10.
Kapitel
Leo kriecht das dunkle Treppenhaus hinauf, sein
Körper streckt sich über vier Stufen, die Gliedmaßen ausgefahren
wie eine Spinne. Sein Körpergewicht ist gleichmäßig verteilt. Die
Stufen knarren nicht unter seiner Last. Und er kann nicht
ausrutschen oder stolpern. Kein Knarren, kein Ausrutschen, kein
Stolpern.
Du hörst mich nicht kommen.
Als er das Ende der Treppe erreicht, kann er ins
Schlafzimmer spähen. Die Dunkelheit wird ausgedünnt vom Licht der
Straßenlaterne draußen vorm Fenster. Im Raum herrscht absolute
Stille bis auf das unregelmäßige Schnarchen Fred Ciancios, das sich
anhört, als lägen Nase und Rachen miteinander im Clinch.
Langsam richtet sich Leo auf. Sein eines Knie
knackt, und er erstarrt für einen Moment. Von Fred Ciancio keine
Bewegung. Nur laute, unrhythmische, schmatzende Schnarchgeräusche
mit seitlich ins Kissen gedrücktem Kopf.
Waffen. Halt Ausschau nach Waffen. Allmählich
gewöhnen sich seine Augen an die Lichtverhältnisse.
Keine Waffen. Nichts.
Er hat Leo nicht erwartet.
Leo zieht es mit der rechten Hand aus der hinteren
Hosentasche.
Ciancio wälzt sich herum. Eine Reaktion auf Leos
Körperwärme, die das Klima im Raum verändert.
Aber Leo ist nicht heiß.
»Was …?« Ciancios Kopf fährt ruckartig hoch.
Zwei große Sätze, und er ist beim Bett. Er landet
auf Ciancio Brust, drückt mit der Linken seinen Kopf zurück ins
Kissen, presst ihm die Hand auf den Mund.
Er zeigt es ihm, hält die Spitze seiner Waffe
zwischen Ciancio Augen. Dann beugt er sich vor, damit der Alte sein
Gesicht erkennen kann. Die scharfe Spitze fährt über Ciancios
Nasenrücken, wandert über Freds Pyjamaoberteil, seine Brust hinab
und tastet den Brustkasten ab. Dann findet die Waffe die Stelle
zwischen den Rippen.
Du hättest nicht anrufen sollen, Fred.
Er stirbt langsam und unter Qualen.