SIEBTES KAPITEL
28. April 1763
Haus der Frosts, Port Maßvoll
Mäßigungsbucht, Mystria
Owen schreckte auf und streckte die Hand nach seiner Gattin aus. Das Bett war leer, doch der Traum war noch präsent genug, dass er nach der Wärme ihres Körpers tastete, wo sie hätte liegen sollen. Die Sonne stand bereits am Himmel und zeigte ihm, dass es schon auf Mittag ging. Seit Monden hatte er nicht mehr so lange geschlafen.
Er versuchte sich aufzusetzen, doch die weiche Matratze widersetzte sich seinen Bemühungen. Er kapitulierte und ließ sich zurücksinken. Das Federkissen legte sich um seinen Kopf und dämpfte das Zwitschern der Vögel vor dem Fenster. Lächelnd versuchte er, die verblassenden Traumbilder festzuhalten.
Katherine war zu ihm nach Mystria gekommen. Sie hatten gemeinsam einen Ball auf dem Landgut des Prinzen besucht. Die Mitte seines Laboratoriums war freigeräumt gewesen, der Bär und der Geopahr hatten am Tanzvergnügen teilgenommen. Ebenso der Elch. Alle Tiere hatten sich sehr manierlich betragen und sich zur Musik einer Regimentskapelle vergnügt. Der Prinz hatte mit Katherine getanzt, und sie hatte so strahlend gelächelt, wie sie nur konnte. Und danach war sie zu ihm gekommen, hatte ihn umarmt, und sie hatten sich in diesem Bett geliebt.
Owen wäre geneigt gewesen, den Traum als Hirngespinst abzutun, hätte Katherine nicht felsenfest an die Bedeutung von Traumbildern geglaubt. So zwang er sich, zu erinnern, was er konnte, um es ihr in seinem nächsten Brief mitteilen zu können. Sollte sie ihn deuten, wie sie mochte.
Aber noch nicht sofort. Er schloss nur für einen Moment die Augen, und bis zu einem leisen Klopfen an der Tür, bevor sie sich öffnete, erinnerte er sich an nichts mehr.
Ein älterer Lakai betrat das Zimmer mit seiner Jacke, der Weste und den Hosen, allesamt frisch gewaschen. Owen schob sich am Kopfbrett des Bettes hoch, als der Mann seine Sachen an den Kleiderschrank hängte. Ohne ein Wort zu sagen, verschwand er wieder auf dem Flur und kehrte mit den frisch gewichsten Stiefeln zurück.
Owen lächelte ihn an. »Danke.«
»Wir dienen gerne.« Der alte Mann erwiderte die Freundlichkeit dankbar. »Doktorus Frost bittet um das Vergnügen, Kapteyn. «
»Bitte dankt ihm von mir. Ich werde ihn alsbald aufsuchen.«
Der Lakai nickte und zog sich zurück, die Türe hinter sich schließend.
Owen stand auf und reckte sich, dann wusch er Gesicht und Hände in der Schüssel auf dem Beistelltisch. Er trocknete sich mit dem bereitliegenden Handtuch ab und zog sich an. Die Truhe, die er aus Norisle mitgebracht hatte, war ausgepackt, seine Kleidung in Kommode und Schrank verstaut. Anstelle der Stiefel entschied er sich jedoch für Strümpfe und flache Schuhe mit silberner Schnalle.
Er stieg die Treppe hinab und verließ das Haus durch die Küche, um das Klosett zu benutzen. Obwohl es eng und muffig war, war ihm dies lieber, als den blanken Hintern über den Abort des Schiffes hängen zu müssen. Der Geruch der salzigen Meeresluft war zwar angenehmer, das hochspritzende eisige Meereswasser allerdings ganz und gar nicht.
Als er ins Freie trat, sah er Bethany an einer Pumpe einen Eimer füllen. »Einen guten Morgen, Fräulein. Darf ich helfen?« Ohne auf eine Antwort zu warten, übernahm er das Pumpen des Schwengels.
Sie schenkte ihm ein freundliches Lächeln. »Ihr seid sehr liebenswürdig, Sire, weit mehr, als ich es verdiene.«
Er runzelte fragend die Stirn, während er die quietschende Pumpe bediente. »Ich kann Euch nicht ganz folgen, Fräulein.«
Bethany wischte sich die nassen Hände an der Schürze ab. »Ich bitte Euch, vergebt mir mein Benehmen gestern Abend, Kapteyn Radband. Obwohl es bereits drei Jahre her ist, empfinde ich noch immer den Drang, von Ira zu hören. Als ich erfuhr, dass Ihr mit ihm dort wart, hat es vieles in mir geweckt, was ich gehofft hatte, schon seit langem zur Ruhe gebettet zu haben.«
Owen unterbrach das Pumpen. »Bitte, Fräulein, ich bin es, der Grund hat, um Vergebung zu bitten. Es war nicht meine Absicht, Euch Leid zuzufügen.«
»Das habt Ihr nicht.« Ihr Lächeln verschwand. »Ihr wart ehrlich und wahrheitsgetreu. Und freundlich.«
Die Andeutung, dass mancher Mann vorgetäuscht hatte, Ira gekannt zu haben – vermutlich, um ihr näherzukommen –, überraschte ihn nicht. Ebenso wenig, dass viele die Lügen über die Mystrianer glaubten, die Lhord Rivendells Buch verbreitet hatte. Er hatte in der Armee weit ehrloseres Verhalten erlebt, von Edelleuten ebenso wie von Gemeinen. Ehrlich gesagt, vor allem von Edelleuten. »Ich glaube, Fräulein, Ihr werdet feststellen, dass nur wenige Männer das Bedürfnis haben, für ihre Wünsche und Taten die Verantwortung zu übernehmen. Lügen, Taktlosigkeit und gedankenlose Grausamkeit sind weit einfacher, als sich der Wahrheit wie ein Mann zu stellen.«
Bethany lachte, wich seinem Blick jedoch aus. »Ihr klingt wie mein Bruder.«
»Was er, vermute ich, bestreiten würde.«
Sie hob den Kopf, und ihre Miene war wieder so fröhlich wie zuvor. »Da habt Ihr Recht, Kapteyn, doch nehmt es ihm nicht krumm. Er hat seine Gefühle noch nicht im Griff, und spricht aus, was er denkt.«
»Das ist nur selten von Übel, außer beim Militär.«
»Es ist immer von Übel, wenn es mit Calebs Lautstärke geschieht. « Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Doch ich halte Euch von Eurem Frühstück ab. Wir haben etwas für Euch aufgehoben. «
»Geht voraus. Ich bringe das Wasser.«
Er folgte ihr in die Küche und stellte den Eimer auf einen Tresen. Sie brachte ihn zum Esszimmer, wo ihr Vater ihn erwartete. Owen setzte sich, und sie holte ihm aus der Küche etwas Speck und Zwieback mit Butter und Honig. Dann verschwand sie ein zweites Mal und kehrte mit einer Teekanne und zwei Tassen zurück, in die sie ihm und ihrem Vater einschenkte.
Dr. Frost drehte die dampfende Tasse in der Hand. »Ihr steht früh auf, Kapteyn.«
Owen blinzelte, kaute hastig und schluckte schnell. »Sire, es ist bereits später Vormittag. Ich hätte längst aufstehen sollen. «
»Die meisten unserer Gäste schlafen sehr viel länger und wollen ihr Essen ans Bett.« Frost reichte ihm eine versiegelte Botschaft. »Doch es ist ganz gut so, denn Koronel Langford war noch früher hier. Er möchte Euch zum Mittag sehen.«
Owen spielte mit dem Brief. »Muss ich ihn lesen?«
Der ältere Mann zuckte die Achseln. »Ihr werdet feststellen, dass meine Gemahlin zwar nichts übrighat für Tratsch – behauptet sie –, unter den Domestiken jedoch ein schnelles und höchst effizientes Spionagenetz existiert. Eure Expedition wird Anfang der Woche aufbrechen, angeführt von Rufus Ast. Der Koronel wird Euch mitteilen, wie lange Ihr fortbleiben werdet, und Euch über einige der bevorstehenden Unbilden informieren. «
Owen brach einen Zwieback in zwei Hälften und bestrich ihn mit Butter. »Und auch wenn ein Ehrenmann wie Ihr sicherlich nichts darüber weiß, nehme ich an, dass man bereits Wetten darauf abgeschlossen hat, wie lange es dauern wird, bevor ich nach Port Maßvoll zurückkehre und die Expedition ohne meine Anwesenheit ihren Weg ziehen lasse?«
Frosts Augen blitzten. »Ihr habt eine zu hohe Meinung von mir, Sire. Mein Vater hat ein Handelsimperium darauf aufgebaut zu wissen, welche Risiken es sich einzugehen lohnt. Ich selbst habe mich für die Naturphilosophie entschieden, doch auch ich bin Risiken nicht abgeneigt. Solchen sportlicher Natur. Euer Ansehen ist weit besser als das Eurer Vorgänger. Nur wenige von ihnen brachten es auf eine Woche. Man traut Euch zu, zehn Tage durchzuhalten, oder bis Ihr die Großen Fälle erreicht. Auch erwartet man, dass Ihr nicht beim ersten Anblick der Zwielichtvölker die Flucht ergreift. Wohl aber, dass der erste Geopahr Euch schreiend das Weite suchen lässt.«
Owen lachte. »Nachdem ich den in der Sammlung des Prinzen gesehen habe, ist das die Wette, die Ihr eingehen solltet.«
»Bitte, Kapteyn, ich glaube, Ihr unterschätzt Euch. Zumindest hoffe ich das. Ich habe Geld auf Euren Erfolg gesetzt.«
»Verratet Ihr mir, Sire, wie ihr gewettet habt?«
Frost dachte kurz nach, dann schüttelte er den Kopf. »Ich glaube nicht. Ihr seid ein Mann, der viel ertragen würde, um mein Vertrauen in Euch zu rechtfertigen. Es besteht keine Notwendigkeit für Euch, mehr zu wissen, und mein Glück beruht ganz auf der Genauigkeit meiner Einschätzung.«
Owen meldete sich in voller Uniform im Hauptquartier und wurde stehenden Fußes zu Koronel Langford gebracht. Wie vorhergesagt, ließ sich dieser über die Schwierigkeiten aus, die Owen erwarteten, und deutete kaum verhohlen an, dass er jemanden von Owens Fähigkeiten in Port Maßvoll gut gebrauchen konnte. »Lasst es mich offen aussprechen, Kapteyn. Ihr und Euer Können wärt besser hier aufgehoben, anstatt sich in den Wäldern zu verirren und umzukommen.«
»Damit habt Ihr sicherlich Recht, Koronel.« Owen griff in seine Jacke und zog ein gefaltetes Blatt Papier heraus. »Doch ich habe meine Befehle. Nun denn, Sire, wenn Ihr so gütig wärt, dies hier zu lesen. Ich glaube, die Liste enthält alles, was ich für den Abschluss meiner Mission benötige.«
Langford nahm das Papier, öffnete es und las. Seine Augen verengten sich während der Lektüre mehrmals, dann nickte er. »Ihr habt auf diese Requisition erhebliche Zeit verwendet, Kapteyn.«
»So ist es, Sire. Die Überfahrt gestattete es. Ich hatte einige der früheren Berichte und zusätzlich eine tharyngische Studie gelesen, die ich in einem Geschäft in Launston fand. De Veraces Forschungsbericht von 1641.«
Langford schaute auf. »Es gibt eine Übersetzung?«
»Nein, Sire. Ich beherrsche Tharyngisch und Kessisch. Mein Großvater hatte wenig Geduld mit Dummköpfen.« Er streckte die Hand aus. »Wenn Ihr die Liste abzeichnen wollt, Sire, kann ich damit zum Quartiermeister und mir das Material aushändigen lassen.«
Langford tauchte eine Schreibfeder in die Tinte und kritzelte hastig seinen Namen auf das Blatt. »Ich beglückwünsche Euch zu Eurer Voraussicht, Sire.«
»Danke, Sire.« Owen nahm das Papier wieder entgegen, stand auf und salutierte. »Gott segne die Königin, Sire.«
Langford erwiderte den Gruß, ohne sich von seinem Platz zu erheben. »Und er sei Euch und Eurer Seele gnädig.«
Lieftenant Palmerston, der Quartiermeister, ein in Ehren ergrauter Veteran mit nur einem Auge, einer Handvoll Zähnen und zwei fehlenden Fingern an der linken Hand, studierte Owens Liste. Dann brach er in schallendes Gelächter aus. »Schwefel, Feuersteine und Kugeln für zweihundertfünfzig Schuss Eurer Muskete und hundert der Pistole? Zwieback und Dörrfleisch für drei Monde? Kleidung, Decken, Tauschwaren, Gold? Sire, verzeiht, aber das kann nicht Euer Ernst sein.«
»Das ist es ohne jeglichen Zweifel, Sire.« Owens Augen wurden schmal wie Schlitze. »Warum scheint Ihr zu glauben, dass ich diese Dinge nicht benötigen werde?«
Der Lieftenant riss sich zusammen, und sein Lachen brach abrupt ab. »Nun, Sire, es ist nur so, dass der Koronel bereits eine Requisition von Rufus Ast für Eure Expedition abgezeichnet hat. Die Männer sind gerade dabei, das meiste davon zusammenzustellen. Ich habe es alles ordentlich überprüft und fertig. Da habt Ihr mehr als genug für Eure Bedürfnisse, Sire.«
Owen rieb sich das Kinn. Der Lieftenant befehligte ein allem Anschein nach bestens ausgestattetes Lager. Genaugenommen waren das Einzige, was durch Abwesenheit glänzte, die Arbeiter.
»Könnte ich einen Blick auf diese Requisition werfen?«
Palmerston öffnete eine Schublade an seinem Schreibtisch und holte ein dreiseitiges Dokument hervor. »Alles ordentlich abgezeichnet.«
Das stimmte. Koronel Langford hatte die letzte Seite unterschrieben und die beiden vorhergehenden mit seinem Zeichen versehen. Und falls Owen sich nicht irrte, hatte er das Dokument sogar selbst geschrieben. Während Owen las, stieg eine zunehmende Wut in ihm auf, und er hatte Mühe, sich diese nicht anmerken zu lassen.
»Darf ich fragen, Lieftenant, was es mit diesem Posten auf sich hat, für das als Proviant vorgesehene Fleisch. Um genau zu sein, mit dieser Dienstleistungsgebühr.«
»Ach, das ist so üblich, Sire.« Der Mann kratzte sich mit einem vernarbten Finger unter der Augenklappe. »Wisst Ihr, die Rinder werden aus unserer Herde zu Meister Fass’ Schlachthaus gebracht und dort getötet und zerteilt. Dann wird das Fleisch dort gedörrt und gepökelt, Sire. Das ist die Dienstleistung.«
»Aber, Lieftenant, das braucht Zeit, und das Dörrfleisch wird nicht fertig sein, wenn wir aufbrechen.«
»Nein, Sire, Ihr werdet Fleisch aus unseren Vorräten mitnehmen, und die werden dann damit aufgefüllt.« Der Lieftenant nickte beruhigend. »So ist das hier üblich, Sire.«
Owen schüttelte den Kopf. »Aber der Fleischer wird sicherlich seine übliche Kommission zurückbehalten, nicht wahr? Und verzeiht die Frage, aber hat das Regiment nicht eigene Fleischer? Sollten die nicht diese Arbeit erledigen?«
»Nun das würden sie, Sire, nur haben sie anderes zu erledigen.«
»Tatsächlich.« Owen deutete auf einen anderen Punkt der Liste. »Hier fordern sie Schwefel und Kugeln für fünftausend Schuss an.«
»Jawohl, Sire.«
»Aber gleichzeitig fordern sie fünfhundert Feuersteine an. So viel Pulver und Kugeln erfordern nur fünfzig Feuersteine.«
»Nun, Sire, in der Wildnis …«
Owen packte den Quartiermeister beim Kragen und zerrte ihn über den Schreibtisch. »Ich habe auf dem Kontinent gekämpft, Sire, in Feldschlachten, aus denen Ihre Einheit geflohen ist. Ich habe mit einem Feuerstein einhundertfünfzig, sogar zweihundert Schuss abgefeuert, bevor er ersetzt werden musste. Diese zusätzlichen Feuersteine lassen sich verkaufen, und ich vermute, hier draußen bringen sie einen hübschen Preis. Erstklassige Handelsware, das wird Euch nicht neu sein. Ihr kassiert dabei mit, habe ich Recht?«
»Jetzt hört mal, Sire …«
»Nein, Lieftenant, Ihr hört jetzt mir zu. Im Gegensatz zu anderen, die hier ein großes Abenteuer suchten, bin ich gekommen, um meine Arbeit zu tun. Die anderen mögen zufrieden gewesen sein, hier in der Stadt zu bleiben, während die Meister Fass und Ast im Landesinnern für sie tätig waren, aber das gilt nicht für mich. Der Krieg wird auch vor Mystria nicht haltmachen. Meine Aufgabe ist es, diesen Krieg vorzubereiten. Falls Ihr mir dabei nicht helft, macht Ihr Euch der Arbeit für den Feind schuldig. Das bezeichnet man als Hochverrat, Sire, und ich werde Euch dessen anklagen. Ist das deutlich genug?«
Der Lieftenant nickte. »Ja, Sire.«
Owen stieß ihn zurück auf seinen Stuhl. »Langford ist ein Schwarzhändler. Das weiß ich längst. Er schickt Handelswaren als Militärfracht zurück nach Norisle, um den Zoll zu umgehen. Darf ich im Hinblick der Anforderungen für das Dörrfleisch annehmen, dass die Familie Fass ihm die ›Dienstleistungsgebühr‹ zurückerstattet? Und dass Ihr nie wirklich die Anzahl von Fässern Dörrfleisch erhaltet, die der Menge der requirierten Rinder entspräche?«
»Stimmt, Sire. Und einer der Fassens ist ein Lohgerber, Sir. Der bekommt die Häute. Die Knochen werden zermahlen und als Dünger auf die Felder gestreut.«
Der Kapteyn nickte. »Und einer der Gründe, warum unsere Fleischer nicht zur Verfügung stehen, um unsere Rinder zu schlachten, ist der, dass Langford sie irgendwo als Tagelöhner vermietet hat?«
Palmerstons Miene wurde düster. »Sie arbeiten für Fass, im Schlachthaus.«
Es war wirklich einfach, die Soldaten als Arbeitskräfte zu vermieten. Selbst wenn die Truppen darüber Meldung machten – und die meisten würden gar nicht auf den Gedanken kommen, weil sie nur Befehle ausführten und es nicht besser wussten –, wem sollten sie es melden? Falls die Offiziere nicht selbst an diesem Betrug beteiligt waren, würden sie den einfachen Soldaten kaum glauben. Viele der Offiziere waren überzeugt davon, dass die zusätzliche Arbeit dem Abschaum in den Reihen guttat. Und noch mehr würden es als unter ihrer Würde als Ehrenmann betrachten, sich mit etwas Derartigem abzugeben. Selbst wenn es also zu einem Kriegsgerichtsverfahren käme, hätte Langford höchstens einen Tadel zu erwarten.
»Wie schafft Ihr es, den Verlust an Schwefel und Feuersteinen zu verbergen?« Aus sehr guten Gründen war es Mystria verboten, selbst Schwefel oder Feuersteine herzustellen. Beides wurde von der Regierung Ihrer Majestät strengstens kontrolliert. Es konnte unmöglich unbemerkt bleiben, wenn jedes Jahr Hunderte gestohlene Einheiten auf dem Schwarzmarkt landeten.
Palmerston wand sich. »Also, Sire, ich bin es nicht, der die Berichte an die Reitergarde schreibt. Aber so wie ich es verstehe, erfindet der Koronel kleinere Einsätze gegen räuberische Zwielichtvölker. Er meldet den erfolgreichen Rückschlag ihrer Angriffe, Sire, mit entsprechendem Verbrauch von Schwefel und Feuersteinen. Scheint, Sire, dass niemand in Launston etwas auszusetzen hat, solange er gewinnt. Er lobt sogar Leute wie Euch in seinen Berichten, Sire, und da sagt manch einer, so etwas kommt halt vor. Wenn der Koronel Euch mag, Sire, könntet Ihr sogar einen Orden bekommen.«
Owens Magen zog sich zusammen. »Sagt mir eines, falls Ihr es wisst. Die anderen Expeditionen, diejenigen mit den Meistern Fass und Ast. Wie weit sind die gekommen?«
Der Lieftenant seufzte. »Ich weiß es nicht sicher, Sire, aber das kann ich Euch sagen. Im Frühjahr nach einer dieser Expeditionen bekommt Rufus Asts Frau ein Kind. Sie macht nicht viel her, und selbst wenn, würde die Angst vor Rufus die meisten Männer von ihr fernhalten. Aber er hat sie noch nie dafür verprügelt, einen anderen in ihr Bett gelassen zu haben, und die Kinder sind alle kleine Ausgaben ihres Vaters. Ich würde sagen, Sire, das meiste von dem, was in den Berichten steht, ist erfunden. Wahrscheinlich lag er hier im Südviertel die ganze Zeit im eigenen Bett.«