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Lena schob Dessous und Kondome beiseite, um auf dem Couchtisch Platz für ihren Laptop zu schaffen. Während Rhodes die Tabletten als Beweisstücke katalogisierte, aktivierte sie die mobile Breitbandkarte, hatte schon wenige Sekunden später Verbindung zum Internet und klickte das Symbol für AutoTrackXP an. Als die Webseite auf dem Bildschirm erschien, gab sie ihren Benutzernamen und ihr Passwort ein, und das Tor, das ihr Zugang zu Milliarden von aktuellen und historischen Quellen ermöglichte, öffnete sich.
Lena tippte den Namen Joseph Fontaine und seine Telefonnummer in das Suchfeld ein und drückte auf Enter. Kurz darauf hatte sie das gesamte Leben des Mannes vor sich.
»Geschafft«, verkündete sie. »Da haben wir ihn.«
»Wer ist er?«
Das war der Anfang jeder Hintergrundrecherche. Lena betrachtete den Bildschirm, dankbar, dass ihr Arbeitgeber ein Konto bei einer derart teuren Datenbank unterhielt und ihr den Zugriff darauf ermöglichte: Namen, falsche Namen, jede Arbeitsstelle aus der Vergangenheit, jede Adresse, wo der Betreffende je gewohnt hatte, sämtliche Telefonnummern, alle auf ihn zugelassenen Fahrzeuge, Immobilienbesitz, Angehörige, Nachbarn, Bekannte, Kreditwürdigkeit und Steuerunterlagen. Sie sah die Liste durch. Das Leben von Dr. Joseph Fontaine füllte dreieinhalb Seiten.
»Seine Praxis befindet sich am Wilshire Boulevard in Beverly Hills«, sagte sie. »Wohnhaft ist er in Westwood, South Mapleton Drive.«
»Also hat er Geld. Was fährt er denn für ein Auto?«
»Zwei Mercedes.«
»Ehefrau?«
Lena klickte zur nächsten Seite. »Davon hat er ebenfalls zwei. Allerdings ist er seit zehn Jahren geschieden. Die zweite Ehe dauerte offenbar nur achtzehn Monate. Inzwischen ist er sechsundfünfzig und alleinstehend. Keine Kinder. Da er seit seinem fünfunddreißigsten Geburtstag nicht mehr umgezogen ist, steht er vermutlich allein im Grundbuch.«
Rhodes verschloss den Asservatenbeutel. »Lass uns abziehen«, meinte er. »Wir müssen etwas unternehmen.«
Diese taktische Entscheidung barg ein gewisses Risiko. Ein kleiner Fehler genügte und der Schuss würde nach hinten losgehen, wenn sie Fontaine zur Rede stellten.
Lena bog am Wilshire Boulevard links ab und hielt Ausschau nach der richtigen Hausnummer. Unterdessen überprüfte Rhodes auf dem Beifahrersitz McBrides Kreditauskunft und den Mietvertrag, die Jones ihnen vorhin überlassen hatte. Dabei versuchte er, nicht in Richtung Handschuhfach zu schauen. Lena wusste, dass sich darin ein Päckchen Zigaretten befand, denn sie hatte es auf der Fahrt nach Venice Beach entdeckt. Rhodes bezeichnete es als seinen Notvorrat und behauptete, dass es nun schon seit drei Monaten ungeöffnet dort lag.
Sie fuhren etwa sechs Häuserblocks südlich des Cedar-Sinai-Medical-Center durch Beverly Hills. Seit etwa vierzig Minuten quälten sie sich nun schon durch den zähflüssigen Verkehr. Lena warf einen Blick auf die Uhr auf dem Armaturenbrett und betrachtete dann wieder die Autoschlange vor ihnen. Es war halb fünf Uhr nachmittags und wurde allmählich dunkel. Von Jennifer McBrides Wohnung bis hierher waren es eigentlich höchstens fünfzehn Kilometer. Allerdings störte Lena der Stau nicht weiter, denn so hatte sie wenigstens Zeit zum Nachdenken.
Mit Fontaine zu sprechen war eigentlich keine gute Idee, vielleicht sogar eine schlechte. Andererseits drohte ihnen der Fall seit dem Auffinden von Jennifer McBrides Leiche zu entgleiten, weshalb ihr keine bessere Möglichkeit einfiel, als mit dem Arzt zu reden.
Lena entdeckte eine Parklücke genau vor dem Gebäude, in dem Dr. Fontaine seine Praxis hatte. Nachdem sie eingeparkt hatte, steckte Rhodes den Mietvertrag in ihren Aktenkoffer und stieg aus. Fünf Minuten später standen sie in der Vorhalle und ließen den Blick über das Mieterverzeichnis schweifen. Joseph Fontaines Name stand in der mittleren Reihe. Der Arzt hatte nicht nur eine Kinderarztpraxis in einem der teuersten Bürohäuser in Los Angeles gemietet, sondern belegte die gesamte vierte Etage.
Lena und Rhodes sahen einander an, als sie in den Aufzug traten und die Türen sich schlossen. Oben angekommen standen sie in einem Empfangsbereich, der nur wenig Ähnlichkeit mit einer Arztpraxis aufwies – insbesondere nicht mit einer, die auf die Behandlung von Kindern spezialisiert war. Die aufgetakelte Frau hinter der Theke trug ein elegantes graues Kostüm von Armani. Auch die protzige aus Mahagoni und Milchglas bestehende Ausstattung wirkte überladen, und außerdem schien es in der Praxis zu ordentlich und zu still zu sein.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte die Frau.
Rhodes zückte seinen Dienstausweis. »Wir möchten gerne mit Dr. Fontaine sprechen.«
Lena musterte das Gesicht der Empfangsdame, die sie auf etwa fünfunddreißig schätzte. Die Frau warf einen kurzen Blick auf den Dienstausweis und hob dann den Kopf, als habe dieser für sie nicht die geringste Bedeutung. Für sie hätte er genauso gut ein Spielzeug sein können. Eine solche Reaktion hatte Lena noch nie erlebt. Dann jedoch hielt sie sich vor Augen, dass sie sich hier in Beverly Hills befanden.
»Haben Sie einen Termin?«, fragte die Empfangsdame. »Werden Sie erwartet?«
Rhodes ging nicht darauf ein. »Wir sind von der Abteilung Raub und Tötungsdelikte«, entgegnete er stattdessen.
Lena folgte seinem Blick durch den Empfangsbereich, wo zwei Männer in dunklen Anzügen auf dem Ledersofa saßen. Beide hielten eine Ausgabe des Wall Street Journal in der Hand und merkten auf. Der Empfangsdame mochte die Dienstmarke gleichgültig sein, auf die beiden Männer, die die Polizisten anstarrten, hatte sie ihre Wirkung hingegen nicht verfehlt.
Die Empfangsdame griff nach dem Telefon. »Ich werde sehen, ob er da ist«, verkündete sie. »Wen soll ich melden?«
Sie hatte Rhodes’ Dienstausweis zwar flüchtig gemustert, aber seinen Namen nicht behalten. Vielleicht wollte sie sich auch einfach nur querstellen. Nachdem Rhodes ihre Namen genannt hatte, notierte sie sie auf einem Block. Am anderen Ende der Leitung wurde abgehoben, worauf die Frau sich abwandte und die Stimme senkte. Wenig später legte sie auf und teilte ihnen mit, Dr. Fontaines Assistentin würde sich in wenigen Minuten ihrer annehmen. Rhodes bedankte sich zwar, entschuldigte sich jedoch nicht für den Überraschungsbesuch und blieb ihr auch die Erklärung schuldig.
Zehn Minuten vergingen, bis eine andere Frau, ebenfalls im Armani-Kostüm, aus dem Flur neben der Rezeption in die Empfangshalle trat. Ein himmelweiter Unterschied zu ihrer Kollegin – fünf Jahre älter und fünf Jahre weltgewandter, war sie höher in der Hierarchie angesiedelt und hatte offensichtlich mehr zu verlieren. Lena bemerkte ihren besorgten Augenausdruck, als sie die Empfangsdame ansah und sich dann mit ausgestreckter Hand zu ihnen umwandte. Sie stellte sich als Greta Dietrich, Fontaines Assistentin, vor. Ihr Lächeln war offensichtlich gekünstelt, wies aber auf jede Menge Übung hin. Die zwei Anzugträger auf dem Ledersofa, die sie immer noch beobachteten, nahm sie überhaupt nicht zur Kenntnis. Allerdings bemerkte Lena an der Geschwindigkeit, mit der sie und Rhodes weg vom Empfang und den Flur entlanggescheucht wurden, dass die beiden Dietrich sehr wohl zu schaffen machten.
Dietrich war eine blauäugige Blondine, kultiviert und attraktiv, auch wenn hinter ihrem makellosen Make-up ein Hauch von Verschlagenheit hervorblitzte. Ihre Schritte waren schnell und abgehackt. Unter anderen Umständen hätte Lena wegen ihrer Exaltiertheit laut losgelacht. Aber nicht heute Abend. Nicht jetzt.
»Tut mir leid«, sagte Dietrich. »Dr. Fontaine befindet sich in einer Telefonkonferenz, die noch einige Stunden dauern wird. Der Anruf ist äußerst wichtig. Es geht um Leben oder Tod. Kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen? Weiß er überhaupt, dass Sie hier sind?«
Die Räume, an denen sie vorbeikamen, waren Büros und Konferenzsäle, keine Behandlungszimmer. Während Dietrich die Besucher zu ihrem Büro lotste, wurde Lena klar, dass die Frau in der Klemme steckte. Sie wollte auf keinen Fall, dass die beiden Detectives mit den Männern in der Vorhalle in Berührung kamen. Doch in ihrem Büro waren sie offenbar auch nicht erwünscht.
Lena sah sich im Raum um. Hinter der geschlossenen Tür am anderen Ende saß ganz sicher Fontaine. Und das blinkende Lämpchen an Dietrichs Telefon gehörte, wie Lena schon aus zwei Metern Entfernung erkannte, sicher nicht zu einer Leitung nach draußen. Die Gegensprechanlage war eingeschaltet. Fontaine befand sich nicht in einer Konferenz, um ein Menschenleben zu retten, sondern versteckte sich in seinem Büro und lauschte.
Sie drehte sich zu Dietrich um. Genug war genug.
»Wir ermitteln in einem Mordfall«, begann sie, »und haben keine Zeit für solche Spielchen. Sagen Sie Ihrem Chef, er soll das Telefonat beenden.«
Ungläubig starrte Dietrich sie an. Doch noch ehe sie etwas erwidern konnte, verlosch das Lämpchen am Telefon, und die Tür am Ende des Raums ging auf. Dr. Joseph Fontaine erschien und bat sie herein. Seine Stimme klang leise und bedrückt. Offenbar kannte er den Grund ihres Besuchs, da war Lena sich auf Anhieb sicher.
Beim Betreten des Büros unterzog sie ihn einer gründlichen Musterung. Fontaine war ebenso makellos gekleidet wie seine Mitarbeiterinnen. Lena bemerkte sein grau meliertes blondes Haar und die Rolex an seinem Handgelenk. Er hatte muskulöse Arme und eine kerzengerade Haltung. Seine Augen waren fast so blau wie Dietrichs, jedoch weniger durchscheinend, und reflektierten ihre Umgebung wie eine verspiegelte Sonnenbrille. Während er sie aufforderte, Platz zu nehmen, und seinen Schreibtisch umrundete, fing Lena Rhodes’ Blick auf. Der gute Doktor war offensichtlich nervös.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte er.
Anstelle einer Antwort beobachtete Lena, wie die Assistentin ihrem Chef um den Schreibtisch herum folgte und sich an eine Kommode lehnte, als er sich setzte. Die beiden waren sonnengebräunt. Im Dezember. Eine Hautfarbe, wie man sie um diese Jahreszeit nur in Mexiko bekam. Als Lena genauer hinschaute, fiel ihr der Schnitt von Dietrichs Jacke auf. Für eine Chefsekretärin zeigte sie eindeutig zu viel Dekollete und ein unübersehbares Stück ihres schwarzen BHs. Lena musste an das Krankenschwesternkostüm in Jennifer McBrides Tasche denken. Ob Fontaine auch von seiner Assistentin eine Verkleidung verlangte?
»Etwas hat mich stutzig gemacht«, begann Lena. »Auf dem Weg zu Ihrem Büro habe ich kein einziges Behandlungszimmer gesehen.«
»Ich behandle meine Patienten im Krankenhaus«, erwiderte der Arzt. »Hauptsächlich jedoch bin ich in der Forschung tätig. Diese Arbeit geschieht hier.«
Fontaine wandte sich an Rhodes, offenbar in der Annahme, dass er sein Ansprechpartner war. Doch Rhodes nahm nur wortlos Notizblock und Stift aus der Tasche. Diese Taktik hatten sie auf dem Weg vom Parkplatz zum Gebäude beschlossen. Rhodes’ Aufgabe war es, die Türhüter auszuschalten, während Lena die Vernehmung leitete. Sie besaß die Fähigkeit, ihren Mitmenschen Informationen zu entlocken. Rhodes, der über mehr Erfahrung verfügte, wollte beobachten, wie Fontaine sich verhielt.
»Was für Forschung?«, erkundigte sich Lena.
Der Arzt hielt inne. Als er sich endlich wieder an sie wandte, erkannte sie, dass seine Miene gereizt war. Gönnerhaftigkeit und schicksalsergebene Langeweile malten sich darin. Offenbar hielt er ein Gespräch mit ihr für unter seiner Würde.
»Die verschiedensten Untersuchungen«, entgegnete er.
»Dann haben Sie also kein Spezialgebiet?«
»Nur die Kinderheilkunde.«
»Stellen Sie viele Rezepte aus, Herr Doktor?«
»Selbstverständlich.«
»Führen Sie Operationen durch?«
Fontaine drehte sich zu Rhodes um und sah zu, wie der Detective eine Seite umblätterte und weiterschrieb.
»Worauf wollen Sie hinaus?«, gab er zurück.
Rhodes starrte ihn nur wortlos an.
Als Lena die Frage wiederholte, warf Fontaine ihr noch einen – diesmal kühleren – Blick zu. »Ja, ich operiere auch«, sagte er schließlich.
Lena hielt inne betrachtete ihn eindringlich von Kopf bis Fuß. »Wie alt sind Sie? Fünfzig …?«
»Ich bin sechsundfünfzig Jahre alt.«
»Also wären sie 1972 zwanzig gewesen.«
»Wir haben aber nicht mehr 1972, und ich bin ein viel beschäftigter Mann. Was soll das alles?«
»Waren Sie beim Militär, Herr Doktor?«
Sein Gesichtsausdruck änderte sich, als er diese Frage auf sich wirken ließ. »Vietnam. In den letzten beiden Kriegsjahren.«
»Welche Funktion übten Sie dort aus?«
»Ich habe ums nackte Überleben gekämpft. Ich war eingezogen worden und nur ein einfacher Soldat.«
»Waren Sie oft in Kampfhandlungen verwickelt?«
Sein Augenausdruck wurde noch ärgerlicher, und seine Stimme bekam einen schrillen Unterton. »Ich war in einem Feldlazarett im Dschungel fünfzehn Kilometer westlich der Cu-Chi-Tunnels eingesetzt. Ja, ich habe viele Kampfhandlungen mitbekommen. Das ist der Grund, warum ich später Medizin studiert habe. Könnten Sie mir jetzt bitte verraten, was Sie von mir wollen?«
Lena antwortete nicht, um den Arzt durch ihr Schweigen aus der Reserve zu locken. Er passte ins Profil. Er konnte der Täter sein. Allerdings passte Fontaine in eine Menge von Profilen. Möglicherweise war er auch McBrides Drogenlieferant. Oder einfach nur einer ihrer Freier, der sich von ihr verzaubern ließ.
»Wir untersuchen Ihr Verhältnis zu einer jungen Frau, die in Venice Beach wohnt. Jennifer McBride.«
Fontaine räusperte sich. »Wer?«
Lena wiederholte den Namen und beobachtete, wie Fontaine erst nachdachte und schließlich den Kopf schüttelte. Seine Vorstellung war nicht sonderlich überzeugend. Dabei warf er immer wieder einen verstohlenen Blick auf Rhodes. Es schien ihm gar nicht zu gefallen, dass der Detective sich Notizen machte.
»Ich kenne keine Jennifer McBride«, sagte er.
Lena schlug die Beine übereinander. »Vielleicht sollten Sie sich das noch einmal gründlich überlegen, Herr Doktor.«
»Völlig überflüssig. Ich kenne diese Frau nicht.«
»Sind Sie sicher?«
Er hieb mit der Handfläche auf den Schreibtisch. »Absolut. Wer war sie?«
Die Anwesenden erstarrten. Fontaine hatte die Vergangenheitsform benutzt. Keinem im Raum war entgangen, dass er sich verplappert hatte. Auch nicht Fontaine selbst.
»Sie war eine Prostituierte«, erklärte Lena.
Der Arzt lachte schrill auf, verstummte jedoch schlagartig. Seine Augen schossen hin und her, als arbeite sein Verstand fieberhaft. Lena bemerkte, dass ihm Schweißperlen auf die Stirn traten. Seine Wangen liefen hellrot an. Gerne hätte Lena Dietrich angesehen, weil sie neugierig auf deren Reaktion war, aber sie musste den Arzt weiter beobachten.
»Ich kenne keine Prostituierten«, stieß er hervor.
»Vielleicht nannte sie sich auch Massagetherapeutin.«
»So jemanden kenne ich auch nicht.«
Seine rechte Hand begann zu zittern. Als er es bemerkte, zog er den Arm zurück und versteckte ihn unter dem Schreibtisch. Inzwischen war er nicht mehr erhaben über dieses Gespräch, sondern drohte, darin unterzugehen.
Lena nutzte den Moment und erhöhte den Druck mit einer weiteren Dosis Schweigen. Sie sah zu Rhodes hinüber, der auf einem Stuhl am Fenster saß. Während sie das teuer eingerichtete Büro auf sich wirken ließ, wurde ihr klar, dass es im ganzen Raum nur ein einziges Foto gab. Es stand auf der Kommode neben dem Telefon, steckte in einem silbernen Rahmen und stellte eine ältere weißhaarige Frau dar, die Fontaine ausgesprochen ähnelte.
Lena senkte die Stimme. »Seien Sie vorsichtig, Herr Doktor. Wir sind von der Polizei. Und Sie haben viel zu verlieren.«
»Ich weiß, wer Sie sind.«
»Wir sind im Besitz von Telefonunterlagen«, fuhr Lena fort. »Ich habe Sie vorhin nicht gefragt, ob Sie Jennifer McBride kannten, denn darüber sind wir bereits im Bilde. Mich interessiert nur, in welchem Verhältnis Sie zu ihr standen.«
»Vielleicht sollten Sie aufpassen, mit wem Sie sich hier anlegen«, entgegnete er. »Sie haben sich geirrt, Detective. Ihre Unterlagen sind fehlerhaft, denn ich habe diese Frau nie angerufen, weil ich sie nicht kannte.«
Lena blickte dem Arzt in die Augen. »Woher wussten Sie dann, dass sie tot ist?«
Eine Weile verging. Dreißig Sekunden voll leerer Luft, die durch den Raum wehte. Anstatt die Frage zu beantworten, drehte Fontaine sich zu seiner Assistentin um. Lena wandte den Blick nicht von ihm ab.
»Am Tag ihrer Ermordung haben Sie sie dreimal angerufen, Herr Doktor.«
Der kräftige Mann mit dem durchtrainierten Körper sackte in seinem Sessel zusammen und schaute Greta Dietrich weiter hilfesuchend an.
»Wo waren Sie vorletzte Nacht?«, hakte Lena nach.
Fontaine wirkte ratlos und verstört. Als er nichts erwiderte, sprang Dietrich für ihn in die Bresche.
»Er war im Biltmore«, verkündete sie. »Ein Empfang mit anschließendem Abendessen. Die Einladung liegt noch auf meinem Schreibtisch.«
»Derartige Veranstaltungen sind meistens zwischen neun und zehn Uhr vorbei. Wann war diese zu Ende?«
Der Arzt wandte sich wieder Lena zu. Sein Blick war hohl, seine Furcht hatte sich in Wut verwandelt. Er grinste sie höhnisch an.
»Wissen Sie was ?«, sagte er. »Wir sind hier fertig. Ruf meinen Anwalt an, Greta, und zeige diesen netten Leuten, wo die gottverdammte Tür ist.«