater aus dieser Welt scheidet.«

»Aber wieso? Selbst der mächtige William kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein. Er hat es oft genug versucht, aber sobald er hier ist, rebellieren seine englischen Adligen, ist er dort, gibt es hier Unruhe. Es wäre nur vernünftig, die beiden Machtbereiche zu trennen.«

Cædmon nickte unverbindlich. Er hatte lange genug unter Normannen gelebt, um mit einem Nicken Ablehnung ausdrücken zu können. »Und warum sagt Ihr mir all dies, Mylord? Mein ohnehin seit jeher geringer Einfluß auf den König hat seinen absoluten Tiefstand erreicht. Wozu wollt Ihr mich also überzeugen?«

Edgar grinste ebenso verschwörerisch wie entwaffnend. »Euer Einfluß auf ihn war und ist nicht so gering, wie Ihr Euch und andere glauben machen wollt. Er war beispielsweise groß genug, um mein Leben zu retten. Denkt nicht, ich wüßte nicht, was ich Euch verdanke, Thane.«

Cædmon kam die Frage in den Sinn, ob er England damit einen so großen Gefallen getan hatte. »Ihr irrt Euch. Das war allein seine Entscheidung. Er hat durchaus ein Gewissen, auch wenn man es nicht immer merkt. Er hat Euch geschont, weil Ihr ein schutzloses Kind wart. Seinem christlichen Mitgefühl verdankt Ihr Euer Leben, und darum solltet Ihr wirklich keine Ränke gegen ihn schmieden.«

Der Prinz fuhr nicht entrüstet auf. Er winkte nur ungeduldig ab. »Es ist bewundernswert, wie Ihr zu ihm steht. Aber es wird Zeit, daß Ihr anfangt, darüber nachzudenken, was es Euch letztlich eingebracht hat. Land? Nun, das könnte Robert Euch hier auch geben, wenn die Normandie ihm gehörte. Und er könnte eine gewisse Dame aus einem gewissen Kloster holen. Niemand in England könnte ihn hindern. Niemand dort bräuchte es überhaupt je zu erfahren.«

Cædmon saß vollkommen reglos und starrte in seinen Becher. Es war lange still. Schließlich fragte er leise: »Und was ist es, das Robert dafür will?«

Edgar Ætheling lächelte zufrieden. »Geld, natürlich. Das ist es, was er zur Verfolgung seiner Absichten am dringendsten benötigt.«

Cædmon glaubte eher, daß Geld letztlich das eigentliche Ziel dieser Absichten war. Sowohl Lanfranc als auch Bischof Odo hatten Cædmon im Vertrauen gestanden, daß sie sich um Roberts Verschwendungssucht sorgten. Der Prinz liebte Pracht und Pomp wie jeder Mann seiner Familie, aber anders als sein Vater und seine Onkel verstand er es nicht, Geld in dem Maße einzunehmen, wie er es ausgab, und seine impulsive, oft übertriebene Freigebigkeit seinen Günstlingen gegenüber war berüchtigt.

»Ich trage etwa ein Pfund und sieben Schilling in Silbergeld in meinem Beutel, Mylord. Ich glaube kaum, daß Prinz Robert damit weit käme.« Edgar fegte das beiseite. »Aber Euch gehört halb Norfolk, sagt man.« »Man übertreibt. Außerdem baue ich eine Kirche, wenn ich nicht gerade eingesperrt bin, und die hat alles verschlungen, was ich in den letzten Jahren verdient habe.«

Der englische Prinz sah ihm in die Augen und erklärte eindringlich: »Ich weiß, daß Ihr gute Beziehungen zu den Juden von Winchester unterhaltet. Ihr könntet die nächste Ernte beleihen, und das Geld könnte in wenigen Tagen hier sein. Die nötigen Botengänge werde ich gern für Euch übernehmen. Ohne daß der König etwas davon bemerkt. Denkt darüber nach.«

»Das werde ich.«

Edgar stützte die Hände auf den Tisch, als wolle er sich erheben, und dann fiel ihm noch etwas ein. »Ach, eines noch, Thane …«

»Ja?«

»Ich hätte gern Euer Wort darauf, daß diese Unterredung unter uns bleibt.«

Cædmon hätte ihm sein Wort ohne zu zögern gegeben, hätte keine so unmißverständliche Drohung in der Stimme des Prinzen gelegen. Er zögerte unwillig, und Edgar erhob sich ohne Eile und beugte sich lächelnd zu ihm hinab. »Ich würde den König nur höchst ungern davon in Kenntnis setzen, was Rufus und Euer Bruder miteinander treiben, wenn sie sich unbeobachtet glauben. Ich bin sicher, William wäre zutiefst erzürnt. Er setzt so große Hoffnungen auf Rufus, seit Richard tot ist, nicht wahr? Seine Enttäuschung wäre sicher bitter.«

Cædmon wandte abrupt den Kopf ab, und Edgar beugte sich noch näher heran und flüsterte ihm ins Ohr: »Was, denkt Ihr, würde William Eadwig wohl abhacken lassen, um ihn angemessen zu bestrafen?«

Cædmon stand auf und sah dem Prinzen in die Augen. »Ihr habt mein Wort, Mylord. Aber täuscht Euch nicht. Mein Bruder trägt allein die Verantwortung für das, was er tut. Glaubt lieber nicht, Ihr könntet mich mit dem, was Ihr zu wissen glaubt, erpressen.«

Der englische Prinz schüttelte in gespielter Entrüstung den Kopf. »Aber ganz gewiß nicht, Thane.« Er lachte leise, zwinkerte Cædmon vertraulich zu und schlenderte davon.

 

Cædmon hatte nicht die Absicht gehabt, den kranken Jehan de Bellême zu besuchen. Siechtum flößte ihm Unbehagen ein. Außerdem war Abscheu immer noch die überwiegende Empfindung, wenn er an seinen einstigen Lehrer dachte. Er wußte, daß er allein Jehan die Heilung seines lahmen Beins verdankte. Und die Künste, die Techniken und die üblen Tricks, die der alte Haudegen ihm beigebracht hatte, hatten sich oft als nützlich erwiesen, ihm vermutlich das ein oder andere Mal das Leben gerettet. Doch man mußte die Dinge nur schwarz genug sehen, um zu der Frage zu gelangen, ob ihm nicht allerhand erspart geblieben wäre, wenn er ein Krüppel geblieben oder bei der Schlacht um Lincoln gefallen wäre. Je länger er darüber nachsann, um so überzeugter war er, daß Jehan ihm nichts als Bärendienste erwiesen hatte, wahrscheinlich aus purer Bosheit.

Nichtsdestotrotz begann sein Gewissen ihn zu plagen, nachdem Wulfnoth ihm sagte, Jehan habe den Wunsch geäußert, Cædmon noch einmal wiederzusehen. Und als er hörte, der Zustand des alten Soldaten habe sich verschlechtert und es gehe wohl zu Ende, beschloß er unwillig, sich der lästigen Pflicht zu entledigen, ehe Jehan verrecken und ihn, sozusagen als letzte Gehässigkeit, mit heftigen Gewissensbissen zurücklassen konnte.

Widerwillig stieg er die Stufen zum obersten Geschoß hinauf, ging den dämmrigen Korridor entlang und öffnete die Tür, ehe er es sich anders überlegen konnte.

Die kleine, beinah unmöblierte Kammer stank nicht nach Krankheit, Urin und Fäulnis, wie er erwartet hatte. Die helle Sommersonne schien durch das kleine Fenster und malte ein gleißendes Rechteck auf die grauen Steinfliesen. Irgendwer hatte einen Strauß aus wilden Sommerblumen in einem Zinnbecher auf den Tisch gestellt. Cædmon erkannte Salbeiblätter und Rosmarinzweige darin, die einen schwachen, durchaus angenehmen Duft verströmten.

Ein wenig erleichtert trat er an das schlichte, eher schmale Bett mit den schmucklosen, fadenscheinigen Behängen. Jehan hatte den Kopf zur Tür gewandt und sah ihm entgegen. Der kugelrunde Glatzkopf war unglaublich runzlig geworden. Er wirkte geschrumpft und unvorstellbar alt. Das narbige, zerfurchte Gesicht war verzerrt, ein Mundwinkel hing herab, und ein dünner Speichelfaden war herausgelaufen. Aber die dunklen Augen waren so klar, schienen so grausam und scharf wie eh und je.

Der noch bewegliche Mundwinkel zuckte aufwärts. »Du hast dir Zeit gelassen … Söhnchen«, flüsterte Jehan heiser. Es war die kraftlose Stimme eines Sterbenden, aber immer noch war sie voller Hohn, voll diebisch vergnügter Boshaftigkeit. Oder zumindest kam es Cædmon so vor.

Zögernd trat er näher. »Ja. Ich wollte Euch nicht sehen.«

Jehan keuchte erstickt. Mit einiger Verspätung erkannte Cædmon, daß es ein Lachen war. Der Atem des Kranken ging mühsam und pfeifend. »Hast du immer noch Angst vor mir?«

Cædmon sah kopfschüttelnd auf ihn hinab. »Ich glaube nicht. Es gibt nicht mehr besonders viele Dinge, die mir angst machen.«

»Nein. So ergeht es all denen, deren schlimmste Befürchtungen sich schon erfüllt haben. Bild dir nur nichts darauf ein.«

»Was wollt Ihr von mir?«

Jehan schloß für einen Moment die Augen, und sofort wirkte er zerbrechlich, um vieles kränker, ganz und gar harmlos. Bis er sie wieder aufschlug. »Ich will dir ein Geheimnis anvertrauen, das nicht mit mir sterben darf. Ich denke, du bist der Richtige, um es zu hüten. Es ist das einzige … was Robert im Zaume hält …« Er keuchte.

Cædmon sah ihn gebannt an.

»Jetzt bist du neugierig, was?«

»Ja.«

»Gib mir zu trinken.«

Cædmon sah sich suchend um. Auf dem Tisch standen ein Krug und ein Becher. Er füllte ihn, trug ihn zum Bett und setzte ihn an die trockenen, blutleeren Lippen. Mehr als die Hälfte ging daneben und rann Jehans mageren Hals hinab, aber sein Atem wurde ein wenig leichter. »Sag, Cædmon, liebst du deinen König?«

»Nein. Aber ich habe ihm einen Eid geschworen. Ihn und die Seinen und sein Reich dies- und jenseits des Kanals mit all meinen Kräften und notfalls meinem Leben gegen alle Feinde zu verteidigen und so weiter. Und das tue ich. Wenn er mich läßt. Gut genug für Euer Geheimnis?« »Ich denke schon. Komm näher …«

Cædmon beugte sich weiter über ihn, als die Tür sich quietschend öffnete und der König eintrat. Cædmon richtete sich auf und verneigte sich knapp. »Sire.«

William kam näher, ein schwaches Lächeln lag auf seinen Lippen. »Es ist gut von Euch, daß Ihr Euren alten Lehrer nicht vergessen habt, Thane.«

Cædmon unterdrückte mit Mühe eine ironische Grimasse und sagte lieber nichts von seinen unvergeßlichen Erinnerungen an Jehan de Bellême.

Der König setzte sich auf den Schemel neben dem Bett, der unter seinem Gewicht unheilvoll knarrte, und nahm Jehans uralte Hand in eine seiner schwieligen Pranken. »Wie geht es Euch heute, mein Freund?« Jehan lächelte, und den Ausdruck, mit dem er zu William aufsah, hatte Cædmon noch niemals in den Augen des alten Veteranen gesehen. Es war ein Blick tiefster Verehrung und Ergebenheit, nicht unähnlich dem Blick, mit dem Cædmons bevorzugter Jagdhund zu seinem Herrn aufsah, wenn der einen Knochen in der Hand hielt.

Leicht angewidert wandte Cædmon sich ab. »Ich werde Euch allein lassen.«

William nickte, ohne aufzusehen.

»Komm wieder«, flüsterte der Kranke eindringlich.

»Natürlich, Jehan.«

Nachdenklich ging Cædmon in den Innenhof hinunter. Auf dem Sandplatz trugen sein Bruder Eadwig und einer von Roberts Rittern einen Schaukampf aus, den gut zwei Dutzend Zuschauer gespannt verfolgten. Wulfnoth stand ein wenig abseits, aber auch er sah mit Interesse zu.

Cædmon gesellte sich zu ihm. »Eine englische Streitaxt gegen ein normannisches Schwert? Wird hier die Schlacht von Hastings wiederholt?« erkundigte er sich und fuhr fast unmerklich zusammen, als Eadwig mit einem geschickten Sprung einem tückischen Schwerthieb entging.

Wulfnoth nickte. »In gewisser Weise. Roberts und Rufus’ Ritter debattierten über die jeweiligen Vorzüge englischer und normannischer Kampftechniken. Die jungen Normannen sind diesbezüglich ganz besonders von ihrer Überlegenheit überzeugt.«

»Leider zu Recht.«

»Das wissen du und ich. Doch dein Bruder hat diesem Jungen hier, der übrigens Roger Montgomerys Sohn ist, vorgeschlagen, die Unterschiede in der Praxis zu erproben. Es sollte eine rein technische Demonstration werden. Wer den anderen verletzt, muß ihn heute abend in der Stadt freihalten. Aber es wird mit jeder Minute hitziger.«

Der Kampf schien tatsächlich mit jedem Streich schneller und heftiger zu werden. Der junge Robert Montgomery kämpfte hart und schnell und war mit seinem mandelförmigen Schild wenigstens etwas geschützt. Eadwig hingegen hielt seine schwere, langstielige Axt in beiden Fäusten und war somit allein auf seine Geschicklichkeit angewiesen.

»Gott, der Junge ist gut, Cædmon. Hast du ihm das beigebracht?«

Cædmon schüttelte den Kopf. »Mein Vetter Alfred. Ich kann kaum mit einer Axt umgehen. Schließlich bin ich hier ausgebildet worden.« »Da fällt mir ein, warst du bei Jehan?« fragte Wulfnoth, ohne die Kämpfenden aus den Augen zu lassen.

»Ja, sicher. Das Gespräch wurde gerade interessant, als der König kam und uns unterbrach … Jetzt, Eadwig, jetzt ist er unten offen.«

Cædmon hatte nur leise gemurmelt, aber sein Bruder brauchte seine Ratschläge nicht. Er entdeckte die Lücke in der Verteidigung des Gegners, rammte die Axt seitlich in dessen Schild, riß ihn ihm aus der Hand und ließ den langen Eschenschaft der Axt gleichzeitig wie einen Knüppel auf seinen rechten Oberarm niedersausen, so daß Montgomery das Schwert fallenließ und mit zusammengebissenen Zähnen die Linke um den getroffenen Arm krallte.

Eadwig ließ die Waffe sinken, trat einen Schritt zurück und verneigte sich grinsend vor seinem Gegner. »Nichts für ungut, Montgomery.« Die Zuschauer applaudierten, Rufus’ Fraktion jubelte.

Der Verlierer zeigte ein etwas mühsames Lächeln.

Cædmon und Wulfnoth wandten sich ab und wollten davonschlendern, als ein Bote in den Hof preschte. Genau vor ihnen sprang er aus dem Sattel, sah erst Wulfnoth an, dann Cædmon und verneigte sich. »Thane, wo finde ich den König?«

Cædmon betrachtete ihn neugierig. Trotz des normannischen Haarschnitts war der junge Mann Engländer, und er kam ihm vage bekannt vor, aber er wußte nicht, woher. »Kommt mit mir, ich bringe Euch zu ihm.«

Eilig überquerten sie den Innenhof, und der Bote sah Cædmon mit einem verschämten, kleinen Lächeln an. »Ich schätze, Ihr habt mich in keiner sehr guten Erinnerung, nicht wahr, Thane?«

»Um ehrlich zu sein, ich bin nicht sicher.«

»Bei unserer letzten Begegnung habe ich Rotwein über Euer Gewand geschüttet. Es war gewiß ruiniert.«

Cædmon blieb stehen und studierte sein Gesicht. Jetzt erkannte er ihn. Er war der Page gewesen, der ihm damals in Winchester Aliesas Nachricht überbracht hatte. »Natürlich. Ich erinnere mich. Ich habe Euch danach nie wiedergesehen. Wohin seid Ihr so plötzlich verschwunden?«

Der Bote ging weiter neben ihm her und hob kurz die Schultern. »Mein Bruder starb, und ich mußte zurück nach Hause. Aber seit zwei Jahren stehe ich wieder im Dienst des Königs. Ich war mit ihm bei der Belagerung von Dol«, sagte er stolz.

»Wie ist Euer Name?«

»Toki Wigotson.«

»Euer Vater ist Wigot of Wallingford?«

»Ja. Ihr kennt ihn?«

»Ich kenne jeden englischen Edelmann, der noch ein bißchen Land hält. Euer Vater hält nicht gerade wenig.«

»Das ist wahr. Er hat dem König von Anfang an treu gedient, Thane. So wie Ihr.«

Cædmon zog eine verstohlene, schmerzliche Grimasse und wechselte das Thema. »Bringt Ihr gute oder schlechte Nachrichten?«

Toki seufzte. »Miserable.«

Cædmon brachte ihn in die Halle und klopfte ihm kurz die Schulter. »Dann trinkt lieber einen Schluck, ehe Ihr sie dem König verkündet. Ich gehe ihn holen.«

Toki stahl einem vorbeihastenden Diener einen vollen Becher aus der Hand, trank durstig und nickte. »Beeilt Euch nicht gar zu sehr.«

Cædmon wandte sich grinsend ab und stieg wieder die Treppe ins Obergeschoß hinauf. Er klopfte leise an Jehans Tür, ehe er eintrat.

William saß auf der Bettkante und hielt den so schaurig abgemagerten Oberkörper des Kranken in den Armen, der geschrumpfte Glatzkopf ruhte an seiner breiten Schulter.

Als er das Knarren der Tür hörte, sah der König auf. Die schwarzen Augen waren voller Trauer und schimmerten verdächtig.

Beklommen trat Cædmon näher. Jehan lag vollkommen still in den Armen des Königs, der mühsame Atem war verstummt. Cædmon senkte den Blick und bekreuzigte sich.

»Es tut mir leid, Sire«, sagte er unbeholfen. Es war ihm unangenehm, William so erschüttert zu finden. Und er verabscheute ihn dafür, daß er um ein Ungeheuer wie Jehan de Bellême mehr trauerte als um seinen eigenen Sohn.

»Er wollte unbedingt noch einmal mit Euch sprechen«, sagte William leise.

Cædmon fiel keine angemessene Erwiderung ein. William bettete den Toten behutsam auf sein Kissen und stand auf. Cædmon sah auf das alte, todesstille Gesicht hinab und dachte: Jetzt hast du dein Geheimnis also doch mitgenommen, Jehan. Vermutlich würden sie alle noch Anlaß haben, das zu bedauern, aber Cædmon war nichtsdestotrotz erleichtert, dieser Bürde entronnen zu sein.

»Er war … ein sehr treuer Gefolgsmann«, murmelte der König.

»Ja, Sire. Das war er gewiß.«

»Ich entsinne mich noch genau, wie er mich bei Nacht und Nebel aus Rouen fortbrachte, nachdem mein Onkel versucht hatte, mich zu vergiften. Ich war … ich weiß nicht mehr. Acht oder neun. Zu Tode verängstigt. Sie waren hinter uns her, die ganze Zeit. Aber Jehan schüttelte sie ab und brachte mich nach Falaise zu meiner Mutter.« Er hob plötzlich den Kopf und sah Cædmon an. »Und zu Eurer. Es wird sie hart treffen, wenn sie hört, daß er tot ist.«

Cædmon nickte. »Sire … ich bedaure, diesen Abschied zu stören, aber Toki Wigotson wartet unten in der Halle mit wichtigen Neuigkeiten.« William blickte noch einen Moment auf seinen einstigen Beschützer hinab, nahm die runzligen Hände des Toten und legte sie über der eingefallenen Brust zusammen. Dann stand er auf und wandte sich entschlossen ab. »Toki, sagt Ihr? Ich komme sofort. Seid so gut und benachrichtigt meinen Kaplan von Jehans Hinscheiden. Er soll alles Nötige veranlassen.«

»Natürlich, Sire.«

Cædmon hielt ihm die Tür auf und bat einen jungen Mönch, der ihnen im Korridor entgegenkam, nach dem Kaplan zu schicken, ehe er dem König in die Halle hinunter folgte, wo der junge, englische Bote mit seinem Becher in der Hand wartete und ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat. Als er den König eintreten sah, stellte er den Zinnbecher auf dem Tisch ab, machte zwei Schritt auf William zu und sank vor ihm auf die Knie. »Mein König.«

Die Halle war fast menschenleer um diese Stunde am frühen Nachmittag. Die warme Sommersonne hatte die meisten ins Freie gelockt; eine große Jagdgesellschaft war vorhin in die Wälder außerhalb der Stadt aufgebrochen. William ließ sich in seinen Thronsessel sinken und erlaubte dem Boten mit einer Geste, sich zu erheben. »Was habt Ihr mir aus dem Vexin zu berichten, Toki?«

»Nichts Gutes, fürchte ich, Sire.«

William drückte das Kinn auf die Brust. »Ich höre.«

Toki Wigotson fuhr sich kurz mit der Zunge über die Lippen. »Der junge Comte Simon de Vexin stand treu zu seinem Wort, Sire. Seit er die Nachfolge seines Vaters angetreten hat, hat der französische König vergeblich an seine Tür geklopft. Simon gab nichts auf seine Versprechungen und hielt unsere Südostgrenze unerschütterlich gegen Philip. Dann … dann vermählte der junge Simon sich mit Judith, der Tochter des Grafen der Auvergne.« Er brach ab.

William verschränkte die Arme in einer Geste mühsam unterdrückter Ungeduld. »All das ist mir nicht neu, ich selbst habe diese Ehe vermittelt.«

Der Bote räusperte sich. »Ich weiß, Sire. Die Hochzeit fand vor einer Woche statt. Ich war dort. Es war … ein ausgelassenes Fest mit glücklichen Brautleuten, so schien es. Doch am nächsten Morgen … am nächsten Morgen verkündete Simon, er und seine Braut hätten über Nacht beschlossen, der Welt zu entsagen und …«

»Was?«

»Er begab sich umgehend nach Saint-Claude ins Kloster, Sire«, fuhr Toki fort und schluckte nervös.

Der König hatte die Hände so fest um die Armlehnen seines Sessels gekrallt, daß die großen Knöchel schneeweiß wurden. »Weiter.«

»Das Vexin war plötzlich über Nacht ohne Führung. Und der König von Frankreich hatte Dutzende von Spionen auf der Hochzeit und erfuhr sogleich von dieser unerwarteten Wendung. Simon … Der Staub nach seiner Abreise ins Kloster hatte sich kaum gelegt, als die ersten französischen Truppen im Vexin einmarschierten, mein König. Ich bin mit Mühe und Not noch über die Grenze gekommen. Philip von Frankreich hält das Vexin bis zum Epte.«

William schoß aus seinem Sessel in die Höhe, schlug den Unglücksboten rechts und links ins Gesicht und stieß ihn roh zurück. »Und das erfahre ich jetzt? Wo seid Ihr gewesen, Mann?!«

Die beinah noch bartlosen Wangen brannten. Toki sank wieder vor dem König auf die Knie und senkte zerknirscht den Kopf. »Ich bin gekommen, so schnell ich konnte, Sire, ich schwör’s. Aber die Franzosen hatten die Straßen abgesperrt und …« Er verstummte, als er sah, daß William nach ihm treten würde.

Doch Cædmon stellte sich schützend vor den knienden Boten. »Es ist nicht seine Schuld, Sire.«

»Geht mir aus dem Weg«, knurrte der König drohend. »Besser, Ihr vergeßt nicht, daß Euer eigener Kopf immer noch wackelt.«

»Und was sollte mich das wohl noch kümmern?« erwiderte Cædmon ebenso leise. »Wie kommt es nur, Sire, daß Ihr Ergebenheit nur in den Toten zu schätzen wißt und die Lebenden, die sie Euch entgegenbringen, immer mit Füßen tretet?«

Der König starrte ihn einen Moment an. Keiner seiner Brüder, seiner engsten Vertrauten, erst recht keiner seiner Söhne hätte je gewagt, so etwas zu ihm zu sagen, und mehr als alles andere war er verblüfft. Er schien einen Augenblick unsicher, als könne er sich nicht so recht entschließen, ob er sich beruhigen oder seinem berüchtigten Jähzorn freien Lauf lassen sollte. Und dann sagte eine sanfte Stimme hinter ihm: »Ist es der treue Toki Wigotson, der uns Nachricht bringt, mon ami

William fuhr leicht zusammen wie ein ertappter Eierdieb, wandte sich um und verneigte sich knapp vor seiner zierlichen Frau. »So ist es, Madame.«

Matilda trat lächelnd zu ihm, legte für einen Moment die Hand auf seinen Arm und sagte: »Willkommen in Rouen, Toki.«

Cædmon glitt zur Seite, betrachtete die Königin, die neben ihrem Gemahl so puppenhaft winzig wirkte, voller Bewunderung und fragte sich, wie lange sie wohl schon unbemerkt in der Tür gestanden hatte.

Der junge Bote schluckte sichtlich. »Danke, Madame. Ich fürchte nur, meine Neuigkeiten werden auch Euch nicht willkommen sein.«

Matilda zeigte ihr huldvollstes Lächeln, das zu Cædmons Verwunderung auch einen Moment in seine Richtung erstrahlte. »Doch gewiß weiß der König Eure wahre Treue zu schätzen, die Ihr ihm beweist, indem Ihr auch das Unangenehme ungeschönt zur Sprache bringt, nicht wahr, Sire?«

»Ähm … Ihr habt natürlich recht, Madame«, murmelte der König abwesend.

Cædmon blieb kaum Zeit für ein verstohlenes Grinsen, ehe William zu ihm herumfuhr und befahl: »Macht meine Söhne und Kommandanten ausfindig, bittet sie zu mir, und schickt Boten an meine Vasallen. Wir rücken aus, sobald die Truppen versammelt sind.«

»Ja, Sire.«

 

Simon de Vexins plötzliche fromme Anwandlung erregte Verwunderung, fruchtlose Debatten und unangebrachte Heiterkeit. Mehr oder minder offen wurde darüber spekuliert, was die gute Judith an sich gehabt haben mochte, das den armen Simon so fürchterlich erschreckt hatte, daß er sich und seine blutjunge Braut ins Kloster verbannte.

Doch die Folgen dieser seltsamen, wenn auch keineswegs beispiellosen Tat waren alles andere als erheiternd. Philip von Frankreich stand auf einmal vor Williams Haustür. Das Vexin war seit langem sowohl Frankreich als auch der Normandie lehnspflichtig gewesen, hatte praktisch eine neutrale Zone gebildet, ein dickes Kissen, das so manche Erschütterung abfederte. Jetzt war es plötzlich in Philips Hand. An der entgegengesetzten Grenze lauerte die Bedrohung durch den abtrünnigen Ralph de Gael und seine bretonischen Streitkräfte. Und alle befürchteten, daß Malcolm, der König von Schottland, nicht lange zögern würde, die Gunst der Stunde zu nutzen und an der Nordgrenze des anglo-normannischen Reiches eine dritte Front zu eröffnen. William war nach wie vor der mächtigste Herrscher dies- und jenseits des Kanals, sein Territorium unangetastet. Doch plötzlich wurde es von allen Seiten bedroht.

 

»Wir überschreiten die Grenze bei St. Clair und besetzen das Vexin. In drei, vier Tagen stehen wir vor Mantes«, sagte Robert.

Doch der König schüttelte den Kopf. »Wir tun nichts dergleichen. Wir ziehen mit ein-, zweitausend Mann an die Grenze und zeigen Philip unsere Stärke. Das ist vorerst alles.«

»Aber Vater, Ihr wollt Euch diese Beleidigung einfach gefallen lassen?« »Wieso beleidigt es uns, wenn Philip das Vexin besetzt?« wandte Rufus ein. »Es gehört uns doch gar nicht. Beleidigt sein könnte höchstens Simon, aber der übt sich ja neuerdings in mönchischer Armut und überläßt sein Reich Philip sicher gern.«

Die Männer, die sich im Privatgemach des Königs versammelt hatten, lachten leise, aber Robert funkelte seinen Bruder wütend an. »Ich kann weiß Gott nichts Komisches an dieser Situation erkennen. Im übrigen geht die Sache dich überhaupt nichts an, also halt den Mund und kümmere dich um deine englischen Angelegenheiten.«

»Erlaube mal«, widersprach Rufus mit hochgezogenen Brauen. »Alles, was in der Normandie und an ihren Grenzen passiert, ist eine englische Angelegenheit. Außerdem ist dein Vorschlag dumm und kurzsichtig und …«

»Sieh dich vor, Rufus …«, knurrte Robert und machte einen drohenden Schritt auf seinen jüngeren Bruder zu.

»Schluß«, befahl der König, sein Tonfall ebenso barsch wie beiläufig, als seien sie zwei balgende Jagdhunde. Und ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, welchen Gesichtsverlust es für Robert vor den versammelten Adligen bedeutete, beschied er: »Rufus hat völlig recht. Ich werde keinen Krieg mit Philip beginnen, solange er nicht auf normannisches Gebiet vordringt. Es gäbe nur einen guten Grund, das Vexin zu besetzen und Mantes zu nehmen.«

»Eine hervorragende Basis für einen Angriff auf Paris«, murmelte Rufus.

Sein Vater schenkte ihm ein kleines Verschwörerlächeln und nickte anerkennend. »Aber dazu haben wir derzeit weder die Kräfte noch das Geld. Es wird ein Traum bleiben. Vorerst. Und nun zurück zur Sache, Monseigneurs …«

Als der Rat sich auflöste, trat Robert zu seinem Vater. »Kann ich Euch einen Moment unter vier Augen sprechen, Sire?« fragte er leise.

Der König setzte sein Siegel unter die Protestnote an Philip, die er seinem Schreiber diktiert hatte, und reichte Cædmon den großen Stempel. »Seid so gut und schließt es weg.« Dann wandte er sich mit verschränkten Armen an seinen Sohn. »Wozu? Um mir schon wieder deine ungehörigen Forderungen vorzutragen? Dazu habe ich jetzt wirklich keine Zeit. Du wirst Herzog der Normandie an dem Tag, an dem ich sterbe, nicht eher. Und nun laß mich allein.«

»Aber Vater … ist das alles, was ich für zehn Jahre treuer Dienste zu erwarten habe? Eine schroffe Abfuhr und eine öffentliche Demütigung?«

William löste mit ungeschickten Fingern die Spange, die seinen Mantel am Kinn zusammenhielt, nahm ihn ab und warf ihn über eine Stuhllehne. »Deine Dienste waren nichts weiter als das, was ein gehorsamer Sohn seinem Vater schuldet. Du hast die Normandie gut und umsichtig verwaltet, Robert, das würde ich dir nie absprechen. Aber gerade eben hast du bewiesen, daß es dir an Erfahrung und Weitsicht mangelt, um alleinverantwortlich zu herrschen. Und wenn du einen unklugen Vorschlag machst, werde ich nicht zögern, dir das zu sagen, ganz gleich, wer es hört. Jetzt geh.«

»Aber wie soll ich mit den mageren Einnahmen aus meinen bescheidenen persönlichen Ländereien meinen Hof und mein Gefolge unterhalten? Ihr verlangt, daß ich alles tue, was ein Herzog täte, ohne mir die Mittel zur Verfügung …«

»Ich weiß, daß Geld der eigentliche Grund ist, warum du die Normandie willst«, fiel William ihm leise ins Wort. »Und auch deswegen kriegst du sie nicht. Diese Debatte ist beendet, ich will nichts mehr davon hören. Und wenn du jetzt nicht gehst, Robert, werde ich dir mit einem Tritt auf die Sprünge helfen.«

Robert fuhr leicht zusammen, trat einen Schritt zurück und verneigte sich formvollendet vor seinem Vater. »Sire.« Dann ging er eilig hinaus. Der König schien ihn auf der Stelle zu vergessen, nahm sein Schwert ab und legte es auf den Tisch. »Würdet Ihr mir wohl mein Kettenhemd aus der Truhe reichen, Thane?«

Ich bin zwar nicht dein Kammerdiener, aber meinetwegen, dachte Cædmon, klappte den massiven Eichendeckel der Truhe auf und holte das schwere, in dunkle Wolle eingeschlagene Paket heraus. Als es auf dem Tisch lag, wickelte er es aus und hielt das Kettenhemd an den Schultern hoch. »Ein herrliches Stück«, murmelte er bewundernd.

William streifte es mit geübten Bewegungen über und drückte mit einem unzufriedenen Brummen die Hände in die Seiten. »Aber zu eng. Wie kann es nur sein, daß ich immer dicker werde, wo ich doch nie etwas esse?« fragte er verdrossen. Er zog den schweren, knielangen Harnisch wieder aus. Die kleinen Eisenringe klirrten leise, als er ihn auf einem Schemel ablegte. »Sagt, was Ihr denkt, Cædmon.«

»Mit zunehmendem Alter legen die meisten Leute ein bißchen zu, es ist normal. Laßt Euch ein neues Kettenhemd anfertigen, und damit Schluß.«

»Herrgott noch mal, ich rede nicht von dem verfluchten Kettenhemd! Ihr sollt mir sagen, wie Ihr über diese Situation denkt!«

Cædmon sah ihn stirnrunzelnd an. »Wieso?«

»Wieso? Ich will Eure Meinung hören, deswegen«, erwiderte William in einem Tonfall, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt, als sei es seiner Natur vollkommen fremd, denjenigen, die ihm offen ihre Meinung sagten, die Zunge abschneiden zu lassen. Als er Cædmons halb ungläubigen, halb spöttischen Blick sah, konnte er sich selbst ein Grinsen nicht ganz verbeißen und gestand: »Die Königin ist der Ansicht, ich solle mehr auf Euch hören.«

»Ich merke, die Königin sinnt immer noch auf neue Wege, mich für meine Sünden zu bestrafen«, brummte Cædmon.

William schenkte einen Schluck Wein in einen Becher, trank und betrachtete ihn einen Moment versonnen. »Wer weiß. Jedenfalls sagt sie, Ihr seiet in der richtigen Gemütsverfassung, um unbequeme Wahrheiten auszusprechen, und solche Männer gäbe es hier in Rouen nicht genug.«

Cædmon zuckte mit den Schultern. »In einem Punkt hat die Königin sicher recht, Sire. Ich habe jahrelang mit so vielen Lügen gelebt, daß ich mich selbst oft unerträglich fand, und habe mir geschworen, mich nie wieder in Unwahrheiten zu verstricken. Oder in Illusionen und Selbstbetrug. Und wenn sie meint, daß ich heute unbedachter bin als früher, weil ich nicht mehr so viel zu verlieren habe, hat sie vermutlich ebenfalls recht. Aber wenn sie denkt, ich sei in so selbstmörderischer Stimmung, daß ich mich bedenkenlos um Kopf und Kragen rede, dann täuscht sie sich.«

Der König verdrehte ungeduldig die Augen. »Wenn man Euch hört, könnte man meinen, ich sei ein Tyrann«, knurrte er beleidigt.

Cædmon starrte ihn ungläubig an. War es möglich, daß William vergessen hatte, daß er ihm erst vor wenigen Tagen bei Toki Wigotsons Rückkehr gedroht hatte? Und all die vielen Male zuvor? Ja, vermutlich hat der König es tatsächlich vergessen, erkannte er. William, der ansonsten ein so bemerkenswert gutes Gedächtnis hatte – vor allem, wenn es darum ging, eine Kränkung nachzutragen –, schien sich oft wirklich nicht an die Dinge zu entsinnen, die er im Zorn gesagt hatte. Als lähme die kalte Wut einen Teil seines Verstandes. Eine unheimliche Vorstellung, fand Cædmon.

William betrachtete ihn herausfordernd, mit verschränkten Armen und einem stillen kleinen Lächeln, als wolle er sagen: Was für ein Feigling bist du nur.

Cædmon wandte den Blick ab und rieb sich unbehaglich das Kinn an der Schulter. Dann sagte er zögernd: »Nun, Sire, ich bin sicher, es ist klug, dem König von Frankreich das blanke Schwert unter die Nase zu halten. Seit seiner Kindheit hat er eine Todesangst vor Euch und …«

»Woher wollt Ihr das wissen?«

»Einer von Lanfrancs Spionen am Hof in Paris, ein Diener, ist der Sohn der Amme des Königs. Er ist praktisch mit Philip zusammen aufgewachsen und hat berichtet, wenn der kleine Prinz Philip nicht folgsam war, hat die Amme gedroht, William von der Normandie käme ihn holen.« Der König grinste amüsiert. »Lebt die Frau noch? Ich könnte ihr eine Jahresrente aussetzen …«

Auch Cædmon mußte lächeln. »Lanfranc hat die Geschichte meinem Bruder Guthric erzählt, Guthric mir. Und abgesehen davon, daß Ihr für Philip von Frankreich der schwarze Mann seid, fürchtet er Euch als überlegenen Strategen und weil Eure Macht größer ist als seine. Diese Angst sollten wir nutzen. Was unserer Sache hingegen ganz und gar nicht dienen würde, wäre, ihm Euren Sohn Robert in die Arme zu treiben.«

»Cædmon!« donnerte der König entrüstet. »Wie könnt Ihr es wagen?« »Es war das, was Ihr wolltet, Sire, meine Meinung. Ich muß gestehen, es ist länger gutgegangen, als ich gedacht hätte …«

»Aber wie könnt Ihr nur glauben, Robert würde sich je gegen mich stellen?«

»Oh, ich sage nicht, daß er es will. Aber er ist gekränkt über Eure ablehnende Haltung. Vor allem darüber, daß Ihr Rufus vorzieht.«

»Das ist lächerlich! Das tue ich keineswegs!«

»Nein, ich weiß, aber es sieht so aus.«

Cædmon stellte mit Erstaunen fest, daß William tatsächlich einen Moment darüber nachzudenken schien, was er gehört hatte. Was immer die Königin zu ihm gesagt hatte, hatte offenbar zu ein paar guten Vorsätzen geführt. Die, so schätzte Cædmon, unter günstigen Bedingungen etwa bis zum Abendessen halten würden.

»Ich kann Robert die Normandie nicht geben, Cædmon«, sagte William, bestimmt, aber nicht zornig. »Er ist nicht bereit dafür. Und mein Reich ist noch nicht gefestigt genug, um es aufzuteilen. Vielleicht später einmal. Wenn Gott mir noch ein paar Jahre zugesteht, um es zu befrieden und zu ordnen und zu stärken. Aber jetzt noch nicht.«

Cædmon nickte. »Das ist gewiß weise, Sire. Aber vielleicht solltet Ihr Euch die Mühe machen, Robert Eure Haltung zu erklären.«

William legte sein Schwert wieder an. Mit der so typischen Ungeduld nestelten seine großen Hände an der Schnalle des Gürtels. »Ich bin ihm keine Erklärungen schuldig. Er ist mein Sohn, und er hat mir zu gehorchen!«

Ohne eine Antwort abzuwarten, stürmte der König hinaus.

Das zweite Königreich
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