NEUNUNDZWANZIG

Die Art und Weise, wie Invincible Angus die Zombiekreaturen abwehrte, war beeindruckend. Im Laufe der Jahre hatte er gegen Männer und Frauen jeder Gestalt und Größe gekämpft und dabei alle möglichen unterschiedlichen Waffen eingesetzt, daher wusste er sich in einem Kampf zu behaupten. Und obgleich es ihn überrascht hatte, von Zombies angegriffen zu werden, war er diszipliniert genug, um diesen Gedanken aus seinem Bewusstsein zu verdrängen und sich stattdessen darauf zu konzentrieren, dieses Drecksvolk zu vernichten. Er würde später noch genug Zeit haben, darüber nachzudenken, was sie hier draußen in der Wüste eigentlich zu suchen hatten. Im Augenblick stand Überleben ganz oben auf seiner Agenda.

Er hatte schon ziemlich frühzeitig erkannt, dass diese Kreaturen über einen erstaunlich hohen Intelligenzgrad verfügten. In den meisten Zombie-Filmen, die er bisher gesehen hatte, stolperten sie gewöhnlich mit ausgestreckten Armen halbbenommen herum und murmelten ständig Worte wie »Blut« oder »Gehirne« vor sich hin. Aber diese hier waren anders, zumindest hatten sie für solchen Unfug nichts übrig. Sie griffen strategisch an. Sie schafften es, sich von seiner Pistole fernzuhalten. Tatsächlich attackierten diese hinterhältigen Bastarde ihn immer nur dann, wenn er ihnen den Rücken zuwandte, daher musste er sich ständig drehen. Er schaffte es, vier von ihnen niederzuschießen, doch schon bald musste er feststellen, dass ihn die ständige Dreherei völlig benommen machte. Er würde nicht mehr lange herumwirbeln können, ehe einer von ihnen ihn in einem unachtsamen Moment überrumpelte.

Was er doch niemals erwartet hätte, war, dass nicht alle von ihnen ausschließlich darauf aus waren, ihn zu töten. Als eine besonders knochige und zerlumpte Kreatur über den Boden kroch und dann auf seinen Rücken sprang, erwartete er, dass sie versuchen würde, ihm ein Stück aus dem Hals zu beißen. Aber der hinterlistige kleine Bastard schob stattdessen seine Hand in die Tasche seines Trenchcoats. Was zum Teufel …? Zuerst konnte Angus sich nicht zusammenreimen, hinter was dieses Ding her war.

Zu seinem heillosen Schrecken hatte der Zombie, als er ihn endlich abschütteln konnte, die Schlüssel zu seinem Van aus seiner Tasche geangelt. Dieser raffinierte Mistkerl. Während die anderen Zombies ihn weiterhin umkreisten, rannte der heimtückische Scheißkerl hinkend zu seinem Van, gefolgt von einem anderen, der etwas trug, das aussah wie ein sehr schmutziges und zerrissenes pinkfarbenes Kleid. Wenn Angus nicht schnellstens die Situation in den Griff bekam, müsste er wohl oder übel zusehen, wie zwei untote, gehirnlose Freaks seinen ganzen Stolz stahlen. Das war völlig unerwartet und äußerst unerwünscht.

»Raus da, ihr elenden Wichser!«, brüllte er hinter ihnen her.

Warum Angus seine Zeit damit vergeudete, ihnen etwas zuzurufen, sei dahingestellt. Auf jeden Fall reagierten sie nicht. Schlimmer noch, er hätte ihnen nachlaufen sollen, stattdessen stand er stocksteif da, während die anderen Kreaturen ihn umringten, und war wie gelähmt, als er mit ansehen musste, wie zwei verdammte Zombies in sein geliebtes großes blaues Wohnmobil stiegen und die Türen schlossen.

Falls sie wussten, wie man ein Automobil fuhr, und tatsächlich starteten, würde jede Chance auf eine Flucht zerrinnen wie Butter in der Sonne. Als er hörte, wie der Motor blubbernd ansprang, wusste er, dass er nur noch eine Möglichkeit hatte: nämlich sich durch die Masse der umherstolpernden Monster zu kämpfen und den Van zu erreichen, ehe er davonfuhr. Auf das Geräusch des startenden Motors folgte wenige Sekunden später der Klang des CD-Spielers, der im Van eingeschaltet wurde. Angus’ Mund klappte entgeistert auf. Er stürmte auf die beiden Zombies zu, die zwischen ihm und dem Van standen, und konnte sie leichter zur Seite stoßen, als er erwartet hatte. Dann rannte er weiter, so schnell er konnte, schoss oder trat jeden Zombie nieder, der kühn oder dumm genug war, sich ihm in den Weg zu stellen. Auf keinen Fall würden diese dreckigen Zombies sich mit seinem Van und seiner CD mit Tom Jones’ größten Hits aus dem Staub machen.

»Kommt verflucht noch mal sofort raus! Das ist mein Wagen, ihr verdammten Hurensöhne! Dafür werde ich euch töten! Ein zweites Mal!«

Angus’ Rufe hatten keinerlei Wirkung. Während die Zombies sich entfernten und den Highway hinunterjagten, hörte er den Refrain von »Delilah« aus den Lautsprechern plärren.

Verfluchte diebische untote Arschlöcher!

Angus’ Wohnmobil war eins seiner wertvollsten Besitztümer, aber seine Tom-Jones-CD war unbezahlbar. Ein vom Meister persönlich signiertes Exemplar. War er vorher schon wütend gewesen, so raste er jetzt geradezu vor Zorn. Zu seinem großen Pech musste er immer noch einen Haufen Zombies abwehren, ehe er auch nur daran denken konnte, seinen Van über den Highway zum Hotel Pasadena zu verfolgen.

Anonymus & Michael Kubiak - Das Buch Ohne Gnade
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