DREISSIGSTES KAPITEL
7. Juli 1763
Amboss-See, Neu-Tharyngia
Owen erwachte nackt und frierend in einer dunklen Felskammer, ausgestreckt auf einem Holztisch. Dicke Lederriemen um Hand- und Fußgelenke, Brust und Taille hielten ihn auf der Holzplatte fest. Dumpfer Schmerz pochte in seinem linken Oberschenkel. Ein blutiges Stück Stoff deckte die Wunde ab. Von der Decke hing ein Glasgefäß, aus dem mit wahnsinnig machender Gleichmäßigkeit eine grünliche Flüssigkeit auf den Stoff tropfte.
Etwas schlurfte durch die Schatten zu seinen Füßen. Er konnte nicht sehen, was oder wer es war. Er spürte die Gegenwart mindestens einer Person, die sich jedoch nicht zeigte. »Hallo?« Seine Stimme war rau, die Frage endete in einem Hustenanfall, der seinen Körper schüttelte und die Schmerzen noch etwas verschlimmerte.
Das harte Knallen von Stiefeln drang in die Kammer. Besagtes Schlurfen bewegte sich darauf zu, dann verstummte es. Ein Streichholz kratzte über die Mauer und entzündete sich leise fauchend. Eine Hand mit schlanken Fingern hob es an eine herabhängende Laterne, dann an eine zweite. Der Mann hob das Streichholz an den Mund und blies es aus.
Du Malphias!
Der tharyngische Laureat hatte sich kaum verändert, seit Owen ihn zuletzt gesehen hatte, allerdings trug er diesmal keinen Hut, so dass sein schwarzes Haar und die grauen Schläfen deutlich zu sehen waren. Das Muster der flankierenden grauen Streifen wiederholte sich im Kinnbart. Er blieb am Fuß des Tisches stehen und musterte Owen. Dann bewegte er sich zur Seite. Er hob die Hand und schlug mit einem Fingernagel gegen den Glasbehälter. Der Glockenklang des Glases schien ihm zu gefallen.
»Ich muss sagen, Ihr seid ein wahrer Glückspilz. Euer Scharfblick hat Euch das Leben gerettet. Die Kugel hat Eure Schlagader verletzt, doch durch den Gürtel seid Ihr nicht verblutet. Und der improvisierte Pflanzenumschlag, mit dem Ihr die Wunde verstopft habt, dürfte die Infektion verzögert haben. Dafür sollte ich Euch wohl danken. Es hat mir eine neue Forschungsreihe eröffnet. Ich hatte keine Ahnung von den medizinischen Eigenschaften dieser Pflanze und bin interessiert, wozu sie sich – abgesehen von den offensichtlichen anästhetischen Möglichkeiten – noch eignet.«
Die Stimme des Mannes war von einer beruhigenden Gelassenheit, die Owen überraschte, und betonte die lyrische Qualität seines ryngischen Akzents. Es machte fast den Eindruck, als läge ihm etwas daran, ob Owen überlebte oder starb.
»Wasser.«
»Ein wenig später, vielleicht.« Du Malphias verschwand kurz, dann kehrte er wieder zurück und hielt ein deformiertes Stückchen Blei hoch. »Dies hier ist die Kugel, die Euch traf. Es muss ein Querschläger gewesen sein, non? Sie hat Euch das Bein gebrochen, aber ich habe den Knochen geschient. Der Bruch, er war sauber. Falls Ihr überlebt, werdet Ihr wieder gehen können. Falls nicht, ist das ein Problem, um das wir uns später kümmern.«
Der Tharynge schaute an Owens Kopf vorbei. »Quarante-neuf, den Hocker bitte, und das Tablett.«
Ein großer, kahlgeschorener Mann tauchte auf der linken Seite des Tisches auf und zog einen Hocker heran. Du Malphias nahm Platz, wirkte aber um nichts kleiner. Er nahm ein kleines Silbertablett mit Metallwerkzeugen entgegen und stellte es auf Owens Knöcheln ab – zu weit entfernt, als dass dieser mehr hätte erkennen können.
»Und ich werde meine Schürze benötigen.«
Quarante-neuf wurde zu einem bloßen Schemen, dann kehrte er in den Lichtkreis zurück und legte du Malphias eine blutbefleckte Lederschürze um. Der Tharynge winkte den Lakai fort, und dieser zog sich gehorsam an die Wand zurück, wo er kaum noch zu sehen war. Trotzdem konnte Owen erkennen, dass er mit ausdruckslosem Gesicht vor sich hin starrte.
Du Malphias hob einen kleinen Spiegel von dem Tablett, dann zog er die Abdeckung von Owens Wunde. »Falls Ihr es Euch anschauen möchtet: Die Wunde ist relativ sauber. Ich werde sie bald vernähen, doch vorher möchte ich, dass Ihr den angerichteten Schaden seht.«
Owen wollte nicht hinschauen, doch es gelang ihm nicht, den Blick von der klaffenden Haut und dem zerfetzten Muskelgewebe abzuwenden. Durch das schwache Licht der Laternen war er sich nicht ganz sicher, glaubte aber, eine Andeutung weißen Knochens zu erkennen.
»Ihr stellt mich vor ein Problem, Sire.« Du Malphias wechselte den Verband. »Ich habe Eure Sachen untersucht. Ihr besitzt eine Waffe, die nur die Männer unter meinem Befehl erhalten haben. Ich muss davon ausgehen, dass ihr früherer Besitzer nicht mehr lebt und seine Mission erfolglos war. Er und seine Leute waren auf der Suche nach etwas, das mir gehört. Ich gehe davon aus, dass Ihr über ein gewisses Wissen bezüglich dieses Gegenstandes und seines jetzigen Aufenthaltsortes verfügt. Macht Euch nicht die Mühe, es zu leugnen. Die Bleistifte in Eurem Gepäck befanden sich bei dem Objekt, von dem ich spreche. Ich habe noch weitere Schlussfolgerungen getroffen. Ihr seid ein Freund der Altashie. Ihr tragt eine Kinderpuppe bei Euch, was bedeutet, Eure Verbindung zu Ihnen reicht recht tief. Sie ist Eure Tochter, das Mädchen, das Euch die Puppe gab? Und Ihr führt eine Ausgabe von ›DIE BERUFUNG EINES KONTINENTS‹ mit. Ihr könnt demnach lesen und seid Euch der Tatsache bewusst, dass Mystrias Zukunft nicht untrennbar mit den Launen der wahnsinnigen Herrin Norisles verbunden ist.«
Du Malphias nahm eine stumpfe Metallsonde vom Tablett und deutete damit auf Owens rechten Daumen. »Das Blut unter Eurem Nagel und die Berichte meiner Leute deuten auf einen tapferen Mann mit erheblichem kriegerischem Können hin. Ihr wart in Begleitung. Ihr sollt wissen, dass ich einen dieser Männer in Gewahrsam habe, der weit schlimmer verletzt ist als Ihr. Ein Schuss in die Eingeweide. Er hat viel Blut verloren, aber er ist ein großer Mann, non?«
Friedensreich. Owen bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen.
»Es geht ihm nicht so gut wie Euch. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn retten kann.« Du Malphias zuckte die Achseln. »Ihr wisst natürlich, dass ich eine Verwendung für ihn finden werde, sollte er dahinscheiden.«
Owen schauderte.
Du Malphias lächelte. »Gut, Ihr versteht. Also, ich werde Euch noch etwas mitteilen, über das Ihr nachsinnen könnt. Es war Etienne Ilsavont, der Euch verraten hat. Er erzählte mir, dass Ihr ihm und seinem Partner eine Nachricht anvertraut und ihnen ein Pfund versprochen habt, wenn sie die Botschaft nach Port Maßvoll bringen. Zu Doktorus Frost an der Akademia. Etienne versuchte, seinen Partner zu überzeugen, dass eine Nachricht, die Frost ein Pfund wert ist, für mich noch wertvoller wäre. Sein Partner ließ sich nicht überreden, und die beiden haben sich getrennt. Ilsavont kehrte hierher zurück. Er war bei dem Trupp, der Euch entdeckt hat. Der Kugel nach zu schließen, die ich aus seiner Brust entfernte, war es der Mann, der Zauberfalke genannt wird, der ihn getötet hat.«
Er ist also tot. »Gut.«
Der Laureat gestattete sich ein kurzes Lächeln. »Etienne wird uns gute Dienste leisten, so wie sein Vater. Der Sohn hat Eure Gefährten bereits identifiziert. Euch kannte er nicht, doch dem Gespräch nach zu schließen, von dem er mir erzählt hat, wart Ihr sehr daran interessiert, was ich hier mache. Jetzt bin ich daran interessiert, was Ihr hier macht. Daran, wer Ihr seid, sowie anderen alltäglichen Einzelheiten Eures Lebens. Wollt Ihr sie mit mir teilen, oder muss ich Euch erst überreden?«
»Owen Radband.«
Du Malphias’ Augen verengten sich zu schmalen, halbrunden Schlitzen. »Ein mystrianischer Name. Ein Alias? Vielleicht. Das werden wir noch feststellen.« Er zog den Verband zurück und stach mit der Sonde in die Wunde.
Sie traf mit hörbarem Klacken den Knochen.
Owen zuckte zusammen, halb von dem Geräusch, halb wegen der Schmerzen, die sein Rückgrat heraufzuckten.
»Interessant. Ich teile Schmerzreaktionen auf einer dezimalen Skala ein, von Zero bis Neun. Eure Reaktion ist eine Fünf. Euer Kräuterbrei – und meine eigene Lösung der Pflanze in Alkohol hier über Euch, ein für das Freisetzen von Chemikalien weit effektiveres Lösungsmittel als Wasser oder Speichel – ist bemerkenswert stark. Ich nehme an, Euer Begleiter würde davon profitieren, und wenn nur, um seine letzten Stunden etwas erträglicher zu machen. Falls Ihr Euch entschließt zu reden, mon Sieur Radband, werde ich gnädig mit ihm sein.«
Du Malphias schlug noch einmal auf den Knochen.
»Und Ihr solltet noch etwas bedenken. Wir hatten niemals vor, diese Festung vor Norisle geheim zu halten. Ende Oktober wird unser Botschafter die norillische Regierung formell von ihrer Existenz in Kenntnis setzen. Das wird Gerüchte bestätigen, die wir ihr seit kurzem zuspielen. Was mich interessiert, ist, was genau Ihr über sie weitergeleitet habt.«
Du Malphias streckte die Hand aus und schloss einen kleinen Hahn, so dass kein Betäubungsmittel mehr auf den Verband tropfen konnte. »Ich werde jetzt gehen und nach Eurem Freund sehen. Bedauerlicherweise habe ich nur diese eine Lösung zur Verfügung. Ich werde überprüfen, wie groß seine Schmerzen sind, dann werde ich sie einsetzen und untersuchen, wie weit sie abnehmen. Ich hoffe, bis ich damit fertig bin, wird die Wirkung bei Euch abgeklungen sein, und ich werde meine Untersuchungen hier fortsetzen. Alles im Interesse der Wissenschaft. Quarante-neuf wird hierbleiben und sich um Eure Bedürfnisse kümmern. «
Du Malphias stellte das Tablett beiseite und löschte die Laternen, bevor er ging. Seine Schritte entfernten sich den Korridor hinab. Owen zitterte, sowohl wegen der Kälte als auch, weil die Gegenwart des Laureaten noch in ihm nachklang.
»Wasser, bitte.«
Der Lakai bewegte sich schweigend durch die Dunkelheit. Wasser plätscherte. Eine Hand schob sich unter Owens Kopf, dann berührte eine Schale seinen Mund. Quarante-neuf ließ ihn langsam trinken und machte regelmäßig eine Pause, damit Owen Luft holen konnte, bevor er die Wasserschale wieder ansetzte.
»Danke.«
Der Mann senkte Owens Kopf wieder auf den Tisch.
»Wer seid Ihr? Könnt Ihr reden? Warum nennt er Euch Neunundvierzig? «
»Es ist mein Name.«
Dem Akzent nach eindeutig ein Mystrianer. »Wer seid ihr?«
»Quarante-neuf.«
Owen kam ein Gedanke. »Wer wart Ihr?«
»Ich bin Quarante-neuf.«
Nicht weit entfernt schrie ein Mann. Es war ein unverkennbarer Schmerzensschrei. Der Schrei eines großen Mannes. Friedensreich. Owen konnte keine Worte ausmachen, doch der Ton der in die Kammer dringenden Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass ihr Besitzer um Gnade flehte. Ein weiterer Aufschrei unterstrich das Betteln, gefolgt von zwei weiteren, kürzer und schwächer.
Owen ballte die Fäuste. Du Malphias hatte erklärt, er wolle nur wissen, welche Informationen er weitergegeben hatte. Er wusste von der Nachricht, mit der Jean unterwegs war. Nathaniel und Kamiskwa waren entkommen, also würde der Prinz seine Tagebücher und Karten erhalten. Seth Pflanz’ Notiz enthielt nichts von wirklicher Bedeutung, und außerdem konnten Nathaniel oder Kamiskwa ihren Inhalt ebenfalls überbringen.
Nichts von dem, was er wusste, konnte den Prinzen davon abhalten, in Launston Unterstützung anzufordern. Jeans Nachricht würde ihm die exakte Lage der Festung mitteilen. Die Karten würden helfen, eine Belagerung zu planen, doch selbst die grobe Beschreibung Jeans würde der Reitergarde schon ein Bild davon geben, womit sie es zu tun hatten. Die Würfel waren bereits gefallen, und nichts, was Owen du Malphias mitteilen konnte, würde dem Tharyngen zu irgendeinem Vorteil gereichen.
Ein erneuter Aufschrei. Owen konnte sich vorstellen, wie du Malphias die Sonde in Friedensreichs Eingeweide stach. Der Mystrianer lag sicherlich ebenso fest verzurrt vor den Ryngen wie er hier, sein Bauch aufgeschnitten, blutend, stinkend, entzündet. Nicht nur auf dem Schlachtfeld waren Bauchwunden immer die schmerzhaftesten von allen.
Und die Verletzungen mit der geringsten Überlebenschance.
»Geht und sagt du Malphias, dass ich rede.«
Der große Lakai entfernte sich wortlos. Die Schreie verstummten, und du Malphias’ Schritte kehrten zurück. Er entzündete ein neues Streichholz, machte die Laternen an und hängte den Behälter mit dem Betäubungsmittel wieder über Owen an den Haken. Den Hahn drehte er allerdings nicht wieder auf.
Frisches Blut glänzte auf seiner Schürze und war auf die Manschetten der Jackenärmel gespritzt.
»Ihr versteht, dass ich zwar Euer Wort akzeptiere, dass Ihr die Wahrheit sagt, ich werde diese Wahrheit jedoch überprüfen, oui?«
»Ich bin Kapteyn Owen Radband von Ihrer Majestät Lindwurmreitern. «
Die Augen des Tharyngen weiteten sich. »Das ist allerdings eine Überraschung. Ihr seid Euch bewusst, dass Ihr, da nicht in Uniform, als Spion zu betrachten seid?«
»Und Ihr mich erschießen lassen könnt.«
»Das kann ich, und möglicherweise tue ich es auch. Wir werden sehen, wie nützlich Ihr seid.« Du Malphias’ Augenbrauen bewegten sich aufeinander zu. »Was macht Ihr so weit entfernt von Eurem Heimatposten, Kapteyn?«
»Ich wurde hierher geschickt, um das Neu-Tharyngische Gebiet zu erforschen. Von Eurer Gegenwart habe ich erst nach meiner Ankunft in Mystria erfahren.« Owen zuckte zusammen, als sein Bein stach. »Wir haben die Journale und den Ring eher durch Zufall gefunden und zurück nach Port Maßvoll an den Generalgouverneur geschickt. Die Nachricht, die Jean befördert, enthält die Lage Eurer Festung. Sobald meine Begleiter die Stadt erreichen, kommt eine grobe Karte der Befestigungen hinzu.«
Das Gesicht des Laureaten verdüsterte sich kurz. »Und meine Experimente? Pierre Ilsavont?«
»Wir wissen, dass er zu einem Eisblock gefroren war, aber Ihr ihn irgendwie wiederbelebt habt.«
»Ich ziehe den Begriff ›reanimiert‹ vor, aber das ist ohne Bedeutung. « Du Malphias ging zu einem Tisch hinüber, der außerhalb von Owens Sichtfeld stand, und holte das Tablett mit seinem Werkzeug. Er stellte es auf dem Hocker ab. »Ich glaube Euch. Ihr besitzt allerdings noch weitere Informationen, die ich Euch ebenfalls entlocken werde. Ich hoffe, Ihr überlebt es.«
Er nahm eine scharfe Keilsonde und einen kleinen Hammer. »Nun denn, Kapteyn Radband, wenn Ihr so freundlich wärt. Nennt mir Euren wirklichen Namen.«
In der Ewigkeit, die du Malphias für sein Verhör brauchte, verlor Owen zweimal das Bewusstsein. Er bemühte sich, nicht zu schreien, was ihm nur eingeschränkt gelang. Aber zumindest konnte er seine Schreie dämpfen, in der Hoffnung, dass Friedensreich sie nicht hörte.
Du Malphias wechselte seine Fragen ab, fragte einmal nach Truppenstärken in den Kolonien, und dann abrupt nach der Stärke von Schmerzen und ob etwas heiß, kalt oder einfach nur schmerzhaft war. Die Verwirrung, die er bei Owen damit verursachte, trug ebenso wie die Schmerzen dazu bei, dass der Kapteyn ihm Dinge offenbarte, die er unter anderen Umständen für sich behalten hätte. Er legte seine Verbindung zur Familie Ventnor offen und erzählte dem Tharyngen von den Frosts. Du Malphias bemerkte etwas in der Art, wie er von Bethany sprach, und stellte einige zusätzliche Fragen über sie.
Owen erwiderte kühl: »Ich bin verheiratet, Sire.«
»Eine sehr beliebte Verteidigung bei Männern, die bereit sind, einen Seitensprung zu wagen.« Der Laureat schlug hart mit dem Hammer auf Owens Oberschenkelknochen. »Mich könnt Ihr nicht belügen, Kapteyn, auch wenn Ihr Euch selbst zu täuschen beliebt.«
Der Tharynge fragte immer weiter, stellte dieselben Fragen in unterschiedlichen Versionen, und war irgendwann mit den Antworten, die er erhielt, zufrieden. Er legte das Werkzeug beiseite, deckte die Wunde wieder ab und öffnete den Hahn des Betäubungsmittels. Dann zog er die Schürze aus, reichte sie Quarante-neuf und schickte den Lakai mit einem geflüsterten Befehl fort.
Du Malphias baute sich neben Owen auf. »Ich nehme Euch in allem, was Ihr mir erzählt habt, beim Wort, Kapteyn. Wie ich weiter mit Euch verfahre, habe ich noch nicht entschieden. Doch Ihr scheint ein recht robustes Exemplar. Ich habe Verwendung für Euch.«
Owen schüttelte den Kopf. »Ihr werdet keinen Eurer Pasmortes aus mir machen.«
»Ich hoffe ganz entschieden, dass es nicht dazu kommt.« Er klopfte mit dem Finger an den Glasbehälter. »Sie hat bemerkenswerte Eigenschaften, diese Flüssigkeit. Ich habe vor ein paar Jahren etwas Ähnliches entwickelt.«
Aus der Tasche seines schwarzen Gehrocks zog er eine verkrustete Flasche. »Andere unternahmen alchemistische Forschungen auf der Suche nach dem legendären Stein der Weisen. Sie erwarten, etwas zu finden, das wertloses Material in Gold verwandelt. Ihre habgierigen Träume sind zwar bewundernswert, aber geprägt von einem kläglichen Mangel an Ehrgeiz. Ich war auf der Suche nach etwas anderem, das ich Vivalius nenne. Nach Jahren des Experimentierens – Experimenten in meiner Freizeit, da Ihr mich gezwungen habt, meinem Land mit meinem militärischen Wissen zu dienen – habe ich viele seiner interessanteren Eigenschaften entdeckt und verfeinert. Die Herstellung von Pasmortes ist nur eine Aufgabe, für die es sich eignet.«
Er stellte die Flasche zwischen Owens Beinen ab und drehte sich zu dem in die Kammer zurückkehrenden Quarante-neuf um. Der Lakai trug einen breiten, flachen Holzkasten, doch bevor Owen ihn sich näher anschauen konnte, verdeckte du Malphias ihm die Sicht. Der Tharynge öffnete den Kasten und hantierte mit dem Inhalt, während er über die Schulter zu Owen blickte.
»Vivalius beschleunigt die Heilung, und ich hätte es bei Eurem Bein angewendet, doch mit dem Einsatz der Pflanze habt Ihr jede Chance vereitelt, das Ergebnis auf sinnvolle Weise auszuwerten. Es ist eine Schande. Ich vermute nämlich, Ihr hättet gut auf die Behandlung angesprochen.« Du Malphias drehte sich um. Er hielt eine kleine Pistole in der Hand. »Eigentlich sollte ich sagen, Ihr werdet gut auf die Behandlung ansprechen. Ein Bein mit Vivalius behandelt, das andere mit der einheimischen Lösung.«
Er zielte am Lauf der Waffe entlang. »Im Namen Tharyngias danke ich Euch für Euren Beitrag zum Fortschritt der Wissenschaft, Kapteyn Radband.«
Das kalte Lächeln auf seinem Gesicht verschwand hinter einer Wolke von Pulverqualm.