EINUNDFÜNFZIGSTES KAPITEL
24. Mai 1764
Regierungshaus, Port Maßvoll
Mäßigungsbucht, Mystria
Prinz Vladimir versuchte gar nicht erst, seine Überraschung zu verbergen. Man hatte ihn wegen einer dringenden Nachricht Lhord Rivendells geweckt. Der Militärgouverneur hatte zwei Seiten in schmerzhaft schöner Handschrift benötigt, um ihn um eine dringende Unterredung zu bitten. Vladimir hatte Graf von Metternin, Major Forst und Kapteyn Radband kommen lassen. Um Punkt zehn Uhr ließ Kerzenzieher Rivendell ins Büro. Langford folgte ihm, zwei Journalbände und mehrere eingerollte Karten im Arm.
Rivendell verneigte sich tief. Er trug immer noch Rot und Gold, aber diesmal Leinenkleidung, was besser zu den Gepflogenheiten Mystrias passte. »Ich danke Euch, Hoheit, und ich vertraue darauf, Graf von Metternin, dass Ihr mir die Überraschung nicht verdorben habt.«
Der Kesse verbeugte sich und knallte die Hacken zusammen. »Wie wir gestern Abend beim Diner besprochen haben, ist es mir eine Ehre, mich im Glanz Eures Genies zu sonnen.«
»Selbstverständlich ist es das.« Rivendell ging schnurstracks zu dem Modell. »Sires, ich habe lange Zeit darüber nachgedacht, nachgesonnen, wie wir diese Nuss knacken können. Ich habe beschlossen, sie Festung des Todes zu nennen. Brillant, nicht wahr? Nicht wahr?«
Dann zögerte er und klopfte sich mit dem Fingernagel auf die Zähne. »Vielleicht wäre ›du Morte‹ passender, um den Tharyngen die Ehre zu erweisen. Das würde Euch gefallen, nicht wahr, von Metternin? Notiert das, Langford. Was immer. Kanonen auf allen Seiten, ohne eine Möglichkeit für uns, ein Schiff zu bauen und in Position zu halten. Das ist tatsächlich eine formidable Herausforderung, bis auf eine einzige verwundbare Stelle.«
Der Prinz betrachtete das Modell eingehend. »Wo wäre die, Johnny?«
»Die Klippen, Hoheit.« Rivendell strahlte. »Keiner von Euch hat an die Klippen gedacht. Was wir tun werden, seht Ihr, ist, eine Eliteeinheit von Soldaten diese Klippen ersteigen lassen, und mit Seilen und Kletterhaken können sie ins Innere der Festung gelangen, diese Ecke hier erobern und die Kanonen ins Innere der Festung schwenken. Sie säubern die Nordwand von Verteidigern, wir nehmen sie, und die gesamte Festung ist unser. Brillant, nicht wahr? Nicht wahr?«
Von Metternin applaudierte. »Bravo!«
Vladimir schüttelte den Kopf. »Ein verwegener Schachzug, Johnny, äußerst verwegen, doch woher sollen wir die Soldaten für dieses Unternehmen bekommen? Es müsste nachts geschehen, oder zumindest so kurz vor dem Sonnenaufgang, dass man sie von der Festung aus nicht bemerkt. Ja, Major Forst, Ihr habt etwas anzumerken?«
Der mystrianische Offizier nickte. »Ich bitte um Verzeihung, Hoheit, aber ich habe zwei Kompanien mystrianische Schärler. Eine aus Feenlee, eine aus den Nordlanden. Meine Männer könnten das übernehmen.«
Vladimir lächelte. »Ausgezeichnet.«
Rivendell lachte. »Major, bei allem gebotenen Respekt, ich verfüge bereits über die perfekten Krieger für diese Aufgabe. Die Vierte Schwere Reiterei. Pferde können die Klippe nicht erklimmen, also werden wir sie absitzen und klettern lassen.«
Der Prinz kicherte leise. »Ihr scherzt natürlich, mein Lhord. Eure Reiterei hat doch wohl keine Erfahrung darin, steile Felswände zu bezwingen?«
»Benötigen Sie nicht, Hoheit, benötigen sie nicht.« Rivendell zog die Nase hoch. »Es handelt sich um die besten jungen Herren aus den edelsten Häusern in ganz Norisle. Sie verteidigen das Reich seit 1066. Sie haben ihr Blut in den Heiligen Landen vergossen und kämpfen bereits seit Jahrhunderten gegen die Tharyngen. Sie verfügen über die beste Herkunft, Erziehung und Ausbildung. Wenn ich ihnen befehle, die Klippen zu ersteigen, werden Sie …«
»… wie der Haufen Gecken, der sie auch sind, wieder herunterpurzeln. « Ein älterer Mann mit schütterem Haar und tief in seine Züge eingegrabener Verachtung zog sich den Mantel von den Schultern und warf ihn Kerzenzieher zu. »Dick Ventnor, Hoheit. Graf von Metternin, Major Forst, vermute ich. Owen.« Seine Stiefel knallten laut auf dem Holzboden, als er mit schnellem Schritt an das Modell trat. »Ausgezeichnet. Ganz so, wie ich es mir nach Eurem Bericht vorgestellt habe, Hoheit.«
Rivendell verneigte sich. »Herzog Todeskamm, ein Vergnügen. «
»Macht den Rücken gerade, Johnny. Ihr seht aus wie ein Papagei. «
Vladimir blickte hinüber zu Owen. Die Züge des Soldaten hatten sich in eine ausdruckslose Maske verwandelt. »Herzog Todeskamm, wir waren unter dem Eindruck, dass Euer Schiff erst in einer Woche eintrifft.«
»Stimmt, aber die Wette ging darum, ob ich hier bin oder nicht, nicht mein Schiff. Langford wird meinen Mann bezahlen, sobald er eintrifft, Johnny. Ein Postboot hat uns überholt, also bin ich umgestiegen und zusammen mit den neuesten Berichten eingetroffen. « Der Herzog richtete die dunklen Augen wieder auf das Modell. »Der Südwesten ist natürlich eine Falle. Die einzige wirkliche Angriffschance liegt im Norden. Die Klippen sind eine hübsche Idee, aber die Reiterei käme niemals bis oben. Der Vierten fällt es schon schwer genug, morgens aus dem Bett zu klettern.«
»Ihr beschmutzt ihre Ehre, Sire.«
»Und Ihr wollt sie einsetzen wie Zinnsoldaten, Johnny. Aber mit echten Soldaten könnt Ihr nicht von vorn anfangen, wenn es nicht so läuft, wie Ihr Euch das wünscht.«
Vladimir deutete auf Major Forst. »Wir verfügen über zwei Kompanien mystrianischer Schärler, Scharfschützen und handverlesene Männer, die den Aufstieg schaffen können und werden. «
Todeskamm nickte und kniff die Augen zusammen. »Zwei vollständige Kompanien?«
»Ja, Herzog Todeskamm.«
»Voll ausgebildete Waldläufer, Robert? Das Beste, was Mystria aufzubieten hat?«
»Ja.«
»Und Ihr werdet Sie anführen?«
Forst lächelte. »Einen Daumen habe ich noch, also werde ich sie befehligen.«
»Sehr gut.«
Rivendell blinzelte. »Ihr könnt nicht ernsthaft planen, Sie die Klippen erklettern zu lassen, Dick. Das sind mystrianische Truppen. Habt Ihr vergessen, welche Lektionen uns der Wald von Artennes gelehrt hat?«
Todeskamm verzog verächtlich den Mund. »Ich werde Euch nur dieses eine Mal auffordern, Johnny, Euch daran zu erinnern, wer von uns beiden an jenem Tag tatsächlich dort war und die mystrianischen Truppen eingesetzt hat.«
»Dann solltet Ihr es besser wissen als jeder andere …«
»Das tue ich, Ihr Esel, ich weiß es besser als Ihr oder Euer Vater.« Todeskamms Stimme senkte sich, und er sprach sehr viel langsamer. Vladimir sah jedes Wort wie einen stählernen Dolch vor sich, der sich in Rivendells Eingeweide bohrte. »Hätte ich meinen Willen, ich würde Major Forsts Männer nehmen und sie losschicken, sich um du Malphias zu kümmern. Eure Männer würde ich irgendwann zum Amboss-See schicken, damit sie die Trümmer der Festung besetzen, und hoffen, dass sie den Weg zurück nicht mehr finden.«
Rivendell zog pikiert die Nase hoch. »Diese Option besitzt Ihr nicht, Sire. Das Parlament übertrug mir den Befehl über diese Expedition. Ihr seid als Beobachter hier.«
»Und als Berater.« Todeskamm wandte sich an den Prinzen. »Was ich Euch raten würde, Hoheit, ist, Major Forsts Schärler zur unabhängigen Einheit zu erklären. Ich habe einen Auftrag von äußerster Wichtigkeit für sie.«
»Ja, mein Lhord?«
Todeskamms Blick wanderte zu Rivendells Adjutant. »Langford, macht Euch nützlich. Ihr habt da eine Karte von Mystria? Ja, auf diesen Tisch. Bewegung, Mann, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.«
Langford zuckte zusammen, ließ die Bücher sowie zwei der Karten fallen und verlor noch zwei weitere, als er sich bückte, um eine der ersten aufzuheben. Er trug sie an einen Tisch und breitete sie darauf aus.
Todeskamms düstere Miene nahm Langfords Ungeschicklichkeit jeden Anflug von Humor. Vladimir wurde bewusst, dass Todeskamms Ausstrahlung selbst ihn in ihren Bann geschlagen hatte. Er stellte fest, dass er bereitstand, auf Befehl des Herzogs zu springen wie ein Rekrut. Er kannte den Mann nur aus Geschichtsbüchern und kryptischen Hinweisen in Briefen, aber in Fleisch und Blut ließ Ventnor alle Legenden, die ihn umrankten, weit hinter sich. Beschreibungen, die auf dem Papier überzogen gewirkt hatten, konnten es mit der düsteren Energie des realen Mannes nicht einmal annähernd aufnehmen.
Mit Rivendell als Schlusslicht ging die Gruppe an den Tisch, um die Karte zu studieren.
Todeskamm deutete auf die Mündung des Silberflusses. »Kurz bevor wir in See stachen, meldeten unsere Spione auf dem Kontinent, dass zwei ryngische Infanterieregimenter nach Mystria aufgebrochen waren. Ein Regiment ist unterwegs zu dieser Festung des Todes.«
»Du Morte«, korrigierte Rivendell.
Ventnor fixierte ihn mit einem Blick, der einen Amboss geschmolzen hätte. »Wir erwarten, dass du Malphias’ Platingarde wieder zu ihm stößt. Das nach Villerupt endlich wiederaufgebaute Siliziumregiment wird die Ortschaften in Kebeton verstärken. Sie wird ein Bataillon hier, in Fort Cuivre an der Ostküste des Lac Verdeau stationieren, am Oberlauf des Silber.«
Die Miene des Prinzen spannte sich. »Wer dieses Fort kontrolliert, kann den für du Malphias bestimmten Nachschub ebenso aufhalten wie alle Handelswaren auf dem Weg nach Kebeton.«
»So ist es. Cuivre ist der Eckstein zur Vernichtung eines Großteils des tharyngischen Handels.« Todeskamm schaute auf. »Major Forst, können Eure Männer es einnehmen?«
»Ihr verlangt von uns, fast dreihundert Meilen wie die Krähe fliegt zurückzulegen, der größte Teil durch Land der Sieben Stämme. Die Tharyngen werden gewarnt sein, dass wir kommen. Wir haben keine Artillerie und werden einer zahlenmäßig überlegenen Garnison gegenüberstehen.«
Der Herzog nickte. »Jetzt wisst Ihr, warum ich nicht Johnnys Sandkastenfreunde mit ihren Steckenpferden schicke.«
Forst schmunzelte. »Wir können es schaffen. Ich werde mich daranmachen, die nötige Ausrüstung zusammenzustellen.«
»Gut. Ihr rückt vor der Hauptstreitmacht aus, als verstärkte Kundschafter, und biegt erst später zu Eurem wahren Angriffsziel ab. Ich werde Euch vollständige schriftliche Order zukommen lassen.«
»Ich bedanke mich, mein Lhord.«
Todeskamm nickte. »Was Euch betrifft, Hoheit, möchte ich, dass Ihr den Befehl über die Kolonialmiliz übernehmt. Man hat mir zu verstehen gegeben, dass Ihr über ein Regiment verfügt. Ihr werdet als unsere Reserve dienen, aber ich werde Euch auch benötigen, um Straßen durch die Wildnis zu schlagen. Ihr verfügt über Männer, die eine Axt schwingen können?«
Der Prinz lachte. »Jeder Mann in Mystria besitzt eine Axt und hält sie scharf geschliffen. Ich habe eine Milizkompanie, die …«
»Miliz? Niemals!« Rivendell protestierte. »Ich werde sie nicht in den Kampf lassen. Auf keinen Fall werde ich sie einsetzen.«
»Dann seid Ihr ein Narr, aber ich vermute, dass ist ohnehin offensichtlich. Euer Einfluss bei Hofe und im Parlament hat Euch den Befehl über diese Expedition verschafft. Aber ich bin befugt, die Miliz zu beraten, und ebendies tue ich. Falls Ihr Euch entschließt, meinen Rat zu ignorieren, so tut Ihr das auf eigene Gefahr.«
»Gefahr? Das werden wir noch sehen, mein Lhord.«
»Spielt Euch nicht so auf, Johnny. Das hier ist kein Spiel.« Ventnor winkte Rivendell beiseite. »Kapteyn Radband, Euch erwarte ich heute Abend in meinem Quartier zum Essen. Ich werde Euch einen Mann mit den Einzelheiten schicken. Bis dahin, nehme ich an, werdet Ihr als Verbindungsoffizier hier gebraucht. «
»Ja, Sire.« Owen zögerte. »Darf Ich mich nach dem Befinden meiner Gemahlin erkundigen?«
»Dafür ist dies weder der Ort noch der Zeitpunkt.« Die Miene des Herzogs lockerte sich kaum merklich. »Als ich sie zuletzt sah, ging es ihr gut, und sie freut sich auf Euer Wiedersehen.«
»Ich danke Euch, mein Lhord.«
Todeskamm nickte, dann widmete er sich wieder dem Modell. »Plant Euer Vorgehen sorgfältig, Sires. Das Schicksal Mystrias hängt davon ab, was Ihr tut. Und jetzt, Johnny, verschwindet von hier und nehmt Euren Schatten mit, damit die echten Männer arbeiten können.«
Rivendell wirkte wie ein schmollendes Kind, als er Richard Ventnor in einigem Abstand mit steifem Gang und gesenktem Kopf aus dem Büro folgte. Langford sammelte hastig die Karten und Journalbände ein, bis auf die ausgebreitete Karte Mystrias, die er auf dem Tisch liegen ließ, und eilte den beiden nach.
Vladimir stieß einen Seufzer aus, als sich die Türe hinter den Besuchern geschlossen hatte. »Das, Sires, war faszinierend. Auch wenn es dafür noch recht früh ist, darf ich Euch etwas zur Beruhigung der Nerven anbieten? Kerzenzieher, Whiskey und Wasser für alle, bitte.«
Der Prinz drehte sich zu Owen um. »Euer Oheim hinterlässt einen ziemlichen Eindruck.«
»Er hat Jahre der Erfahrung darin.« Owen schüttelte den Kopf. »Ums Haar hätte er es geschafft, dass Rivendell mir leidtut. «
Der Graf akzeptierte ein Glas aus der Hand des Lakaien. »Ihr freut Euch nicht auf das Diner?«
»Lieber würde ich mit dem Laureaten speisen.«
»Die Gelegenheit könnten wir alle noch bekommen.« Vladimir studierte die Karte. »Wie schnell können wir realistischerweise vorankommen? Zehn Meilen pro Tag?«
Forst schüttelte den Kopf. »Ich werde das mit meinen Leuten schaffen, vielleicht sogar zwölf. Es gibt anständig schiffbare Flüsse auf einem Teil der Strecke. Zum Amboss dürftet Ihr sechs schaffen.«
»Was meint Ihr, Owen? Ihr wart schon dort.«
Owen hielt das Glas mit beiden Händen, trank aber nicht. »Das hängt davon ab, wie viele Wagen wir für Nachschub benötigen. Ich würde, so viel ich könnte, den Tillie hinauf nach Hutmacherburg vorausschicken. Auf jeden Fall die Kanonen. Die Pferde auch. Nicht, dass sie uns an der Festung irgendeine Hilfe sein werden.«
»Wenn wir am Einunddreißigsten aufbrechen, sind wir um den zweiten Juli am Amboss-See. Damit bleiben uns zwei Monde, vielleicht drei, für die Belagerung.« Der Prinz schüttelte den Kopf. »Allein schon die notwendigen Mengen an Proviant und Futter für die Tiere dorthin zu schaffen, wird unglaublich schwierig. Ein Alptraum.«
Der Graf kicherte. »Ein Idiot als Anführer, ein an den Haaren herbeigezogener Zeitplan, und völlig unzureichende Kräfte für die zu erfüllende Aufgabe. Hätte ich nicht Erfahrungen im Umgang mit gekrönten Häuptern, könnte ich den Eindruck bekommen, man will nicht, dass wir Erfolg haben.«
Rivendell schloss die Tür der Kutsche, bevor Langford zusteigen konnte. »Geht zu Fuß, Langford, und beeilt Euch. Ich werde zu Euch stoßen, sobald der Herzog und ich uns unterhalten haben.«
Langford setze automatisch an zu salutieren. Natürlich rutschten ihm dabei die Karten aus den Händen. Es gelang ihm nicht, sie rechtzeitig aufzufangen, und er wurde rot.
Todeskamm hieb mit der Faust gegen das Dach der Kutsche. »Los!«
Der Fahrer schnalzte mit der Peitsche, und die schwarze Kutsche setzte sich mit einem Ruck in Bewegung. Rivendell lächelte. »Oh, Dick, ich glaube, wir haben sie getäuscht. Sie haben keine Ahnung. Ich habe Recht, nicht wahr? Nicht wahr?«
»Ja, natürlich. Alles ist verlaufen wie geplant.« Auf Ventnors Zügen zeigte sich die Andeutung eines Lächelns. »Ihr habt Eure Rolle gut gespielt.«
»Und Ihr ebenfalls, Sire, Ihr ebenfalls.« Rivendell strahlte. »Dass Ihr früher als erwartet eingetroffen seid, war brillant. Mit dem Postschiff, sagt Ihr.«
»So ist es, und ich erwarte meine zwanzig Pfund.«
»Natürlich.« Rivendell nickte. Er hatte den Herzog Todeskamm auf dem Kontinent kennengelernt und ihn ganz und gar nicht angenehm gefunden. Der Mann hatte einfach kein Interesse an Gesellschaft. Trotzdem schien er immer bei jemand von Einfluss Gehör zu finden. Im Gegensatz zu seinem Vater achtete der junge Rivendell auf die Gestalten im Hintergrund, denen kein Unglück etwas anhaben konnte. Als er sich im Streit um Mystria auf der Todeskamm entgegengesetzten Seite fand, hatte ihm das beträchtliche Sorgen bereitet, und als der Mann ihm in Launston die Nachricht zukommen ließ, dass er mit ihm reden wollte, war er absolut entsetzt gewesen.
Ventnor schob sich in die Ecke der Kutsche. »Ihr werdet die mystrianischen Truppen einsetzen.«
»Das werde ich nicht, Sire. Sie sind völlig unzuverlässig.«
»Natürlich sind sie das, Dummkopf. Es ist erforderlich, dass sie vernichtet werden, damit die Königin begreift, welche Idiotie es ist, die Kolonien ohne starke Garnison zu lassen. Ihr werdet sie zum Amboss-See mitnehmen, Ihr werdet die Kolonisten in den Tod schicken, und dann werdet Ihr Euch zurückziehen und eine Festung am Oberlauf des Tillie bauen, wie wir es geplant haben. Wir hindern du Malphias daran, eine eigene Nation zu gründen, und sorgen dafür, dass er als nützliche Bedrohung am Leben bleibt.«
Rivendell nickte. »Es ist mir zuwider, dass der Eindruck entstehen wird, ich hätte die Belagerung verloren.«
Todeskamm schüttelte den Kopf. »Ihr verliert sie nur, wenn wir zulassen, dass es im Parlament so verlautbart wird. Und das werden wir sicher nicht. Ihr werdet eine ›strategische Umpositionierung‹ durchführen. Man wird Euch als Genie feiern und Euch zusätzliche Truppen bewilligen, um ihn im kommenden Sommer zu venichten. Und ganz Mystria wird Euch als Retter sehen. Tharyngia ist gezwungen, zusätzliche Truppen nach Mystria zu verlegen, wir greifen auf dem Kontinent an und beenden die Tyrannei der Laureaten auf ewig.«
»Ja, ja, natürlich.« Rivendells Lächeln verblasste ein wenig. »Warum habt Ihr Forsts Leute fortgeschickt?«
»Hättet Ihr sie am Amboss-See verfügbar gehabt, wärt Ihr gezwungen worden, sie einzusetzen. Indem ich sie zum Lac Verdeau in den Tod geschickt habe, machen wir Mystria sehr viel verwundbarer. Das wird die Flüsterkampagne für eine Unabhängigkeit zum Verstummen bringen.« Ventnors Lider sanken halb über seine Augen. »Man wird den Prinz als Generalgouverneur absetzen. Ich erwarte, dass man Euch den Posten anbietet.«
Rivendell rieb sich die Hände. »Ich erhalte so viel, und Ihr verlangt so wenig.«
Sein Gegenüber zuckte die Schultern. »Seht zu, dass mein Neffe stirbt, und ich betrachte die Schuld als mehr denn beglichen. «