ZWEIUNDDREISSIGSTES KAPITEL
15. August 1763
Amboss-See, Neu-Tharyngia
Owen zog den Kopf ein und schreckte vor dem ihm entgegenschlagenden Sonnenlicht zurück. Er schwankte einen Moment, legte aber genug Gewicht auf das rechte Bein, um nicht zu kippen. Vorsichtig schob er die linke Krücke ein Stück vor, dann folgte der linke Fuß, und er fand wieder Halt. Seine Arme zitterten. Die Krücken bohrten sich tief in seine Achseln, aber er war nicht bereit, zu stürzen oder umzukehren.
Nicht, dass ich wirklich fallen würde. Quarante-neuf folgte ihm auf dem Fuß und stand bereit, ihn aufzufangen. Du Malphias hatte dem Pasmorte aufgetragen, sich um all seine Bedürfnisse zu kümmern. Soweit Owen das feststellen konnte, benötigte die Kreatur keinen Schlaf, und zumindest wenn er selbst wach war, war sie ständig in seiner Nähe. Und immer dann, wenn Owen aus einem Fiebertraum aufschreckte, war Quarante-neuf mit kühlen Umschlägen und beruhigenden Worten zur Stelle gewesen.
Das dünne Hemd, das Owen erhalten hatte, polsterte die Krücken nicht einmal ansatzweise ab. Du Malphias hatte befohlen, dass er weiter den Lendenschurz tragen musste, den er von den Altashie bekommen hatte, nicht aus Gründen der Ehre, sondern weil es eine Inspektion der bandagierten Beine erheblich erleichterte. Auch die Mokassins hatte er zurückerhalten, und dies war die erste Gelegenheit, bei der er sie trug.
Der Pistolenschuss in den rechten Oberschenkel hatte keine ganz so schwere Wunde geschlagen wie die Musketenkugel. Die Kugel war kleiner gewesen und hatte den Knochen verfehlt. Das hatte du Malphias allerdings gar nicht gefallen. Irgendwie hatte die Ungleichheit der beiden Verletzungen sein Experiment ruiniert. Also hatte der Tharynge den Oberschenkelknochen mit Hammer und Meißel zertrümmert, während Quarante-neuf das Bein ruhig hielt.
Als Owen wieder aufwachte, war der Laureat damit beschäftigt gewesen, beide Wunden auf alle erdenklichen Arten zu vermessen. Er hatte Zahlen und Bemerkungen gerufen, die ein anderer Pasmorte aufgeschrieben hatte. Dann, nachdem er offenbar mit dem Ergebnis zufrieden war, hatte du Malphias fünf Tropfen seines Vivalius über die Wunde verteilt und sie vernäht. Danach hatte er auch die erste Wunde geschlossen und das rechte Bein in ein Lederstück gewickelt, damit nichts von der herabtropfenden Shedashie-Medizin es erreichen konnte.
Jeden Tag kehrte er zurück, drückte und tastete, nahm Maß und machte sich Notizen. Owen hatte sich beschwert, dass sein rechtes Bein sich ganz anders anfühlte als das linke. Es war heiß, und er hatte das Gefühl, als fräße sich etwas hinein. Du Malphias hatte seine Beschwerde mit einem Nicken quittiert und einen zusätzlichen Tropfen Vivalius hinzugefügt, doch von diesem Moment an strafte seine Miene bei der Untersuchung der Wunde seine zuversichtlichen Worte Lügen.
Dann kam das Fieber. Owen hatte keine Ahnung, wie lange es ihn in den Klauen gehabt hatte, denn er war in einem nicht endenden Alptraum gefangen gewesen. Zwischendurch hatte er Momente gehabt, in denen er wach war, aber nicht klar. Er hatte vage Erinnerungen an wirres, durch die kleine Kerkerzelle hallendes Gebrabbel, während Quarante-neuf ihn mit kaltem Wasser abwusch.
Die einzige Erlösung von den Alpträumen waren kurze Momente, in denen Bethany Frost erschien. Ihr Lächeln senkte sein Fieber und beendet die Qualen. Sie las ihm vor, Worte, die keinerlei Sinn ergaben, aber er lauschte ohnehin nur ihrer freundlichen Stimme. Sie streckte die Hand nach seiner Stirn aus, und manchmal beugte sie sich zu ihm herab, um ihn zu küssen …
Und wurde schreiend fortgerissen. Dann fand er sich abrupt im Wald wieder und rannte auf dem sich windenden Weg. Die Stockgestalten hatten Gesichter, die Gesichter seiner Frau und seiner Verwandten, gefallener Kameraden und von Männern wie Lhord Rivendell. Sie hetzten ihn, schnappten nach ihm, rissen ihm Fetzen aus dem Leib. Er wollte schneller laufen und ihnen entkommen, doch Kugeln schlugen in seine Beine. Er stolperte und fiel, fühlte sie näher und immer näher kommen. Er krallte sich in die Erde und versuchte, sich weiter zu ziehen, und schließlich, als letzter Ausweg, grub er sich zur Sicherheit tief in die Erde ein.
Dann erwachte er in seinem engen Kerker, tief unter der Erde, und fühlte sich ganz und gar nicht sicher.
Du Malphias erklärte ihm zwar nie, was er getan hatte, aber als Owens Zustand sich langsam besserte, schlussfolgerte er manches. Der Tharynge hatte die Wunde im rechten Bein offensichtlich wieder geöffnet und den Eiter ablaufen lassen. Dann hatte er eine zweite Shedashie-Lösung darüber angebracht und die Wunde offen gelassen, damit sie weiter trocknen konnte. Schließlich hatte er sie wieder vernäht, als die Hitze und Rötung verschwunden waren, und Owen dabei die ganze Zeit wütend angestarrt, ganz so, als hätte er den Laureaten irgendwie verraten.
Dank Quarante-neufs fürsorglicher Behandlung und der Weisheit der Zwielichtvölker erholte Owen sich zunehmend. Es war nicht länger notwendig, ihn zu fesseln, und du Malphias’ strenge Miene machte einem Ausdruck leichter Zufriedenheit Platz. Er hatte Owen sogar die Krücken gebracht und ihn eingeladen, seine Zelle zu verlassen, wann immer er sich dazu in der Lage fühlte.
Ich werde erst humpeln, dann gehen und schließlich fliehen.
Dieses Ziel vor Augen zwang Owen sich zur Bewegung. Seine Beine widersetzten sich den Bemühungen zu Beginn mit aller Kraft, doch er zwang sich trotz der neuen Schmerzen, weiterzumachen. Die Nähte hielten, und die Wunden verheilten. Owen bemerkte, dass die Heilung in beiden Beinen mit der gleichen Geschwindigkeit erfolgte, der rechte Oberschenkel sich aber schloss, ohne dass sich eine Narbe bildete. Das Bein erschien ihm sogar ein wenig kräftiger als das linke, aber das konnte auch an der kleineren Kugel liegen.
Was du Malphias interessierte, kümmerte Owen nur insoweit, als er sicher sein konnte zu überleben, solange der Laureat ihn als Studienobjekt betrachtete. Der Ausdruck in den Augen des Laureaten, vor allem in Momenten, in denen er sich unbeobachtet glaubte, ließ keinen Zweifel an Owens schlussendlichem Schicksal. Er war immerhin ein Spion und damit des Todes.
Ironischerweise musste er mit der Erschießung warten, bis Owen wieder gesund war. Gesund genug, dass er mich zu einem seiner Pasmortes machen kann, nachdem er mich getötet hat.
Owen war entschlossen, das zu verhindern. Er dachte nicht daran, in du Malphias’ Grenzfestung zu sterben. Nein, er würde nach Sankt Fortunas zurückkehren und Agaskan für die Puppe danken, die ihn beschützt hatte. Dann würde er nach Port Maßvoll zurückkehren und seinen Reisebericht zu Ende bringen. Er würde seine Mission abschließen und zu seiner Gattin zurückkehren.
Ein kalter Schauder lief Owens Rückgrat hinunter. In seinen Fieberträumen war es Bethany Frost gewesen, nicht Katherine, die ihn getröstet hatte. Seine Frau war auch in diesen Träumen aufgetreten, aber sie hatte Trauerkleider getragen und Abstand gehalten, hatte ihn mit entsetzter Miene angestarrt, als sei er schon lange tot. Wenn er die Arme nach ihr ausstreckte, war sie zurückgeschreckt und hatte ihn einen Pasmorte genannt.
Im Gegensatz zu Katherine glaubte Owen nicht an die Bedeutung von Träumen, trotzdem versuchte er, einen Sinn darin zu finden. Die Reaktion seiner Gemahlin entsprach absolut ihrem Wesen. Sie liebte ihn zutiefst, konnte Krankheit und Schwäche jedoch nicht ertragen. Sie hatte lange Stunden damit zugebracht, ihrer Großmutter vorzulesen, während die alte Dame langsam in Senilität versank. Blut, Erbrochenes oder sonstige Ausscheidungen allerdings ließen sie die Flucht antreten. Er schätzte sich glücklich, dass er niemals ernsthaft verwundet worden war. Viele der Freundinnen seiner Frau halfen als Freiwillige in einem Krankenhaus aus. Katherine nicht.
Die Gründe dafür, dass Bethany ihn getröstet hatte, waren nicht zu zählen. Während des kurzen Aufenthalts in Port Maßvoll hatte ihr Lachen ein Lächeln auf sein Gesicht gezaubert, und sie hatte sich als zuvorkommende Gastgeberin erwiesen. Wenn er dann noch bedachte, dass ihre Mutter ihm das Ohr wieder angenäht hatte, könnte er gut nachvollziehen, dass er die Frosts mit Heilung in Verbindung brachte. Von seiner Frau getrennt und in den Fängen des Deliriums war zu erwarten, dass sein vom Fieber gebeutelter Geist sie als ein Sinnbild der Hoffnung besetzte.
Er runzelte die Stirn. Selbst wenn es eine ungewollte Konsequenz seiner Krankheit war, schickte es sich trotzdem nicht. Er war ein verheirateter Mann und liebte seine Frau. Also entschied er, sich Bethany Frost gegenüber bei seiner Rückkehr nach Port Maßvoll höflich und sogar freundlich zu verhalten, aber sicherzustellen, dass es keinerlei Missverständnisse zwischen ihnen gab. Von seinen Träumen konnte er ihr nicht berichten, denn das hätte sie sicherlich unangenehm berührt. Er würde ihr aber seine Dankbarkeit zeigen und hoffen, dass sie sein Verhalten in welcher Weise auch immer verstand.
Owen betrachtete die Festung vom Eingang eines Tunnels aus, der auf halber Höhe zwischen der oberen Festungsanlage und dem Felsenstern im Herzen des Baus lag. Die Pasmortes arbeiteten pausenlos. Du Malphias pflegte zu bemerken, dass einige von ihnen sich zu Tode geschuftet hatten und immer noch nicht aufhörten – ein Scherz, der dem Laureaten ganz ausgezeichnet gefiel. Owen war zu dem Schluss gekommen, dass die Fähigkeiten und Nützlichkeit eines Pasmorte davon abhingen, wie schwer beschädigt er zum Zeitpunkt seiner Wiedererweckung gewesen war. Quarante-neuf wirkte beinahe normal, in der Lage, ein Gespräch zu führen und zumindest dem Anschein nach sogar fähig zu Gefühlsregungen. Er war weitaus menschlicher als Etienne Ilsavonts Beschreibung seines Vaters.
Andere, die sich in mehr oder weniger weit fortgeschrittenem Verfallszustand befanden, fungierten als reine Lasttiere. Du Malphias bezeichnete sie als seine kleinen ›Ameisen‹, die ganze Berge ein Steinchen nach dem anderen abtragen konnten. Wenn eines der Lasttiere beschädigt war, vollführten du Malphias oder ein höherwertiger Pasmorte wie Quarante-neuf tief in den Eingeweiden der Festung eine magische Reparatur.
Dass ein Pasmorte Magie wirken konnte, schockierte Owen, aber es ergab durchaus einen Sinn. Sie waren selbst zu magischen Geschöpfen geworden, und die Zauber, die sie wirkten, waren recht einfach. So wie Kamiskwa und Friedensreich die Kanus geflickt hatten, konnte Magie auch einen abgetrennten Arm wieder ansetzen oder einen gebrochenen Knochen heilen.
Du Malphias kam den Pfad zur oberen Festung herab. »Guten Morgen, Kapteyn Radband. Wie fühlt Ihr Euch?«
»Der Schmerz entspricht einer Drei auf Eurer Skala in meinem linken Bein und einer Zwei im rechten. Es ist unangenehm, aber nicht unerträglich.«
»Großartig.« Der Tharynge runzelte die Stirn. »Ich bedaure die Notwendigkeit für diese Maßnahme. Begleitet mich zum Schmied. «
»Sire?«
»Ich kann nicht zulassen, dass Ihr Unfug treibt.«
Owen hob den Kopf. »Ich versichere Euch als Offizier und Ehrenmann, Sire, dass ich keine Absicht hege, irgendetwas Derartiges zu tun.«
Die grauen Augen seines Gegenübers wurden schmal. »Ihr seid Euch bewusst, Sire, dass Ihr als Spion vor mir steht, dessen Leben jederzeit enden kann. Bitte nehmt die Ehre an, die ich Euch erweise, indem ich Euch als gefährlichen Feind behandele. Ich habe festgestellt, dass Eisenfesseln Eure Genesung nicht behindern werden, daher ist es notwendig, nun diese vernünftige Vorsichtsmaßnahme zu ergreifen. Quarante-neuf, falls er mir nicht folgt, zerre ihn.«
Quarante-neuf bewegte sich einen Schritt vor, aber Owen setzte sich ebenfalls in Bewegung. »Ich bitte Euch, Sire, nicht so schnell.«
Der Tharynge warf einen Blick zurück und wurde langsamer.
»Ich danke Euch.« Owen holte ihn ein. »Ich wollte Euch schon länger nach meinem Gefährten fragen, Sire. Wie geht es ihm?«
»Er verstarb. Wundfieber. Alle meine Bemühungen waren vergeblich.«
Owens Magen verkrampfte sich. Nicht Friedensreich! Er suchte die Reihen der Pasmortes ab. »Habt Ihr?«
Du Malphias winkte ab. »Die Entzündung hatte erhebliche Teile seines Hirns und Rückenmarks beschädigt. Er war nicht mehr zu gebrauchen.«
»Ich würde ihm die letzte Ehre erweisen.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Du Malphias deutete auf einen Hocker neben dem Amboss des Schmieds. »Ich habe mir allerdings erlaubt, ihm ein Wikingerbegräbnis zu geben. Ich habe ihn mitsamt seiner Ausrüstung in ein Kanu gelegt, es angezündet und hinaus auf den See treiben lassen. Die Strömung hat es erfasst. Seine Asche wird inzwischen den Tosenden Fluss hinab und in den Misaawa gespült worden sein. Er wird auf seiner letzten Reise mehr von diesem Kontinent sehen als während seines gesamten Lebens.«
Der Schmied, ein stämmiger Bursche, der zum Schutz seiner haarigen Brust eine lange Lederschürze trug, holte ein Paar Metallfesseln aus einem Sack. Eine davon schob er über Owens rechtes Handgelenk und drückte die aufeinanderliegenden Zungen der beiden Hälften durch die Öffnung eines dicken Ledertuchs. Er wickelte das Tuch um Owens Unterarm, dann holte er mit einer langen Zange einen rot glühenden Bronzebolzen aus dem Feuer. Diesen Bolzen schob er durch die Löcher der Metallzungen und hämmerte ihn auf dem Amboss platt.
Funken flogen, und das Eisen wurde schnell heiß. Die Härchen auf Owens Arm gingen in widerlich süßen Rauch auf. Der Schmied zog das Leder fort, dann riss er Owen nach vorn und tauchte seinen Arm bis zum Ellbogen in einen Wassertrog. Der Bolzen zischte, und das Wasser blubberte und dampfte.
Als kein Dampf mehr aufstieg, hob er Owens Arm und zeigte du Malphias das Ergebnis. Der Laureat, der sich ein Taschentuch vor Mund und Nase hielt, nickte. »Weiter.«
Der Schmied wiederholte den Vorgang am anderen Handgelenk. Du Malphias musterte das Resultat. »Wir werden Eure einheimische Tinktur auf den Verbrennungen erproben, Kapteyn. «
»Sehr freundlich von Euch, Sire.« Owen lächelte, obwohl die Brandwunden schmerzten.
»Wir sind fast fertig.« Aus einer Jackentasche zog du Malphias einen scharfen Metallgriffel. Er packte erst das eine Handgelenk Owens, dann das andere, und ritzte eine Reihe seltsam kantiger Symbole in den Kopf der Bronzebolzen. Anschließend nahm er zwei braune Ledermanschetten, die eine große Ähnlichkeit mit den Armschonern von Büroangestellten besaßen. »Ihr werdet dies ständig über Euren Fesseln tragen, bis ich Euch auffordere, sie abzunehmen. Ich bin nicht bereit, Quarante-neuf einer Gefahr auszusetzen.«
Das ergab einen Sinn. Die Eisenschellen schränkten Owens magische Fähigkeiten ein, insbesondere die Fähigkeit, eine Schusswaffe zu bedienen. Die Berührung von Eisen oder Stahl hatte eine so tiefgreifend störende Wirkung auf Magie, dass in vergangenen Zeiten bereits die Unfähigkeit, einen Eisennagel längere Zeit festzuhalten, genügt hatte, jemanden als Hexer zu überführen.
Plötzlich wurde auch klar, weshalb Pierre Ilsavont an der linken Hand einen Handschuh getragen hatte. Er hatte ihn erhalten, weil er zum Nachladen den eisernen Lauf der Muskete packen musste. Bei Kreaturen wie Quarante-neuf konnte Eisen den Zauber brechen, der ihnen den Anschein von Leben verlieh.
Owen nahm die Ledermanschetten, zog sie über und befestigte sie mit Riemen und Schnallen an Handgelenk und Unterarm. Du Malphias inspizierte das fertige Werk und lächelte.
»Sehr gut, Kapteyn Radband.« Der Laureat drehte sich um und breitete die Arme aus. »Auch wenn Ihr mir Euer Wort geben würdet, Euch untadelig zu betragen, kann ich Euch keinen freien Zugang zu meinem Lager gewähren. Ihr seid ein höchst intelligenter Mann …«
»Habt Ihr Angst, ich könnte etwas in Erfahrung bringen, das Euch schadet?«
Du Malphias starrte ihn ungläubig an, dann brach er in lautes Lachen aus. »Oh, meine Güte, non, mon Sieur. Hielte ich Euch für so gefährlich, hätte ich Euch zerstückeln lassen und die Teile zur Reparatur meiner treuen Lakaien benutzt. Non, Ihr würdet versuchen, so viel wie möglich in Erfahrung zu bringen und Euch überanstrengen. Wirklich. Ihr seid kaum in der Lage, Euch auf Krücken zu bewegen, und Ihr denkt schon über eine Flucht nach. Ich weiß es.«
Owen schloss halb die Augen. »Falls ich mich beschwere, dass Ihr meine Ehre in Zweifel zieht, werdet Ihr erneut darauf hinweisen, dass ich ein Spion und daher nicht vertrauenswürdig bin.«
»Ich sehe, wir verstehen einander.«
»Warum lasst Ihr mich dann am Leben?« Owen schaute auf seine Beine. »Sicherlich habt Ihr inzwischen doch genügend gelernt.«
»Ein Überfluss an Daten ist in der Wissenschaft niemals von Übel, Kapteyn Radband.« Du Malphias zuckte die Achseln. »Aber das ist nicht der einzige Grund, aus dem ich Euch am Leben lasse. Soll ich ehrlich sein?«
»Wenn Ihr das möchtet.«
»Ich habe die Mittel erhalten, all das zu bauen. Ihr habt selbst gesehen, wie schwierig es wäre, ein Schiff an meiner Festungswand vorbei zu navigieren, und das setzt voraus, dass dieses Schiff bereits an Fort Cuivre und den übrigen Festungen zwischen hier und dem Meer vorbei ist. Nicht unmöglich, aber doch äußerst unwahrscheinlich.«
Der Tharynge drehte sich um und deutete nach Osten. »Die intelligenteste Antwort Norisles bestünde darin, dort drüben, am Oberlauf des Tillie, eine eigene Festung zu bauen. Das würde mich aufhalten und Eure Kolonien schützen. Es würde auch eine Teilung dieses Kontinents festschreiben, die Euch an der Küste festsetzt und uns die Möglichkeit gibt, das Landesinnere auszubeuten. «
Owen nickte.
»Doch weder Eure Herren noch meine sind bereit, eine derartige Teilung auch nur in Betracht zu ziehen. Meine Feinde hoffen, dass Euer Land eine Armee aufstellt, die diese Festung vernichtet und mich tötet. Dazu müsste Norisle Kräfte umleiten, die unter anderen Umständen Tharyngia angreifen würden. Ein nobles Ziel.«
»Und welches Ziel verfolgt Ihr, Sire?«
Wieder gluckste du Malphias. »Seht Ihr, ich habe doch gesagt, Ihr seid intelligent. Mir kommt der Gedanke, dass Norisle wohl nicht in der Lage sein wird, das Innere Mystrias zu beschützen, und ich weiß, dass Tharyngia dazu ebenfalls nicht in der Lage ist. Das bedeutet, das riesige Herzland dieses Kontinents wartet nur darauf, erobert zu werden. Ich sehe keinen Grund, darauf zu verzichten, und mit meiner Magie gibt es keine Macht der Welt, die es mir wird wieder nehmen können, wenn es erst einmal mein ist.«